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Einfluss von Form und Größe transmuraler Supraspinatusrupturen auf die Dehnung der Sehnenplatte und Kinematik des Glenohumeralgelenks
Einfluss von Form und Größe transmuraler Supraspinatusrupturen auf die Dehnung der Sehnenplatte und Kinematik des Glenohumeralgelenks
Fragestellung Obwohl transmurale Rotatorenmanschettenrupturen im Rahmen der Diagnostik entsprechend ihrer Form und Größe klassifiziert werden, ist der Einfluss verschiedener Rupturformen auf die Biomechanik der Schulter noch nicht näher untersucht und wird bisweilen in der therapeutischen Entscheidung auch nicht berücksichtigt. Aufgrund des komplexen histologischen Aufbaus der Rotatorenmanschette kann jedoch davon ausgegangen werden, dass die Lokalisation durchaus eine wichtige Rolle spielt. Über 56,6 % der Rupturen betreffen mitunter den M. Supraspinatus (SSP), weshalb in der folgenden Studie der Einfluss von zwei der häufigsten Rupturformen, Crescent- und Reverse L-shaped, auf die Dehnung der Rotatorenmanschette und Kinematik des Schultergelenks untersucht wird. Berücksichtigt werden zwei unterschiedliche Rupturgrößen (50%ige und 100%ige). Eine Schulterabduktion bis 30° wird bei freier und blockierter Rotation des Humerus simuliert. Folgende Hypothesen wurden aufgestellt: (1) Rotatorenmanschettenrupturen verändern die Kinematik des Glenohumeralgelenks, wobei sich die Translation des Humeruskopfes in anterior-posteriorer Richtung abhängig von der Rupturform unterscheidet; (2) die Dehnung des ISP übersteigt bei beiden Rupturformen die Dehnung des SSP in der ersten Phase der Abduktion; (3) die Lokalisation der maximalen Dehnung am Rupturrand ist unterschiedlich zwischen den Rupturform; (4) die Rotation beeinflusst das Dehnungsverhalten; und (5) die Darstellung und Differenzierung der Sehnen des ISP und SSP ist mittels nativen Micro-CT-Scan möglich. Methodik Voruntersuchungen im Röntgen und CT wurden durchgeführt, um die Sehnen der Rotatorenmanschetten, welche durch knöcherne Strukturen höherer Belastung ausgesetzt waren, ausfindig zu machen. Im Anschluss wurde das Gewebe bis auf die Rotatoren reseziert. In den proximalen Anteilen des SSP, Subscapularis (SSC), Infraspinatus (ISP) und Teres minor (TM) wurde ein Faden zur Kraftübertragung durch die Geräteprüfmaschine bzw. Gewichte eingenäht. Zur Messung der Dehnung mittels digitaler Bildkorrelation (GOM GmbH, Braunschweig, DE) wurde bursaseitig ein stochastisches Muster auf SSP und ISP aufgetragen. Zur Analyse der Kinematik wurden optische Tracking Marker auf Humerus und Scapula verwendet. Die Auswertung erfolgte gemäß der Richtlinien der International Society of Biomechanics (ISB). Eine glenohumerale Abduktion von 0-30° wurde bei konstanter Belastung der verbleibenden Rotatoren (SCP = 15 N, ISP und TM = 15 N) durch Zug am SSP simuliert. Das Prüfprotokoll wurde bei intakter SSP-Sehne angewendet und nach einer 50%igen transmuralen und nachfolgenden 100%igen transmuralen SSP-Ruptur jeweils wiederholt. Bei der ersten Gruppe (n = 6) wurde eine Crescent-shaped (CS) und bei der zweiten Gruppe (n = 6) eine Reverse L-shaped Ruptur (rLS) generiert. Jeder Zustand der SSP-Sehne wurde bei freier und blockierter Rotation untersucht. Die Vermessung der generierten Ruptur erfolgte mittels Micro-CT-Scans im Anschluss. Für die statistische Auswertung wurde eine Mehrebenenanalyse mittels SSP Statistcs (IBM, US) durchgeführt. Ergebnisse Beide Rupturformen und -größen führten zu einer verringerten Außenrotation, höheren Zugkraft (Ausnahme: 100%ige rLS Ruptur) und zu einer Kranialisierung des Humeruskopfes (Ausnahme: 50%ige CS Ruptur). Eine 100%igen Ruptur bedingte in der CS Gruppe eine Translation nach anterior und in der rLS nach posterior. Die Dehnungsanalyse zeigte bei beiden Rupturformen und -größen eine erhöhte Dehnung des ISP im Vergleich zum SSP in der ersten Phase der Abduktion. Bezüglich der Analyse des anterioren und posterioren Schnittrandes war das Dehnungsmaximum anterior und posterior bei einer 100%igen rLS Ruptur und bei einer 50%igen CS Ruptur im selben Abduktionsbereich (±5°) lokalisiert. Die erhöhte Dehnung war bei den CS Präparaten beider Rupturgrößen während der gesamten Abduktion am selben Schnittrand lokalisiert. Eine Blockierung der Rotation reduzierte die Innen- und Außenrotation der Präparate, erforderte eine höhere Zugkraft zum Erreichen desselben Abduktionsgrades und führte nach Ruptur bei beiden Rupturformen (Ausnahme: 50%ige rLS Ruptur) zu einer vermehrten Kranialisierung des Humeruskopfes. Bei der CS Gruppe konnten die Dehnungsmaxima anterior und posterior im selben Abduktionsbereich (±5°) ausgemacht werden. Bei den Versuchen war ein unterschiedliches Dehnungsverhalten bei limitierter Rotation im Vergleich zur freien Rotation festzustellen. Die einzelnen Fasern der Sehnen konnten im Micro-CT dargestellt werden. Eine Differenzierung des ISP und SSP war nicht möglich. Schlussfolgerung Bezüglich der Translation in anterior-posterior Richtung konnte ein Einfluss der Rupturformen beobachtet werden. Langfristig könnte dies zu knöchernen Umbauprozessen führen. Die Dehnungsanalyse zeigte bei freier Rotation einen protektiven Einfluss des ISP auf den SSP in der ersten Phase der Abduktion bei beiden Rupturformen und -größen. Die gemessenen Daten unterstreichen die Bedeutung einer adäquaten, spannungsfreien Rekonstruktion des ISP in der operativen Versorgung. Zwischen den Rupturformen konnte am anterioren Schnittrand ein statistisch signifikanter Unterschied festgestellt werden. So zeichnet sich auch hier die Bedeutung der unterschiedlichen Rupturformen im Hinblick auf die operative Versorgung ab. Es kann davon ausgegangen werden, dass die konstant höhere Dehnung am selben Schnittrand in der CS Gruppe eine raschere Progression im Vergleich zu der rLS Gruppe bewirkt. Ein Einfluss der Rotation auf die Dehnung konnte beobachtet werden und ist deshalb bei weiteren Versuchen zu berücksichtigen. Die Fasern der Rotatorenmanschette konnten mittels Micro-CT dargestellt werden. Eine Differenzierung des SSP und ISP war nicht möglich.
Rotatorenmanschette, Supraspinatusruptur, Crescent-shaped Ruptur, Reverse L–shaped Ruptur, Schulterkinematik, Dehnung
Pichler, Lieselotte
2024
Deutsch
Universitätsbibliothek der Ludwig-Maximilians-Universität München
Pichler, Lieselotte (2024): Einfluss von Form und Größe transmuraler Supraspinatusrupturen auf die Dehnung der Sehnenplatte und Kinematik des Glenohumeralgelenks. Dissertation, LMU München: Medizinische Fakultät
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Abstract

Fragestellung Obwohl transmurale Rotatorenmanschettenrupturen im Rahmen der Diagnostik entsprechend ihrer Form und Größe klassifiziert werden, ist der Einfluss verschiedener Rupturformen auf die Biomechanik der Schulter noch nicht näher untersucht und wird bisweilen in der therapeutischen Entscheidung auch nicht berücksichtigt. Aufgrund des komplexen histologischen Aufbaus der Rotatorenmanschette kann jedoch davon ausgegangen werden, dass die Lokalisation durchaus eine wichtige Rolle spielt. Über 56,6 % der Rupturen betreffen mitunter den M. Supraspinatus (SSP), weshalb in der folgenden Studie der Einfluss von zwei der häufigsten Rupturformen, Crescent- und Reverse L-shaped, auf die Dehnung der Rotatorenmanschette und Kinematik des Schultergelenks untersucht wird. Berücksichtigt werden zwei unterschiedliche Rupturgrößen (50%ige und 100%ige). Eine Schulterabduktion bis 30° wird bei freier und blockierter Rotation des Humerus simuliert. Folgende Hypothesen wurden aufgestellt: (1) Rotatorenmanschettenrupturen verändern die Kinematik des Glenohumeralgelenks, wobei sich die Translation des Humeruskopfes in anterior-posteriorer Richtung abhängig von der Rupturform unterscheidet; (2) die Dehnung des ISP übersteigt bei beiden Rupturformen die Dehnung des SSP in der ersten Phase der Abduktion; (3) die Lokalisation der maximalen Dehnung am Rupturrand ist unterschiedlich zwischen den Rupturform; (4) die Rotation beeinflusst das Dehnungsverhalten; und (5) die Darstellung und Differenzierung der Sehnen des ISP und SSP ist mittels nativen Micro-CT-Scan möglich. Methodik Voruntersuchungen im Röntgen und CT wurden durchgeführt, um die Sehnen der Rotatorenmanschetten, welche durch knöcherne Strukturen höherer Belastung ausgesetzt waren, ausfindig zu machen. Im Anschluss wurde das Gewebe bis auf die Rotatoren reseziert. In den proximalen Anteilen des SSP, Subscapularis (SSC), Infraspinatus (ISP) und Teres minor (TM) wurde ein Faden zur Kraftübertragung durch die Geräteprüfmaschine bzw. Gewichte eingenäht. Zur Messung der Dehnung mittels digitaler Bildkorrelation (GOM GmbH, Braunschweig, DE) wurde bursaseitig ein stochastisches Muster auf SSP und ISP aufgetragen. Zur Analyse der Kinematik wurden optische Tracking Marker auf Humerus und Scapula verwendet. Die Auswertung erfolgte gemäß der Richtlinien der International Society of Biomechanics (ISB). Eine glenohumerale Abduktion von 0-30° wurde bei konstanter Belastung der verbleibenden Rotatoren (SCP = 15 N, ISP und TM = 15 N) durch Zug am SSP simuliert. Das Prüfprotokoll wurde bei intakter SSP-Sehne angewendet und nach einer 50%igen transmuralen und nachfolgenden 100%igen transmuralen SSP-Ruptur jeweils wiederholt. Bei der ersten Gruppe (n = 6) wurde eine Crescent-shaped (CS) und bei der zweiten Gruppe (n = 6) eine Reverse L-shaped Ruptur (rLS) generiert. Jeder Zustand der SSP-Sehne wurde bei freier und blockierter Rotation untersucht. Die Vermessung der generierten Ruptur erfolgte mittels Micro-CT-Scans im Anschluss. Für die statistische Auswertung wurde eine Mehrebenenanalyse mittels SSP Statistcs (IBM, US) durchgeführt. Ergebnisse Beide Rupturformen und -größen führten zu einer verringerten Außenrotation, höheren Zugkraft (Ausnahme: 100%ige rLS Ruptur) und zu einer Kranialisierung des Humeruskopfes (Ausnahme: 50%ige CS Ruptur). Eine 100%igen Ruptur bedingte in der CS Gruppe eine Translation nach anterior und in der rLS nach posterior. Die Dehnungsanalyse zeigte bei beiden Rupturformen und -größen eine erhöhte Dehnung des ISP im Vergleich zum SSP in der ersten Phase der Abduktion. Bezüglich der Analyse des anterioren und posterioren Schnittrandes war das Dehnungsmaximum anterior und posterior bei einer 100%igen rLS Ruptur und bei einer 50%igen CS Ruptur im selben Abduktionsbereich (±5°) lokalisiert. Die erhöhte Dehnung war bei den CS Präparaten beider Rupturgrößen während der gesamten Abduktion am selben Schnittrand lokalisiert. Eine Blockierung der Rotation reduzierte die Innen- und Außenrotation der Präparate, erforderte eine höhere Zugkraft zum Erreichen desselben Abduktionsgrades und führte nach Ruptur bei beiden Rupturformen (Ausnahme: 50%ige rLS Ruptur) zu einer vermehrten Kranialisierung des Humeruskopfes. Bei der CS Gruppe konnten die Dehnungsmaxima anterior und posterior im selben Abduktionsbereich (±5°) ausgemacht werden. Bei den Versuchen war ein unterschiedliches Dehnungsverhalten bei limitierter Rotation im Vergleich zur freien Rotation festzustellen. Die einzelnen Fasern der Sehnen konnten im Micro-CT dargestellt werden. Eine Differenzierung des ISP und SSP war nicht möglich. Schlussfolgerung Bezüglich der Translation in anterior-posterior Richtung konnte ein Einfluss der Rupturformen beobachtet werden. Langfristig könnte dies zu knöchernen Umbauprozessen führen. Die Dehnungsanalyse zeigte bei freier Rotation einen protektiven Einfluss des ISP auf den SSP in der ersten Phase der Abduktion bei beiden Rupturformen und -größen. Die gemessenen Daten unterstreichen die Bedeutung einer adäquaten, spannungsfreien Rekonstruktion des ISP in der operativen Versorgung. Zwischen den Rupturformen konnte am anterioren Schnittrand ein statistisch signifikanter Unterschied festgestellt werden. So zeichnet sich auch hier die Bedeutung der unterschiedlichen Rupturformen im Hinblick auf die operative Versorgung ab. Es kann davon ausgegangen werden, dass die konstant höhere Dehnung am selben Schnittrand in der CS Gruppe eine raschere Progression im Vergleich zu der rLS Gruppe bewirkt. Ein Einfluss der Rotation auf die Dehnung konnte beobachtet werden und ist deshalb bei weiteren Versuchen zu berücksichtigen. Die Fasern der Rotatorenmanschette konnten mittels Micro-CT dargestellt werden. Eine Differenzierung des SSP und ISP war nicht möglich.