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Interventionen zur Steigerung der saisonalen Influenza-Impfquote bei chronisch Kranken in der Allgemeinmedizin: Ein systematischer Review
Interventionen zur Steigerung der saisonalen Influenza-Impfquote bei chronisch Kranken in der Allgemeinmedizin: Ein systematischer Review
Hintergrund Trotz klarer Empfehlung seitens verschiedener renommierter Gremien verbleiben die Impfquoten gegen die saisonale Influenza in Deutschland und vielen anderen Ländern weit unter dem empfohlenen Niveau. Besonders gefährdet sind Patienten mit chronischen Vorerkrankungen, da eine Influenza-Infektion bei ihnen häufig einen schweren Verlauf nimmt und mit einer schlechteren Prognose assoziiert ist. Da ein Großteil der Arztkontakte von chronisch kranken Patienten mit Hausärzten stattfindet, bietet sich die Allgemeinmedizin als medizinisches Umfeld für Interventionen zur Verbesserung dieser Situation an. Fragestellung Welche Interventionen sind zur Steigerung der saisonalen Influenza-Impfquoten in der Allgemeinmedizin bei chronisch Kranken geeignet? Material und Methoden Im Rahmen eines systematischen Reviews erfolgte eine methodische Literatursuche in den Datenbanken MEDLINE, CENTRAL, EMBASE und ERIC. Zusätzlich wurden Referenzen vergleichbarer Arbeiten und Studienregister nach passenden Artikeln durchsucht. Generell wurden nur deutsch- oder englischsprachige randomisierte kontrollierte Studien entsprechend unserer Einschlusskriterien berücksichtigt. Daraufhin erfolgte eine Vorauswahl der Titel und Zusammenfassungen von zwei unabhängigen Autoren. Im weiteren Verlauf wurden die Volltexte der eingeschlossenen Arbeiten überprüft, relevante Daten extrahiert und eine Bias-Bewertung vorgenommen. Die Kategorisierung der identifizierten Interventionen erfolgte unter anderem anhand von Zielgruppe und Art der Intervention, sowie der Anzahl der darin enthaltenen Einzelkomponenten. Außerdem erfolgte eine Betrachtung der Maßnahmen in Abhängigkeit des Gesundheitssystems und in verschiedenen Subgruppen. Das vollständige Studienprotokoll wurde vor der Durchführung in PROSPERO veröffentlicht (CRD42018114163). Ergebnisse Insgesamt konnten 2895 Studien identifiziert werden, davon wurden 15 Arbeiten in die abschließende Datenextraktion eingeschlossen. Unsere Studien wiesen eine hohe Heterogenität bezüglich Patientenpopulation, Interventionsart, Gesundheitssystem und Studienqualität auf. Sieben Studien untersuchten Interventionen mit Fokus auf medizinischem Personal, wobei Lehrveranstaltungen für medizinische Teams besonders positive Resultate zeigten, wenn sie auf die Vollversorgung eines bestimmten Krankheitsbildes ausgerichtet waren. Acht Studien zentrierten ihre Ansätze auf Patienten, hierbei wiesen personalisierte Erinnerungen für Patienten einen zusätzlichen Nutzen gegenüber nicht-personalisierten Formen der Patientenerinnerung auf. Unter Versicherten in einem nationalen Gesundheitsdienst, in Patienten mit Diabetes mellitus und in Populationen mit Kontrollgruppen-Impfquoten von über 65% konnten generell keine signifikant positiven Resultate gezeigt werden. Für komplexe Ansätze mit mehr als zwei Methoden ergab sich kein Vorteil gegenüber einfachen Interventionen. Schlussfolgerungen Es gibt viele verschiedene Strategien, um die Impfquoten gegen saisonale Influenza bei chronisch Kranken in der Primärversorgung zu verbessern. Lehrveranstaltungen für medizinische Teams scheinen dabei geeignet, die Einstellung gegenüber der Influenza-Impfung positiv zu beeinflussen. Personalisierte Erinnerungssysteme für Patienten erhöhen offenbar die Glaubwürdigkeit der bereitgestellten Information, entsprechend einer persönlichen Impfempfehlung durch den Arzt. Da die Implementierung komplexer Interventionen nicht durch entsprechend größere Effekte gerechtfertigt wird, scheinen einfache Ansätze für die Primärversorgung von chronisch Kranken geeigneter zu sein. Patientenerinnerungssysteme sind den Maßnahmen mit Fokus auf medizinischem Personal in ihrer Effizienz wahrscheinlich überlegen. Die Funktionalität von Interventionen in der Allgemeinmedizin hängt auch vom jeweiligen Gesundheitssystem und Patientenklientel ab. Lassen sich mehr als 65% der Patienten einer Population auch ohne zusätzliche Maßnahmen impfen, so scheinen unsere Interventionen zur weiteren Steigerung der Immunisierungsraten nur bedingt geeignet. Grundlegend sind also Interventionen in der Hausarztpraxis zur Verbesserung der Situation für chronisch Kranke durchaus adäquat, das Herdenimmunitäts-Niveau wird sich allerdings durch solche Maßnahmen nicht immer erreichen lassen.
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Brombacher, Felix
2023
Deutsch
Universitätsbibliothek der Ludwig-Maximilians-Universität München
Brombacher, Felix (2023): Interventionen zur Steigerung der saisonalen Influenza-Impfquote bei chronisch Kranken in der Allgemeinmedizin: Ein systematischer Review. Dissertation, LMU München: Medizinische Fakultät
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Abstract

Hintergrund Trotz klarer Empfehlung seitens verschiedener renommierter Gremien verbleiben die Impfquoten gegen die saisonale Influenza in Deutschland und vielen anderen Ländern weit unter dem empfohlenen Niveau. Besonders gefährdet sind Patienten mit chronischen Vorerkrankungen, da eine Influenza-Infektion bei ihnen häufig einen schweren Verlauf nimmt und mit einer schlechteren Prognose assoziiert ist. Da ein Großteil der Arztkontakte von chronisch kranken Patienten mit Hausärzten stattfindet, bietet sich die Allgemeinmedizin als medizinisches Umfeld für Interventionen zur Verbesserung dieser Situation an. Fragestellung Welche Interventionen sind zur Steigerung der saisonalen Influenza-Impfquoten in der Allgemeinmedizin bei chronisch Kranken geeignet? Material und Methoden Im Rahmen eines systematischen Reviews erfolgte eine methodische Literatursuche in den Datenbanken MEDLINE, CENTRAL, EMBASE und ERIC. Zusätzlich wurden Referenzen vergleichbarer Arbeiten und Studienregister nach passenden Artikeln durchsucht. Generell wurden nur deutsch- oder englischsprachige randomisierte kontrollierte Studien entsprechend unserer Einschlusskriterien berücksichtigt. Daraufhin erfolgte eine Vorauswahl der Titel und Zusammenfassungen von zwei unabhängigen Autoren. Im weiteren Verlauf wurden die Volltexte der eingeschlossenen Arbeiten überprüft, relevante Daten extrahiert und eine Bias-Bewertung vorgenommen. Die Kategorisierung der identifizierten Interventionen erfolgte unter anderem anhand von Zielgruppe und Art der Intervention, sowie der Anzahl der darin enthaltenen Einzelkomponenten. Außerdem erfolgte eine Betrachtung der Maßnahmen in Abhängigkeit des Gesundheitssystems und in verschiedenen Subgruppen. Das vollständige Studienprotokoll wurde vor der Durchführung in PROSPERO veröffentlicht (CRD42018114163). Ergebnisse Insgesamt konnten 2895 Studien identifiziert werden, davon wurden 15 Arbeiten in die abschließende Datenextraktion eingeschlossen. Unsere Studien wiesen eine hohe Heterogenität bezüglich Patientenpopulation, Interventionsart, Gesundheitssystem und Studienqualität auf. Sieben Studien untersuchten Interventionen mit Fokus auf medizinischem Personal, wobei Lehrveranstaltungen für medizinische Teams besonders positive Resultate zeigten, wenn sie auf die Vollversorgung eines bestimmten Krankheitsbildes ausgerichtet waren. Acht Studien zentrierten ihre Ansätze auf Patienten, hierbei wiesen personalisierte Erinnerungen für Patienten einen zusätzlichen Nutzen gegenüber nicht-personalisierten Formen der Patientenerinnerung auf. Unter Versicherten in einem nationalen Gesundheitsdienst, in Patienten mit Diabetes mellitus und in Populationen mit Kontrollgruppen-Impfquoten von über 65% konnten generell keine signifikant positiven Resultate gezeigt werden. Für komplexe Ansätze mit mehr als zwei Methoden ergab sich kein Vorteil gegenüber einfachen Interventionen. Schlussfolgerungen Es gibt viele verschiedene Strategien, um die Impfquoten gegen saisonale Influenza bei chronisch Kranken in der Primärversorgung zu verbessern. Lehrveranstaltungen für medizinische Teams scheinen dabei geeignet, die Einstellung gegenüber der Influenza-Impfung positiv zu beeinflussen. Personalisierte Erinnerungssysteme für Patienten erhöhen offenbar die Glaubwürdigkeit der bereitgestellten Information, entsprechend einer persönlichen Impfempfehlung durch den Arzt. Da die Implementierung komplexer Interventionen nicht durch entsprechend größere Effekte gerechtfertigt wird, scheinen einfache Ansätze für die Primärversorgung von chronisch Kranken geeigneter zu sein. Patientenerinnerungssysteme sind den Maßnahmen mit Fokus auf medizinischem Personal in ihrer Effizienz wahrscheinlich überlegen. Die Funktionalität von Interventionen in der Allgemeinmedizin hängt auch vom jeweiligen Gesundheitssystem und Patientenklientel ab. Lassen sich mehr als 65% der Patienten einer Population auch ohne zusätzliche Maßnahmen impfen, so scheinen unsere Interventionen zur weiteren Steigerung der Immunisierungsraten nur bedingt geeignet. Grundlegend sind also Interventionen in der Hausarztpraxis zur Verbesserung der Situation für chronisch Kranke durchaus adäquat, das Herdenimmunitäts-Niveau wird sich allerdings durch solche Maßnahmen nicht immer erreichen lassen.