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Experimentelle Untersuchung zur Bisphenol-A-Migration aus Beruhigungssaugern und Bewertung des potenziellen Gesundheitsrisikos für Säuglinge und Kleinkinder
Experimentelle Untersuchung zur Bisphenol-A-Migration aus Beruhigungssaugern und Bewertung des potenziellen Gesundheitsrisikos für Säuglinge und Kleinkinder
Bisphenol A (BPA) ist eine in Industrienationen ubiquitär verbreitete Substanz mit endokriner Wirksamkeit. BPA wird zur Herstellung von Alltagsgegenständen aus Polycarbonat-Kunststoffen und Epoxidharzen eingesetzt. Dazu zählen auch Produkte für Säuglinge und Kleinkinder wie Beruhigungssauger (umgangssprachlich Schnuller). Diese Altersgruppe gilt aufgrund ihrer eingeschränkten BPA-Metabolisierung und der ablaufenden physischen Entwicklungsprozesse als vulnerabel gegenüber einer Exposition mit endokrinen Disruptoren wie BPA. Ein Verbot von BPA bei der Herstellung von Beruhigungssaugern wurde trotz der Gefahr einer direkten oralen Exposition bislang nicht durch die Europäische Kommission beschlossen. Derzeit ist unklar, inwiefern der Gebrauch von Beruhigungssaugern eine Gefahr der BPA-Exposition und dem damit verbundenen Gesundheitsrisiko darstellt. Das Ziel der vorliegenden Studie war die qualitative und quantitative Erfassung der BPA-Freisetzung aus kommerziell verfügbaren Beruhigungssaugern unter Worst-Case-Bedingungen mittels Hochleistungsflüssigkeitschromatografie mit Fluoreszenzdetektion (HPLC-FLD). Auf Basis der HPLC-Daten wurde anschließend ein Risk-Assessment durchgeführt. Die Schild- und Saugeranteile von sieben Beruhigungssaugern der Hersteller NUK, Hevea, MMBABY, FUNNYBABY, Novatex und einem unbekannten Hersteller wurden getrennt analysiert. Die 42 Proben (n=3 je Schild- und Saugeranteil) wurden nach mechanischer Zerkleinerung bei 37 °C für 72 Stunden in Methanol extrahiert und mit einer HPLC-FLD analysiert. Als Validierungsparameter der HPLC-Analyse wurden eine Nachweisgrenze (LOD) von 0,22 µg/l und eine Bestimmungsgrenze (LOQ) von 0,66 µg/l bei einer Wiederfindungsrate (WFR) von 92,3 % auf Basis von Aufdotierungen bestimmt. Ein qualitativer BPA-Nachweis war in allen untersuchten Proben möglich. Bei zwei Proben, einem Schildanteil des Herstellers NUK und dem Saugeranteil des Herstellers FUNNYBABY, lagen die ermittelten Konzentrationen unterhalb der LOQ, sodass keine Quantifizierung erfolgen konnte. Der Schildanteil des Beruhigungssaugers von FUNNYBABY setzte die höchste BPA-Konzentration (288 µg/l) im Vergleich zu den anderen untersuchten Proben der Schild- und Saugeranteile (0,69 µg/l bis 9,40 µg/l) frei. Für die maximal freigesetzte BPA-Konzentration des Beruhigungssaugers von FUNNYBABY wurde eine BPA-Aufnahme von 0,38 µg/kg KG/Tag für Säuglinge und 0,18 µg/kg KG/Tag für Kleinkinder unter Worst-Case-Bedingungen berechnet. Die von der European Food Safety Authority (EFSA) 2015 veröffentlichte und aktuell gültige t-TDI (temporary Tolerable Daily Intake) von 4 µg/kg KG/Tag wurde somit deutlich unterschritten. Unter Einbeziehung der von der EFSA geschätzten maximalen BPA-Grundbelastung wird die t-TDI ebenfalls nicht ausgeschöpft. Nach derzeitigem Kenntnisstand trägt daher die Verwendung von Beruhigungssaugern mit hoher Wahrscheinlichkeit nicht wesentlich zum BPA-assoziierten Gesundheitsrisiko von Säuglingen und Kleinkindern bei. Zukünftig gilt es zu klären, inwiefern BPA-Ersatzstoffe und andere Substanzen mit potenziellem Gesundheitsrisiko bei der Produktion von Beruhigungssaugern und weiteren Verbraucherprodukten eingesetzt werden. Darüber hinaus sollte das toxikologische Gesundheitsrisiko solcher Alternativstoffe und deren Freisetzung aus Kunststoffen weitreichend untersucht werden., Bisphenol A (BPA) is a substance with endocrine activity that is ubiquitously used in industrialized nations. BPA is used in the manufacture of everyday items made from polycarbonate plastics and epoxy resins. These include products for infants and toddlers such as pacifiers (so called dummies). This age group is considered being vulnerable to the exposure to endocrine disruptors such as BPA due to their limited BPA metabolism and occurring physical development processes. A ban on BPA in the production of pacifiers has not yet been determined by the European Commission, despite the risk of direct oral exposure. Currently, it is unclear to what extent the use of pacifiers poses a risk of BPA exposure and the associated health risk. The aim of the present study was to evaluate BPA migration from commercially available pacifiers under worst-case conditions by qualitative and quantitative analysis using high-performance liquid chromatography with fluorescence detection (HPLC-FLD). Based on the resulting data a risk assessment was performed. Shield and teat fractions of seven different pacifiers of the manufacturers NUK, Hevea, MMBABY, FUNNYBABY, Novatex along with an unknown manufacturer were analyzed separately. After cutting the 42 samples (n=3 per each shield and teat) into small pieces, samples were extracted in methanol at 37 °C for 72 hours and analyzed by HPLC-FLD. As validation parameters of the HPLC analysis, a limit of detection (LOD; 0.22 µg/l) and a limit of quantitation (LOQ; 0.66 µg/l) were determined with a recovery rate (RR) of 92.3% based on spiking. BPA was detected qualitatively in all samples tested. BPA concentrations of two samples (a shield fraction of NUK and a teat fraction of FUNNYBABY) were below the LOQ, so that no quantification could be performed. The pacifier shield fraction of the manufacturer FUNNYBABY released the highest BPA concentration (288 µg/l) compared to the remaining investigated shield and teat fractions (0.69 µg/l to 9.40 µg/l). A potential BPA uptake under worst-case conditions of 0.38 µg/kg bw/day for infants and 0.18 µg/kg bw/day for toddlers was calculated from the FUNNYBABY pacifier. These concentrations are clearly lower in comparison to the recent t-TDI (temporary Tolerable Daily Intake) which was published and validated by the European Food Safety Authority (EF-SA) in 2015 with a value of 4 µg/kg bw/day. Summing up with estimated maximum environmental background concentration of BPA (EFSA), resulting BPA values are still not exceeding the t-TDI. Therefore, based on current knowledge, the use of pacifiers is highly unlikely to contribute to BPA-associated health risk towards infants and toddlers. Future investigations should clarify to which extent BPA substitutes and other sub-stances with potential health risks are used in the production of pacifiers and any other consumer products. In addition, the toxicological health risk of such alternative sub-stances and their release from plastics should be widely investigated.
Beruhigungssauger, Bisphenol A, Toxikologie, Säuglinge, Kleinkinder
Herwanger, Lena
2022
Deutsch
Universitätsbibliothek der Ludwig-Maximilians-Universität München
Herwanger, Lena (2022): Experimentelle Untersuchung zur Bisphenol-A-Migration aus Beruhigungssaugern und Bewertung des potenziellen Gesundheitsrisikos für Säuglinge und Kleinkinder. Dissertation, LMU München: Medizinische Fakultät
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Abstract

Bisphenol A (BPA) ist eine in Industrienationen ubiquitär verbreitete Substanz mit endokriner Wirksamkeit. BPA wird zur Herstellung von Alltagsgegenständen aus Polycarbonat-Kunststoffen und Epoxidharzen eingesetzt. Dazu zählen auch Produkte für Säuglinge und Kleinkinder wie Beruhigungssauger (umgangssprachlich Schnuller). Diese Altersgruppe gilt aufgrund ihrer eingeschränkten BPA-Metabolisierung und der ablaufenden physischen Entwicklungsprozesse als vulnerabel gegenüber einer Exposition mit endokrinen Disruptoren wie BPA. Ein Verbot von BPA bei der Herstellung von Beruhigungssaugern wurde trotz der Gefahr einer direkten oralen Exposition bislang nicht durch die Europäische Kommission beschlossen. Derzeit ist unklar, inwiefern der Gebrauch von Beruhigungssaugern eine Gefahr der BPA-Exposition und dem damit verbundenen Gesundheitsrisiko darstellt. Das Ziel der vorliegenden Studie war die qualitative und quantitative Erfassung der BPA-Freisetzung aus kommerziell verfügbaren Beruhigungssaugern unter Worst-Case-Bedingungen mittels Hochleistungsflüssigkeitschromatografie mit Fluoreszenzdetektion (HPLC-FLD). Auf Basis der HPLC-Daten wurde anschließend ein Risk-Assessment durchgeführt. Die Schild- und Saugeranteile von sieben Beruhigungssaugern der Hersteller NUK, Hevea, MMBABY, FUNNYBABY, Novatex und einem unbekannten Hersteller wurden getrennt analysiert. Die 42 Proben (n=3 je Schild- und Saugeranteil) wurden nach mechanischer Zerkleinerung bei 37 °C für 72 Stunden in Methanol extrahiert und mit einer HPLC-FLD analysiert. Als Validierungsparameter der HPLC-Analyse wurden eine Nachweisgrenze (LOD) von 0,22 µg/l und eine Bestimmungsgrenze (LOQ) von 0,66 µg/l bei einer Wiederfindungsrate (WFR) von 92,3 % auf Basis von Aufdotierungen bestimmt. Ein qualitativer BPA-Nachweis war in allen untersuchten Proben möglich. Bei zwei Proben, einem Schildanteil des Herstellers NUK und dem Saugeranteil des Herstellers FUNNYBABY, lagen die ermittelten Konzentrationen unterhalb der LOQ, sodass keine Quantifizierung erfolgen konnte. Der Schildanteil des Beruhigungssaugers von FUNNYBABY setzte die höchste BPA-Konzentration (288 µg/l) im Vergleich zu den anderen untersuchten Proben der Schild- und Saugeranteile (0,69 µg/l bis 9,40 µg/l) frei. Für die maximal freigesetzte BPA-Konzentration des Beruhigungssaugers von FUNNYBABY wurde eine BPA-Aufnahme von 0,38 µg/kg KG/Tag für Säuglinge und 0,18 µg/kg KG/Tag für Kleinkinder unter Worst-Case-Bedingungen berechnet. Die von der European Food Safety Authority (EFSA) 2015 veröffentlichte und aktuell gültige t-TDI (temporary Tolerable Daily Intake) von 4 µg/kg KG/Tag wurde somit deutlich unterschritten. Unter Einbeziehung der von der EFSA geschätzten maximalen BPA-Grundbelastung wird die t-TDI ebenfalls nicht ausgeschöpft. Nach derzeitigem Kenntnisstand trägt daher die Verwendung von Beruhigungssaugern mit hoher Wahrscheinlichkeit nicht wesentlich zum BPA-assoziierten Gesundheitsrisiko von Säuglingen und Kleinkindern bei. Zukünftig gilt es zu klären, inwiefern BPA-Ersatzstoffe und andere Substanzen mit potenziellem Gesundheitsrisiko bei der Produktion von Beruhigungssaugern und weiteren Verbraucherprodukten eingesetzt werden. Darüber hinaus sollte das toxikologische Gesundheitsrisiko solcher Alternativstoffe und deren Freisetzung aus Kunststoffen weitreichend untersucht werden.

Abstract

Bisphenol A (BPA) is a substance with endocrine activity that is ubiquitously used in industrialized nations. BPA is used in the manufacture of everyday items made from polycarbonate plastics and epoxy resins. These include products for infants and toddlers such as pacifiers (so called dummies). This age group is considered being vulnerable to the exposure to endocrine disruptors such as BPA due to their limited BPA metabolism and occurring physical development processes. A ban on BPA in the production of pacifiers has not yet been determined by the European Commission, despite the risk of direct oral exposure. Currently, it is unclear to what extent the use of pacifiers poses a risk of BPA exposure and the associated health risk. The aim of the present study was to evaluate BPA migration from commercially available pacifiers under worst-case conditions by qualitative and quantitative analysis using high-performance liquid chromatography with fluorescence detection (HPLC-FLD). Based on the resulting data a risk assessment was performed. Shield and teat fractions of seven different pacifiers of the manufacturers NUK, Hevea, MMBABY, FUNNYBABY, Novatex along with an unknown manufacturer were analyzed separately. After cutting the 42 samples (n=3 per each shield and teat) into small pieces, samples were extracted in methanol at 37 °C for 72 hours and analyzed by HPLC-FLD. As validation parameters of the HPLC analysis, a limit of detection (LOD; 0.22 µg/l) and a limit of quantitation (LOQ; 0.66 µg/l) were determined with a recovery rate (RR) of 92.3% based on spiking. BPA was detected qualitatively in all samples tested. BPA concentrations of two samples (a shield fraction of NUK and a teat fraction of FUNNYBABY) were below the LOQ, so that no quantification could be performed. The pacifier shield fraction of the manufacturer FUNNYBABY released the highest BPA concentration (288 µg/l) compared to the remaining investigated shield and teat fractions (0.69 µg/l to 9.40 µg/l). A potential BPA uptake under worst-case conditions of 0.38 µg/kg bw/day for infants and 0.18 µg/kg bw/day for toddlers was calculated from the FUNNYBABY pacifier. These concentrations are clearly lower in comparison to the recent t-TDI (temporary Tolerable Daily Intake) which was published and validated by the European Food Safety Authority (EF-SA) in 2015 with a value of 4 µg/kg bw/day. Summing up with estimated maximum environmental background concentration of BPA (EFSA), resulting BPA values are still not exceeding the t-TDI. Therefore, based on current knowledge, the use of pacifiers is highly unlikely to contribute to BPA-associated health risk towards infants and toddlers. Future investigations should clarify to which extent BPA substitutes and other sub-stances with potential health risks are used in the production of pacifiers and any other consumer products. In addition, the toxicological health risk of such alternative sub-stances and their release from plastics should be widely investigated.