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Eine Umfrage zum Gesundheitszustand des zahnärztlichen Personals
Eine Umfrage zum Gesundheitszustand des zahnärztlichen Personals
Zahnärzte leiden häufiger als die Bevölkerung an Nacken-, Schulter- und Rückenproblemen. Aus Deutschland gibt es bislang keine Erhebungen über muskuloskelettale Beschwerden des zahnärztlichen Assistenzpersonals. In dieser Studie wurden erstmals Angestellte von zahnärztlichen Praxen nach körperlichen und psychischen Belastungen sowie nach ihren Arbeitsbedingungen befragt. Die Befragung wurde von der Bayerischen Landeszahnärztekammer Bayern und Europäischen Akademie für zahnärztliche Fortbildung unterstützt, indem Fragebögen und Aufrufe zur Teilnahme ausgelegt werden durften. Ferner wurden wahllos Zahnarztpraxen angerufen und Mitarbeiter gebeten, an der Befragung teilzunehmen. Die Befragung erfolgte von September 2016 bis Dezember 2018. Es wurden 1063 Fragebogen vollständig ausgefüllt abgegeben bzw. Antworten auf einer dafür eingerichteten Homepage des Klinikums der Universität München gemacht. Von den 1063 Teilnehmern waren 2,63 % komplett beschwerdefrei. Die meisten Beschwerden traten mit 85,8 % im Bereich des Nackens auf, gefolgt von Beschwerden an der Schulter mit 69,6 % und an der Lendenwirbelsäule mit 63,7 %. Der Unterschied zwischen Teil- und Vollzeitkräften betrug in den einzelnen Beschwerdekategorien lediglich zwischen 3,2 % und 4,8 %. Hinsichtlich der Verteilung der Beschwerden innerhalb der berufsspezifischen Tätigkeiten ließ sich feststellen, dass die Tätigkeit in der Assistenz am meisten belastend war, gefolgt von der Tätigkeit in der Prophylaxe. Administrativ arbeitendes Personal litt am wenigsten unter muskuloskelettalen Beschwerden. Massagen und Krankengymnastik sind mit einem Anteil von über 45 % die bevorzugten Therapieoptionen. 54,8 % der Befragten trieben regelmäßig Sport. 80 % der Teilnehmer gaben an, dass Sport „evtl.“ oder „sicher“ hilft. Radfahren (16,6 %), Laufen (15,9 %) und der Besuch im Fitnessstudio (14,9 %) waren die bevorzugten Ausgleichsaktivitäten. Die meisten muskuloskelettalen Beschwerden traten in der Altersgruppe zwischen 21 und 30 Jahren auf. Eine Abhängigkeit der Beschwerdehäufigkeit von Körpergröße und Gewicht konnte nicht nachgewiesen werden. Der Anteil der Teilnehmer, die Ihre Arbeit zumindest „häufig“ als körperlich anstrengend oder psychisch bzw. intellektuell herausfordernd empfinden, lag bei 34,5 %. Eine Korrelation von muskuloskelettalen Beschwerden und Arbeitsklima bzw. Arbeitsbelastung konnte nicht festgestellt werden. Arbeitsergonomie erscheint für 85,2 % der Befragten kaum eine Bedeutung in der Zahnarztpraxis zu haben. Als Grund für die angegeben muskuloskelettalen Beschwerden wurde von 51,4 % der Studienteilnehmer „Verdrehen bzw. Vorbeugen“, also eine ungünstige Körperhaltung während der Behandlung genannt. Angesichts einer anhaltenden hohen Nachfrage nach Assistenzpersonal und geringerem Interesse an dem Beruf, sowie hohen Kosten im Gesundheitswesen durch muskuloskelettale und psychische Belastungen, ist es eine dringliche Aufgabe der Arbeitgeber, mehr für die Gesundheit ihrer Angestellten zu unternehmen, um krankheitsbedingte Ausfälle zu minimieren. Genauso sind Ausbilder der Praxen, die Berufsschulen und Fortbildungsinstitute gefordert, die Ergonomie auch in der Aus- und Fortbildung verstärkt zu integrieren. Trotz aller Bemühungen durch die Hersteller von Behandlungsplätzen, den Arbeitsablauf von Assistenz und Prophylaxefachkraft ergonomischer zu gestalten, bleibt der Beruf für das muskuloskelettale System belastend. Die Bewegungsmuster während der Behandlung und der Assistenz sind die Hauptursachen für Beschwerden. Diverse Ausgleichsaktivitäten, Körpergröße und Gewicht, Alter und Berufsjahre, sowie Arbeitszeit spielten bei der Reduzierung der Beschwerdequote allenfalls eine untergeordnete Rolle. Insofern kann man schlussfolgern, dass allein die Vermeidung von schädlichen Bewegungsabläufen eine Reduzierung der Beschwerden bedingt. Erfreulicherweise erscheinen die, die in dem Beruf einmal tätig sind, trotz der körperlichen Belastung eine hohe Zufriedenheit mit Ihrer Arbeit zu haben.
Not available
Schoppe, Christopher
2021
Deutsch
Universitätsbibliothek der Ludwig-Maximilians-Universität München
Schoppe, Christopher (2021): Eine Umfrage zum Gesundheitszustand des zahnärztlichen Personals. Dissertation, LMU München: Medizinische Fakultät
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Abstract

Zahnärzte leiden häufiger als die Bevölkerung an Nacken-, Schulter- und Rückenproblemen. Aus Deutschland gibt es bislang keine Erhebungen über muskuloskelettale Beschwerden des zahnärztlichen Assistenzpersonals. In dieser Studie wurden erstmals Angestellte von zahnärztlichen Praxen nach körperlichen und psychischen Belastungen sowie nach ihren Arbeitsbedingungen befragt. Die Befragung wurde von der Bayerischen Landeszahnärztekammer Bayern und Europäischen Akademie für zahnärztliche Fortbildung unterstützt, indem Fragebögen und Aufrufe zur Teilnahme ausgelegt werden durften. Ferner wurden wahllos Zahnarztpraxen angerufen und Mitarbeiter gebeten, an der Befragung teilzunehmen. Die Befragung erfolgte von September 2016 bis Dezember 2018. Es wurden 1063 Fragebogen vollständig ausgefüllt abgegeben bzw. Antworten auf einer dafür eingerichteten Homepage des Klinikums der Universität München gemacht. Von den 1063 Teilnehmern waren 2,63 % komplett beschwerdefrei. Die meisten Beschwerden traten mit 85,8 % im Bereich des Nackens auf, gefolgt von Beschwerden an der Schulter mit 69,6 % und an der Lendenwirbelsäule mit 63,7 %. Der Unterschied zwischen Teil- und Vollzeitkräften betrug in den einzelnen Beschwerdekategorien lediglich zwischen 3,2 % und 4,8 %. Hinsichtlich der Verteilung der Beschwerden innerhalb der berufsspezifischen Tätigkeiten ließ sich feststellen, dass die Tätigkeit in der Assistenz am meisten belastend war, gefolgt von der Tätigkeit in der Prophylaxe. Administrativ arbeitendes Personal litt am wenigsten unter muskuloskelettalen Beschwerden. Massagen und Krankengymnastik sind mit einem Anteil von über 45 % die bevorzugten Therapieoptionen. 54,8 % der Befragten trieben regelmäßig Sport. 80 % der Teilnehmer gaben an, dass Sport „evtl.“ oder „sicher“ hilft. Radfahren (16,6 %), Laufen (15,9 %) und der Besuch im Fitnessstudio (14,9 %) waren die bevorzugten Ausgleichsaktivitäten. Die meisten muskuloskelettalen Beschwerden traten in der Altersgruppe zwischen 21 und 30 Jahren auf. Eine Abhängigkeit der Beschwerdehäufigkeit von Körpergröße und Gewicht konnte nicht nachgewiesen werden. Der Anteil der Teilnehmer, die Ihre Arbeit zumindest „häufig“ als körperlich anstrengend oder psychisch bzw. intellektuell herausfordernd empfinden, lag bei 34,5 %. Eine Korrelation von muskuloskelettalen Beschwerden und Arbeitsklima bzw. Arbeitsbelastung konnte nicht festgestellt werden. Arbeitsergonomie erscheint für 85,2 % der Befragten kaum eine Bedeutung in der Zahnarztpraxis zu haben. Als Grund für die angegeben muskuloskelettalen Beschwerden wurde von 51,4 % der Studienteilnehmer „Verdrehen bzw. Vorbeugen“, also eine ungünstige Körperhaltung während der Behandlung genannt. Angesichts einer anhaltenden hohen Nachfrage nach Assistenzpersonal und geringerem Interesse an dem Beruf, sowie hohen Kosten im Gesundheitswesen durch muskuloskelettale und psychische Belastungen, ist es eine dringliche Aufgabe der Arbeitgeber, mehr für die Gesundheit ihrer Angestellten zu unternehmen, um krankheitsbedingte Ausfälle zu minimieren. Genauso sind Ausbilder der Praxen, die Berufsschulen und Fortbildungsinstitute gefordert, die Ergonomie auch in der Aus- und Fortbildung verstärkt zu integrieren. Trotz aller Bemühungen durch die Hersteller von Behandlungsplätzen, den Arbeitsablauf von Assistenz und Prophylaxefachkraft ergonomischer zu gestalten, bleibt der Beruf für das muskuloskelettale System belastend. Die Bewegungsmuster während der Behandlung und der Assistenz sind die Hauptursachen für Beschwerden. Diverse Ausgleichsaktivitäten, Körpergröße und Gewicht, Alter und Berufsjahre, sowie Arbeitszeit spielten bei der Reduzierung der Beschwerdequote allenfalls eine untergeordnete Rolle. Insofern kann man schlussfolgern, dass allein die Vermeidung von schädlichen Bewegungsabläufen eine Reduzierung der Beschwerden bedingt. Erfreulicherweise erscheinen die, die in dem Beruf einmal tätig sind, trotz der körperlichen Belastung eine hohe Zufriedenheit mit Ihrer Arbeit zu haben.