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Die prognostische Aussagekraft tumorassoziierter Antigene beim nicht-metastasierten kolorektalen Karzinom
Die prognostische Aussagekraft tumorassoziierter Antigene beim nicht-metastasierten kolorektalen Karzinom
Unter den Prognosefaktoren beim kolorektalen Karzinom hat das Tumorstaging den größten Stellenwert und dient der weiteren Therapieplanung. In den letzten Jahren wurden zunehmend auch Tumormarker hinsichtlich der prognostischen Aussagekraft untersucht, es existieren aber kaum Studien, die an großer Fallzahl mehrere Tumormarker im Vergleich zu den etablierten Prognosefaktoren multivariat evaluiert haben. In der vorliegenden Arbeit wurden die Tumormarker CEA, CA 19-9, CA 242, CA 72-4, CYFRA 21-1, hCGß, S100 und HGF hinsichtlich ihrer prognostischen Wertigkeit beim kolorektalen Karzinom analysiert. Die präoperativen Tumormarkerwerte von CEA und CA 19-9 lagen bei 1089 Patienten (Kollektiv I) vor. Bei einem Teil dieser Patienten (n=450) waren Restproben vorhanden, so dass retrospektiv zusätzlich die Tumormarker CA 242, CA 72-4, CYFRA 21-1, hCGß, S100 und HGF analysiert werden konnten (Kollektiv II). Es zeigte sich bei allen Tumormarkern eine höhere Freisetzung mit zunehmender Tumorinfiltrationstiefe. Bei CEA und CA 19-9 wurde außerdem ein signifikanter Zusammenhang zwischen der Serumkonzentration und dem Lymphknotenstatus festgestellt. Bezüglich der Korrelation der Tumormarker untereinander wurde der höchste Koeffizient für CA 19-9 und CA 242 errechnet (rs=0.79). Basierend auf den aktuellen Empfehlungen für adjuvante Therapien beim kolorektalen Karzinom wurde eine Unterteilung in Prognosegruppen vorgenommen: In der günstigen Prognosegruppe (GPG) befanden sich Patienten mit einem Kolonkarzinom Stadium I-II oder Rektumkarzinom Stadium I, in der ungünstigen Prognosegruppe (UPG) befanden sich Patienten mit einem Kolonkarzinom Stadium III oder einem Rektumkarzinom Stadium II oder III. In Anlehnung an eine Studie von Harrison et al wurden zusätzlich alle Patienten mit einem Kolonkarzinom ohne Lymphknotenbefall gesondert betrachtet. Ziel unserer Studie war es zu untersuchen, ob durch Berücksichtigung von Tumormarkern innerhalb der Prognosegruppen eine detailliertere prognostische Einschätzung mit entsprechender therapeutischer Konsequenz erfolgen kann. Dabei war unser primäres Zielkriterium das rezidivfreie Intervall, zusätzlich untersuchten wir das tumorbedingte Gesamtüberleben. 161 In der statistischen Auswertung wurde zunächst überprüft, ob eine lineare Abhängigkeit zwischen der Serumkonzentration der Tumormarker und dem Rezidivrisiko besteht. Eine solche Linearität konnte nur für CEA gezeigt werden, es ging daher in logarithmierter Form in die multivariate Analyse ein. Bei den übrigen Tumormarkern musste ein Cut-Off gesucht werden, wobei in der vorliegenden Arbeit weder die herstellerüblichen Cut-Off-Werte verwendet wurden, noch nach dem für das Kollektiv optimalen Cut-Off gesucht wurde. Vielmehr wurde versucht, mittels Bootstrapverfahren reproduzierbare Cut-Offs zu ermitteln. Nach unseren Ergebnissen ist CEA zu Recht als Kategorie I Prognosemarker klassifiziert worden. Dies konnte an großer Fallzahl und unter Berücksichtigung verschiedener anderer Tumormarker bestätigt werden. Auch in der Gruppe der Patienten mit einer günstigen Prognose sowie der N0-Kolontumoren erwies sich CEA als unabhängiger Prognosefaktor. Die Patienten dieser Gruppen erhalten laut dem aktuellen Konsensus keine adjuvante Therapie. Basierend auf den Ergebnissen dieser Arbeit sollte CEA jedoch in den Leitlinien der American Society of Clinical Oncology als prognostisch relevanter Parameter berücksichtigt werden und auch in die Therapieplanung mit eingehen. In der multivariaten Analyse hat sich darüber hinaus beim Kollektiv I gezeigt, dass neben CEA auch CA 19-9 ein stadienunabhängiger Prognosefaktor ist, jedoch nur für die ungünstige Prognosegruppe. Innerhalb des Kollektivs II erreichten die Tumormarker CEA, CA 19-9, CA 242, CA 72-4, S100 und HGF Signifikanz. Die beiden neuen und wenig erforschten Tumormarker S100 und HGF waren starke unabhängige Prädiktoren in der günstigen Prognosegruppe dieser Auswertung, sogar stärker als CEA. Dieses Ergebnis muss durch prospektive große Studien bestätigt werden. Im Gegensatz zu S100 erreichte HGF auch in der ungünstigen Prognosegruppe Signifikanz, war aber bezüglich der prognostischen Aussagekraft dem CA 242 bzw. CA 19-9 unterlegen. Gerade im Rahmen kommender Therapiestudien, bei denen der Einfluss neuer Medikamente auf die Angiogenese untersucht wird, könnte HGF von grossem Interesse sein. Der Tumormarker CA 242 kann als äquivalenter Marker zum CA 19-9 gesehen werden, so dass die parallele Bestimmung beider Tumormarker primär nicht sinnvoll ist. CA 72-4 erreichte in der uni- und multivariaten Analyse nur für das Überleben innerhalb der ungünstigen Prognosegruppe Signifikanz. 162 Die beiden Tumormarker hCGß und CYFRA 21-1 zeigten in dieser Arbeit keinerlei prognostische Bedeutung. Um unsere Ergebnisse für die klinische Anwendung zusammenzufassen, wurde für alle prognostisch relevanten Faktoren ein Prognoseindex entwickelt und zwar zunächst anhand des großen Kollektivs I. In der günstigen Prognosegruppe beinhaltet dieser Score derzeit lediglich T und logCEA, in der ungünstigen Prognosegruppe T, N, Lokalisation des Primärtumors, logCEA und CA 19-9 (Cut-off 55 U/ml). Eine Einteilung der Patienten bezüglich dieser Prognose-Scores zeigt eine deutliche Überlappung der ursprünglichen Prognosegruppen im Bezug auf das rezidivfreie Intervall. Daraus geht eindeutig hervor, dass die Bestimmung und Bewertung beider Tumormarker, also von CEA und von CA 19-9, sinnvoll ist und eine sehr viel genauere Prognoseabschätzung ermöglicht.
Tumormarker, kolorektales Karzinom, Prognose
Hofmann, Dominik
2007
Deutsch
Universitätsbibliothek der Ludwig-Maximilians-Universität München
Hofmann, Dominik (2007): Die prognostische Aussagekraft tumorassoziierter Antigene beim nicht-metastasierten kolorektalen Karzinom. Dissertation, LMU München: Medizinische Fakultät
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Abstract

Unter den Prognosefaktoren beim kolorektalen Karzinom hat das Tumorstaging den größten Stellenwert und dient der weiteren Therapieplanung. In den letzten Jahren wurden zunehmend auch Tumormarker hinsichtlich der prognostischen Aussagekraft untersucht, es existieren aber kaum Studien, die an großer Fallzahl mehrere Tumormarker im Vergleich zu den etablierten Prognosefaktoren multivariat evaluiert haben. In der vorliegenden Arbeit wurden die Tumormarker CEA, CA 19-9, CA 242, CA 72-4, CYFRA 21-1, hCGß, S100 und HGF hinsichtlich ihrer prognostischen Wertigkeit beim kolorektalen Karzinom analysiert. Die präoperativen Tumormarkerwerte von CEA und CA 19-9 lagen bei 1089 Patienten (Kollektiv I) vor. Bei einem Teil dieser Patienten (n=450) waren Restproben vorhanden, so dass retrospektiv zusätzlich die Tumormarker CA 242, CA 72-4, CYFRA 21-1, hCGß, S100 und HGF analysiert werden konnten (Kollektiv II). Es zeigte sich bei allen Tumormarkern eine höhere Freisetzung mit zunehmender Tumorinfiltrationstiefe. Bei CEA und CA 19-9 wurde außerdem ein signifikanter Zusammenhang zwischen der Serumkonzentration und dem Lymphknotenstatus festgestellt. Bezüglich der Korrelation der Tumormarker untereinander wurde der höchste Koeffizient für CA 19-9 und CA 242 errechnet (rs=0.79). Basierend auf den aktuellen Empfehlungen für adjuvante Therapien beim kolorektalen Karzinom wurde eine Unterteilung in Prognosegruppen vorgenommen: In der günstigen Prognosegruppe (GPG) befanden sich Patienten mit einem Kolonkarzinom Stadium I-II oder Rektumkarzinom Stadium I, in der ungünstigen Prognosegruppe (UPG) befanden sich Patienten mit einem Kolonkarzinom Stadium III oder einem Rektumkarzinom Stadium II oder III. In Anlehnung an eine Studie von Harrison et al wurden zusätzlich alle Patienten mit einem Kolonkarzinom ohne Lymphknotenbefall gesondert betrachtet. Ziel unserer Studie war es zu untersuchen, ob durch Berücksichtigung von Tumormarkern innerhalb der Prognosegruppen eine detailliertere prognostische Einschätzung mit entsprechender therapeutischer Konsequenz erfolgen kann. Dabei war unser primäres Zielkriterium das rezidivfreie Intervall, zusätzlich untersuchten wir das tumorbedingte Gesamtüberleben. 161 In der statistischen Auswertung wurde zunächst überprüft, ob eine lineare Abhängigkeit zwischen der Serumkonzentration der Tumormarker und dem Rezidivrisiko besteht. Eine solche Linearität konnte nur für CEA gezeigt werden, es ging daher in logarithmierter Form in die multivariate Analyse ein. Bei den übrigen Tumormarkern musste ein Cut-Off gesucht werden, wobei in der vorliegenden Arbeit weder die herstellerüblichen Cut-Off-Werte verwendet wurden, noch nach dem für das Kollektiv optimalen Cut-Off gesucht wurde. Vielmehr wurde versucht, mittels Bootstrapverfahren reproduzierbare Cut-Offs zu ermitteln. Nach unseren Ergebnissen ist CEA zu Recht als Kategorie I Prognosemarker klassifiziert worden. Dies konnte an großer Fallzahl und unter Berücksichtigung verschiedener anderer Tumormarker bestätigt werden. Auch in der Gruppe der Patienten mit einer günstigen Prognose sowie der N0-Kolontumoren erwies sich CEA als unabhängiger Prognosefaktor. Die Patienten dieser Gruppen erhalten laut dem aktuellen Konsensus keine adjuvante Therapie. Basierend auf den Ergebnissen dieser Arbeit sollte CEA jedoch in den Leitlinien der American Society of Clinical Oncology als prognostisch relevanter Parameter berücksichtigt werden und auch in die Therapieplanung mit eingehen. In der multivariaten Analyse hat sich darüber hinaus beim Kollektiv I gezeigt, dass neben CEA auch CA 19-9 ein stadienunabhängiger Prognosefaktor ist, jedoch nur für die ungünstige Prognosegruppe. Innerhalb des Kollektivs II erreichten die Tumormarker CEA, CA 19-9, CA 242, CA 72-4, S100 und HGF Signifikanz. Die beiden neuen und wenig erforschten Tumormarker S100 und HGF waren starke unabhängige Prädiktoren in der günstigen Prognosegruppe dieser Auswertung, sogar stärker als CEA. Dieses Ergebnis muss durch prospektive große Studien bestätigt werden. Im Gegensatz zu S100 erreichte HGF auch in der ungünstigen Prognosegruppe Signifikanz, war aber bezüglich der prognostischen Aussagekraft dem CA 242 bzw. CA 19-9 unterlegen. Gerade im Rahmen kommender Therapiestudien, bei denen der Einfluss neuer Medikamente auf die Angiogenese untersucht wird, könnte HGF von grossem Interesse sein. Der Tumormarker CA 242 kann als äquivalenter Marker zum CA 19-9 gesehen werden, so dass die parallele Bestimmung beider Tumormarker primär nicht sinnvoll ist. CA 72-4 erreichte in der uni- und multivariaten Analyse nur für das Überleben innerhalb der ungünstigen Prognosegruppe Signifikanz. 162 Die beiden Tumormarker hCGß und CYFRA 21-1 zeigten in dieser Arbeit keinerlei prognostische Bedeutung. Um unsere Ergebnisse für die klinische Anwendung zusammenzufassen, wurde für alle prognostisch relevanten Faktoren ein Prognoseindex entwickelt und zwar zunächst anhand des großen Kollektivs I. In der günstigen Prognosegruppe beinhaltet dieser Score derzeit lediglich T und logCEA, in der ungünstigen Prognosegruppe T, N, Lokalisation des Primärtumors, logCEA und CA 19-9 (Cut-off 55 U/ml). Eine Einteilung der Patienten bezüglich dieser Prognose-Scores zeigt eine deutliche Überlappung der ursprünglichen Prognosegruppen im Bezug auf das rezidivfreie Intervall. Daraus geht eindeutig hervor, dass die Bestimmung und Bewertung beider Tumormarker, also von CEA und von CA 19-9, sinnvoll ist und eine sehr viel genauere Prognoseabschätzung ermöglicht.