Trennung und Scheidung professionell begleiten - Konzeption, Durchführung und Evaluation eines innovativen Fortbildungskonzepts für Beratungsfachkräfte

Eppinger, Sabeth (2025): Trennung und Scheidung professionell begleiten - Konzeption, Durchführung und Evaluation eines innovativen Fortbildungskonzepts für Beratungsfachkräfte. Dissertation, LMU München: Fakultät für Psychologie und Pädagogik

Abstract

In der hier vorliegenden Dissertation wird ein innovatives, zeit- und ortsunabhängiges Fortbildungskonzept für Fachkräfte der Trennungs- und Scheidungsberatung entwickelt, erprobt und evaluiert. Ausgangspunkt ist eine Analyse des familialen Wandels, die zeigt, wie sich Eheschließungs-, Trennungs- und Scheidungsraten verändert haben und welche zunehmende Vielfalt familialer Lebensformen dadurch, aber auch durch die Einführung der „Ehe für alle“ sowie Fortschritte in der Reproduktionsmedizin, heute die Beratungspraxis prägt. Flankiert werden die beschriebenen Entwicklungen von veränderten Einstellungen zu Mutter- und Vaterschaft wie beispielsweise veränderte Erziehungsideale, eine gestiegene Erwerbsorientierung von Müttern sowie ein stärkeres Engagement in der Kinderbetreuung und -erziehung vieler Väter. Gezeigt werden kann anhand der Ausführungen, dass diese Entwicklungen eine veränderte, komplexere Beratungspraxis bedingen. Auch Befundlagen zu Trennung und Scheidung werden in der vorliegenden Arbeit dargestellt. Dazu zählen das Wohlbefinden von in Trennung/Scheidung befindlichen Personen sowie von mitbetroffenen Kindern/Jugendlichen, Möglichkeiten der Betreuung von Kindern nach Trennung/Scheidung, der Umgang mit hochkonflikthaften Trennungs- und Scheidungspaaren sowie deren Kinder und die Besonderheiten von Nachtrennungsfamilien wie Stief- und Regenbogenfamilien. Die geschilderten Befunde zeigen auf, mit welchen Themen sich Trennungs- und Scheidungsfamilien beschäftigen und wie unterschiedlich ihre Ausgangsbedingungen sein können. Darauf aufbauend werden Grundlagen psychosozialer Beratung und deren professionelle, rechtliche und historische Einordnung herausgearbeitet. Spezifische Anforderungen an die Trennungs- und Scheidungsberatung, bestehende Wissensbestände und Erkenntnisse zur Wirksamkeitsforschung werden systematisch aufgearbeitet. Daten einer aktuellen Befragung von Trennungsberatungsfachkräften schließen sich den Darstellungen an. Es geht dabei neben Charakteristika der Beratungsstellen, in denen Trennungsberatungsfachkräfte tätig sind, auch um Bildungsabschlüsse, absolvierte Weiterbildungen, Beratungsformen und Methoden der Trennungsberatungsfachkräfte. Verschiedene Wege in die Trennungsberatung werden beleuchtet und es werden anhand der Ergebnisse Themen und Kooperationsbeziehungen, aber auch Probleme im Beratungsalltag sowie Informationsbedarfe der Fachkräfte nachgezeichnet. Von den ermittelten Informationsbedarfen der Fachkräfte ausgehend werden Ergebnisse einer Recherche zu Fortbildungsangeboten zu Themen der Trennung und Scheidung, die den Fachkräften zur Verfügung stehen, berichtet. Dabei werden Fortbildungsangebote von verschiedenen Trägern deutschlandweit sowie in den verschiedenen Bundelsländern analysiert. Die Analyse bestehender Fortbildungsangebote zeigt deutliche Entwicklungsbedarfe hinsichtlich Zugänglichkeit, Umfang und thematischer Abdeckung. Zur Schließung dieser Lücke wird eine praxisbasierte Programmtheorie für ein umfassendes digitales Fortbildungsformat entwickelt und in einem Trainingsprogramm umgesetzt. Die Evaluation belegt, dass insbesondere erfahrene Fachkräfte von dem Angebot profitieren. Unterschiede in Nutzung und Bewertung nach Berufserfahrung, Beratungsstellengröße und bisherigem Weiterbildungsausmaß weisen auf die Notwendigkeit differenzierter Fortbildungskonzepte hin. Besonders positiv bewertet werden praxisorientierte Materialien und downloadbare Ressourcen, während sich zeigt, dass bestimmte Themen in Präsenzformaten nachhaltiger wirksam sind. Die Dissertation leistet damit einen Beitrag zur Weiterentwicklung professioneller Fortbildung in der Trennungs- und Scheidungsberatung und bietet empirisch fundierte Hinweise für eine bedarfsgerechte Ausgestaltung zukünftiger digitaler Lernangebote.

Abstract

In this dissertation, an innovative, time- and location-independent training concept for professionals in separation and divorce counseling is developed, implemented, and evaluated. The starting point is an analysis of family change, showing how marriage, separation, and divorce rates have evolved and how an increasing diversity of family forms—driven not only by these trends but also by the introduction of marriage equality and advances in reproductive medicine—shapes contemporary counseling practice. These developments are accompanied by shifting attitudes toward motherhood and fatherhood, such as changing parenting ideals, increased labor market participation among mothers, and greater involvement of many fathers in childcare and upbringing. The analysis illustrates that these shifts result in a more complex and demanding counseling landscape. The dissertation also presents empirical findings related to separation and divorce. These include the well-being of individuals undergoing separation or divorce and that of the children and adolescents affected, childcare arrangements after separation or divorce, approaches to working with high-conflict separating or divorcing couples and their children, and the specific characteristics of post-separation families such as stepfamilies and rainbow families. These findings highlight the diverse issues that separation and divorce families face and the varied conditions under which they seek support. Building on this, the dissertation elaborates the foundations of psychosocial counseling and its professional, legal, and historical classification. The specific requirements of separation and divorce counseling, existing knowledge bases, and evidence from effectiveness research are systematically examined. This is followed by data from a recent survey of separation counseling professionals, providing insights into the characteristics of counseling agencies, the educational backgrounds and completed trainings of practitioners, as well as the counseling formats and methods they use. Different entry pathways into separation counseling are explored, and the findings outline key topics, cooperation structures, challenges in everyday practice, and the informational needs of professionals. Based on these identified needs, the dissertation reports on a nationwide review of existing training offerings related to separation and divorce, analyzing programs offered by various providers across Germany and its federal states. The analysis of existing professional development opportunities reveals substantial needs for improvement in terms of accessibility, scope, and thematic coverage. To address these gaps, a practice-based program theory for a comprehensive digital training format is developed and implemented in a training program. The evaluation shows that the offering particularly benefits experienced professionals. Differences in utilization and appraisal depending on professional experience, counseling center size, and previous amounts of training underscore the need for differentiated training approaches. Practice-oriented materials and downloadable resources are rated especially positively, while some topics appear to have a more lasting impact when delivered in face-to-face formats. Overall, the dissertation contributes to the advancement of professional training in separation and divorce counseling and provides empirically grounded insights for the development of future needs-based digital learning opportunities.

• Dokumententyp: Dissertationen (Dissertation, LMU München)
• Keywords: Trennung, Scheidung, Beratung, Hochkonflikt, Betreuungsmodelle
• Themengebiete: 300 Sozialwissenschaften ; 300 Sozialwissenschaften > 360 Gesellschaftliche Probleme, Sozialdienste
• Fakultäten: Fakultät für Psychologie und Pädagogik
• Sprache der Hochschulschrift: Deutsch
• Datum der mündlichen Prüfung: 6. November 2025
• 1. Bericht­erstatter:in: Eckert, Thomas