Marin Gilabert, Tirso (2025): The role of viscosity for mixing and transport processes in galaxy clusters and multiphase gas. Dissertation, LMU München: Fakultät für Physik |
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Abstract
Galaxienhaufen sind die größten gravitativ gebundenen und virialisierten Strukturen im Universum, und aufgrund ihrer extremen Bedingungen dienen sie als wertvolle Labore zur Erforschung kosmologischer und plasmaphysikalischer Prozesse. Die Verschmelzung von Galaxienhaufen oder die Aktivität des Active Galactic Nucleus (AGN) injiziert Energie räumlich großskalig, die in einem turbulenten Zerfall in kleinere Skalen übergeht und so Turbulenz im Intracluster Medium (ICM) erzeugt. Kürzlich gemachte Beobachtungen von Hitomi und XRISM zeigen jedoch unerwartet niedrige Turbulenzniveaus, was auf eine Unterdrückung der Turbulenz hindeutet. In dieser Arbeit untersuchen wir die Rolle der Viskosität bei der Regulierung von Mischungs- und Transportprozessen in Galaxienhaufen und in mehrphasigem astrophysikalischem Gas als einen zentralen Mechanismus zur Unterdrückung von Turbulenz. Ziel unserer Arbeit ist es, die regulierende Rolle der Viskosität durch den Einsatz fortschrittlicher numerischer Simulationen und theoretischer Analysen näher zu bestimmen. Die Arbeit ist wie folgt gegliedert: In Kapitel 1 führen wir die grundlegenden physikalischen Prozesse ein, die die Dynamik und Entwicklung von Galaxienhaufen bestimmen, und heben insbesondere die beobachteten Turbulenzniveaus hervor, die niedriger als erwartet ausfallen. Anschließend untersuchen wir in Kapitel 2 die Viskosität im Detail, wobei wir sowohl isotrope (Spitzer) als auch anisotrope (Braginskii) Beschreibungen betrachten und ihre jeweiligen Anwendungsbereiche erläutern. Anschließend stellen wir in Kapitel 3 die verschiedenen Codes vor, die wir für unsere Simulationen verwenden: OpenGadget3, ein Smoothed Particle Hydrodynamics (SPH)-Code, der fortschrittliche Modelle für Gravitation, Hydrodynamik, Magneto-Hydrodynamik (MHD), und physikalische Viskosität enthält; Athena, ein eulerbasierter Gittercode, der auf die Erfassung detaillierter Fluiddynamik ausgelegt ist; und das Nachbearbeitungswerkzeug vortex-p, das zur Analyse von Geschwindigkeitsfeldern und zur Isolierung turbulenter Strukturen verwendet wird. Nach der Einführung der Theorie und der numerischen Methoden untersuchen wir in Kapitel 4, wie physikalische Viskosität die Plasmadynamik verändert, indem sie scherkraftgetriebene Instabilitäten unterdrückt und Turbulenz in einem idealisierten Szenario dämpft. Mit dem SPH-Code OpenGadget3 analysieren wir die lineare Entwicklung der Kelvin-Helmholtz Instabilität (KHI) in verschiedenen Viskositätsszenarien. Die Simulationen bestätigen, dass Viskosität das Wachstum der KHI signifikant unterdrückt und einen kritischen Schwellenwert bei etwa 0.1% der klassischen Spitzer-Viskosität für unsere Anfangsbedingungen etabliert, ab dem die Instabilität vollständig gedämpft wird. Die numerische Viskosität, die der SPH-Implementierung innewohnt, erweist sich als deutlich geringer, was bestätigt, dass moderne SPH-Methoden diese physikalischen Prozesse zuverlässig abbilden. In Kapitel 5 erweitern wir die Analyse aus Kapitel 4, indem wir mit dem Code Athena die Abhängigkeit der kritischen Viskosität von der relativen Dichte und der Mach-Zahl des Mediums untersuchen. Darüber hinaus analysieren wir die nichtlinearen Eigenschaften einer mehrphasigen Gasumgebung und untersuchen, wie sich Viskosität auf Turbulenz und die Effizienz radiativer Kühlung auswirkt. In einer mehrphasigen Umgebung existieren demnach zwei unterschiedliche Bereiche. Im Grenzfall schwacher Kühlung dominiert Viskosität und erzeugt laminare Strömungen, welche zu Abweichungen in nicht-viskosen Skalierungsrelationen führen, die Gesamthelligkeit jedoch weitgehend unverändert lassen. Im Grenzfall starker Kühlung dominieren Strahlungsverluste über viskose Effekte, sodass klassische Zusammenhänge zwischen Turbulenz und Kühlungn erhalten bleiben. Diese Ergebnisse haben wichtige Auswirkungen auf die Interpretation von Beobachtungen und die Verfeinerung von Subgrid-Physik in kosmologischen Simulationen. Alle in idealisierten Szenarien gewonnenen Erkenntnisse werden in Kapitel 6 auf realistischere kosmologische Simulationen von Galaxienhaufen angewendet. Mit OpenGadget3 führen wir kosmologische Simulationen für drei massereiche Haufen durch (Mvir > 10^{15} M☉) und quantifizieren, wie sich unterschiedliche Viskositätsniveaus auf die Morphologie, Temperatur und Dichteschwankungen der Haufen auswirken. Viskosität unterdrückt insbesondere Instabilitäten auf kleinen Skalen, wodurch filamentäre und kleinräumige Strukturen durch reduzierte Mischung verstärkt werden. Sie erhöht auch die Virialtemperaturen um etwa 5–10%, während dichte Regionen kühl bleiben. Die Amplitude der Dichte- und Geschwindigkeitsfluktuationen steigt mit zunehmender Viskosität. Vergleiche mit Röntgenbeobachtungen zeigen jedoch konsistente Ergebnisse im Rahmen der Messungenaugigkeiten, unabhängig von der Viskosität. Dies erschwert die Eingrenzung der Viskosität durch Dichtefluktuationen. Das Verhältnis von Dichte- zu Geschwindigkeitsfluktuationen bleibt robust bei etwa Eins, was mit theoretischen Erwartungen übereinstimmt. Dies stellt die erste detaillierte kosmologische Untersuchung viskoser Effekte im ICM dar. In Kapitel 7 erweitern wir die vorherigen Ergebnisse, indem wir analysieren, wie stark die Turbulenz in Galaxienhaufen in Abhängigkeit von der Viskosität unterdrückt wird. Es zeigt sich, dass die Viskosität mit zunehmender Entfernung vom Zentrum des Haufens effektiver wird. Gleichzeitig wird bei geringerer Turbulenz die Selbstverstärkung von Magnetfeldern beeinträchtigt, was in den äußeren Bereichen von Galaxienhaufen zu schwächeren Magnetfeldern führt. Die in den vorherigen Kapiteln vorgestellten Analysen wurden mit einer isotropen Spitzer-Viskosität durchgeführt. In Kapitel 8 präsentieren wir jedoch die ersten Ergebnisse unserer neuen Implementierung einer anisotropen Braginskii-Viskosität in OpenGadget3. Die ersten Tests zeigen vielversprechende Resultate und erfassen realistischere, richtungsabhängige Transportprozesse in magnetisierten Plasmen. Abschließend stellen wir in Kapitel 9 unsere Schlussfolgerungen vor und in Kapitel 10 die zukünftigen Schritte im Anschluss an diese Arbeit. Diese beinhalten die Erweiterung kosmologischer Simulationen von Galaxienhaufen durch ein realistischeres anisotropes Viskositätsmodell sowie die Untersuchung isolierter Systeme, in denen viskose Effekte eine bedeutende Rolle spielen könnten, etwa bei „Jellyfish“-Galaxien. Insgesamt untersucht diese Arbeit die Rolle der Viskosität über verschiedene Skalen hinweg – von fundamentalen Fluidinstabilitäten bis hin zu realistischen Galaxienhaufenumgebungen. Durch die Verknüpfung detaillierter mikrophysikalischer Erkenntnisse mit beobachtbaren Größen verbessert diese Arbeit unser Verständnis der Plasmadynamik in Galaxienhaufen erheblich und liefert wertvolle Beiträge zur Weiterentwicklung theoretischer Modelle und zur Interpretation zukünftiger hochauflösender astrophysikalischer Beobachtungen.
Abstract
Galaxy clusters are the largest gravitationally bound and virialized structures in the Universe, and due to their extreme conditions, they serve as essential laboratories for exploring cosmological processes and plasma physics. Processes like mergers or Active Galactic Nucleus (AGN) activity, inject energy at large scales, which decays towards smaller scales in a turbulent cascade, generating turbulence within the Intracluster Medium (ICM). However, recent observational results by Hitomi and XRISM find unexpectedly low turbulence levels, suggesting that there is a suppression of turbulence. In this thesis, we investigate the role of viscosity in regulating mixing and transport processes within galaxy clusters and multiphase astrophysical gas, as a key mechanism for suppressing turbulence. Our work aims to constrain the magnitude and influence of viscosity by employing advanced numerical simulations and theoretical analysis. The work is structured as follows: In Chapter 1, we introduce the fundamental physical processes governing the dynamics and evolution of galaxy clusters, emphasizing the lower-than-expected observational turbulence levels. Subsequently, in Chapter 2 we explore viscosity in detail, considering both isotropic (Spitzer) and anisotropic (Braginskii) descriptions, highlighting their applicable regimes. Once we have presented the physics describing the dynamical evolution of galaxy clusters, in Chapter 3 we introduce the different codes we use to run our simulations: OpenGadget3, a Smoothed Particle Hydrodynamics (SPH) code that incorporates sophisticated models for gravity, hydrodynamics, Magnetohydrodynamics (MHD), and physical viscosity; Athena, an Eulerian mesh-based code designed to capture detailed fluid dynamics; and the postprocessing tool vortex-p, used to analyze velocity fields and isolate turbulent structures. After having introduced the theory and numerics used in this work, in Chapter 4 we explore how physical viscosity modifies the dynamics of plasma by suppressing shear-driven instabilities and damping turbulence in an idealized setup. Using the SPH code OpenGadget3, we analyze the linear evolution of the Kelvin-Helmholtz instability (KHI) under different viscosity scenarios. The simulations confirm that viscosity significantly suppresses the growth of KHI, establishing a critical threshold at approximately 0.1% of the classical Spitzer viscosity for our initial conditions (ICs), beyond which the instability is fully damped. The numerical viscosity intrinsic to the SPH implementation is found to be significantly lower, confirming that modern SPH methods reliably capture these physical processes. In Chapter 5, we expand the analysis made in Chapter 4 by analyzing the dependence of the critical viscosity on the overdensity and Mach number using the code Athena. We additionally explore the non-linear regime of a multiphase gas environment, and investigate how viscosity affects turbulence and radiative cooling efficiency. In a multiphase environment, two distinct regimes emerge: a weak cooling regime, where viscosity dominates and produces laminar flows disrupting inviscid scaling relations, yet leaving total luminosity relatively unchanged; and a strong cooling regime, where radiative losses overpower viscous effects, thus preserving classical turbulence-cooling relationships. These findings have critical implications for interpreting observations and refining subgrid physics in cosmological simulations. All these results found in idealized setups are applied to more realistic cosmological simulations of galaxy clusters in Chapter 6. Using OpenGadget3, we run cosmological simulations for three massive clusters (Mvir > 10^{15} M☉), and we quantify how varying viscosity levels impact cluster morphology, temperature, and density fluctuations. Viscosity notably suppresses small-scale instabilities, enhancing filamentary and small-scale structures due to reduced mixing. It also increases virial temperatures by approximately 5%-10% while keeping dense regions cool. The amplitude of density and velocity fluctuations increases with viscosity, yet comparison with X-ray observations reveals consistent results regardless of viscosity within error margins of measurements. This complicates direct observational constraints of viscosity from density fluctuations. The ratio of density to velocity fluctuations remains robustly around unity, aligning with theoretical expectations. This represents the first detailed cosmological exploration of viscous effects in the ICM. In Chapter 7 we expand the previous results by analyzing the level of turbulence in galaxy clusters depending on the amount of viscosity, finding that viscosity becomes more effective further from the cluster center. This reduction of turbulence leads to a suppression of magnetic field amplification, producing weaker magnetic fields in the outskirts of galaxy clusters, the more viscous the ICM is. All the analysis presented in the previous chapters was done using an isotropic Spitzer viscosity. However, in Chapter 8 we present the first results of our new implementation of an anisotropic Braginskii viscosity in OpenGadget3. The preliminary tests indicate promising results, capturing more realistic, direction-dependent transport processes in magnetized plasmas. Finally, in Chapter 9, we present our final conclusions, and in Chapter 10 the future steps following this thesis. These future steps include extending cosmological simulations of galaxy clusters to incorporate a more realistic anisotropic viscosity model, as well as investigating isolated systems where viscous effects may be significant, such as jellyfish galaxies. Overall, this thesis explores the role of viscosity across different scales, from fundamental fluid instabilities to realistic galaxy cluster environments. By linking detailed microphysical insights to observational constraints, this work significantly enhances our understanding of plasma dynamics in galaxy clusters, informing both theoretical models and observational interpretations. Ultimately, these results contribute critically to refining the physical models underlying cosmological simulations and interpreting future high-resolution astrophysical observations.
Dokumententyp: | Dissertationen (Dissertation, LMU München) |
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Keywords: | Magnetohydrodynamical Simulations, Plasma Astrophysics, Intracluster Medium, Multiphase Gas |
Themengebiete: | 500 Naturwissenschaften und Mathematik
500 Naturwissenschaften und Mathematik > 530 Physik |
Fakultäten: | Fakultät für Physik |
Sprache der Hochschulschrift: | Englisch |
Datum der mündlichen Prüfung: | 22. Juli 2025 |
1. Berichterstatter:in: | Dolag, Klaus |
MD5 Prüfsumme der PDF-Datei: | 754c25c74996e968be0dcdaa5fb29fd6 |
Signatur der gedruckten Ausgabe: | 0001/UMC 31402 |
ID Code: | 35662 |
Eingestellt am: | 19. Aug. 2025 08:01 |
Letzte Änderungen: | 19. Aug. 2025 08:02 |