Strinitz, Elisabeth (2025): Die Auswirkung von intraoperativer Hypotonie auf die Inzidenz von postoperativer Übelkeit und Erbrechen in der Frühphase (sog. early PONV). Dissertation, LMU München: Medizinische Fakultät |
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Abstract
Hintergrund. Postoperative Übelkeit und Erbrechen (PONV) tritt bei bis zu 30% der Allgemeinbevölkerung auf und stellt eine der häufigsten Komplikationen im Arbeitsumfeld des Anästhesisten dar. PONV beeinträchtigt nicht nur das Wohlbefinden der Patienten erheblich, sondern kann auch gravierende Komplikationen, einen erhöhten Therapieaufwand und höhere Gesundheitskosten nach sich ziehen. Als die gängigsten Risikofaktoren gelten das weibliche Geschlecht, der Nichtraucherstatus, PONV bzw. Reiseübelkeit in der Anamnese und die postoperative Therapie mit Opioiden. Über die Erforschung zusätzlicher Risikofaktoren wird versucht, das PONV-Risiko weiter zu senken und neue Präventionsstrategien zu etablieren. Es ist bekannt, dass intraoperative Hypotonie an mehreren Organsystemen Schäden durch Minderperfusion verursacht und dass gastrointestinale Minderperfusion zu Übelkeit führen kann. Aus geburtshilflichen Untersuchungen ist der Zusammenhang zwischen intraoperativen Blutdruckabfällen nach rückenmarksnahen Betäubungsverfahren und PONV erwiesen. Wir stellten die Hypothese auf, dass auch an narkotisierten Patienten die intraoperative Hypotonie einen Einfluss auf die Inzidenz von PONV hat. Methoden. Die Untersuchung fand als retrospektive Datenanalyse an einem großen Patientenkollektiv statt und basierte auf den Narkoseprotokollen von Patienten, die sich in dem Zeitraum von 2018 bis 2019 am Klinikum der Ludwig-Maximilians-Universität in München einem operativen Eingriff in Allgemeinanästhesie unterzogen. Die Patienten wurden anhand des Ausmaßes ihres Blutdruckabfalls in vier Studiengruppen eingeteilt: H50 (MAP < 50 mmHg), H60 (MAP < 60 mmHg), H70 (MAP < 70 mmHg) und die Gruppe H0 (keine Hypotonie bzw. MAP > 70 mmHg). Als Endpunkt wurde das Auftreten von early PONV in den ersten 6 Stunden postoperativ im Aufwachraum herangezogen. Neben den demografischen Basisdaten wurden weitere als PONV-Risikofaktoren bekannte Parameter ausgewertet und deren Verteilung in den unterschiedlichen Studiengruppen verglichen. Der Einfluss der intraoperativen Hypotonie auf die PONV-Inzidenz wurde mittels Chi-Quadrat-Tests untersucht. Zur Vermeidung verzerrender Effekte durch strukturelle Unterschiede zwischen den Studiengruppen wurde ein Propensity-Score Matching durchgeführt, nachdem relevante Einflussfaktoren mithilfe einer systematischen Literaturrecherche identifiziert wurden. Ergebnisse. Die Daten von 18.674 Patienten gingen nach den von uns definierten Einschlusskriterien in die Auswertung ein. Im Propensity Score Matching zeigte sich für alle Patienten der drei Hypotonie-Studiengruppen im Vergleich mit den ihnen zugeordneten Patienten ohne intraoperative Hypotonie eine signifikant höhere Inzidenz von PONV. Am deutlichsten unterschied sich die Inzidenz der Gruppe H50 und H0 (17,4% vs. 11%). Hier betrug die Odds Ratio 1,695 (99%CI: 1,265-2,271, p<0,001). Das relative Risiko betrug 1,285 (99%CI 1,102-1,498, p<0,001). Im Vergleich zwischen H60 und H0 (13,5% vs. 10,4%) betrug die Odds Ratio 1,346 (99%CI 1,1288-1,6049, p<0,001) und das relative Risiko 1,1825 (99%CI 1,0665 – 1,3172, p>0,001). Der Vergleich der Gruppen H70 und H0 (11,2% vs. 9,4%) ergab eine Odds Ratio von 1,2012 (99%CI 1,0260 – 1,4070, p<0,0027) und ein relatives Risiko von 1,1236 (99%CI 1,013 – 1,2454, p< 0,0027). Schlussfolgerungen. In allen Studiengruppen mit intraoperativer Hypotonie zeigte sich ein signifikant häufigeres Auftreten von early PONV verglichen mit den Patienten, deren Blutdruck stabil geblieben war. Somit konnte gezeigt werden, dass auch an einem gemischtgeschlechtlichen, heterogenen Patientenkollektiv von narkotisierten Patienten ein Zusammenhang zwischen intraoperativer Hypotonie und einer erhöhten Inzidenz von early PONV besteht. Je niedriger der Blutdruck der Patientengruppe ausfiel, desto größer war die PONV-Inzidenz. Besonders in der Gruppe mit den niedrigsten Blutdruckwerten (MAP < 50 mmHg) fiel die PONV-Inzidenz signifikant höher aus. Die Therapie von intraoperativen Blutdruckabfällen und die Erhaltung der hämodynamischen Stabilität ist somit nicht nur zur Vermeidung von Endorganschäden essenziell, sondern kann auch protektiv gegen early PONV wirken.
Dokumententyp: | Dissertationen (Dissertation, LMU München) |
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Keywords: | PONV, intraoperative Hypotonie, postoperative Übelkeit und Erbrechen |
Themengebiete: | 600 Technik, Medizin, angewandte Wissenschaften
600 Technik, Medizin, angewandte Wissenschaften > 610 Medizin und Gesundheit |
Fakultäten: | Medizinische Fakultät |
Sprache der Hochschulschrift: | Deutsch |
Datum der mündlichen Prüfung: | 24. Juli 2025 |
1. Berichterstatter:in: | Hofmann-Kiefer, Klaus |
MD5 Prüfsumme der PDF-Datei: | c978a353e7c939420a8d7d41cc11f33c |
Signatur der gedruckten Ausgabe: | 0700/UMD 22427 |
ID Code: | 35658 |
Eingestellt am: | 24. Sep. 2025 12:16 |
Letzte Änderungen: | 25. Sep. 2025 09:09 |