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Analyse von Bewegungen bei Rindern nach Bolzenschussbetäubung in Zusammenhang mit Betäubungseffektivität. Evaluierung potenzieller Einflussfaktoren und gerätespezifischer Schlüsselparameter der Bolzenschussbetäubung
Analyse von Bewegungen bei Rindern nach Bolzenschussbetäubung in Zusammenhang mit Betäubungseffektivität. Evaluierung potenzieller Einflussfaktoren und gerätespezifischer Schlüsselparameter der Bolzenschussbetäubung
In der vorliegenden Arbeit wurden Bewegungen nach Bolzenschussbetäubung an insgesamt 2.911 Rindern auf fünf Schlachtbetrieben bis mindestens 4 Minuten nach Setzen des Entblutestichs beschrieben und analysiert. Die Bewegungen wurden mittels Action-Kameras (Apeman® A100) kontinuierlich erfasst und den 8 Prozessabschnitten (Auswurf, Aufziehen, Hautschnitt, Bruststich, 1. bis 4. Minute der Entblutung) zugeordnet. Darüber hinaus wurden Betäubungseffektivität und Qualität des Schussansatzes erhoben. Das Videomaterial wurde im Hinblick auf neun, im Vorfeld definierte Bewegungskategorien analysiert: Zappeln, Schlagen der Hintergliedmaßen, Strecken oder Anwinkeln der Hintergliedmaßen, Einrollen oder Anheben der Vordergliedmaßen, seitliches Biegen oder ventrales Krümmen des Rumpfes und rückwertiges Aufbiegen. Jeder Bewegung wurde ein Intensitätswert (Score) zugeordnet, der dann je Prozessabschnitt (Abschnittsscore) oder über alle Prozessabschnitte (Summen Score) aufsummiert wurde. Als mögliche Einflüsse auf die Scores wurden verschiedene tierbezogene (Tierkategorie, Rasse, Alter, Klassifizierung, Behornung), gerätebezogene (Gerätetyp, Funktionsart, Bolzengeschwindigkeit, -austrittslänge, -durchmesser, kinetische Energie) und prozesstechnische Faktoren (Schlachtbetrieb, Saison, betäubende Person, Schussansatz) untersucht (ANOVA-Analyse). Austrittslänge und Bolzengeschwindigkeit der verwendeten Geräte- und Ladungs-bzw. Druckkombinationen sowie einiger weiterer wurden in Annäherungsmessungen einerseits in Blumensteckschaum und durch Lichtschrankenmessung und andererseits durch Verwendung einer Hochgeschwindigkeitskamera verifiziert. Die Ergebnisse wurden mit den Herstellerangaben verglichen. Bei nahezu allen Rindern (93,4 %) trat mindestens eine Bewegung auf, am häufigsten während des Bruststichs und der ersten Minute der Entblutung. In einzelnen Fällen wurden Bewegungen noch 8 Minuten nach Setzen des Entblutestichs beobachtet. Rasse und Tierkategorie (Bulle, Färse, Kuh) hatten einen signifikanten Einfluss auf das Auftreten von Bewegungen. Kühe zeigten häufiger Bewegungen am Auswurf, während Bullen und Färsen über alle Prozessabschnitte hinweg einen höheren Summen Score aufwiesen. Die Rassen Braunvieh und Fleckvieh bewegten sich signifikant weniger als Deutsch Angus, Charolais oder Limousin. Durch die Verwendung von pneumatischen Schussgeräten sowie eine größere Austrittslänge des Bolzens konnten Bewegungen signifikant reduziert werden. Von insgesamt 2.911 Tieren wurde die Betäubungseffektivität nur bei 19 Tiere (0,6 %) als „fraglich“ oder “nicht ausreichend betäubt“ eingestuft, und kein Tier zeigte rückwärtiges Aufbiegen. Ein Einfluss der Effektivität der Betäubung auf Bewegungen wurde nicht ermittelt. Rein deskriptiv unterschieden sich die Bewegungen von Tieren mit eingeschränkter Betäubungseffektivität nicht von ausreichend betäubten Rindern. Schussansätze wichen bei 9,5 % der Rinder um mehr als 2 cm vom optimalen Ansatz ab, hauptsächlich in rostraler Richtung (83,5 %). Bei 12,8 % der Rinder traten Winkelabweichungen von mindestens 10 ° auf, wobei der Bolzenschussapparat in den meisten Fällen (43,4 %) zur Nase hin abgewinkelt wurde. Die Art der Fixierungseinrichtung und die jeweilige betäubende Person beeinflussten die Anzahl der beobachteten Positions- und Winkelabweichungen. Erst Abweichungen über 3 cm vom optimalen Ansatz und über 15 ° von der Senkrechten hatten ein höheres Risiko reduzierter Betäubungseffektivität zur Folge. Dieses Ergebnis muss jedoch auch in Zusammenhang mit den verwendeten Geräten, der Art der Bewegungseinschränkung und der Qualifikation der betäubenden Person gesehen werden. Die Messungen mittels Hochgeschwindigkeitskamera ergaben, dass die Bolzengeschwindigkeit nach durchschnittlich 15 mm ab Schaftmündung ihr Maximum erreicht. Bei ladungsbetriebene Schussgeräten war die Bolzengeschwindigkeit in den meisten Fällen höher als bei pneumatisch betriebenen Geräten. Dennoch wiesen letztere meist eine höhere kinetische Energie auf als viele der untersuchten ladungsbetriebenen Schussgeräte. Ursache hierfür ist das erheblich höhere Bolzengewicht bei pneumatischen Geräten (ladungsbetrieben: Ø 234 g, pneumatisch: Ø 516 g). Die Messwerte für die kinetische Energie lagen zwischen 186,1 J (Typ VSG-9LC, Dick) und 510,6 J (Typ VB-315, EFA). Die Austrittslänge variierte zwischen 63,6 mm (Typ Blitz Kerner, Turbocut) und 120,9 mm (Typ KL, Schermer®). Werte, gemessen in Blumensteckschaum, lagen durchschnittlich 11,0 mm unter den Messungen der Hochgeschwindigkeitskamera. Bei der Untersuchung der technischen Merkmale verschiedener Schussgeräte ergab sich eine Diskrepanz zwischen Herstellerangaben und den eigenen Annäherungswerten. Dies verdeutlicht die Notwendigkeit von standardisierten und überprüfbaren Methoden zur Beschreibung der Schlüsselparameter. Es zeigte sich, dass zur Beschreibung der Leistung eines Schussgerätes neben den in der VO (EG) Nr. 1099/2009 genannten technischen Schlüsselparametern Austrittslänge, Durchmesser und Geschwindigkeit auch die kinetische Energie eines Schussgerätes herangezogen werden sollte. Erstmals konnten mit der vorliegenden Arbeit Bewegungen nach Bolzenschussbetäubung beim Rind systematisch beschrieben werden. Diese treten regelmäßig bei ausreichend betäubten Rindern auf und variieren je nach Rasse, Tierkategorie und Funktionstyp des Schussgerätes. Bewegungen ohne gleichzeitige Anzeichen am Auge oder Atembewegungen sollten, daher nicht als alleiniges Anzeichen mangelhafter Betäubung oder wiederkehrenden Bewusstseins gewertet werden. Gerade spät auftretende Bewegungen lassen sich durch vom Gehirn unabhängige und länger anhaltende supravitale Reagibilität der Skelettmuskulatur und Nervenfasern erklären und stehen somit aus der Sicht des Tierschutzes weiteren Schlachtarbeiten grundsätzlich nicht entgegen. Ausnahme hiervon ist das rückwertige Aufbiegen, eine zielgerichtete Aufrichtbewegung, die jedoch immer mit weiteren Anzeichen für eine erhaltene Hirnstammfunktion einhergeht. Eine präzise Einordnung von Bewegungen im Kontext der Beurteilung erhaltener Empfindungs- und Wahrnehmungsfähigkeit ist daher von großer Relevanz., In this study, movements after captive bolt stunning were described and analysed in a total of 2,911 cattle across five abattoirs, up to at least 4 minutes after sticking (exsanguination). Movements were continuously recorded using action cameras (Apeman® A100) and assigned to 8 process intervals (landing, hoisting, skin incision, chest stick, 1st to 4th minute of bleeding). Additionally, stunning effectiveness and shot accuracy were recorded. The video material was analysed for nine pre-defined movement categories: twitching, kicking hind limbs, stretching or bending hind limbs, bending or lifting forelimbs, body arching laterally or aching ventrally, and arching backwards. Each movement was assigned an intensity value (score), which was then totalled for each process interval (section score) or for all process intervals (sum score). Various animal-related (sex category, breed, age, carcase classification, horns), captive bolt-related (type, function type, bolt velocity, bolt exit length, bolt diameter, kinetic energy) and process-related factors (abattoir, season, staff performing the stunning, shot accuracy) were analysed as possible impact factors on the scores (ANOVA analysis). The exit length and bolt velocity of the device, as well as charge/pressure combinations used, were verified through proximity measurements using floral foam and light barrier measurement on one hand and a high-speed camera on the other. The results were compared with the manufacturer's specifications. In almost all cattle (93.4 %), at least one movement occurred, most frequently during the chest stick and the first minute of bleeding. In individual cases, movements were still observed 8 minutes after sticking. Breed and sex category (bull, heifer, cow) significantly influenced the occurrence of movements. Cows more frequently showed movements during landing, while bulls and heifers had a higher sum score across all process intervals. Brown Swiss and Simmental breeds moved significantly less than German Angus, Charolais or Limousin. Movements were significantly reduced by the use of pneumatic stunning devices and a higher exit length of the bolt. Out of 2,911 animals, stunning effectiveness was classified as "doubtful" or "insufficiently stunned" in only 19 animals (0.6 %). No animal showed arching backwards. No association was found between stunning effectiveness and the movements observed. In purely descriptive terms, the movements of animals with limited stunning effectiveness did not differ from those of adequately stunned cattle. Shooting position in 9.5 % of cattle, deviated by more than 2 cm from the recommended position, mainly in rostral direction (83.5 %). Angular deviations of at least 10 ° occurred in 12.8 % of cattle, with the bolt gun being tilted towards the nose in most cases (43.4 %). The type of restraining device and the respective person performing the stunning impacted the number of observed positional and angular deviations. Only deviations of more than 3 cm from the optimal shooting position and more than 15 ° from the vertical resulted in a higher risk of reduced stunning effectiveness. However, this result must be seen in the context of the equipment used, the type of restraining box and the qualification of the person performing stunning. Measurements by high-speed camera showed that bolt velocity reaches its maximum after an average of 15 mm from the muzzle. In most cases, bolt velocity was higher in cartridge powered devices than in pneumatic devices. Nevertheless, kinetic energy of the latter usually was higher than for many of the cartridge powered devices investigated. This is because the bolt weight of pneumatic devices is considerably higher (cartridge powered: av. 234 g, pneumatic: av. 516 g). Measured values for kinetic energy ranged between 186.1 J (type VSG-9LC, Dick) and 510.6 J (type VB-315, EFA). Exit length varied between 63.6 mm (type Blitz Kerner, Turbocut) and 120.9 mm (type KL, Schermer®). Values measured in floral foam were on average 11.0 mm lower than those measured by high-speed camera. When analysing the technical features of various stunning devices, there was often a discrepancy between the manufacturer's specifications and our own approximate values. This illustrates the need for standardised and verifiable methods to describe the key parameters. It became evident that, in addition to the technical key parameters exit length, diameter and velocity specified in Regulation (EC) No 1099/2009, kinetic energy should also be used to describe the performance of a captive bolt stunning device. For the first time movements after captive bolt stunning in cattle were systematically described. These movements occur regularly in well-stunned cattle and vary according to breed, sex category and the function type of the captive bolt stunner. Movements, that do not occur simultaneously with positive eye reflexes or respiratory movements should therefore not be interpreted as a sole sign of inadequate stunning effectiveness or regaining consciousness. Late movements, in particular, can be explained by prolonged supravital responsiveness of the skeletal muscles and nerve fibres that are independent from brain and consciousness. Therefore, from an animal welfare perspective these movements should not prevent further slaughter procedures. An exception to this is righting reflex of the head and/or body, which, however, is always accompanied by additional indicators of preserved brainstem function. Regarding the assessment of unconsciousness and insensibility a precise interpretation of movements in context with the assessment of unconsciousness and insensibility is therefore of great importance.
Rinder, Bolzenschussbetäubung, Betäubungseffektivität, Schlüsselparamater, Bewegungen
Lücking, Anika
2025
Deutsch
Universitätsbibliothek der Ludwig-Maximilians-Universität München
Lücking, Anika (2025): Analyse von Bewegungen bei Rindern nach Bolzenschussbetäubung in Zusammenhang mit Betäubungseffektivität: Evaluierung potenzieller Einflussfaktoren und gerätespezifischer Schlüsselparameter der Bolzenschussbetäubung. Dissertation, LMU München: Tierärztliche Fakultät
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Abstract

In der vorliegenden Arbeit wurden Bewegungen nach Bolzenschussbetäubung an insgesamt 2.911 Rindern auf fünf Schlachtbetrieben bis mindestens 4 Minuten nach Setzen des Entblutestichs beschrieben und analysiert. Die Bewegungen wurden mittels Action-Kameras (Apeman® A100) kontinuierlich erfasst und den 8 Prozessabschnitten (Auswurf, Aufziehen, Hautschnitt, Bruststich, 1. bis 4. Minute der Entblutung) zugeordnet. Darüber hinaus wurden Betäubungseffektivität und Qualität des Schussansatzes erhoben. Das Videomaterial wurde im Hinblick auf neun, im Vorfeld definierte Bewegungskategorien analysiert: Zappeln, Schlagen der Hintergliedmaßen, Strecken oder Anwinkeln der Hintergliedmaßen, Einrollen oder Anheben der Vordergliedmaßen, seitliches Biegen oder ventrales Krümmen des Rumpfes und rückwertiges Aufbiegen. Jeder Bewegung wurde ein Intensitätswert (Score) zugeordnet, der dann je Prozessabschnitt (Abschnittsscore) oder über alle Prozessabschnitte (Summen Score) aufsummiert wurde. Als mögliche Einflüsse auf die Scores wurden verschiedene tierbezogene (Tierkategorie, Rasse, Alter, Klassifizierung, Behornung), gerätebezogene (Gerätetyp, Funktionsart, Bolzengeschwindigkeit, -austrittslänge, -durchmesser, kinetische Energie) und prozesstechnische Faktoren (Schlachtbetrieb, Saison, betäubende Person, Schussansatz) untersucht (ANOVA-Analyse). Austrittslänge und Bolzengeschwindigkeit der verwendeten Geräte- und Ladungs-bzw. Druckkombinationen sowie einiger weiterer wurden in Annäherungsmessungen einerseits in Blumensteckschaum und durch Lichtschrankenmessung und andererseits durch Verwendung einer Hochgeschwindigkeitskamera verifiziert. Die Ergebnisse wurden mit den Herstellerangaben verglichen. Bei nahezu allen Rindern (93,4 %) trat mindestens eine Bewegung auf, am häufigsten während des Bruststichs und der ersten Minute der Entblutung. In einzelnen Fällen wurden Bewegungen noch 8 Minuten nach Setzen des Entblutestichs beobachtet. Rasse und Tierkategorie (Bulle, Färse, Kuh) hatten einen signifikanten Einfluss auf das Auftreten von Bewegungen. Kühe zeigten häufiger Bewegungen am Auswurf, während Bullen und Färsen über alle Prozessabschnitte hinweg einen höheren Summen Score aufwiesen. Die Rassen Braunvieh und Fleckvieh bewegten sich signifikant weniger als Deutsch Angus, Charolais oder Limousin. Durch die Verwendung von pneumatischen Schussgeräten sowie eine größere Austrittslänge des Bolzens konnten Bewegungen signifikant reduziert werden. Von insgesamt 2.911 Tieren wurde die Betäubungseffektivität nur bei 19 Tiere (0,6 %) als „fraglich“ oder “nicht ausreichend betäubt“ eingestuft, und kein Tier zeigte rückwärtiges Aufbiegen. Ein Einfluss der Effektivität der Betäubung auf Bewegungen wurde nicht ermittelt. Rein deskriptiv unterschieden sich die Bewegungen von Tieren mit eingeschränkter Betäubungseffektivität nicht von ausreichend betäubten Rindern. Schussansätze wichen bei 9,5 % der Rinder um mehr als 2 cm vom optimalen Ansatz ab, hauptsächlich in rostraler Richtung (83,5 %). Bei 12,8 % der Rinder traten Winkelabweichungen von mindestens 10 ° auf, wobei der Bolzenschussapparat in den meisten Fällen (43,4 %) zur Nase hin abgewinkelt wurde. Die Art der Fixierungseinrichtung und die jeweilige betäubende Person beeinflussten die Anzahl der beobachteten Positions- und Winkelabweichungen. Erst Abweichungen über 3 cm vom optimalen Ansatz und über 15 ° von der Senkrechten hatten ein höheres Risiko reduzierter Betäubungseffektivität zur Folge. Dieses Ergebnis muss jedoch auch in Zusammenhang mit den verwendeten Geräten, der Art der Bewegungseinschränkung und der Qualifikation der betäubenden Person gesehen werden. Die Messungen mittels Hochgeschwindigkeitskamera ergaben, dass die Bolzengeschwindigkeit nach durchschnittlich 15 mm ab Schaftmündung ihr Maximum erreicht. Bei ladungsbetriebene Schussgeräten war die Bolzengeschwindigkeit in den meisten Fällen höher als bei pneumatisch betriebenen Geräten. Dennoch wiesen letztere meist eine höhere kinetische Energie auf als viele der untersuchten ladungsbetriebenen Schussgeräte. Ursache hierfür ist das erheblich höhere Bolzengewicht bei pneumatischen Geräten (ladungsbetrieben: Ø 234 g, pneumatisch: Ø 516 g). Die Messwerte für die kinetische Energie lagen zwischen 186,1 J (Typ VSG-9LC, Dick) und 510,6 J (Typ VB-315, EFA). Die Austrittslänge variierte zwischen 63,6 mm (Typ Blitz Kerner, Turbocut) und 120,9 mm (Typ KL, Schermer®). Werte, gemessen in Blumensteckschaum, lagen durchschnittlich 11,0 mm unter den Messungen der Hochgeschwindigkeitskamera. Bei der Untersuchung der technischen Merkmale verschiedener Schussgeräte ergab sich eine Diskrepanz zwischen Herstellerangaben und den eigenen Annäherungswerten. Dies verdeutlicht die Notwendigkeit von standardisierten und überprüfbaren Methoden zur Beschreibung der Schlüsselparameter. Es zeigte sich, dass zur Beschreibung der Leistung eines Schussgerätes neben den in der VO (EG) Nr. 1099/2009 genannten technischen Schlüsselparametern Austrittslänge, Durchmesser und Geschwindigkeit auch die kinetische Energie eines Schussgerätes herangezogen werden sollte. Erstmals konnten mit der vorliegenden Arbeit Bewegungen nach Bolzenschussbetäubung beim Rind systematisch beschrieben werden. Diese treten regelmäßig bei ausreichend betäubten Rindern auf und variieren je nach Rasse, Tierkategorie und Funktionstyp des Schussgerätes. Bewegungen ohne gleichzeitige Anzeichen am Auge oder Atembewegungen sollten, daher nicht als alleiniges Anzeichen mangelhafter Betäubung oder wiederkehrenden Bewusstseins gewertet werden. Gerade spät auftretende Bewegungen lassen sich durch vom Gehirn unabhängige und länger anhaltende supravitale Reagibilität der Skelettmuskulatur und Nervenfasern erklären und stehen somit aus der Sicht des Tierschutzes weiteren Schlachtarbeiten grundsätzlich nicht entgegen. Ausnahme hiervon ist das rückwertige Aufbiegen, eine zielgerichtete Aufrichtbewegung, die jedoch immer mit weiteren Anzeichen für eine erhaltene Hirnstammfunktion einhergeht. Eine präzise Einordnung von Bewegungen im Kontext der Beurteilung erhaltener Empfindungs- und Wahrnehmungsfähigkeit ist daher von großer Relevanz.

Abstract

In this study, movements after captive bolt stunning were described and analysed in a total of 2,911 cattle across five abattoirs, up to at least 4 minutes after sticking (exsanguination). Movements were continuously recorded using action cameras (Apeman® A100) and assigned to 8 process intervals (landing, hoisting, skin incision, chest stick, 1st to 4th minute of bleeding). Additionally, stunning effectiveness and shot accuracy were recorded. The video material was analysed for nine pre-defined movement categories: twitching, kicking hind limbs, stretching or bending hind limbs, bending or lifting forelimbs, body arching laterally or aching ventrally, and arching backwards. Each movement was assigned an intensity value (score), which was then totalled for each process interval (section score) or for all process intervals (sum score). Various animal-related (sex category, breed, age, carcase classification, horns), captive bolt-related (type, function type, bolt velocity, bolt exit length, bolt diameter, kinetic energy) and process-related factors (abattoir, season, staff performing the stunning, shot accuracy) were analysed as possible impact factors on the scores (ANOVA analysis). The exit length and bolt velocity of the device, as well as charge/pressure combinations used, were verified through proximity measurements using floral foam and light barrier measurement on one hand and a high-speed camera on the other. The results were compared with the manufacturer's specifications. In almost all cattle (93.4 %), at least one movement occurred, most frequently during the chest stick and the first minute of bleeding. In individual cases, movements were still observed 8 minutes after sticking. Breed and sex category (bull, heifer, cow) significantly influenced the occurrence of movements. Cows more frequently showed movements during landing, while bulls and heifers had a higher sum score across all process intervals. Brown Swiss and Simmental breeds moved significantly less than German Angus, Charolais or Limousin. Movements were significantly reduced by the use of pneumatic stunning devices and a higher exit length of the bolt. Out of 2,911 animals, stunning effectiveness was classified as "doubtful" or "insufficiently stunned" in only 19 animals (0.6 %). No animal showed arching backwards. No association was found between stunning effectiveness and the movements observed. In purely descriptive terms, the movements of animals with limited stunning effectiveness did not differ from those of adequately stunned cattle. Shooting position in 9.5 % of cattle, deviated by more than 2 cm from the recommended position, mainly in rostral direction (83.5 %). Angular deviations of at least 10 ° occurred in 12.8 % of cattle, with the bolt gun being tilted towards the nose in most cases (43.4 %). The type of restraining device and the respective person performing the stunning impacted the number of observed positional and angular deviations. Only deviations of more than 3 cm from the optimal shooting position and more than 15 ° from the vertical resulted in a higher risk of reduced stunning effectiveness. However, this result must be seen in the context of the equipment used, the type of restraining box and the qualification of the person performing stunning. Measurements by high-speed camera showed that bolt velocity reaches its maximum after an average of 15 mm from the muzzle. In most cases, bolt velocity was higher in cartridge powered devices than in pneumatic devices. Nevertheless, kinetic energy of the latter usually was higher than for many of the cartridge powered devices investigated. This is because the bolt weight of pneumatic devices is considerably higher (cartridge powered: av. 234 g, pneumatic: av. 516 g). Measured values for kinetic energy ranged between 186.1 J (type VSG-9LC, Dick) and 510.6 J (type VB-315, EFA). Exit length varied between 63.6 mm (type Blitz Kerner, Turbocut) and 120.9 mm (type KL, Schermer®). Values measured in floral foam were on average 11.0 mm lower than those measured by high-speed camera. When analysing the technical features of various stunning devices, there was often a discrepancy between the manufacturer's specifications and our own approximate values. This illustrates the need for standardised and verifiable methods to describe the key parameters. It became evident that, in addition to the technical key parameters exit length, diameter and velocity specified in Regulation (EC) No 1099/2009, kinetic energy should also be used to describe the performance of a captive bolt stunning device. For the first time movements after captive bolt stunning in cattle were systematically described. These movements occur regularly in well-stunned cattle and vary according to breed, sex category and the function type of the captive bolt stunner. Movements, that do not occur simultaneously with positive eye reflexes or respiratory movements should therefore not be interpreted as a sole sign of inadequate stunning effectiveness or regaining consciousness. Late movements, in particular, can be explained by prolonged supravital responsiveness of the skeletal muscles and nerve fibres that are independent from brain and consciousness. Therefore, from an animal welfare perspective these movements should not prevent further slaughter procedures. An exception to this is righting reflex of the head and/or body, which, however, is always accompanied by additional indicators of preserved brainstem function. Regarding the assessment of unconsciousness and insensibility a precise interpretation of movements in context with the assessment of unconsciousness and insensibility is therefore of great importance.