Nguyen, Bao Vi (2025): Rolle der Nekroinflammation bei Progression der diabetischen Nephropathie. Dissertation, LMU München: Medizinische Fakultät |
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Abstract
Die diabetische Nephropathie stellt als eine der häufigsten Grundleiden einer terminalen Niereninsuffizienz eine Erkrankung mit hoher Mortalität und einer hohen sozioökonomischen Belastung dar. Durch die chronische Hyperglykämie entstehen renale Schädigungen mit einem exkretorischen Funktionsverlust der Nieren, einer Läsion der Filtrationsbarriere sowie einer Sklerosierung und Fibrosierung des Organgewebes. Die bisher nicht gänzlich erforschten Pathomechanismen beinhalten auch Zelluntergang, der mit einer renalen Entzündungsreaktion einhergeht. Diese Nekroinflammation kann auf Formen des regulierten Zelltods wie der Nekroptose basieren. Durch unterschiedliche auf der Zellmembran exprimierte Rezeptoren kann die Nekroptose aktiviert werden, sodass über intrazelluläre Signaltransduktionskaskaden unter Einbeziehung der Adaptermoleküle Receptor-Interacting Protein Kinase (RIPK) 1, RIPK3 und Mixed Lineage Kinase Domain-Like Protein (MLKL) am Ende eine Ruptur der Plasmamembran vermittelt wird. Aus dieser gelangt Zellinhalt in den extrazellulären Raum, was eine Inflammation auslöst. Ein physiologischer negativer Regulator der Nekroinflammation ist das intrazelluläre anti-nekroptotische und anti-inflammatorische Protein A20. Durch Interaktion mit den Adaptermolekülen RIPK1 und RIPK3 setzt es die nekroptotische Aktivität herab. Ziel dieser Arbeit war, eine mögliche Rolle der Nekroinflammation bei der Progression der diabetischen Nephropathie im Tiermodell nachzuweisen. Dafür wurden C57BL/6 Wildtyp-Mäuse und transgene Mäuse mit inaktivierter Kinaseaktivität von RIPK1 oder RIPK3 (Ripk1kd- und Ripk3kd-Mäuse), wie auch einem Gen-Knockout für MLKL (Mlkl-/- Mäuse) verwendet. Für die Untersuchung der inhibitorischen Wirkung von A20 wurden zudem heterozygot defiziente A20+/- Mäuse genutzt. In diesen Versuchstieren wurde nach einer unilateralen Nephrektomie (zur Aggravierung des späteren Nierenschadens) ein Diabetes mellitus durch wiederholte intraperitoneale Streptozotocin-Injektionen induziert. Die sich entwickelnde diabetische Nephropathie wurde über einen Versuchszeitraum von 25 bzw. 27 Wochen beobachtet. Am Versuchsendpunkt wurde in den Versuchsgruppen die funktionellen Nierenparameter, die morphologischen Veränderungen der Nieren, der renale Zelluntergang und das Ausmaß der Inflammation verglichen. Die Ergebnisse der vorliegenden Arbeit zeigen eine erfolgreiche Etablierung des diabetischen Modells nach Streptozotocin-Injektionen in allen Versuchsgruppen. Im ersten Teil dieser Arbeit konnte ein möglicher nephroprotektiver Effekt einer Mlkl-Defizienz nachgewiesen werden. Funktionelle Nierenparameter (gemessene glomeruläre Filtrationsrate vor Versuchsende, Plasmaharnstoffkonzentration, Albuminurie) unterschieden sich zwischen diabetischen Wildtyp- und Ripk1kd-, Ripk3kd- oder Mlkl-/- Mäusen nicht signifikant. Allerdings zeigten diabetische Mlkl-/- Mäuse eine verminderte Hypoalbuminämie und Hypercholesterinämie als Hinweis auf einen geringeren Schaden der glomerulären Filtrationsbarriere bei proteinurischer Nephropathie. Zudem wiesen diabetische Mlkl-/- Mäuse als Zeichen einer geringeren glomerulären Schädigung und Hyperfiltration signifikant kleinere Glomeruli als Wildtyp-Tiere auf. Hinsichtlich des renalen Zelltods ergaben sich keine Unterschiede zwischen diabetischen Wildtyp-Tieren und den drei transgenen Versuchsgruppen. Dagegen zeigte sich eine signifikant verminderte glomeruläre, jedoch nicht tubulointerstitielle Infiltration von T-Lymphozyten und Makrophagen in den diabetischen Mlkl-/- Mäusen. Dies korrelierte mit einer geringeren Expression renaler Entzündungsmediatoren wie Tnf-α und Il-10 und dem extrazellulären Matrixprotein Laminin bei Mlkl-Defizienz. In diabetischen Ripk1kd- und Ripk3kd- Mäusen waren einzelne Parameter wie tubulointerstielle Makrophageninfiltration oder renale Expression einzelner Entzündungsmediatoren ebenfalls reduziert, dies korrelierte jedoch nicht mit einer verminderten renalen Schädigung. Die Auswertung der A20+/- Mäuse im zweiten Teil der Arbeit zeigte im Vergleich zu ihren Wildtyp-Kontrolltieren keinen Unterschied in den funktionellen und strukturellen Parametern der diabetischen Nierenschädigung. Dennoch führte A20-Defizienz zu einer verstärkten renalen Entzündungsreaktion und Fibrose. Es konnte allerdings keine Zunahme des renalen Zelluntergangs in diabetischen A20+/- Mäusen festgestellt werden. Zusammenfassend ergab diese Arbeit Hinweise auf einen nephroprotektiven Effekt des Nekroptose-Effektormoleküls MLKL. Dieser scheint nicht auf einer verminderten Nekroptose, sondern auf einer reduzierten renalen Entzündungsreaktion in den Mlkl-defizienten Tieren zu beruhen. Auch die Untersuchung von diabetischen Mäusen ohne Ripk1- oder Ripk3-Kinaseaktivität ergab eine Reduktion einzelner renaler Entzündungsparameter, ohne jedoch den renalen Schaden zu beeinflussen. In ähnlicher Weise beeinflusste eine Defizienz des Nekroptose- und entzündungshemmenden A20-Moleküls nicht das Ausmaß des renalen Zelltods, führte aber in den A20-defizienten diabetischen Mäusen zu einer deutlich verstärkten renalen Inflammation und ausgeprägteren Fibrose. Die Ergebnisse der vorliegenden Arbeit identifizieren MLKL und A20 damit als potenzielle Zielmoleküle pharmakologischer Therapiestrategien zur Progressionshemmung des diabetischen Nierenschadens. Eine pathophysiologische Bedeutung der Nekroptose im Verlauf der diabetischen Nephropathie nach Streptozotocin-induziertem Diabetes konnte nicht nachgewiesen werden. Möglicherweise ist in dem hier untersuchten diabetischen Nephropathie-Modell die renale Parenchymschädigung so gering, dass keine pathophysiologisch relevante Nekroptose im Beobachtungszeitraum bis Woche 27 induziert wird. Weiterführende Untersuchungen über einen längeren Beobachtungszeitraum oder die Verwendung von diabetischen Nephropathie-Modellen mit stärkerem Nierenschaden könnten den Beitrag der Nekroptose zur diabetischen Nierenschädigung genauer charakterisieren.
Abstract
Diabetic nephropathy as the most common underlying condition of end-stage renal failure represents a disease with high mortality and a high socio-economic burden. Chronic hyperglycemia causes renal damage with loss of excretory kidney function, injury of the filtration barrier as well as sclerosis and fibrosis of the organ tissue. Pathomechanisms, which have not yet been fully explored, include cell death which is associated with renal inflammation. This necroinflammation can be mediated by forms of regulated necrosis like necroptosis. Activated by different surface receptors expressed on the cell membrane, an intracellular signal transduction cascade involving the adapter molecules receptor-interacting protein kinase (RIPK) 1, RIPK3 and mixed lineage kinase domain-like protein (MLKL) finally leads to rupture of the plasma membrane. This releases cell content into the extracellular space and triggers inflammation. A physiological negative regulator of necroinflammation is the intracellular anti-necroptotic and anti-inflammatory protein A20. By interacting with the RIPK1 and RIPK3 kinases it reduces necroptotic activity. The aim of this work was to examine the contribution of necroinflammation to the progression of diabetic nephropathy in diabetic mice. For this, C57BL/6 wild-type mice and transgenic mice with inactivated kinase activities of RIPK1 or RIPK3 (Ripk1kd and Ripk3kd) as well as Mlkl-deficient knock-out mice (Mlkl-/-) were analyzed. In addition, heterozygous deficient A20+/- mice were used to study the inhibitory effect of A20. After unilateral nephrectomy to aggravate later kidney damage, diabetes mellitus was induced in the experimental animals by repeated intraperitoneal injections of streptozotocin. Mice were observed over a period of 25 to 27 weeks. At the end of the study, functional kidney parameters, morphological changes, renal cell death, and the extent of renal inflammation were determined and compared between experimental groups. Results of the presented work show a successful establishment of the diabetic model following streptozotocin injections in all experimental groups. Within the first part of this work, a potential nephroprotective effect of Mlkl deficiency could be identified. Renal functional parameters (measured glomerular filtration rate, plasma urea levels, albuminuria) were not significantly different between diabetic wild-type and Ripk1kd-, Ripk3kd-, or Mlkl-/- mice. However, diabetic Mlkl-/- mice showed reduced hypoalbuminemia and hypercholesterolemia, indicating less damage to the glomerular filtration barrier in proteinuric renal disease. In addition, diabetic Mlkl-/- mice had significantly smaller glomeruli than wild-type mice, suggesting less glomerular damage and hyperfiltration. Renal cell death was not different between diabetic wild-type mice and the three transgenic mouse lines. However, significantly reduced glomerular infiltration of T cells and macrophages was evident in diabetic Mlkl-/- mice compared to wild-type. This correlated with reduced renal expression of inflammatory mediators including Tnf-α and Il-10, as well as the extracellular matrix protein laminin. In diabetic Ripk1kd- and Ripk3kd-mice tubulointerstitial macrophage infiltration and renal expression of some inflammatory mediators were reduced, but this did not correlate with reduced renal damage. In the second part of this work, analysis of diabetic A20+/- mice revealed similar functional and morphological parameters of kidney injury compared to wild-type mice. Nevertheless, A20-deficient mice demonstrated increased renal inflammation and fibrosis. However, no increased rate of cell death could be demonstrated in diabetic A20+/- mice. In summary, this work revealed a nephroprotective function of the necroptotic effector molecule MLKL. Apparently, this does not relate to ameliorated necroptosis, but to reduced renal inflammation in Mlkl-deficient animals. In addition, diabetic mice lacking kinase acitivity of RIPK1 or RIPK3 showed reductions of some inflammatory markers in diabetic kidneys, but this did not affect renal outcomes. Similarly, deficiency of the anti-necroptotic and anti-inflammatory regulator A20 did not alter renal cell death, but significantly increased renal inflammation and fibrosis. Thus, the results of this work identify MLKL and A20 as potential targets for therapeutic interventions to reduce renal damage in progressive diabetic kidney disease. A clear pathophysiological role for necroptosis in diabetic nephropathy of mice with streptocozin induced diabetes could not be established. In the investigated model of diabetic nephropathy, renal damage may be too mild to induce significant necroptosis contributing to renal injury within the 27 weeks of disease duration. Further experiments with a longer observational period or analysis of alternative models of diabetic nephropathy with more severe renal tissue injury are needed to fully explore the potential pathophysiological role of necroptosis in diabetic kidney disease.
Dokumententyp: | Dissertationen (Dissertation, LMU München) |
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Keywords: | Nekroptose, Nephropathie, Diabetes, Zelltod, Inflammation |
Themengebiete: | 600 Technik, Medizin, angewandte Wissenschaften
600 Technik, Medizin, angewandte Wissenschaften > 610 Medizin und Gesundheit |
Fakultäten: | Medizinische Fakultät |
Sprache der Hochschulschrift: | Deutsch |
Datum der mündlichen Prüfung: | 16. Januar 2025 |
1. Berichterstatter:in: | Vielhauer, Volker |
MD5 Prüfsumme der PDF-Datei: | 9bd6ca4dc6ec6c2654dd89621230923d |
Signatur der gedruckten Ausgabe: | 0700/UMD 22224 |
ID Code: | 34815 |
Eingestellt am: | 03. Apr. 2025 12:57 |
Letzte Änderungen: | 14. Apr. 2025 11:41 |