Lorger, Anna (2024): Einzeitige versus zweizeitige bilaterale implantable collamer lens implantation: ein Vergleich von Sicherheit und Effektivität. Dissertation, LMU München: Medizinische Fakultät |
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Abstract
Die Ametropie, auch Fehlsichtigkeit genannt, gewinnt zunehmend an Bedeutung und weist in Deutschland eine Prävalenz von fast 70% bei Erwachsenen auf. Deshalb ist es umso wichtiger, sichere und effektive Therapiemöglichkeiten gerade auch bei hohen Fehlsichtigkeiten anbieten zu können. Während bereits keratorefraktive Verfahren wie Laser-in-situ Keratomileusis (LASIK), Laserepitheliale Keratomileusis (LASEK) oder Small-Incision Lenticule Extraction (SMILE) vielen myopen Patienten die Lebensqualität deutlich verbessert haben, setzt sich seit 2018 die Implantation einer implantable collamer lens (ICL) (STAAR Surgical, Monrovia, USA) vor allem bei Patienten mit hoher Myopie (bis zu -18.0 Dioptrien) zunehmend durch. Im Gegensatz zu den keratorefraktiven Verfahren hat die ICL als intraokularer Eingriff ein anderes spezifisches Nutzenund Risikoprofil. Während die keratorefraktiven Verfahren regulär beidseitig einzeitig durchgeführt werden, ist aktuell noch nicht geklärt, ob ein ICL-Verfahren als intraokularer Eingriff (mit z.B. potenziellem Infektionsrisiko) beider Augen direkt hintereinander an einem Tag oder in zwei getrennten Operationen im Abstand von einem Tag bis einer Woche vorzuziehen ist. Ziel dieser Studie ist der Vergleich der Ergebnisse hinsichtlich Wirksamkeit, Sicherheit, Stabilität und Vorhersagbarkeit bei einzeitig versus zweizeitig implantierter ICL bei einem Nachbeobachtungszeitraum von einem Jahr. Per Datenbankabfrage wurden zwischen 2013 und 2020 mit implantable collamer lens (ICL) versorgte Augen in zwei Gruppen eingeteilt: entweder einzeitige Operation an beiden Augen an einem Tag oder zweizeitige Operation mit einem Intervall dazwischen. Insgesamt wurden 100 Augen in die einzeitig operierte Gruppe und 78 Augen in die zweizeitig operierte Gruppe eingeschlossen. Analysiert wurden präoperativ, einen Tag postoperativ sowie bei der Abschlusskontrolle nach einem Jahr jeweils die Parameter unkorrigierter Fernvisus (UDVA) und korrigierter Fernvisus (CDVA), die manifeste Refraktion, das refraktive sphärische Äquivalent (SEQ), der Astigmatismus, das Alter, die Anzahl der Endothelzellen (ECD), der mittlere Augeninnendruck (IOD) sowie das Vaulting der ICL (=Abstand zwischen eigener Linse und ICL). Die Ergebnisse wurden anhand der Standardgraphen für das Berichten refraktiver Ergebnisse dargestellt. Per Matching wurde sichergestellt, dass beide Gruppen (einzeitig und zweizeitig) sich in den präoperativen Parametern (z.B. Alter, Grad von Myopie und Astigmatismus, Visus etc.) nicht unterschieden. Insgesamt wurden 178 Augen (100 Augen einzeitig, 78 Augen zweizeitig) von 89 Patientinnen und Patienten in die Studie eingeschlossen. Bei den zweizeitig operierten Augen betrug das Intervall zwischen den Operationen einen Tag (17 Patienten), zwei Tage (19 Patienten) oder eine Woche (2 Patienten). Der mittlere Nachbeobachtungszeitraum betrug in der einzeitig operierten Gruppe 1.1 ± 0.8 Jahre und in der zweizeitig operierten Gruppe 1.3 ± 0.5 Jahre. Das mittlere präoperative sphärische Äquivalent war in der einzeitig operierten Gruppe -7.9 ± 2.6 Dioptrien (D) und der mittlere präoperative sphärische Zylinder -1.4 ± 1.2 D. In der zweizeitigen Gruppe war das präoperative mittlere sphärische Äquivalent -8.0 ± 1.7 D und der mittlere präoperative Zylinder -1.4 ± 1.1 D. Beim Vergleich beider Gruppen zeigt sich bei beiden Parametern ein statistisch nicht signifikanter Unterschied (SEQ p=0.629, sphärischer Zylinder p=0.215). Bei der Abschlusskontrolle waren der Wirksamkeitsindex (einzeitig 1.1 vs. zweizeitig 1.2, p=0.057) sowie der Sicherheitsindex (einzeitig 1.2 vs. zweizeitig 1.2, p=0.596) zwischen den beiden Gruppen vergleichbar. In beiden Gruppen verlor kein Auge (0%) 2 Zeilen oder mehr an unkorrigiertem Fernvisus (CDVA) nach der Op im Vergleich zu dem korrigierten Fernvisus vor Op, p>0.99. Eine Zeile verloren in der einzeitig operierten Gruppe 5 Augen (5%) versus 6 Augen (8%) in der zweizeitigen Gruppe (p=0.538). Eine Refraktion innerhalb ± 0.50 D um die Zielrefraktion wurde in beiden Gruppen vergleichbar häufig erreicht (einzeitig 89 Augen (89%) vs. zweizeitig 67 Augen (86%), p=0.647). Eine Refraktion innerhalb ± 1.0 D der erwarteten Zielrefraktion wurde in beiden Gruppen mit 99% gleich häufig erreicht (99 Augen einzeitig vs. 77 Augen zweizeitig, p>0.99). Bei den einzeitig operierten Augen hatten 73 Augen (73%) einen postoperativen Astigmatismus von ≤ 0.5 D, in der zweizeitig operierten Gruppe 52 Augen (67%). Bei einem P-Wert von p=0.410 besteht hier kein statistisch signifikanter Unterschied. Beide Gruppen hatten eine vergleichbare Häufigkeit eines postoperativen Astigmatismus von ≤ 1.0 D (einzeitig 97 Augen (97%) vs. zweizeitig 75 Augen (96%), p>0.99). Bezüglich der Stabilität des SEQ konnte einen Tag postoperativ ein ähnliches sphärisches Äquivalent in beiden Gruppen festgestellt werden (einzeitig 0.20 ± 0.70 D vs. zweizeitig 0.20 ± 0.40 D, p=0.478). Bei der Abschlusskontrolle betrug in der einzeitig operierten Gruppe das sphärische Äquivalent 0.00 ± 0.40 D und in der zweizeitig operierten Gruppe -0.20 ± 0.40 D. Hier zeigt sich bei einem P-Wert von p=0.004 ein statistisch signifikanter Unterschied zugunsten der einzeitigen Gruppe. In Hinblick auf das Vaulting bestand bei der Abschlusskontrolle zwischen den beiden Gruppen ein statistisch signifikanter Unterschied mit höherem Vault in der einzeitigen Gruppe (90 Grad: 381.0 ± 214.1 µm vs. 270.3 ± 148.4 µm, p=0.0001; 180 Grad: 373.8 ± 205.4 µm vs. 260.3 ± 153.5 µm, p=0.00007). Der Endothelzellzahlverlust betrug in der einzeitig operierten Gruppe von präoperativ 2727.1 ± 232.5 Zellen/mm2 auf postoperativ 2691.6 ± 287.8 Zellen/mm2 insgesamt 1.3%, und in der zweizeitig operierten Gruppe von präoperativ 2700.3 ± 218.5 Zellen/mm2 auf 2584.1 ± 277.3 Zellen/mm2 insgesamt 4.3%. Beim Vergleich beider Gruppen hinsichtlich des Endothelzellzahlverlustes zeigte sich präoperativ kein statistisch signifikanter Unterschied (p=0.447), am ersten Tag postoperativ (p=0.019) sowie bei der Abschlusskontrolle (p=0.016) zeigte jedoch die einzeitig operierte Gruppe weniger Endothelzellverlust. Der mittlere Augeninnendruck (mmHg) war an allen Beobachtungszeiträumen zwischen beiden Gruppen vergleichbar (präoperativ p=0.569, 1 Tag postoperativ p=0.332, Abschlusskontrolle p=0.610). In beiden Gruppen gab es keine schwerwiegenden intraoperativen Komplikationen, die Patientenzufriedenheit war in beiden Gruppen insgesamt sehr hoch. Die Ergebnisse dieser Studie zeigen, dass sowohl die einzeitig simultan durchgeführte ICL-Implantation als auch die zweizeitig verzögert durchgeführte ICL Implantation effektiv, stabil, vorhersagbar und sicher sind. Bezüglich des Endothelzellzahlverlustes, Vaulting und der Stabilität des sphärischen Äquivalents zeigten sich in der einzeitigen Gruppe bessere Ergebnisse als in der zweizeitigen, die allerdings klinisch fraglich, da so gering sind. Größere Studien mit längerer Nachbeobachtung sind notwendig, um die Frage des Timings einer optimalen chirurgischen endgültig Versorgung zu klären.
Dokumententyp: | Dissertationen (Dissertation, LMU München) |
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Keywords: | ICL, Refraktive Chirugie |
Themengebiete: | 600 Technik, Medizin, angewandte Wissenschaften
600 Technik, Medizin, angewandte Wissenschaften > 610 Medizin und Gesundheit |
Fakultäten: | Medizinische Fakultät |
Sprache der Hochschulschrift: | Deutsch |
Datum der mündlichen Prüfung: | 17. Dezember 2024 |
1. Berichterstatter:in: | Dirisamer, Martin |
MD5 Prüfsumme der PDF-Datei: | 87a75ea02af9a3363950fa47665fc74b |
Signatur der gedruckten Ausgabe: | 0700/UMD 22124 |
ID Code: | 34638 |
Eingestellt am: | 24. Jan. 2025 13:37 |
Letzte Änderungen: | 24. Jan. 2025 13:37 |