Brendel, Matthias (2024): Messung von Tau Proteinablagerungen mittels PET bei primären Tauopathien. Dissertation, LMU München: Medizinische Fakultät |
Vorschau |
PDF
Brendel_Matthias.pdf 17MB |
Abstract
Biomarker für die Tau Pathologie bei Patienten mit Progressiver Supranukleärer Blickparese (PSP) werden als diagnostisches Einschlusskriterium für Therapiestudien und zum Monitoring von krankheitsverändernden Effekten dringend benötigt. Aktuell existieren jedoch keine zugelassenen Methoden um die 4-Repeat Tau Ablagerungen im Gehirn von Patienten mit PSP zuverlässig detektieren zu können. Im Rahmen dieser Promotionsarbeit wurde der Tau-PET Tracer [18F]PI-2620 bei Patienten mit PSP im Vergleich zu Patienten mit anderen neurodegenerativen Erkrankungen und gesunden Kontrollen als neuer Biomarker für die Tau Pathologie evaluiert. Dafür wurde ein multizentrisch erhobener Datensatz harmonisiert und quantitativ analysiert. In einem zweiten Schritt wurde untersucht, ob sich die Tau Pathologie bei PSP anhand funktionell verbundener Hirnareale ausbreitet. In einem retrospektiven Design wurden die [18F]PI-2620 Tau-PET Scans von 60 Patienten mit klinischer PSP (40 Patienten mit der typischen Variante eines Richardson Syndroms, 20 mit atypischen Varianten der PSP), 10 Patienten mit Alpha-Synuclein assoziierten Erkrankungen (idiopathische Parkinson Erkrankung und Multisystematrophie), 10 Patienten mit Alzheimer Krankheit und 10 gesunden Kontrollen analysiert. Als Zielregionen wurden das Putamen, der innere und äußere Anteil des Globus pallidus, der Nucleus subthalamicus, die Substantia nigra, das dorsale Mittelhirn, der Nucleus dentatus sowie der dorsolaterale präfrontale Cortex und der mediale präfrontale Cortex definiert. Alle Patienten und Probanden erhielten eine dynamische PET Messung über 60 Minuten, so dass die Bilddaten quantitativ mit einem pharmakokinetischen Modell, relativ zur cerbellären grauen Substanz, berechnet werden konnten. Die [18F]PI-2620 Bindung in den PSP Zielregionen wurde zwischen den Studiengruppen verglichen und mit Krank-heitsschwere, Krankheitsdauer, sowie den klinischen Subtypen der PSP korreliert. Abschließend erfolgte in der ersten Studie eine visuelle Beurteilung der [18F]PI-2620 Tau-PET Bilder durch drei nuklearmedizinische Experten. In der zweiten Studie wurde die regionale Kovarianz der [18F]PI-2620 Tau-PET und die regionale Kovarianz der post-mortem Tau Pathologie mit interregionaler funktioneller Konnektivität verglichen. Als Patientenkollektiv dienten dabei 22 Patienten mit typischer PSP und 24 Patienten mit Cortikobasalem Syndrom (CBS) als weitere klinische Manifestationsform der 4-Repeat Tau Neuropathologie. 15 gesunde Kontrollen wurden als Normalkollektiv herangezogen. Für die korrespondierende post-mortem Analyse lagen zwei unabhängige PSP Kollektive aus der LMU München und der University of Pennsylvania vor. Die mittels Tau-PET erhobene quantitative Tau Pathologie im regionalen Epizentrum (Region mit der höchsten Pathologie) wurde zudem mit der regionalen Konnektivität auf Gruppen- und Einzellevel verglichen. Abschließend wurde die Kovarianz der Tau Pathologie im Autopsie-Arm der Studie hinsichtlich dem betroffenen Zelltyp der Tau Pathologie (Neuronen, Astrozyten, Oligodendrozyten) aufgelöst. In beiden Studien wurden autoradiographische Daten an post-mortem Gewebe von verstorbenen Patienten mit PSP und gesunden Kontrollen erhoben und als hochauflösende Validierung der in vivo Tau-PET Ergebnisse herangezogen. Patienten mit PSP zeigten im Vergleich zu gesunden Kontrollen ein erhöhtes [18F]PI-2620 Tau-PET Signal im inneren und äußeren Anteil des Globus pallidus, im Putamen, im Nucleus subthalamicus, in der Substantia nigra und im Nucleus dentatus. Die deutlichsten Unterschiede waren im inneren Anteil des Globus pallidus zu beobachten (Co-hen’s d = 2,28), wobei sich in dieser Region auch signifikant erhöhte Tau-PET Signale zwischen Patienten mit atypischer PSP und gesunden Kontrollen nachwiesen lassen. In den cortikalen Zielregionen konnten bei Patienten mit PSP keine Änderungen des Tau-PET Signals beobachtet werden. Es zeigte sich aber eine erwartete erhöhte [18F]PI-2620 Bindung bei Patienten mit Alzheimer Krankheit gegenüber allen Vergleichsgruppen. Innerhalb der Gruppe von Patienten mit typischer PSP ergaben sich keine Korrelationen zwischen dem Tau-PET Signal in PSP Zielregionen und der Krankheitsschwere oder der Krankheitsdauer. Es zeigten sich jedoch unterschiedlich starke Signalerhöhungen zwischen den verschiedenen klinischen Subtypen der PSP, wobei die höchsten Tau-PET Signale bei typischer PSP beobachtet wurden. Erwähnenswert waren ähnliche Effektgrößen für das erhöhte Tau-PET Signal bei Patienten mit PSP und einem niedrigen Schweregrad (PSP Skala ≤ 30) im Vergleich zu Patienten mit PSP und einem hohen Schweregrad (PSP Skala > 30). Die visuelle Beurteilung als Konsens von drei nuklearmedizinischen Experten ergab eine Sensitivität von 85% und eine Spezifität von 77% für die Detektion der Patienten mit PSP gegenüber gemischten Kontrollen. Mittels Autoradiographie konnte sowohl in den Basalganglien als auch im frontalen Cortex eine erhöhte [18F]PI-2620 Bindung bei post-mortem Gewebe bei Patienten mit PSP festge-stellt werden. Gesunde Kontrollen und mit kaltem Tracer präinkubierte Schnitte von Patienten mit PSP und gesunden Kontrollen zeigten keine Retention des Radiotracers. Die Analyse der Kovarianz in der Tau-PET zeigte eine hohe Übereinstimmung mit der durch funktionelle Kernspintomographie gemessenen Konnektivität. Dieses Ergebnis konnte sowohl für Patienten mit PSP und CBS, als auch für subcortikale und globale Analysen reproduziert werden (alle β > 0,4, alle p-Werte < 0,001). Durch die Tau-PET konnte außerdem herausgefunden werden, dass Tau-Muster auf Patientenebene mit der Konnektivität subkortikaler Tau-Epizentren verbunden sind. Zwischen der Kovarianz der regionalen Tau Pathologie in post-mortem Gewebe und funktioneller Konnektivität konnte in zwei unabhängigen Datensätzen ein deutlicher Zusammenhang festgestellt werden (LMU München: β = 0,503, p < 0,001; University of Pennsylvania: β = 0,790, p < 0,001). Bei Zelltyp spezifischer Betrachtung der post-mortem Tau Pathologie zeigte sich, dass diese Assoziation für neuronales Tau stärker als für astrogliales oder oli-godendrogliales Tau war. Dies deutet darauf hin, dass Konnektivität in erster Linie mit neuronaler Tau-Akkumulation verbunden ist. Mittels Autoradiographie an post-mortem Gewebe von 16 Patienten mit typischer PSP zeigte sich schließlich eine gute Übereinstimmung der regionalen [18F]PI-2620 Bindung und der durch Immunfärbung erfassten Tau Pathologie, wodurch die in vivo Tau-PET Daten validiert werden konnten. Die [18F]PI-2620 Tau-PET-Bildgebung bei Patienten mit PSP und bei Kontrollpersonen stellt einen Durchbruch bei dem Versuch dar, die zugrunde liegende Tau Neuropathologie der PSP in vivo darzustellen. Durch die internationale multizentrische Evaluierung dieses Tau-PET Radiotracers der nächsten Generation mit verbesserter Off-Target-Bindung konnte ein großer Fortschritt in der Bildgebung auf dem Gebiet der 4-Repeat-Tauopathien erzielt werden. Die beiden verknüpften Studien zeigen, dass die [18F]PI-2620 Tau-PET Bildgebung zur Diagnose und Differenzierung von Patienten mit Verdacht auf PSP eingesetzt werden kann. Zudem kann auch das Ausbreitungsmuster der Tau Pathologie entlang funktionell verknüpfter Hirnregionen berechnet werden. Die Tau-PET bietet daher bei der PSP möglicherweise eine frühzeitige und zuverlässigere Diagnose, sowie ein verbessertes Erfassen der Krankheitsprogression. Es ist wahrscheinlich, dass dieser Radiotracer für die Stratifizierung klinischer Studien bei PSP verwendet werden kann.
Abstract
Biomarkers for tau pathology in patients with progressive supranuclear palsy (PSP) are urgently needed as diagnostic inclusion criteria for therapy studies and for monitoring disease-modifying effects. However, there are currently no approved methods to reliably detect 4-repeat tau deposits in the brain of patients with PSP. In this thesis, the tau-PET tracer [18F]PI-2620 was evaluated as a new biomarker for tau pathology in patients with PSP compared to patients with other neurodegenerative diseases and healthy controls. For this purpose, a multicenter data set was harmonized and quantitatively analyzed. In a second step, it was investigated whether tau pathology spreads in PSP on the basis of functionally connected brain areas. In a retrospective design, the [18F]PI-2620 tau-PET scans of 60 patients with PSP (40 patients with the typical variant of Richardson syndrome, 20 with atypical variants of PSP), 10 patients with alpha-synuclein associated diseases (idiopathic Parkinson's disease and multisystem atrophy), 10 patients with Alzheimer's disease and 10 healthy controls were analyzed. The putamen, the inner and outer part of the globus pallidus, the subthalamic nucleus, the substantia nigra, the dorsal midbrain, the dentate nucleus as well as the dorsolateral prefrontal cortex and the medial prefrontal cortex were defined as target regions. All patients and subjects received a dynamic PET emission recording over 60 minutes so that the image data could be quantitatively calculated with a pharmacokinetic model relative to the cerbellar gray matter. The [18F]PI-2620 binding in the PSP target regions was compared between the study groups and correlated with disease severity, disease duration and the clinical subtypes of PSP. Finally, in the first study, a visual assessment of the [18F]PI-2620 tau PET images was performed by three nuclear medicine experts. In the second study, the regional covariance of [18F]PI-2620 tau-PET and the regional covariance of post-mortem tau pathology with interregional functional connectivity were compared. The patient cohort consisted of 22 patients with typical PSP and 24 patients with corticobasal syndrome (CBS) as a further clinical manifestation of 4-repeat tau neuropathology. 15 healthy controls were used as a normal collective. Two independent PSP autopsy samples from the LMU Munich and the University of Pennsylvania were available for the corresponding post-mortem analysis. The quantitative tau pathology in the regional epicenter (region with the highest pathology) assessed by tau-PET was also compared with the regional connectivity at group and individual level. Finally, the covariance of tau pathology in the autopsy arm of the study was resolved with respect to the affected cell type of tau pathology (neurons, astrocytes, oligodendrocytes). In both studies, autoradiographic data on post-mortem tissue from deceased patients with PSP and healthy controls were collected and used as high-resolution validation of the in vivo tau-PET results. Patients with PSP showed increased [18F]PI-2620 tau-PET signal in the inner and outer portions of the globus pallidus, the putamen, the subthalamic nucleus, the substantia nigra and the dentate nucleus compared to healthy controls. The clearest differences were observed in the inner part of the globus pallidus (Cohen's d = 2.28), whereby significantly increased tau-PET signals were also detected in this region between patients with atypical PSP and healthy controls. In the cortical target regions, no changes in the tau PET signal were observed in patients with PSP. However, there was an expected increased [18F]PI-2620 binding in patients with Alzheimer's disease compared to all control groups. Within the group of patients with typical PSP, there were no correlations between tau-PET signal in PSP target regions and disease severity or duration. However, there were varying degrees of signal elevation between the different clinical sub-types of PSP, with the highest tau-PET signals observed in typical PSP. Of note were similar effect sizes for increased tau PET signal in patients with PSP and low severity (PSP scale ≤ 30) compared to patients with PSP and high severity (PSP scale > 30). The visual assessment as a consensus of three nuclear medicine experts showed a sensitivity of 85% and a specificity of 77% for the detection of patients with PSP versus mixed controls. Using autoradiography, increased [18F]PI-2620 binding was detected in post-mortem tissue in both the basal ganglia and frontal cortex in patients with PSP. Healthy controls and slices pre-incubated with cold tracer from patients with PSP and healthy controls showed no retention of the radiotracer. Analysis of covariance in tau-PET showed high agreement with connectivity measured by functional magnetic resonance imaging. This result could be reproduced for patients with PSP and CBS, as well as for subcortical and global analyses (all β > 0.4, all p-values < 0.001). Tau-PET also revealed that the tau pathology patterns of individual patients are linked to the functional connectivity archetype of tau epicenters in the subcortex. A clear association between the covariance of regional tau pathology in post-mortem tissue and functional connectivity was found in two independent data sets (LMU Munich: β = 0.503, p < 0.001; Uni-versity of Pennsylvania: β = 0.790, p < 0.001). A specific analysis of cell-type related tau pathology in tissue of deceased patients with PSP showed that the association between functional connectivity and tau spread was strongest for neuronal tau, whereas astroglial or oligodendroglial tau did only show weaker correlation. This suggests that the tau spreading pattern is primarily driven by interconnected neurons with axons tau accumulation. Finally, autoradiography of post-mortem tissue from 16 patients with typical PSP showed good agreement between regional [18F]PI-2620 binding and tau pathology detected by immunostaining, validating the in vivo tau-PET data. [18F]PI-2620 tau-PET imaging in patients with PSP and control subjects represents a breakthrough in the attempt to visualize the underlying tau neuropathology of PSP in vivo. The international multicenter evaluation of this next-generation tau-PET radiotracer with improved off-target binding has enabled a major advance in imaging in the field of 4-repeat tauopathies. The two linked studies show that [18F]PI-2620 tau PET imaging can be used to diagnose and differentiate patients with suspected PSP. In addition, the pattern of spread of tau pathology along functionally linked brain regions can also be calculated. Tau-PET may therefore offer an early and more reliable diagnosis of PSP, as well as improved detection of disease progression. It is likely that this radiotracer can be used for the stratification of clinical trials in PSP.
Dokumententyp: | Dissertationen (Dissertation, LMU München) |
---|---|
Keywords: | tau, PET, PI-2620, functional connectivity, autoradiography |
Themengebiete: | 600 Technik, Medizin, angewandte Wissenschaften
600 Technik, Medizin, angewandte Wissenschaften > 610 Medizin und Gesundheit |
Fakultäten: | Medizinische Fakultät |
Sprache der Hochschulschrift: | Deutsch |
Datum der mündlichen Prüfung: | 25. September 2024 |
1. Berichterstatter:in: | Bartenstein, Peter |
MD5 Prüfsumme der PDF-Datei: | aa134c9f967f54a30c1cb12f08ac2bbb |
Signatur der gedruckten Ausgabe: | 0700/UMD 21938 |
ID Code: | 34185 |
Eingestellt am: | 11. Oct. 2024 13:30 |
Letzte Änderungen: | 11. Oct. 2024 13:30 |