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Frauenheilkunde in der tibetischen Medizinliteratur
Frauenheilkunde in der tibetischen Medizinliteratur
Die Studie bietet erstmals einen ausführlichen Einblick in die tibetische Sichtweise gynäkologischer Erkrankungen (mo nad) und ihrer Therapiemethoden. Diese Grundlagenforschung erfolgt anhand von Textquellen aus etwa dem 8./9. Jahrhundert bis in die Neuzeit. Das Standardwerk der tibetischen Medizin sind die Vier Tantras (rGyud bzhi), die traditionell g.Yu-thog Yon-tan mgon-po (12. Jahrhundert) zugeordnet werden. Die vierzig Arten von Frauenkrankheiten werden hauptsächlich im dritten Tantra, dem Tantra der Mündlichen Unterweisungen (Man ngag rgyud), behandelt. Das Hauptziel der vorliegenden Arbeit ist die kritische Analyse und kommentierte Übersetzung dieser vier Kapitel zu den gynäkologischen Erkrankungen. Hinsichtlich schwieriger Textstellen wird ausgewählte Kommentarliteratur herangezogen, vorrangig der Blaue Beryll (Vaiḍūrya sngon po) des sDe-srid Sangs-rgyas rgya-mtsho (1653–1705). Bei der Untersuchung von zwei frühen Medizintexten zeigt sich in Bezug auf die Erkrankungen der Frau einerseits die Relevanz der Therapiemethode der Reinigung der Leitbahnen. Andererseits stößt man darin bereits auf den Begriff bsam se’u, der mit der Gebärmutter in Verbindung gebracht wird und mitunter als Sammelgefäß der reproduktiven Substanzen, Eierstock oder Samenbläschen interpretiert wird. Die Deutung dieses Begriffes, seine Funktionen und anatomischen Darstellungen werden dabei erläutert. Als Vergleich dazu werden die Männerkrankheiten anhand des Tantra der Mündlichen Unterweisungen beleuchtet. Die Untersuchung der Textquellen zeigt mitunter misogyne Beschreibungen des weiblichen Körpers, die auf buddhistischen Vorstellungen basieren. Dies ist jedoch nicht bei allen untersuchten Medizintexten der Fall. Die philologische Arbeit wird durch qualitative Interviews mit tibetischen ÄrztInnen in Indien und Nepal ergänzt. Die Wiedergabe der medizinischen Fachtermini und die Identifizierung der Materia medica werden jeweils in einem Glossar am Ende der Arbeit aufgeführt.
Frauenheilkunde, tibetische Medizinliteratur, Vier Tantras, Übersetzung von medizinischen Fachbegriffen, weiblicher Körper
Würthner, Isabella
2021
Deutsch
Universitätsbibliothek der Ludwig-Maximilians-Universität München
Würthner, Isabella (2021): Frauenheilkunde in der tibetischen Medizinliteratur. Dissertation, LMU München: Fakultät für Kulturwissenschaften
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Abstract

Die Studie bietet erstmals einen ausführlichen Einblick in die tibetische Sichtweise gynäkologischer Erkrankungen (mo nad) und ihrer Therapiemethoden. Diese Grundlagenforschung erfolgt anhand von Textquellen aus etwa dem 8./9. Jahrhundert bis in die Neuzeit. Das Standardwerk der tibetischen Medizin sind die Vier Tantras (rGyud bzhi), die traditionell g.Yu-thog Yon-tan mgon-po (12. Jahrhundert) zugeordnet werden. Die vierzig Arten von Frauenkrankheiten werden hauptsächlich im dritten Tantra, dem Tantra der Mündlichen Unterweisungen (Man ngag rgyud), behandelt. Das Hauptziel der vorliegenden Arbeit ist die kritische Analyse und kommentierte Übersetzung dieser vier Kapitel zu den gynäkologischen Erkrankungen. Hinsichtlich schwieriger Textstellen wird ausgewählte Kommentarliteratur herangezogen, vorrangig der Blaue Beryll (Vaiḍūrya sngon po) des sDe-srid Sangs-rgyas rgya-mtsho (1653–1705). Bei der Untersuchung von zwei frühen Medizintexten zeigt sich in Bezug auf die Erkrankungen der Frau einerseits die Relevanz der Therapiemethode der Reinigung der Leitbahnen. Andererseits stößt man darin bereits auf den Begriff bsam se’u, der mit der Gebärmutter in Verbindung gebracht wird und mitunter als Sammelgefäß der reproduktiven Substanzen, Eierstock oder Samenbläschen interpretiert wird. Die Deutung dieses Begriffes, seine Funktionen und anatomischen Darstellungen werden dabei erläutert. Als Vergleich dazu werden die Männerkrankheiten anhand des Tantra der Mündlichen Unterweisungen beleuchtet. Die Untersuchung der Textquellen zeigt mitunter misogyne Beschreibungen des weiblichen Körpers, die auf buddhistischen Vorstellungen basieren. Dies ist jedoch nicht bei allen untersuchten Medizintexten der Fall. Die philologische Arbeit wird durch qualitative Interviews mit tibetischen ÄrztInnen in Indien und Nepal ergänzt. Die Wiedergabe der medizinischen Fachtermini und die Identifizierung der Materia medica werden jeweils in einem Glossar am Ende der Arbeit aufgeführt.