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Antimykotische Zielstrukturen in Aspergillus fumigatus. Wirkungsweise der Azole und Charakterisierung des ERMES
Antimykotische Zielstrukturen in Aspergillus fumigatus. Wirkungsweise der Azole und Charakterisierung des ERMES
Invasive Pilzinfektionen sind jedes Jahr mit mindestens 1,5 Millionen Toten assoziiert. 90% der Tode durch Pilzinfektionen werden ausgelöst durch Erreger der Gattungen Candida, Aspergillus, Cryptococcus, Pneumocystis, Mucor and Rhizopus. In immunkompetenten Patienten kann die Gattung Aspergillus chronische, nicht-invasive Infektionen verursachen, die von einem Pilzball innerhalb der Lunge (Aspergillom) bis zu einem chronischen, entzündlichen und fibrotischen Prozess, der als chronische Aspergillose bezeichnet wird, reichen. Invasive pulmonale Aspergillose (IPA) ist mit 43 % bis 59 %, die am stärksten verbreitete Infektionskrankheit unter Stammzellenempfängern und Patienten mit Organtransplantation. Des Weiteren sterben ca. 15 bis 20 % der Leukämie-Patienten an einer durch Aspergillus ausgelösten Pneumonie. Außerdem zeigte eine Studie von Cadena et al. 2021, dass ca. 16-25 % der Patienten, die eine kritische COVID-19 Infektion überlebt haben, an einer COVID-19 assoziierten pulmonalen Aspergillose (CAPA) sterben. Azole sind die erste Wahl für die Behandlung und Prävention von Mykosen. Es ist bekannt, dass diese Gruppe von Antimykotika die Ergosterolbiosynthese, durch die Inaktivierung der Lanosterol-14α- Demethylase, hemmt. Die zellulären Prozesse, die durch diesen Mangel verursacht werden, sowie der dadurch ausgelöste Zelltod, sind weitgehend unbeschrieben. Durch die Untersuchung dieser Vorgänge, soll die Wirkung der Azole besser verstanden werden. Dies könnte zusätzlich Rückschlüsse zulassen auf die Bildung von Resistenzmechanismen. Die Beobachtungen dieser Arbeit deuten auf folgenden möglichen Ablauf des Zelltods von A. fumigatus nach der Behandlung mit Azolen hin: Eine wachsende Hyphe oder anschwellende Spore wird mit Azol behandelt. Nach Aufnahme des Azols wird die Lanosterol-14α-Demethylase inhibiert. Der Ergosterolmangel führt innerhalb von ca. 1 bis 2 h zu einem Wachstumsarrest. Der durch Azole ausgelöste Zellwandstress aktiviert den Zellwandintegritätsweg. Durch den Zellwandintegritätsweg wird die Transkription von Genen ausgelöst, die an der Zellwandbiogenese beteiligt sind. Chitin- und Glukansynthasen, sowie deren Substrate, werden in großem Maße an bestimmte Stellen der Zellmembran transportiert. Dort kommt es zu einem exzessiven Aufbau von Zellwand bzw. Ablagerung von Zellwandkohlenhydraten außerhalb der Plasmamembran. Die sich formenden und schnell wachsen-den Zellwandkohlenhydrat-Ablagerungen drücken auf die Zellmembran. So erhöht sich immer mehr der Druck auf die Plasmamembran, dem sie irgendwann nicht mehr standhalten kann. Es kommt zum Verlust der Membranintegrität und dem Tod des Pilzes bzw. des Kompartiments. Ergebnisse von I. Klugherz zeigten, dass Azol-resistente klinische A. fumigatus Isolate keine Zellwandkohlenhydrat-Ablagerungen aufweisen. Zusammengenommen könnten diese Ergebnisse eine neue Möglichkeit liefern, um klinische Isolate in der Routinediagnostik mikroskopisch schneller auf Ihre Empfindlichkeit gegenüber Azolen zu testen. Zusätzlich sollte in dieser Arbeit die Verbindung zwischen dem Endoplasmatischen Retikulum (ER) und den Mitochondrien (Englisch ER–mitochondria encounter structure, kurz ERMES) als neuer Angriffspunkt für Medikamente evaluiert werden. Diese Struktur wurde bisher nur in Pilzen beschrieben. Durch diese Einzigartigkeit stellt er theoretisch einen guten Angriffspunkt für Medikamente dar. Die Experimente dieser Arbeit zeigten, dass der ERMES als einzelnes Ziel für Antimykotika ungeeignet zu sein scheint. Alle untersuchten konditionellen Mutanten unter reprimierten Bedingungen, sowie Deletionsmutanten (Δmdm10, Δmdm12, mdm10teton, mdm12teton, mdm34teton und mmm1teton), ausgenommen Δmdm34 und Δmmm1, waren lebensfähig. Zusätzlich zeigte mmm1teton in einem Galleria melonella Infektionsmodell eine geringe Virulenz. Aus diesen Ergebnissen kann geschlossen werden, dass A. fumigatus durch die Inhibition des ERMES nicht komplett abgetötet werden kann. Durch den Selektionsdruck innerhalb des menschlichen Körpers könnte der Pilz Zusatzmutationen erwerben und so in kurzer Zeit Resistenzen entwickeln. Für eine Kombinationstherapie mit anderen Antimykotika könnte der ERMES als Zielstruktur allerdings durchaus interessant sein. Dieser Ansatz könnte in weiteren Experimenten untersucht werden., Invasive fungal infections are associated with at least 1.5 million deaths each year. 90% of deaths from fungal infections are caused by pathogens of the genera Candida, Aspergillus, Cryptococcus, Pneumocystis, Mucor and Rhizopus. In immunocompetent patients, Aspergillus spec. can cause chronic, non-invasive infections ranging from a fungal ball within the lung (aspergilloma) to a chronic inflammatory and fibrotic process called chronic aspergillosis. With 43 % to 59 % invasive pulmonary aspergillosis (abbr. IPA) is the most prevalent infectious disease among stem cell recipients and organ transplant patients. Furthermore, approximately 15 % to 20 % of leukaemia patients die from pneumonia caused by Aspergillus. In addition, a study by Cadena et al. 2021 showed that approximately 16-25 % of patients who survived a critical COVID-19 infection died from COVID-19 associated pulmonary aspergillosis (abbr. CAPA). Azoles are the first choice for treatment and prevention of mycoses. This group of antifungal agents is known to inhibit ergosterol biosynthesis by inactivating lanosterol-14α-demethylase. The cellular processes caused by this deficiency, as well as the thereby induced mechanism of cell death, are largely undescribed. By studying these processes, we tried to improve our understanding of the effect of azoles. This could additionally allow conclusions on the formation of resistance mechanisms. The observations of this work suggest the following possible sequence of cell death of A. fumigatus after treatment with azoles: A growing hypha or swelling spore is treated with azole. After uptake of the azole, lanosterol-14α-demethylase is inhibited. The ergosterol deficiency leads to growth arrest within approximately 1 to 2 h. Cell wall stress induced by azoles activates the cell wall integrity pathway. The cell wall integrity pathway triggers the transcription of genes involved in cell wall biogenesis. Chitin and glucan synthases, as well as their substrates, are transported in large quantities to specific sites on the cell membrane. There, excessive cell wall assembly or deposition of cell wall carbohydrates outside the plasma membrane occurs. The forming and rapidly growing cell wall carbohydrate deposits press on the cell membrane. Thus, the pressure on the plasma membrane increases more and more, which it eventually can no longer withstand. This results in loss of membrane integrity and death of the fungus or compartment. Results by I. Klugherz showed that azole-resistant clinical A. fumigatus isolates do not exhibit cell wall carbohydrate patches. Taken together, these results could provide a new way to microscopically test clinical isolates for their sensitivity to azoles more rapidly in routine diagnostics. In addition, this work aimed to evaluate the connection between the endoplasmic reticulum (ER) and mitochondria named ER-mitochondria encounter structure (abbr. ERMES) as a new drug target. Until now this structure has only been described in fungi [16]. Due to this uniqueness, it theoretically represents a good drug target. The experiments of this work showed that ERMES seems to be unsuitable as a single target for antifungal drugs. All conditional mutants studied under repressed conditions, as well as deletion mutants (Δmdm10, Δmdm12, mdm10teton, mdm12teton, mdm34teton, and mmm1teton), except Δmdm34 and Δmmm1 were viable. In addition, mmm1teton showed low virulence in a Galleria melonella infection model. From these results, it is concluded that A. fumigatus cannot be completely killed by inhibition of ERMES. Thus, due to selection pressure within the human body, the fungus could acquire additional mutations and thus develop resistance in a short time. However, for a combination therapy with other antimycotics, the ERMES could be quite interesting as a target structure. This approach could be investigated in further experiments.
Not available
Geißel, Bernadette
2024
Deutsch
Universitätsbibliothek der Ludwig-Maximilians-Universität München
Geißel, Bernadette (2024): Antimykotische Zielstrukturen in Aspergillus fumigatus: Wirkungsweise der Azole und Charakterisierung des ERMES. Dissertation, LMU München: Medizinische Fakultät
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Abstract

Invasive Pilzinfektionen sind jedes Jahr mit mindestens 1,5 Millionen Toten assoziiert. 90% der Tode durch Pilzinfektionen werden ausgelöst durch Erreger der Gattungen Candida, Aspergillus, Cryptococcus, Pneumocystis, Mucor and Rhizopus. In immunkompetenten Patienten kann die Gattung Aspergillus chronische, nicht-invasive Infektionen verursachen, die von einem Pilzball innerhalb der Lunge (Aspergillom) bis zu einem chronischen, entzündlichen und fibrotischen Prozess, der als chronische Aspergillose bezeichnet wird, reichen. Invasive pulmonale Aspergillose (IPA) ist mit 43 % bis 59 %, die am stärksten verbreitete Infektionskrankheit unter Stammzellenempfängern und Patienten mit Organtransplantation. Des Weiteren sterben ca. 15 bis 20 % der Leukämie-Patienten an einer durch Aspergillus ausgelösten Pneumonie. Außerdem zeigte eine Studie von Cadena et al. 2021, dass ca. 16-25 % der Patienten, die eine kritische COVID-19 Infektion überlebt haben, an einer COVID-19 assoziierten pulmonalen Aspergillose (CAPA) sterben. Azole sind die erste Wahl für die Behandlung und Prävention von Mykosen. Es ist bekannt, dass diese Gruppe von Antimykotika die Ergosterolbiosynthese, durch die Inaktivierung der Lanosterol-14α- Demethylase, hemmt. Die zellulären Prozesse, die durch diesen Mangel verursacht werden, sowie der dadurch ausgelöste Zelltod, sind weitgehend unbeschrieben. Durch die Untersuchung dieser Vorgänge, soll die Wirkung der Azole besser verstanden werden. Dies könnte zusätzlich Rückschlüsse zulassen auf die Bildung von Resistenzmechanismen. Die Beobachtungen dieser Arbeit deuten auf folgenden möglichen Ablauf des Zelltods von A. fumigatus nach der Behandlung mit Azolen hin: Eine wachsende Hyphe oder anschwellende Spore wird mit Azol behandelt. Nach Aufnahme des Azols wird die Lanosterol-14α-Demethylase inhibiert. Der Ergosterolmangel führt innerhalb von ca. 1 bis 2 h zu einem Wachstumsarrest. Der durch Azole ausgelöste Zellwandstress aktiviert den Zellwandintegritätsweg. Durch den Zellwandintegritätsweg wird die Transkription von Genen ausgelöst, die an der Zellwandbiogenese beteiligt sind. Chitin- und Glukansynthasen, sowie deren Substrate, werden in großem Maße an bestimmte Stellen der Zellmembran transportiert. Dort kommt es zu einem exzessiven Aufbau von Zellwand bzw. Ablagerung von Zellwandkohlenhydraten außerhalb der Plasmamembran. Die sich formenden und schnell wachsen-den Zellwandkohlenhydrat-Ablagerungen drücken auf die Zellmembran. So erhöht sich immer mehr der Druck auf die Plasmamembran, dem sie irgendwann nicht mehr standhalten kann. Es kommt zum Verlust der Membranintegrität und dem Tod des Pilzes bzw. des Kompartiments. Ergebnisse von I. Klugherz zeigten, dass Azol-resistente klinische A. fumigatus Isolate keine Zellwandkohlenhydrat-Ablagerungen aufweisen. Zusammengenommen könnten diese Ergebnisse eine neue Möglichkeit liefern, um klinische Isolate in der Routinediagnostik mikroskopisch schneller auf Ihre Empfindlichkeit gegenüber Azolen zu testen. Zusätzlich sollte in dieser Arbeit die Verbindung zwischen dem Endoplasmatischen Retikulum (ER) und den Mitochondrien (Englisch ER–mitochondria encounter structure, kurz ERMES) als neuer Angriffspunkt für Medikamente evaluiert werden. Diese Struktur wurde bisher nur in Pilzen beschrieben. Durch diese Einzigartigkeit stellt er theoretisch einen guten Angriffspunkt für Medikamente dar. Die Experimente dieser Arbeit zeigten, dass der ERMES als einzelnes Ziel für Antimykotika ungeeignet zu sein scheint. Alle untersuchten konditionellen Mutanten unter reprimierten Bedingungen, sowie Deletionsmutanten (Δmdm10, Δmdm12, mdm10teton, mdm12teton, mdm34teton und mmm1teton), ausgenommen Δmdm34 und Δmmm1, waren lebensfähig. Zusätzlich zeigte mmm1teton in einem Galleria melonella Infektionsmodell eine geringe Virulenz. Aus diesen Ergebnissen kann geschlossen werden, dass A. fumigatus durch die Inhibition des ERMES nicht komplett abgetötet werden kann. Durch den Selektionsdruck innerhalb des menschlichen Körpers könnte der Pilz Zusatzmutationen erwerben und so in kurzer Zeit Resistenzen entwickeln. Für eine Kombinationstherapie mit anderen Antimykotika könnte der ERMES als Zielstruktur allerdings durchaus interessant sein. Dieser Ansatz könnte in weiteren Experimenten untersucht werden.

Abstract

Invasive fungal infections are associated with at least 1.5 million deaths each year. 90% of deaths from fungal infections are caused by pathogens of the genera Candida, Aspergillus, Cryptococcus, Pneumocystis, Mucor and Rhizopus. In immunocompetent patients, Aspergillus spec. can cause chronic, non-invasive infections ranging from a fungal ball within the lung (aspergilloma) to a chronic inflammatory and fibrotic process called chronic aspergillosis. With 43 % to 59 % invasive pulmonary aspergillosis (abbr. IPA) is the most prevalent infectious disease among stem cell recipients and organ transplant patients. Furthermore, approximately 15 % to 20 % of leukaemia patients die from pneumonia caused by Aspergillus. In addition, a study by Cadena et al. 2021 showed that approximately 16-25 % of patients who survived a critical COVID-19 infection died from COVID-19 associated pulmonary aspergillosis (abbr. CAPA). Azoles are the first choice for treatment and prevention of mycoses. This group of antifungal agents is known to inhibit ergosterol biosynthesis by inactivating lanosterol-14α-demethylase. The cellular processes caused by this deficiency, as well as the thereby induced mechanism of cell death, are largely undescribed. By studying these processes, we tried to improve our understanding of the effect of azoles. This could additionally allow conclusions on the formation of resistance mechanisms. The observations of this work suggest the following possible sequence of cell death of A. fumigatus after treatment with azoles: A growing hypha or swelling spore is treated with azole. After uptake of the azole, lanosterol-14α-demethylase is inhibited. The ergosterol deficiency leads to growth arrest within approximately 1 to 2 h. Cell wall stress induced by azoles activates the cell wall integrity pathway. The cell wall integrity pathway triggers the transcription of genes involved in cell wall biogenesis. Chitin and glucan synthases, as well as their substrates, are transported in large quantities to specific sites on the cell membrane. There, excessive cell wall assembly or deposition of cell wall carbohydrates outside the plasma membrane occurs. The forming and rapidly growing cell wall carbohydrate deposits press on the cell membrane. Thus, the pressure on the plasma membrane increases more and more, which it eventually can no longer withstand. This results in loss of membrane integrity and death of the fungus or compartment. Results by I. Klugherz showed that azole-resistant clinical A. fumigatus isolates do not exhibit cell wall carbohydrate patches. Taken together, these results could provide a new way to microscopically test clinical isolates for their sensitivity to azoles more rapidly in routine diagnostics. In addition, this work aimed to evaluate the connection between the endoplasmic reticulum (ER) and mitochondria named ER-mitochondria encounter structure (abbr. ERMES) as a new drug target. Until now this structure has only been described in fungi [16]. Due to this uniqueness, it theoretically represents a good drug target. The experiments of this work showed that ERMES seems to be unsuitable as a single target for antifungal drugs. All conditional mutants studied under repressed conditions, as well as deletion mutants (Δmdm10, Δmdm12, mdm10teton, mdm12teton, mdm34teton, and mmm1teton), except Δmdm34 and Δmmm1 were viable. In addition, mmm1teton showed low virulence in a Galleria melonella infection model. From these results, it is concluded that A. fumigatus cannot be completely killed by inhibition of ERMES. Thus, due to selection pressure within the human body, the fungus could acquire additional mutations and thus develop resistance in a short time. However, for a combination therapy with other antimycotics, the ERMES could be quite interesting as a target structure. This approach could be investigated in further experiments.