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Beschreibung des Patientenkollektivs der Patienten mit Brugada-Syndrom und Identifikation von Prädiktoren für das Auftreten maligner ventrikulärer Arrhythmien. eine Analyse aus der Spezialambulanz für angeborene Arrhythmiesyndrome der LMU München
Beschreibung des Patientenkollektivs der Patienten mit Brugada-Syndrom und Identifikation von Prädiktoren für das Auftreten maligner ventrikulärer Arrhythmien. eine Analyse aus der Spezialambulanz für angeborene Arrhythmiesyndrome der LMU München
Das Brugada-Syndrom ist eine seltene, genetisch bedingte Ionenkanalerkrankung, die sich durch einen pathologischen Zustand des Aktionspotentials über dem rechten Herzen definiert [1, 2]. Dies manifestiert sich in der Ausbildung einer typischen bogenförmigen ST-Streckenhebung ≥ 2 mm in mindestens einer der rechten Brustwandableitungen V1 und V2 im EKG und geht mit einem lebenslangen Risiko für maligne ventrikuläre Herzrhythmusstörungen und plötzlichen Herztod einher [3, 4]. Männer sind mit etwa 80% der Fälle von der Erkrankung häufiger betroffen als Frauen [5]. Maligne ventrikuläre Herzrhythmusstörungen werden in der Regel erstmalig um das 40. Lebensjahr beobachtet, können jedoch prinzipiell in jedem Alter auftreten [5]. Die individuelle Symptomatik reicht von lebenslänglich asymptomatischen Betroffenen über arrhythmogene Synkopen bis hin zum Auftreten maligner ventrikulärer Arrhythmien und plötzlichem Herztod [3]. Die einzige Therapieoption mit klarer Evidenz hinsichtlich eines Überlebensvorteils ist nach wie vor die Implantation eines Defibrillators mit den damit einhergehenden Komplikationen wie Infektionen und Fehlschocks [5-7]. Elementarer Bestandteil der Erforschung der Erkrankung seit der Erstbeschreibung 1992 ist die Risikostratifizierung der Betroffenen für das Auftreten maligner ventrikulärer Arrhythmien [8-10]. Damit soll das individuelle Risiko, einen plötzlichen Herztod zu erleiden gegenüber den mit einer ICD-Implantation verbundenen Komplikationen abgewogen werden, um die individuelle Therapieentscheidung zu erleichtern. Letztendlich mangelt es jedoch weiterhin an klinisch umsetzbaren, nicht-invasiven und extern validierten Möglichkeiten zur Risikostratifizierung, insbesondere für bei Diagnosestellung zunächst asymptomatische Patienten [11]. Diese Arbeit ergänzt eine sehr detaillierte, retrospektive Beschreibung von 82 Patienten mit Brugada-Syndrom der Spezialambulanz für familiäre Arrhythmiesyndrome der LMU München mit einem langen Follow-Up von im Mittel 81 ± 77 Monaten beziehungsweise bei den 62 regelhaft durch unsere Spezialambulanz betreuten Patienten (Follow-Up ≥12 Monate) sogar 106 ± 73 Monaten. In diesem Kollektiv wurden mögliche Prädiktoren für das Auftreten maligner ventrikulärer Arrhythmien untersucht sowie der zuletzt publizierte Risikostratifizierungsscore BRUGADA-RISK Score überprüft [12]. In dem Kollektiv unserer Spezialambulanz zeigte sich für die Patienten mit einem minimalen Follow-Up von zwölf Monaten (n = 62) eine Eventrate an malignen ventrikulären Arrhythmien und plötzlichem Herztod von 17,7% (11 von 62 Patienten) über 106 ± 73 Monate, entsprechend einer jährlichen Eventrate von 2,0%. Differenziert man nach Symptomatik bei Diagnosestellung, ergibt sich für unser Kollektiv mit einem Follow-Up ≥12 Monate (n = 62) bei Patienten ohne ICD-Indikation (Symptomfreiheit beziehungsweise geringe Symptomatik wie etwa Palpitationen) eine jährliche Eventrate von 0,6%, für Patienten mit vermuteten arrhythmogenen Synkopen von 1,6% und für Patienten mit bereits aufgetretenen malignen ventrikulären Arrhythmien oder plötzlichem Herztod von 7,2%. Signifikante Prädiktoren für das Auftreten einer malignen ventrikulären Arrhythmie oder eines plötzlichen Herztodes über das gesamte Leben waren in unserem Gesamtkollektiv (n = 82) die Dokumentation nicht anhaltender ventrikulärer Tachykardien (p<0,01) und der Diagnosemodus mit einem erhöhten Risiko für Patienten, die bei Diagnosestellung bereits eine Symptomatik aufwiesen gegenüber denjenigen Patienten, bei denen die Diagnosestellung im Rahmen eines Familienscreenings oder inzidentell erfolgte (p<0,05). Signifikante Prädiktoren für das Auftreten einer malignen ventrikulären Arrhythmie oder eines plötzlichen Herztodes während des Follow-Ups (Follow-Up ≥12 Monate, n = 62) waren eine bereits überlebte maligne ventrikuläre Arrhythmie/plötzlicher Herztod bei Diagnosestellung (p<0,01) und der Status als ICD-Träger (p<0,05). Trends ohne statistische Signifikanz für ein erhöhtes Risiko für maligne ventrikuläre Arrhythmien oder plötzlichem Herztod zeigten sich für weibliche Betroffene, Patienten mit positiver Familienanamnese für plötzlichen Herztod, insbesondere bei plötzlichen Herztoden < 45 Jahren, mutmaßlich arrhythmogenen Synkopen, ein diagnostisches Typ 1-EKG in den Extremitätenableitungen, AV-Block I° und das Vorliegen einer SCN5A-Mutation. Ein nicht signifikanter protektiver Effekt zeichnete sich für bei Diagnosestellung asymptomatische Patienten ab. Ohne Einfluss auf das Auftreten einer malignen ventrikulären Arrhythmie in unserem Kollektiv blieben die Induzierbarkeit von Kammerflimmern in der Elektrophysiologischen Untersuchung, ein spontan auftretendes Typ 1-EKG, die QRS-Fragmentierung, eine prominente S-Zacke in Ableitung I, eine prominente R-Zacke in aVR (sog. aVR-Zeichen) und Zeichen der Frührepolarisierung in den Extremitätenableitungen. Zur Überprüfung des publizierten Risikostratifizierungsscores BRUGADA-RISK [12] wurde für 53 Patienten mit Eventfreiheit bei Diagnosestellung und einem minimalen Follow-Up von zwölf Monaten das prognostizierte 5-Jahres-Risiko bei Diagnosestellung berechnet und mittels ROC-Kurve mit der tatsächlichen Eventrate während des Follow-Ups verglichen. Die AUC von 0,4 demonstrierte keine adäquate Prädiktionsmöglichkeit tatsächlich aufgetretener Events durch den BRUGADA-RISK Score in unserem Kollektiv bei jedoch eingeschränkter Aussagekraft durch die geringe Gruppengröße und fehlende Daten bei der EKG-Befundung durch die retrospektive Auswertung der Patientenakten. Als Versuch der Optimierung der Risikostratifizierung wurden bei 27 Patienten unseres Gesamtkollektivs die Dezelerationskapazität DC und die Repolarisationsdynamik PRD als Surrogat parasympathischer und sympathischer Aktivität bestimmt. Die Mittelwerte für DC und PRD der 22 Patienten ohne Event zeigten nicht zuletzt auch aufgrund der geringen Gruppengröße keinen signifikanten Unterschied zu den fünf Patienten mit mindestens einem Event während des Follow-Ups (mittlere DC in der Gruppe ohne Events 10,12 ± 2,31 ms, mittlere DC in der Gruppe mit Events 9,33 ± 2,24 ms; mittlere PRD in der Gruppe ohne Events 1,11 ± 1,70 deg2, mittlere PRD in der Gruppe mit Events 1,14 ± 1,39 deg2). Nebenbefundlich deuten die hohe DC und niedrige PRD einen prominenten Vagotonus bei Patienten mit Brugada-Syndrom im deutlichen Gegensatz zu anderen Kardiomyopathien an [13, 14]. Zusammenfassend mangelt es 30 Jahre nach Erstbeschreibung der Erkrankung weiter an einer klinisch umsetzbaren, nicht-invasiven und extern validierten Risikostratifizierung für primär asymptomatische Patienten mit Brugada-Syndrom. Diese Arbeit stellt eine der detailliertesten und längsten Follow-Ups von Patienten mit Brugada-Syndrom dar. Während sich PRD und DC zur Risikostratifizierung bei anderen Kardiomyopathien bereits etabliert haben, kommen diese Parameter beim Brugada-Syndrom bisher nicht regelhaft zum Einsatz [13, 14]. Zukünftige und nach Möglichkeit im Rahmen von multizentrischen Studien zu untersuchende große Kollektive müssen den Wert der vorhandenen Risikostratifizierungstools belegen und können dazu dienen, die DC und PRD flächendeckend zu erheben, um den prädiktiven Wert dieser beiden neuen Parameter bei Patienten mit Brugada-Syndrom zu prüfen., Brugada syndrome is a rare hereditary channelopathy defined by pathological changes of the action potential of the right heart [1, 2]. Patients may present typical coved ST-segment elevation ≥ 2 mm in at least one of the right precordial ECG leads V1 and V2 [3, 4]. BrS is associated with a lifelong risk of malignant ventricular arrhythmias and sudden cardiac death [3, 4]. Men are more frequently affected by BrS than women accounting for approximately 80% of all cases [5]. Malignant ventricular arrhythmias usually first occur around the age of 40 but can be detected at any age [5]. Symptoms range from asymptomatic patients to arrhythmic syncopes or the occurrence of malignant ventricular arrhythmias and sudden cardiac death [3]. The only available treatment with clear evidence of a survival benefit is ICD supply and associated with complications such as infections and inappropriate shocks [5-7]. Risk stratification for the occurrence of malignant ventricular arrhythmias has been an elementary component of research on BrS since it was first described in 1992 [8-10]. The aim is to weigh up the individual risk of sudden cardiac death against complications associated with ICD implantation and to facilitate individual treatment decisions. Ultimately, there is still a lack of applicable, non-invasive and externally validated options for risk stratification particularly for patients who are initially asymptomatic at diagnosis [11]. This analysis presents a detailed retrospective description of 82 patients with Brugada syndrome treated at the special department for familial arrhythmia syndromes ‘Spezialambulanz für familiäre Arrhythmiesyndrome der LMU München’. Mean follow-up was 81 ± 77 months in the overall cohort or respectively 106 ± 73 months in 62 patients regularly treated at our special department (follow-up ≥12 months). In this cohort we examined possible predictors for the occurrence of malignant ventricular arrhythmias. Moreover, the most recently published risk stratification score BRUGADA-RISK Score was tested in this cohort to reliably predict ventricular arrythmias [12]. In our overall cohort 62 patients were observed with a minimum follow-up of twelve months (mean follow-up 106 ± 73 months). In this cohort (n = 62) 11 of 62 patients suffered from malignant ventricular arrhythmias or sudden cardiac death leading to a total event rate of 17.7% and an annual event rate of 2.0%. Divided by symptoms at diagnosis for our cohort with a follow-up ≥12 months (n=62), the annual event rate was 0.6% for patients without ICD indication (no or mild symptoms such as palpitations), 1.6% for patients with suspected arrhythmic syncope and 7.2% for patients with previous malignant ventricular arrhythmias or sudden cardiac death. In our overall cohort (n = 82) significant predictors for lifetime occurrence of malignant ventricular arrhythmias or sudden cardiac death were documentation of non-sustained VTs (p<0.01) and mode of diagnosis with an increased risk for patients who were already symptomatic at diagnosis compared to those patients who were diagnosed by family screening or incidentally (p<0.05). Significant predictors for the occurrence of malignant ventricular arrhythmias or sudden cardiac death during follow-up (follow-up ≥12 months, n = 62) were previously survived malignant ventricular arrhythmia/sudden cardiac death at diagnosis (p<0.01) and ICD supply (p<0.05). Findings without significance were an increased risk of malignant ventricular arrhythmias or sudden cardiac death for female patients, patients with a positive family history of sudden cardiac death (especially sudden cardiac death < 45 years), suspected arrhythmic syncope, a diagnostic type 1 ECG in peripheral leads, first-degree AV block and SCN5A mutation. There was a non-significant protective effect for patients who were asymptomatic at diagnosis. Inducibility of ventricular fibrillation during EPU, a spontaneous type 1 ECG, QRS fragmentation, a significant S-wave in lead I, a prominent R-wave in aVR (aVR sign) and signs of early repolarization in peripheral leads had no influence on the occurrence of malignant ventricular arrhythmias in our cohort. To validate the risk stratification score BRUGADA-RISK [12], the 5-year predicted risk at diagnosis was calculated for 53 patients with no events at diagnosis and a minimum follow-up of 12 months. The predicted event rate in this cohort (n = 53) was compared to the actual event rate during follow-up using a ROC curve. The AUC of 0.4 failed to demonstrate a reliable prediction of actual events using the BRUGADA-RISK score in our cohort. Value of this finding is limited by the small cohort and the lack of data in the ECG examination as patient data were analyzed retrospectively. In order to optimize risk stratification, deceleration capacity DC and repolarization dynamics PRD were determined in 27 patients of our total cohort as parameters for parasympathetic and sympathetic nerve activity. Mean values for DC and PRD of the 22 patients without events showed no significant difference to the five patients with at least one event during follow-up (mean DC in the group without events 10.12 ± 2.31 ms, mean DC in the group with events 9.33 ± 2.24 ms; mean PRD in the group without events 1.11 ± 1.70 deg2, mean PRD in the group with events 1.14 ± 1.39 deg2) acknowledging the small cohort size. Nevertheless, high DC and low PRD may indicate a prominent vagal tone in patients with Brugada syndrome in contrast to other cardiomyopathies [13, 14]. In summary, 30 years after BrS was first described, there is still a lack of applicable, non-invasive and externally validated risk stratification for primary asymptomatic patients with Brugada syndrome. This analysis represents one of the most detailed and longest follow-ups of patients with Brugada syndrome. While PRD and DC have already been established for risk stratification in other cardiomyopathies, these parameters are not yet regularly used in Brugada syndrome [13, 14]. Future cohorts, preferably investigated in large multicenter studies, must prove the value of the existing risk stratification tools and may serve to determine DC and PRD in order to validate the predictive value of these two new parameters in patients with Brugada syndrome.
Brugada-Syndrom, Risikostratifizierung, Eventrate, Arrhythmiesyndrome
Haenzel, Nastassja
2024
Deutsch
Universitätsbibliothek der Ludwig-Maximilians-Universität München
Haenzel, Nastassja (2024): Beschreibung des Patientenkollektivs der Patienten mit Brugada-Syndrom und Identifikation von Prädiktoren für das Auftreten maligner ventrikulärer Arrhythmien: eine Analyse aus der Spezialambulanz für angeborene Arrhythmiesyndrome der LMU München. Dissertation, LMU München: Medizinische Fakultät
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Abstract

Das Brugada-Syndrom ist eine seltene, genetisch bedingte Ionenkanalerkrankung, die sich durch einen pathologischen Zustand des Aktionspotentials über dem rechten Herzen definiert [1, 2]. Dies manifestiert sich in der Ausbildung einer typischen bogenförmigen ST-Streckenhebung ≥ 2 mm in mindestens einer der rechten Brustwandableitungen V1 und V2 im EKG und geht mit einem lebenslangen Risiko für maligne ventrikuläre Herzrhythmusstörungen und plötzlichen Herztod einher [3, 4]. Männer sind mit etwa 80% der Fälle von der Erkrankung häufiger betroffen als Frauen [5]. Maligne ventrikuläre Herzrhythmusstörungen werden in der Regel erstmalig um das 40. Lebensjahr beobachtet, können jedoch prinzipiell in jedem Alter auftreten [5]. Die individuelle Symptomatik reicht von lebenslänglich asymptomatischen Betroffenen über arrhythmogene Synkopen bis hin zum Auftreten maligner ventrikulärer Arrhythmien und plötzlichem Herztod [3]. Die einzige Therapieoption mit klarer Evidenz hinsichtlich eines Überlebensvorteils ist nach wie vor die Implantation eines Defibrillators mit den damit einhergehenden Komplikationen wie Infektionen und Fehlschocks [5-7]. Elementarer Bestandteil der Erforschung der Erkrankung seit der Erstbeschreibung 1992 ist die Risikostratifizierung der Betroffenen für das Auftreten maligner ventrikulärer Arrhythmien [8-10]. Damit soll das individuelle Risiko, einen plötzlichen Herztod zu erleiden gegenüber den mit einer ICD-Implantation verbundenen Komplikationen abgewogen werden, um die individuelle Therapieentscheidung zu erleichtern. Letztendlich mangelt es jedoch weiterhin an klinisch umsetzbaren, nicht-invasiven und extern validierten Möglichkeiten zur Risikostratifizierung, insbesondere für bei Diagnosestellung zunächst asymptomatische Patienten [11]. Diese Arbeit ergänzt eine sehr detaillierte, retrospektive Beschreibung von 82 Patienten mit Brugada-Syndrom der Spezialambulanz für familiäre Arrhythmiesyndrome der LMU München mit einem langen Follow-Up von im Mittel 81 ± 77 Monaten beziehungsweise bei den 62 regelhaft durch unsere Spezialambulanz betreuten Patienten (Follow-Up ≥12 Monate) sogar 106 ± 73 Monaten. In diesem Kollektiv wurden mögliche Prädiktoren für das Auftreten maligner ventrikulärer Arrhythmien untersucht sowie der zuletzt publizierte Risikostratifizierungsscore BRUGADA-RISK Score überprüft [12]. In dem Kollektiv unserer Spezialambulanz zeigte sich für die Patienten mit einem minimalen Follow-Up von zwölf Monaten (n = 62) eine Eventrate an malignen ventrikulären Arrhythmien und plötzlichem Herztod von 17,7% (11 von 62 Patienten) über 106 ± 73 Monate, entsprechend einer jährlichen Eventrate von 2,0%. Differenziert man nach Symptomatik bei Diagnosestellung, ergibt sich für unser Kollektiv mit einem Follow-Up ≥12 Monate (n = 62) bei Patienten ohne ICD-Indikation (Symptomfreiheit beziehungsweise geringe Symptomatik wie etwa Palpitationen) eine jährliche Eventrate von 0,6%, für Patienten mit vermuteten arrhythmogenen Synkopen von 1,6% und für Patienten mit bereits aufgetretenen malignen ventrikulären Arrhythmien oder plötzlichem Herztod von 7,2%. Signifikante Prädiktoren für das Auftreten einer malignen ventrikulären Arrhythmie oder eines plötzlichen Herztodes über das gesamte Leben waren in unserem Gesamtkollektiv (n = 82) die Dokumentation nicht anhaltender ventrikulärer Tachykardien (p<0,01) und der Diagnosemodus mit einem erhöhten Risiko für Patienten, die bei Diagnosestellung bereits eine Symptomatik aufwiesen gegenüber denjenigen Patienten, bei denen die Diagnosestellung im Rahmen eines Familienscreenings oder inzidentell erfolgte (p<0,05). Signifikante Prädiktoren für das Auftreten einer malignen ventrikulären Arrhythmie oder eines plötzlichen Herztodes während des Follow-Ups (Follow-Up ≥12 Monate, n = 62) waren eine bereits überlebte maligne ventrikuläre Arrhythmie/plötzlicher Herztod bei Diagnosestellung (p<0,01) und der Status als ICD-Träger (p<0,05). Trends ohne statistische Signifikanz für ein erhöhtes Risiko für maligne ventrikuläre Arrhythmien oder plötzlichem Herztod zeigten sich für weibliche Betroffene, Patienten mit positiver Familienanamnese für plötzlichen Herztod, insbesondere bei plötzlichen Herztoden < 45 Jahren, mutmaßlich arrhythmogenen Synkopen, ein diagnostisches Typ 1-EKG in den Extremitätenableitungen, AV-Block I° und das Vorliegen einer SCN5A-Mutation. Ein nicht signifikanter protektiver Effekt zeichnete sich für bei Diagnosestellung asymptomatische Patienten ab. Ohne Einfluss auf das Auftreten einer malignen ventrikulären Arrhythmie in unserem Kollektiv blieben die Induzierbarkeit von Kammerflimmern in der Elektrophysiologischen Untersuchung, ein spontan auftretendes Typ 1-EKG, die QRS-Fragmentierung, eine prominente S-Zacke in Ableitung I, eine prominente R-Zacke in aVR (sog. aVR-Zeichen) und Zeichen der Frührepolarisierung in den Extremitätenableitungen. Zur Überprüfung des publizierten Risikostratifizierungsscores BRUGADA-RISK [12] wurde für 53 Patienten mit Eventfreiheit bei Diagnosestellung und einem minimalen Follow-Up von zwölf Monaten das prognostizierte 5-Jahres-Risiko bei Diagnosestellung berechnet und mittels ROC-Kurve mit der tatsächlichen Eventrate während des Follow-Ups verglichen. Die AUC von 0,4 demonstrierte keine adäquate Prädiktionsmöglichkeit tatsächlich aufgetretener Events durch den BRUGADA-RISK Score in unserem Kollektiv bei jedoch eingeschränkter Aussagekraft durch die geringe Gruppengröße und fehlende Daten bei der EKG-Befundung durch die retrospektive Auswertung der Patientenakten. Als Versuch der Optimierung der Risikostratifizierung wurden bei 27 Patienten unseres Gesamtkollektivs die Dezelerationskapazität DC und die Repolarisationsdynamik PRD als Surrogat parasympathischer und sympathischer Aktivität bestimmt. Die Mittelwerte für DC und PRD der 22 Patienten ohne Event zeigten nicht zuletzt auch aufgrund der geringen Gruppengröße keinen signifikanten Unterschied zu den fünf Patienten mit mindestens einem Event während des Follow-Ups (mittlere DC in der Gruppe ohne Events 10,12 ± 2,31 ms, mittlere DC in der Gruppe mit Events 9,33 ± 2,24 ms; mittlere PRD in der Gruppe ohne Events 1,11 ± 1,70 deg2, mittlere PRD in der Gruppe mit Events 1,14 ± 1,39 deg2). Nebenbefundlich deuten die hohe DC und niedrige PRD einen prominenten Vagotonus bei Patienten mit Brugada-Syndrom im deutlichen Gegensatz zu anderen Kardiomyopathien an [13, 14]. Zusammenfassend mangelt es 30 Jahre nach Erstbeschreibung der Erkrankung weiter an einer klinisch umsetzbaren, nicht-invasiven und extern validierten Risikostratifizierung für primär asymptomatische Patienten mit Brugada-Syndrom. Diese Arbeit stellt eine der detailliertesten und längsten Follow-Ups von Patienten mit Brugada-Syndrom dar. Während sich PRD und DC zur Risikostratifizierung bei anderen Kardiomyopathien bereits etabliert haben, kommen diese Parameter beim Brugada-Syndrom bisher nicht regelhaft zum Einsatz [13, 14]. Zukünftige und nach Möglichkeit im Rahmen von multizentrischen Studien zu untersuchende große Kollektive müssen den Wert der vorhandenen Risikostratifizierungstools belegen und können dazu dienen, die DC und PRD flächendeckend zu erheben, um den prädiktiven Wert dieser beiden neuen Parameter bei Patienten mit Brugada-Syndrom zu prüfen.

Abstract

Brugada syndrome is a rare hereditary channelopathy defined by pathological changes of the action potential of the right heart [1, 2]. Patients may present typical coved ST-segment elevation ≥ 2 mm in at least one of the right precordial ECG leads V1 and V2 [3, 4]. BrS is associated with a lifelong risk of malignant ventricular arrhythmias and sudden cardiac death [3, 4]. Men are more frequently affected by BrS than women accounting for approximately 80% of all cases [5]. Malignant ventricular arrhythmias usually first occur around the age of 40 but can be detected at any age [5]. Symptoms range from asymptomatic patients to arrhythmic syncopes or the occurrence of malignant ventricular arrhythmias and sudden cardiac death [3]. The only available treatment with clear evidence of a survival benefit is ICD supply and associated with complications such as infections and inappropriate shocks [5-7]. Risk stratification for the occurrence of malignant ventricular arrhythmias has been an elementary component of research on BrS since it was first described in 1992 [8-10]. The aim is to weigh up the individual risk of sudden cardiac death against complications associated with ICD implantation and to facilitate individual treatment decisions. Ultimately, there is still a lack of applicable, non-invasive and externally validated options for risk stratification particularly for patients who are initially asymptomatic at diagnosis [11]. This analysis presents a detailed retrospective description of 82 patients with Brugada syndrome treated at the special department for familial arrhythmia syndromes ‘Spezialambulanz für familiäre Arrhythmiesyndrome der LMU München’. Mean follow-up was 81 ± 77 months in the overall cohort or respectively 106 ± 73 months in 62 patients regularly treated at our special department (follow-up ≥12 months). In this cohort we examined possible predictors for the occurrence of malignant ventricular arrhythmias. Moreover, the most recently published risk stratification score BRUGADA-RISK Score was tested in this cohort to reliably predict ventricular arrythmias [12]. In our overall cohort 62 patients were observed with a minimum follow-up of twelve months (mean follow-up 106 ± 73 months). In this cohort (n = 62) 11 of 62 patients suffered from malignant ventricular arrhythmias or sudden cardiac death leading to a total event rate of 17.7% and an annual event rate of 2.0%. Divided by symptoms at diagnosis for our cohort with a follow-up ≥12 months (n=62), the annual event rate was 0.6% for patients without ICD indication (no or mild symptoms such as palpitations), 1.6% for patients with suspected arrhythmic syncope and 7.2% for patients with previous malignant ventricular arrhythmias or sudden cardiac death. In our overall cohort (n = 82) significant predictors for lifetime occurrence of malignant ventricular arrhythmias or sudden cardiac death were documentation of non-sustained VTs (p<0.01) and mode of diagnosis with an increased risk for patients who were already symptomatic at diagnosis compared to those patients who were diagnosed by family screening or incidentally (p<0.05). Significant predictors for the occurrence of malignant ventricular arrhythmias or sudden cardiac death during follow-up (follow-up ≥12 months, n = 62) were previously survived malignant ventricular arrhythmia/sudden cardiac death at diagnosis (p<0.01) and ICD supply (p<0.05). Findings without significance were an increased risk of malignant ventricular arrhythmias or sudden cardiac death for female patients, patients with a positive family history of sudden cardiac death (especially sudden cardiac death < 45 years), suspected arrhythmic syncope, a diagnostic type 1 ECG in peripheral leads, first-degree AV block and SCN5A mutation. There was a non-significant protective effect for patients who were asymptomatic at diagnosis. Inducibility of ventricular fibrillation during EPU, a spontaneous type 1 ECG, QRS fragmentation, a significant S-wave in lead I, a prominent R-wave in aVR (aVR sign) and signs of early repolarization in peripheral leads had no influence on the occurrence of malignant ventricular arrhythmias in our cohort. To validate the risk stratification score BRUGADA-RISK [12], the 5-year predicted risk at diagnosis was calculated for 53 patients with no events at diagnosis and a minimum follow-up of 12 months. The predicted event rate in this cohort (n = 53) was compared to the actual event rate during follow-up using a ROC curve. The AUC of 0.4 failed to demonstrate a reliable prediction of actual events using the BRUGADA-RISK score in our cohort. Value of this finding is limited by the small cohort and the lack of data in the ECG examination as patient data were analyzed retrospectively. In order to optimize risk stratification, deceleration capacity DC and repolarization dynamics PRD were determined in 27 patients of our total cohort as parameters for parasympathetic and sympathetic nerve activity. Mean values for DC and PRD of the 22 patients without events showed no significant difference to the five patients with at least one event during follow-up (mean DC in the group without events 10.12 ± 2.31 ms, mean DC in the group with events 9.33 ± 2.24 ms; mean PRD in the group without events 1.11 ± 1.70 deg2, mean PRD in the group with events 1.14 ± 1.39 deg2) acknowledging the small cohort size. Nevertheless, high DC and low PRD may indicate a prominent vagal tone in patients with Brugada syndrome in contrast to other cardiomyopathies [13, 14]. In summary, 30 years after BrS was first described, there is still a lack of applicable, non-invasive and externally validated risk stratification for primary asymptomatic patients with Brugada syndrome. This analysis represents one of the most detailed and longest follow-ups of patients with Brugada syndrome. While PRD and DC have already been established for risk stratification in other cardiomyopathies, these parameters are not yet regularly used in Brugada syndrome [13, 14]. Future cohorts, preferably investigated in large multicenter studies, must prove the value of the existing risk stratification tools and may serve to determine DC and PRD in order to validate the predictive value of these two new parameters in patients with Brugada syndrome.