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Prognosebestimmende Faktoren und Therapieerfolg bei notfallmäßigem Transkatheter-Aortenklappenersatz
Prognosebestimmende Faktoren und Therapieerfolg bei notfallmäßigem Transkatheter-Aortenklappenersatz
Hintergrund: Eine Aortenklappenstenose (AKS) kann zu einem kardiogenen Schock (CS) führen. Der Transkatheter-Aortenklappenersatz (TAVI) ist die Standardbehandlung für ältere und besonders kranke Patienten mit AKS und ist in vielen Krankenhäusern gut etabliert. Ihr Einsatz bei Patienten mit einem CS aufgrund einer AKS ist jedoch bislang kaum untersucht. Trotz der zunehmenden Sicherheit des Verfahrens scheinen die Komplikationsraten bei diesen Patienten besonders hoch. Ziel dieser Studie war es, die klinischen Merkmale und die Mortalität von Patienten zu untersuchen, welche mit einer Notfall-TAVI behandelt wurden. Zudem sollten prognosebestimmende Faktoren identifiziert und bewertet werden. Wir stellten die Hypothese auf, dass Patienten, die den Eingriff und die anfängliche Intensivtherapie überleben, eine zu Patienten mit stabiler AKS und elektiver TAVI-Behandlung vergleichbare Prognose haben. Methoden: Untersucht wurden alle Patienten, die zwischen 2013 und 2019 im LMU Klinikum mit einer TAVI therapiert wurden. Alle Patienten mit CS oder schwerer Dekompensation aufgrund einer AKS, bei denen die TAVI notfallmäßig durchgeführt wurde oder die vor dem Eingriff intensivmedizinisch betreut werden mussten, wurden in die Analyse einbezogen. Die Patienten wurden je nach Erfüllen der Kriterien eines CS in zwei Gruppen eingeteilt: Schockgruppe und Dekompensationsgruppe. Der CS der Schockgruppe wurde gemäß den Leitlinien der Europäischen Gesellschaft für Kardiologie (ESC) definiert als systolischer Blutdruck <90 mmHg für 30 Minuten oder Bedarf an Vasopressoren und Zeichen einer Organdysfunktion bzw. einem erhöhten Serumlaktat von ≥2 mmol/L. Die Patienten der Dekompensationsgruppe wiesen Zeichen einer Dekompensation auf, erfüllten aber die o.g. Kriterien eines Schocks nicht. Als Kontrollgruppe diente die Gruppe von Patienten, bei denen die TAVI elektiv durchgeführt wurde. Ergebnisse: Insgesamt wurden 2.930 Patienten gescreent, von denen 179 Patienten eine Notfall-TAVI erhielten und in die Studie eingeschlossen wurden. 47 Patienten befanden sich im CS (Schockgruppe) und 132 Patienten erfüllten die Schockkriterien nicht (Dekompensationsgruppe). Patienten in der Schockgruppe waren häufiger männlich (76,6% vs. 55,3%, p=0,01), hatten einen höheren STS-Score (Score der Society of Thoracic Surgeons) (15,6 [Interquartilsabstand (IQR) 8,0-32,1] vs. 5,5 [IQR 3,9-8,5], p<0,01) und eine niedrigere linksventrikuläre Auswurffraktion (38,0% vs. 48,0%, p<0,01). Bei den meisten Patienten konnte eine spezifische Ursache identifiziert werden, die zu einer klinischen Verschlechterung führte und eine Krankenhauseinweisung zur Folge hatte. Dazu gehörten unter anderem Volumenüberlastung, akute Koronarsyndrome, Herzrhythmusstörungen, Infektionen und Blutungen. In der Schockgruppe war der Bedarf einer mechanischen Beatmung vor dem Eingriff häufiger (29,8% vs. 11,4%, p<0,01) und mehr Patienten erhielten vor der TAVI eine Ballonvalvuloplastie der Aortenklappe (19,1% vs. 3,8%, p<0,01). Die 90-Tage-Mortalität war in der Schockgruppe höher als in der Dekompensationsgruppe (42,6% vs. 15,9%) und deutlich höher als in der elektiven Gruppe (5,3%) (p<0,01). Eine Landmark-Analyse der Mortalität ab dem 90. postprozeduralen Tag ergab keinen signifikanten Unterschied zwischen der Schock-, Dekompensations- und Elektivgruppe (p=0,29). Der zusammengesetzte Endpunkt des Device-Versagens war bei der Schock- und Dekompensationsgruppe im Vergleich zu der elektiven Gruppe höher. (Schockgruppe Odds-Ratio: 2,86 [95%-Konfidenzintervall (95% CI): 1,43-5,36], Dekompensationsgruppe Odds Ratio, 1,74 [95% CI: 1,09-2,69]). Die multivariable Regression ergab als Prädiktoren für die 90-Tage-Mortalität mechanische Beatmung, Nierenersatzverfahren, erhöhtes C-reaktives Protein (CRP), erhöhtes Bilirubin und Hypotonie vor der TAVI. Schlussfolgerung: Verfahrensbedingte Komplikationen waren bei der Notfall-TAVI häufiger als bei der elektiven TAVI. Die Sterblichkeit in der Schockgruppe war höher als in der Dekompensationsgruppe. Die postprozedurale Mortalität war bei allen Notfall-TAVI-Patienten erhöht. Sobald aber die ersten 90 Tage nach dem Eingriff überlebt wurden, hatten Notfall-TAVI-Patienten eine ähnliche Prognose wie elektive TAVI-Patienten. Positive Prädiktoren für höhere Chancen auf ein Überleben waren ein erniedrigter STS-Score, normale CRP- und Bilirubinwerte und kein Bedarf einer mechanischen Ventilation oder eines Nierenersatzverfahrens.
TAVI, Aortenstenose, kardiogener Schock
Stocker, Angelika
2023
German
Universitätsbibliothek der Ludwig-Maximilians-Universität München
Stocker, Angelika (2023): Prognosebestimmende Faktoren und Therapieerfolg bei notfallmäßigem Transkatheter-Aortenklappenersatz. Dissertation, LMU München: Faculty of Medicine
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Abstract

Hintergrund: Eine Aortenklappenstenose (AKS) kann zu einem kardiogenen Schock (CS) führen. Der Transkatheter-Aortenklappenersatz (TAVI) ist die Standardbehandlung für ältere und besonders kranke Patienten mit AKS und ist in vielen Krankenhäusern gut etabliert. Ihr Einsatz bei Patienten mit einem CS aufgrund einer AKS ist jedoch bislang kaum untersucht. Trotz der zunehmenden Sicherheit des Verfahrens scheinen die Komplikationsraten bei diesen Patienten besonders hoch. Ziel dieser Studie war es, die klinischen Merkmale und die Mortalität von Patienten zu untersuchen, welche mit einer Notfall-TAVI behandelt wurden. Zudem sollten prognosebestimmende Faktoren identifiziert und bewertet werden. Wir stellten die Hypothese auf, dass Patienten, die den Eingriff und die anfängliche Intensivtherapie überleben, eine zu Patienten mit stabiler AKS und elektiver TAVI-Behandlung vergleichbare Prognose haben. Methoden: Untersucht wurden alle Patienten, die zwischen 2013 und 2019 im LMU Klinikum mit einer TAVI therapiert wurden. Alle Patienten mit CS oder schwerer Dekompensation aufgrund einer AKS, bei denen die TAVI notfallmäßig durchgeführt wurde oder die vor dem Eingriff intensivmedizinisch betreut werden mussten, wurden in die Analyse einbezogen. Die Patienten wurden je nach Erfüllen der Kriterien eines CS in zwei Gruppen eingeteilt: Schockgruppe und Dekompensationsgruppe. Der CS der Schockgruppe wurde gemäß den Leitlinien der Europäischen Gesellschaft für Kardiologie (ESC) definiert als systolischer Blutdruck <90 mmHg für 30 Minuten oder Bedarf an Vasopressoren und Zeichen einer Organdysfunktion bzw. einem erhöhten Serumlaktat von ≥2 mmol/L. Die Patienten der Dekompensationsgruppe wiesen Zeichen einer Dekompensation auf, erfüllten aber die o.g. Kriterien eines Schocks nicht. Als Kontrollgruppe diente die Gruppe von Patienten, bei denen die TAVI elektiv durchgeführt wurde. Ergebnisse: Insgesamt wurden 2.930 Patienten gescreent, von denen 179 Patienten eine Notfall-TAVI erhielten und in die Studie eingeschlossen wurden. 47 Patienten befanden sich im CS (Schockgruppe) und 132 Patienten erfüllten die Schockkriterien nicht (Dekompensationsgruppe). Patienten in der Schockgruppe waren häufiger männlich (76,6% vs. 55,3%, p=0,01), hatten einen höheren STS-Score (Score der Society of Thoracic Surgeons) (15,6 [Interquartilsabstand (IQR) 8,0-32,1] vs. 5,5 [IQR 3,9-8,5], p<0,01) und eine niedrigere linksventrikuläre Auswurffraktion (38,0% vs. 48,0%, p<0,01). Bei den meisten Patienten konnte eine spezifische Ursache identifiziert werden, die zu einer klinischen Verschlechterung führte und eine Krankenhauseinweisung zur Folge hatte. Dazu gehörten unter anderem Volumenüberlastung, akute Koronarsyndrome, Herzrhythmusstörungen, Infektionen und Blutungen. In der Schockgruppe war der Bedarf einer mechanischen Beatmung vor dem Eingriff häufiger (29,8% vs. 11,4%, p<0,01) und mehr Patienten erhielten vor der TAVI eine Ballonvalvuloplastie der Aortenklappe (19,1% vs. 3,8%, p<0,01). Die 90-Tage-Mortalität war in der Schockgruppe höher als in der Dekompensationsgruppe (42,6% vs. 15,9%) und deutlich höher als in der elektiven Gruppe (5,3%) (p<0,01). Eine Landmark-Analyse der Mortalität ab dem 90. postprozeduralen Tag ergab keinen signifikanten Unterschied zwischen der Schock-, Dekompensations- und Elektivgruppe (p=0,29). Der zusammengesetzte Endpunkt des Device-Versagens war bei der Schock- und Dekompensationsgruppe im Vergleich zu der elektiven Gruppe höher. (Schockgruppe Odds-Ratio: 2,86 [95%-Konfidenzintervall (95% CI): 1,43-5,36], Dekompensationsgruppe Odds Ratio, 1,74 [95% CI: 1,09-2,69]). Die multivariable Regression ergab als Prädiktoren für die 90-Tage-Mortalität mechanische Beatmung, Nierenersatzverfahren, erhöhtes C-reaktives Protein (CRP), erhöhtes Bilirubin und Hypotonie vor der TAVI. Schlussfolgerung: Verfahrensbedingte Komplikationen waren bei der Notfall-TAVI häufiger als bei der elektiven TAVI. Die Sterblichkeit in der Schockgruppe war höher als in der Dekompensationsgruppe. Die postprozedurale Mortalität war bei allen Notfall-TAVI-Patienten erhöht. Sobald aber die ersten 90 Tage nach dem Eingriff überlebt wurden, hatten Notfall-TAVI-Patienten eine ähnliche Prognose wie elektive TAVI-Patienten. Positive Prädiktoren für höhere Chancen auf ein Überleben waren ein erniedrigter STS-Score, normale CRP- und Bilirubinwerte und kein Bedarf einer mechanischen Ventilation oder eines Nierenersatzverfahrens.