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Psychotherapie für Menschen mit Störungen aus dem schizophrenen Formenkreis. Behandlungsbereitschaft und subjektive Barrieren von in Bayern ambulant tätigen Psychotherapeut*innen
Psychotherapie für Menschen mit Störungen aus dem schizophrenen Formenkreis. Behandlungsbereitschaft und subjektive Barrieren von in Bayern ambulant tätigen Psychotherapeut*innen
Theoretischer Hintergrund. Patient*innen mit schizophrenen Störungen sind bezüglich ihrer psychotherapeutischen Behandlung deutlich unterversorgt. Mögliche Gründe können auf struktureller Ebene aber auch auf Seiten der Patient*innen oder Therapeut*innen liegen. Viele ambulant tätige Psychotherapeut*innen scheinen Vorbehalte gegenüber der Behandlung von Patient*innen mit schizophrenen Störungen zu haben. Um eine gleichberechtigte und adäquate Versorgung sicherzustellen, ist es notwendig zu untersuchen, ob und inwieweit dies derzeit der Fall ist und falls ja, welche Barrieren dabei eine Rolle spielen. Methode. Es wurde eine bayernweite quantitative Befragung von 610 Psychotherapeut*innen und Personen in Ausbildung mittels Online-Survey durchgeführt. Der von den Teilnehmer*innen bearbeitete Fragebogen umfasste die Demografie, Ausbildung, aktuelle und frühere Tätigkeiten, die Behandlung und Behandlungsbereitschaft gegenüber Patient*innen mit schizophrenen Störungen sowie ergänzend den Stereotype-Fragebogen (Angermeyer & Matschinger, 2004). Ebenfalls wurden strukturelle, erfahrungs- und kompetenzbezogene sowie persönliche, therapieeinstellungsbezogene Barrieren in der Psychotherapie dieser Klientel erfragt. Ergebnisse. Die Ergebnisse zeigen, dass die Behandlungsbereitschaft der Therapeut*innen gegenüber Menschen mit schizophrenen Störungen signifikant durch negative persönliche, therapiebezogene Einstellungen sowie geringe Erfahrung und Kompetenz reduziert wurde. Strukturelle Barrieren wurden als schwerwiegend eingeschätzt, beeinflussten die Behandlungsbereitschaft jedoch nicht signifikant. Alltägliche stigmatisierende Einstellungen waren zwar gering ausgeprägt, verringerten die Behandlungsbereitschaft jedoch signifikant. Im Vergleich zu depressiven Störungen zeigte sich die Behandlungsbereitschaft der Therapeut*innen für Patient*innen mit schizophrenen Störungen signifikant geringer. Implikationen. Die Ergebnisse verdeutlichen, dass die Ausbildung der Therapeut*innen angepasst werden sollte, um ihre Erfahrung, Kompetenz sowie therapiebezogene Einstellungen und damit auch ihre Behandlungsbereitschaft gegenüber Patient*innen mit schizophrenen Störungen zu verbessern. Stigmatisierenden Einstellungen und Hemmungen in der Psychotherapie dieser Klientel könnten durch eine höhere Anzahl störungsspezifischer Fortbildungen, und die Möglichkeit, diese Patient*innengruppe bereits während der Ausbildung behandeln zu können, vorgebeugt werden. Eine methodische Unterschätzung der strukturellen Barrieren aufgrund der zu geringen internen Konsistenz des Fragebogens ist möglich. Da den strukturellen Barrieren eine hohe Relevanz im Alltag der Therapeut*innen zugeschrieben wurden, sollten diese Barrieren reduziert werden, um den spezifischen Bedürfnissen dieser Klientel eher gerecht zu werden., Theoretical Background. Patients with schizophrenic disorders are clearly undertreated with psychotherapy. Possible reasons can be found on patient, therapist and structural level. Many outpatient psychotherapists seem to have reservations about treating patients with schizophrenic disorders. To ensure equal access to care, it is necessary to examine whether this is currently the case and, if so, which barriers are involved. Method. A bavaria-wide quantitative survey of 610 psychotherapists and persons in training was conducted via an online survey. The questionnaire completed by participants included demographics, education, current and former occupational activities, treatment, and willingness to treat patients with schizophrenic disorders, as well as a Stereotype Questionnaire (Angermeyer & Matschinger, 2004). Also inquired were structural, experiential, competency, and personal therapy attitude-related barriers to psychotherapy for this clientele. Results. The results show that willingness to treat patients with schizophrenic disorders was significanty reduced by negative personal therapy-related attitudes of the therapists as well as low levels of experience and competence. Structural barriers were rated as severe but did not significantly influence willingness to treat them. Everyday stigmatizing attitudes were low, but significantly reduced treatment readiness. In contrast to depressive disorders, therapists' willingness to treat patients with schizophrenic disorders was found to be significantly lower. Implications. The results emphasize that therapists' training should be adapted to improve their experience, competence, and treatment-related attitudes and thus their willingness to treat patients with schizophrenic disorders. Stigmatizing attitudes and inhibitions in the psychotherapy of this clientele could be prevented by ore disorder-specific training and the possibility to treat this group of patients already during the training. A methodological underestimation of the structural barriers due to the low internal consistency of the questionnaire is possible. Since the structural barriers were attributed a high relevance in the everyday life of the therapists, they should be reduced in order to meet the specific needs of this clientele more easily.
Schizophrenie, ambulant, Psychotherapie, Barrieren
Heimkes, Fides
2024
Deutsch
Universitätsbibliothek der Ludwig-Maximilians-Universität München
Heimkes, Fides (2024): Psychotherapie für Menschen mit Störungen aus dem schizophrenen Formenkreis: Behandlungsbereitschaft und subjektive Barrieren von in Bayern ambulant tätigen Psychotherapeut*innen. Dissertation, LMU München: Medizinische Fakultät
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Abstract

Theoretischer Hintergrund. Patient*innen mit schizophrenen Störungen sind bezüglich ihrer psychotherapeutischen Behandlung deutlich unterversorgt. Mögliche Gründe können auf struktureller Ebene aber auch auf Seiten der Patient*innen oder Therapeut*innen liegen. Viele ambulant tätige Psychotherapeut*innen scheinen Vorbehalte gegenüber der Behandlung von Patient*innen mit schizophrenen Störungen zu haben. Um eine gleichberechtigte und adäquate Versorgung sicherzustellen, ist es notwendig zu untersuchen, ob und inwieweit dies derzeit der Fall ist und falls ja, welche Barrieren dabei eine Rolle spielen. Methode. Es wurde eine bayernweite quantitative Befragung von 610 Psychotherapeut*innen und Personen in Ausbildung mittels Online-Survey durchgeführt. Der von den Teilnehmer*innen bearbeitete Fragebogen umfasste die Demografie, Ausbildung, aktuelle und frühere Tätigkeiten, die Behandlung und Behandlungsbereitschaft gegenüber Patient*innen mit schizophrenen Störungen sowie ergänzend den Stereotype-Fragebogen (Angermeyer & Matschinger, 2004). Ebenfalls wurden strukturelle, erfahrungs- und kompetenzbezogene sowie persönliche, therapieeinstellungsbezogene Barrieren in der Psychotherapie dieser Klientel erfragt. Ergebnisse. Die Ergebnisse zeigen, dass die Behandlungsbereitschaft der Therapeut*innen gegenüber Menschen mit schizophrenen Störungen signifikant durch negative persönliche, therapiebezogene Einstellungen sowie geringe Erfahrung und Kompetenz reduziert wurde. Strukturelle Barrieren wurden als schwerwiegend eingeschätzt, beeinflussten die Behandlungsbereitschaft jedoch nicht signifikant. Alltägliche stigmatisierende Einstellungen waren zwar gering ausgeprägt, verringerten die Behandlungsbereitschaft jedoch signifikant. Im Vergleich zu depressiven Störungen zeigte sich die Behandlungsbereitschaft der Therapeut*innen für Patient*innen mit schizophrenen Störungen signifikant geringer. Implikationen. Die Ergebnisse verdeutlichen, dass die Ausbildung der Therapeut*innen angepasst werden sollte, um ihre Erfahrung, Kompetenz sowie therapiebezogene Einstellungen und damit auch ihre Behandlungsbereitschaft gegenüber Patient*innen mit schizophrenen Störungen zu verbessern. Stigmatisierenden Einstellungen und Hemmungen in der Psychotherapie dieser Klientel könnten durch eine höhere Anzahl störungsspezifischer Fortbildungen, und die Möglichkeit, diese Patient*innengruppe bereits während der Ausbildung behandeln zu können, vorgebeugt werden. Eine methodische Unterschätzung der strukturellen Barrieren aufgrund der zu geringen internen Konsistenz des Fragebogens ist möglich. Da den strukturellen Barrieren eine hohe Relevanz im Alltag der Therapeut*innen zugeschrieben wurden, sollten diese Barrieren reduziert werden, um den spezifischen Bedürfnissen dieser Klientel eher gerecht zu werden.

Abstract

Theoretical Background. Patients with schizophrenic disorders are clearly undertreated with psychotherapy. Possible reasons can be found on patient, therapist and structural level. Many outpatient psychotherapists seem to have reservations about treating patients with schizophrenic disorders. To ensure equal access to care, it is necessary to examine whether this is currently the case and, if so, which barriers are involved. Method. A bavaria-wide quantitative survey of 610 psychotherapists and persons in training was conducted via an online survey. The questionnaire completed by participants included demographics, education, current and former occupational activities, treatment, and willingness to treat patients with schizophrenic disorders, as well as a Stereotype Questionnaire (Angermeyer & Matschinger, 2004). Also inquired were structural, experiential, competency, and personal therapy attitude-related barriers to psychotherapy for this clientele. Results. The results show that willingness to treat patients with schizophrenic disorders was significanty reduced by negative personal therapy-related attitudes of the therapists as well as low levels of experience and competence. Structural barriers were rated as severe but did not significantly influence willingness to treat them. Everyday stigmatizing attitudes were low, but significantly reduced treatment readiness. In contrast to depressive disorders, therapists' willingness to treat patients with schizophrenic disorders was found to be significantly lower. Implications. The results emphasize that therapists' training should be adapted to improve their experience, competence, and treatment-related attitudes and thus their willingness to treat patients with schizophrenic disorders. Stigmatizing attitudes and inhibitions in the psychotherapy of this clientele could be prevented by ore disorder-specific training and the possibility to treat this group of patients already during the training. A methodological underestimation of the structural barriers due to the low internal consistency of the questionnaire is possible. Since the structural barriers were attributed a high relevance in the everyday life of the therapists, they should be reduced in order to meet the specific needs of this clientele more easily.