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Untersuchungen zur Pathophysiologie der PRDM12-assoziierten angeborenen Schmerzunempfindlichkeit
Untersuchungen zur Pathophysiologie der PRDM12-assoziierten angeborenen Schmerzunempfindlichkeit
Das Schmerzempfinden ist unerlässlich für die Aufrechterhaltung der Integrität des Körpers. Während die molekularen Mechanismen, die die Differenzierung der verschiedenen Subtypen nozizeptiver Neurone steuern, zunehmend verstanden werden, sind die Faktoren, die bei der Initiierung der nozizeptiven Linie entscheidend sind, noch weitgehend unbekannt. Biallelische Varianten im humanen PRDM12-Gen verursachen eine seltene autosomal-rezessiv erbliche Erkrankung, bei der es zu einem angeborenen Fehlen des Schmerzempfindens kommt (congenital insensitivity to pain, CIP). Andere sensible Modalitäten (leichte Berührung, Vibration und Propriozeption), autonome Funktionen sowie Geruchs- und Hörsinn sind nicht eingeschränkt. Nervenbiopsien betroffener Patienten zeigen einen deutlichen Verlust von Aδ-Fasern, Hautbiopsien ein vollständiges Fehlen freier dermaler Nervenendigungen. Um zu klären, ob diese Veränderungen auf einen Defekt in der Entwicklung oder eine rasche Degeneration sensibler Neurone zurückzuführen sind, wurde in Kooperation mit der Arbeitsgruppe von Herrn Professor Roman Chrast (Karolinska Institutet, Stockholm, Schweden) ein Mausmodell etabliert, bei dem die Expression des Prdm12-Gens ausgeschaltet wurde. Spinalganglien PRDM12-defizienter Mausembryonen waren im Vergleich zu den Spinalganglien von Wildtyp-Embryonen deutlich kleiner und wiesen weniger Neurone auf. Die weitergehende Untersuchung des Mausmodells durch die Arbeitsgruppe von Herrn Professor Roman Chrast zeigte, dass die beobachtete Größenminderung und verminderte Zellzahl der Spinalganglien auf ein Ausbleiben der Entwicklung der nozizeptiven Linie zurückzuführen ist. Die Entwicklung von Neuronen für andere sensible Modalitäten war hingegen nicht beeinträchtigt. Einige Mitglieder der PRDM-Proteinfamilie, zu der auch PRDM12 gehört, sind Transkriptionsrepressoren und rekrutieren Co-Transkriptionsfaktoren, um chromatinregulierende Multiproteinkomplexe zu bilden. Unter Verwendung eines heterologen Promotors konnte gezeigt werden, dass PRDM12 ebenfalls dosisabhängig als Transkriptionsrepressor wirkt, wobei diese Funktion durch krankheitsassoziierte PRDM12-Varianten teilweise aufgehoben wird. Mit Hilfe von Immunpräzipitationsstudien konnte der Co-Transkriptionsfaktor CBFA2T2 als neuer potentieller Interaktionspartner von PRDM12 identifiziert werden. Passend zur angenommenen Interaktion überlappen die zeitlichen und räumlichen Expressionsmuster von Prdm12 und Cbfa2t2, und beide Proteine kolokalisieren in distinkten Strukturen im Zellkern. Darüber hinaus zeigen PRDM12 und CBFA2T2 einen synergistischen Effekt im Sinne einer verstärkten Repression eines heterologen Promotors. Die Ergebnisse dieser Arbeit weisen auf eine spezifische und essenzielle Funktion von PRDM12 für die Initiierung der gesamten nozizeptiven Linie hin. Mechanistisch scheint PRDM12 als Transkriptionsrepressor zu wirken, möglicherweise in einem Komplex mit dem hier identifizierten Bindungspartner CBFA2T2. In Anbetracht der entscheidenden Rolle von PRDM12 in der Entwicklung von Nozizeptoren ist davon auszugehen, dass die weitergehende Aufklärung der beteiligten molekularen Mechanismen wesentlich zu einem besseren Verständnis der Regulation der sensiblen Neurogenese beitragen wird., The sensation of pain is essential for maintaining the integrity of the body. While the molecular mechanisms that control the differentiation of the various subtypes of nociceptive neurons are increasingly understood, the factors that are critical in initiating the nociceptive lineage are still largely unknown. Biallelic variants in the human PRDM12 gene cause a rare autosomal recessive inherited disorder in which there is a congenital absence of pain sensation (congenital insensitivity to pain, CIP). Other sensory modalities (light touch, vibration and proprioception), autonomic functions, sense of smell and hearing are not impaired. Nerve and skin biopsies of affected patients show a marked loss of Aδ-fibres, skin biopsies a complete absence of free dermal nerve endings. To clarify whether these changes are due to a defect in the development or a rapid degeneration of sensory neurons, a mouse model was established in cooperation with the research group of Professor Roman Chrast (Karolinska Institutet, Stockholm, Sweden) in which the expression of the Prdm12 gene was switched off. Spinal ganglia of PRDM12-deficient mouse embryos were significantly smaller and had fewer neurons compared to the spinal ganglia of wild-type embryos. Further investigation of the mouse model by Professor Roman Chrast's research group showed that the observed reduction in size and decreased cell number of the spinal ganglia was due to a failure of the nociceptive lineage to develop. In contrast, the development of neurons for other sensory modalities was not affected. Some members of the PRDM protein family, which includes PRDM12, are transcriptional repressors and recruit co-transcription factors to form chromatin-regulating multiprotein complexes. Using a heterologous promoter, PRDM12 was also shown to act as a transcriptional repressor in a dose-dependent manner, while this function is partially abrogated by disease-associated PRDM12 variants. With the help of immunoprecipitation studies, the co-transcription factor CBFA2T2 could be identified as a new potential interaction partner of PRDM12. Consistent with the hypothesised interaction, the temporal and spatial expression patterns of Prdm12 and Cbfa2t2 overlap, and both proteins colocalise in distinct structures in the nucleus. Furthermore, PRDM12 and CBFA2T2 show a synergistic effect in terms of enhanced repression of a heterologous promoter. The results of this work indicate a specific and essential function of PRDM12 for the initiation of the entire nociceptive lineage. Mechanistically, PRDM12 appears to act as a transcriptional repressor, possibly in complex with the binding partner CBFA2T2 identified here. Considering the crucial role of PRDM12 in the development of nociceptors, it can be expected that further elucidation of the molecular mechanisms involved will contribute significantly to a better understanding of the regulation of sensory neurogenesis.
Not available
Harrer, Philip Wolfgang
2023
Deutsch
Universitätsbibliothek der Ludwig-Maximilians-Universität München
Harrer, Philip Wolfgang (2023): Untersuchungen zur Pathophysiologie der PRDM12-assoziierten angeborenen Schmerzunempfindlichkeit. Dissertation, LMU München: Medizinische Fakultät
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Abstract

Das Schmerzempfinden ist unerlässlich für die Aufrechterhaltung der Integrität des Körpers. Während die molekularen Mechanismen, die die Differenzierung der verschiedenen Subtypen nozizeptiver Neurone steuern, zunehmend verstanden werden, sind die Faktoren, die bei der Initiierung der nozizeptiven Linie entscheidend sind, noch weitgehend unbekannt. Biallelische Varianten im humanen PRDM12-Gen verursachen eine seltene autosomal-rezessiv erbliche Erkrankung, bei der es zu einem angeborenen Fehlen des Schmerzempfindens kommt (congenital insensitivity to pain, CIP). Andere sensible Modalitäten (leichte Berührung, Vibration und Propriozeption), autonome Funktionen sowie Geruchs- und Hörsinn sind nicht eingeschränkt. Nervenbiopsien betroffener Patienten zeigen einen deutlichen Verlust von Aδ-Fasern, Hautbiopsien ein vollständiges Fehlen freier dermaler Nervenendigungen. Um zu klären, ob diese Veränderungen auf einen Defekt in der Entwicklung oder eine rasche Degeneration sensibler Neurone zurückzuführen sind, wurde in Kooperation mit der Arbeitsgruppe von Herrn Professor Roman Chrast (Karolinska Institutet, Stockholm, Schweden) ein Mausmodell etabliert, bei dem die Expression des Prdm12-Gens ausgeschaltet wurde. Spinalganglien PRDM12-defizienter Mausembryonen waren im Vergleich zu den Spinalganglien von Wildtyp-Embryonen deutlich kleiner und wiesen weniger Neurone auf. Die weitergehende Untersuchung des Mausmodells durch die Arbeitsgruppe von Herrn Professor Roman Chrast zeigte, dass die beobachtete Größenminderung und verminderte Zellzahl der Spinalganglien auf ein Ausbleiben der Entwicklung der nozizeptiven Linie zurückzuführen ist. Die Entwicklung von Neuronen für andere sensible Modalitäten war hingegen nicht beeinträchtigt. Einige Mitglieder der PRDM-Proteinfamilie, zu der auch PRDM12 gehört, sind Transkriptionsrepressoren und rekrutieren Co-Transkriptionsfaktoren, um chromatinregulierende Multiproteinkomplexe zu bilden. Unter Verwendung eines heterologen Promotors konnte gezeigt werden, dass PRDM12 ebenfalls dosisabhängig als Transkriptionsrepressor wirkt, wobei diese Funktion durch krankheitsassoziierte PRDM12-Varianten teilweise aufgehoben wird. Mit Hilfe von Immunpräzipitationsstudien konnte der Co-Transkriptionsfaktor CBFA2T2 als neuer potentieller Interaktionspartner von PRDM12 identifiziert werden. Passend zur angenommenen Interaktion überlappen die zeitlichen und räumlichen Expressionsmuster von Prdm12 und Cbfa2t2, und beide Proteine kolokalisieren in distinkten Strukturen im Zellkern. Darüber hinaus zeigen PRDM12 und CBFA2T2 einen synergistischen Effekt im Sinne einer verstärkten Repression eines heterologen Promotors. Die Ergebnisse dieser Arbeit weisen auf eine spezifische und essenzielle Funktion von PRDM12 für die Initiierung der gesamten nozizeptiven Linie hin. Mechanistisch scheint PRDM12 als Transkriptionsrepressor zu wirken, möglicherweise in einem Komplex mit dem hier identifizierten Bindungspartner CBFA2T2. In Anbetracht der entscheidenden Rolle von PRDM12 in der Entwicklung von Nozizeptoren ist davon auszugehen, dass die weitergehende Aufklärung der beteiligten molekularen Mechanismen wesentlich zu einem besseren Verständnis der Regulation der sensiblen Neurogenese beitragen wird.

Abstract

The sensation of pain is essential for maintaining the integrity of the body. While the molecular mechanisms that control the differentiation of the various subtypes of nociceptive neurons are increasingly understood, the factors that are critical in initiating the nociceptive lineage are still largely unknown. Biallelic variants in the human PRDM12 gene cause a rare autosomal recessive inherited disorder in which there is a congenital absence of pain sensation (congenital insensitivity to pain, CIP). Other sensory modalities (light touch, vibration and proprioception), autonomic functions, sense of smell and hearing are not impaired. Nerve and skin biopsies of affected patients show a marked loss of Aδ-fibres, skin biopsies a complete absence of free dermal nerve endings. To clarify whether these changes are due to a defect in the development or a rapid degeneration of sensory neurons, a mouse model was established in cooperation with the research group of Professor Roman Chrast (Karolinska Institutet, Stockholm, Sweden) in which the expression of the Prdm12 gene was switched off. Spinal ganglia of PRDM12-deficient mouse embryos were significantly smaller and had fewer neurons compared to the spinal ganglia of wild-type embryos. Further investigation of the mouse model by Professor Roman Chrast's research group showed that the observed reduction in size and decreased cell number of the spinal ganglia was due to a failure of the nociceptive lineage to develop. In contrast, the development of neurons for other sensory modalities was not affected. Some members of the PRDM protein family, which includes PRDM12, are transcriptional repressors and recruit co-transcription factors to form chromatin-regulating multiprotein complexes. Using a heterologous promoter, PRDM12 was also shown to act as a transcriptional repressor in a dose-dependent manner, while this function is partially abrogated by disease-associated PRDM12 variants. With the help of immunoprecipitation studies, the co-transcription factor CBFA2T2 could be identified as a new potential interaction partner of PRDM12. Consistent with the hypothesised interaction, the temporal and spatial expression patterns of Prdm12 and Cbfa2t2 overlap, and both proteins colocalise in distinct structures in the nucleus. Furthermore, PRDM12 and CBFA2T2 show a synergistic effect in terms of enhanced repression of a heterologous promoter. The results of this work indicate a specific and essential function of PRDM12 for the initiation of the entire nociceptive lineage. Mechanistically, PRDM12 appears to act as a transcriptional repressor, possibly in complex with the binding partner CBFA2T2 identified here. Considering the crucial role of PRDM12 in the development of nociceptors, it can be expected that further elucidation of the molecular mechanisms involved will contribute significantly to a better understanding of the regulation of sensory neurogenesis.