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Vergleich von roboter-assistiertem Gangtraining gegenüber konventioneller Physiotherapie bezüglich Gangstörungen bei Multipler Sklerose
Vergleich von roboter-assistiertem Gangtraining gegenüber konventioneller Physiotherapie bezüglich Gangstörungen bei Multipler Sklerose
Hintergrund Die Multiple Sklerose (MS) ist die häufigste Autoimmunerkrankung des Zentralnervensystems, welche durch demyelinisierende Läsionen zum Funktionsverlust unterschiedlichster Ausprägung führt. Hierunter zählen Gangstörungen als besonders einschneidendes Defizit, da sie die vor allem jungen Betroffenen (< 40 Jahre) im privaten und sozialen Gefüge (Lebensqualität)- durch zunehmende Pflege- und Hilfsmittelbedürftigkeit- deutlich einschränken. Roboter-assistiertes Gangtraining (RAGT) ist ein exoskelettbetriebenes Laufbandtraining, welches in vorausgegangenen Studien einen positiven Effekt bezüglich Gangstörungen vermuten lässt. Im Rahmen dieser Studie soll der Nutzen von roboter-assistiertem Gangtraining bei MS-Patienten dargestellt und anhand einer physiotherapeutischen Kontrollgruppe in der Effektivität überprüft werden. Ziel Das Ziel der Studie war die Messung von Trainingseffekten durch RAGT bei MS-Patienten über einen Zeitraum von 2 Monaten im Hinblick auf die primären Outcome Kriterien: Mobilität durch den Timed-up-and-go (TUG), Gehgeschwindigkeit durch den 8m- und 10m-Gehtest, die Lebensqualität durch die Fragebögen Multiple Sclerosis Impact Scale (MSIS-29), Fatigue Severity Scale (FSS) und dem Modified Fatigue Impact Scale (MFIS) sowie der Effektvergleich mit einer physiotherapeutischen Kontrollgruppe. Methode In dieser einfach kontrollierten, prospektiven Pilotstudie wurden 20 MS-Probanden mit einem Expanded Disability Status Scale (EDSS) zwischen 5,5-7,5 mit Hilfe eines Zufallsprogrammes randomisiert und einer physiotherapeutischen (n= 10) oder roboter-assistierte (n=10) Interventionsgruppe zugeteilt. Anschließend erfolgten über 8 Wochen bis zu 2 Therapieeinheiten pro Woche. Anhand verschiedener Assessments wurden die Trainingseffekte vor (T0) und nach (T1) den max. 16 Interventionen erfasst und nach 3 (T2), bzw. 6 Monaten (T3) postinterventionell kontrolliert. Ergebnisse In der Auswertung der 18 Datensätze, welche die T3-Phase erreicht und beendet hatten, zeigte sich in den Ergebnissen der primären Outcome Kriterien kein signifikanter Unterschied zwischen beiden Gruppen zum Zeitpunkt T1 (Vergleich T0-T1: TUG: p= 0,49, 8mGT: p= 0,20 und 10mGT: p=0,28; FSS p=0,4; MFIS p= 0,4; MSIS p=0,9). In der Aufschlüsselung der gruppeninternen Ergebnisse zeigten sich nach 8 Wochen roboter-assistierte Gangtraining (T1) Verbesserungen mit teils signifikanten Ergebnisse gemessen am Baselinewert T0 (Vergleich T0-T1: TUG p=0,07, 10m Gehtest p= 0,04, 8m Gehtest p= 0,07). Im Gegensatz dazu fielen die Ergebnisse bei der Physiotherapiegruppe weniger deutlich aus (Vergleich T0-T1: TUG p=0,27, 10m Gehtest p= 0,31, 8m Gehtest p= 0,06). Der gruppeninterne Langzeiteffekt war innerhalb der RAGT-Gruppe ausgeprägter (T0-T2-Vergleich: TUG p=0,02, 10m Gehtest p= 0,02, 8m Gehtest p= 0,09 und T0-T3-Vergleich: TUG p=0,01, 10m Gehtest p= 0,37, 8m Gehtest p=0,44) als in der Physiotherapiegruppe (Vergleich T0-T2: TUG p=0,4, 10m Gehtest p= 0,74, 8m Gehtest p=0,35 und Vergleich T0-T3: TUG p=0,92, 10m Gehtest p= 0,24, 8m Gehtest p=0,74). Die Physiotherapiegruppe zeigte hingegen im psychischen Abschnitt des MSIS-29- Fragekatalogs eine Verbesserung der Ergebnisse mit anhaltender Wirkung (T0-T1: p=0,018; T0-T2: p=0,034) im Vergleich zur RAGT-Gruppe (T0-T1: p=0,58; T0-T1: p=0,95). Diskussion Die Werte weisen insgesamt auf einen positiven Effekt durch ein 2-monatiges roboter-assistiertes Gangtraining hin. Innerhalb der RAGT-Gruppe zeigte sich bei nahezu jedem Teilnehmer eine deutliche Optimierung der Gangparameter, woraus eine Verbesserung der Gangstörung zu schlussfolgern ist. Im Gruppenvergleich wurde die Effektgröße durch eine ebenfalls starke Leistungsverbesserung innerhalb der physiotherapeutischen Kontrollgruppe maskiert. Es ist daher anzunehmen, dass MS-Patienten durch beide Trainingsmethoden einen positiven Nutzen bezüglich der Gangstörungen haben. Aus den Ergebnissen des MSIS- 29 lässt sich zudem vermuten, dass die Physiotherapie eine etwas bessere Wirkung auf das psychische Erleben der Patienten durch die Therapie haben könnte. Weitere Studien mit größeren Probandenzahlen und längerer Studiendauer sind zukünftig erforderlich.
MS, RAGT, robot-assisted Gait Training, Lokomat
Weiherich, Sai Masao
2023
Deutsch
Universitätsbibliothek der Ludwig-Maximilians-Universität München
Weiherich, Sai Masao (2023): Vergleich von roboter-assistiertem Gangtraining gegenüber konventioneller Physiotherapie bezüglich Gangstörungen bei Multipler Sklerose. Dissertation, LMU München: Medizinische Fakultät
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Abstract

Hintergrund Die Multiple Sklerose (MS) ist die häufigste Autoimmunerkrankung des Zentralnervensystems, welche durch demyelinisierende Läsionen zum Funktionsverlust unterschiedlichster Ausprägung führt. Hierunter zählen Gangstörungen als besonders einschneidendes Defizit, da sie die vor allem jungen Betroffenen (< 40 Jahre) im privaten und sozialen Gefüge (Lebensqualität)- durch zunehmende Pflege- und Hilfsmittelbedürftigkeit- deutlich einschränken. Roboter-assistiertes Gangtraining (RAGT) ist ein exoskelettbetriebenes Laufbandtraining, welches in vorausgegangenen Studien einen positiven Effekt bezüglich Gangstörungen vermuten lässt. Im Rahmen dieser Studie soll der Nutzen von roboter-assistiertem Gangtraining bei MS-Patienten dargestellt und anhand einer physiotherapeutischen Kontrollgruppe in der Effektivität überprüft werden. Ziel Das Ziel der Studie war die Messung von Trainingseffekten durch RAGT bei MS-Patienten über einen Zeitraum von 2 Monaten im Hinblick auf die primären Outcome Kriterien: Mobilität durch den Timed-up-and-go (TUG), Gehgeschwindigkeit durch den 8m- und 10m-Gehtest, die Lebensqualität durch die Fragebögen Multiple Sclerosis Impact Scale (MSIS-29), Fatigue Severity Scale (FSS) und dem Modified Fatigue Impact Scale (MFIS) sowie der Effektvergleich mit einer physiotherapeutischen Kontrollgruppe. Methode In dieser einfach kontrollierten, prospektiven Pilotstudie wurden 20 MS-Probanden mit einem Expanded Disability Status Scale (EDSS) zwischen 5,5-7,5 mit Hilfe eines Zufallsprogrammes randomisiert und einer physiotherapeutischen (n= 10) oder roboter-assistierte (n=10) Interventionsgruppe zugeteilt. Anschließend erfolgten über 8 Wochen bis zu 2 Therapieeinheiten pro Woche. Anhand verschiedener Assessments wurden die Trainingseffekte vor (T0) und nach (T1) den max. 16 Interventionen erfasst und nach 3 (T2), bzw. 6 Monaten (T3) postinterventionell kontrolliert. Ergebnisse In der Auswertung der 18 Datensätze, welche die T3-Phase erreicht und beendet hatten, zeigte sich in den Ergebnissen der primären Outcome Kriterien kein signifikanter Unterschied zwischen beiden Gruppen zum Zeitpunkt T1 (Vergleich T0-T1: TUG: p= 0,49, 8mGT: p= 0,20 und 10mGT: p=0,28; FSS p=0,4; MFIS p= 0,4; MSIS p=0,9). In der Aufschlüsselung der gruppeninternen Ergebnisse zeigten sich nach 8 Wochen roboter-assistierte Gangtraining (T1) Verbesserungen mit teils signifikanten Ergebnisse gemessen am Baselinewert T0 (Vergleich T0-T1: TUG p=0,07, 10m Gehtest p= 0,04, 8m Gehtest p= 0,07). Im Gegensatz dazu fielen die Ergebnisse bei der Physiotherapiegruppe weniger deutlich aus (Vergleich T0-T1: TUG p=0,27, 10m Gehtest p= 0,31, 8m Gehtest p= 0,06). Der gruppeninterne Langzeiteffekt war innerhalb der RAGT-Gruppe ausgeprägter (T0-T2-Vergleich: TUG p=0,02, 10m Gehtest p= 0,02, 8m Gehtest p= 0,09 und T0-T3-Vergleich: TUG p=0,01, 10m Gehtest p= 0,37, 8m Gehtest p=0,44) als in der Physiotherapiegruppe (Vergleich T0-T2: TUG p=0,4, 10m Gehtest p= 0,74, 8m Gehtest p=0,35 und Vergleich T0-T3: TUG p=0,92, 10m Gehtest p= 0,24, 8m Gehtest p=0,74). Die Physiotherapiegruppe zeigte hingegen im psychischen Abschnitt des MSIS-29- Fragekatalogs eine Verbesserung der Ergebnisse mit anhaltender Wirkung (T0-T1: p=0,018; T0-T2: p=0,034) im Vergleich zur RAGT-Gruppe (T0-T1: p=0,58; T0-T1: p=0,95). Diskussion Die Werte weisen insgesamt auf einen positiven Effekt durch ein 2-monatiges roboter-assistiertes Gangtraining hin. Innerhalb der RAGT-Gruppe zeigte sich bei nahezu jedem Teilnehmer eine deutliche Optimierung der Gangparameter, woraus eine Verbesserung der Gangstörung zu schlussfolgern ist. Im Gruppenvergleich wurde die Effektgröße durch eine ebenfalls starke Leistungsverbesserung innerhalb der physiotherapeutischen Kontrollgruppe maskiert. Es ist daher anzunehmen, dass MS-Patienten durch beide Trainingsmethoden einen positiven Nutzen bezüglich der Gangstörungen haben. Aus den Ergebnissen des MSIS- 29 lässt sich zudem vermuten, dass die Physiotherapie eine etwas bessere Wirkung auf das psychische Erleben der Patienten durch die Therapie haben könnte. Weitere Studien mit größeren Probandenzahlen und längerer Studiendauer sind zukünftig erforderlich.