Logo Logo
Hilfe
Kontakt
Switch language to English
Vergleich des Erfolgs von unterschiedlichen Methoden des Feedbacks der elektrophysiologischen Aktivität bei gesunden Probanden
Vergleich des Erfolgs von unterschiedlichen Methoden des Feedbacks der elektrophysiologischen Aktivität bei gesunden Probanden
Depressive Störungen sind die häufigste psychiatrische Erkrankung weltweit und gemessen an den „Years lived with disability“ (YLD) sind Depressionen die bedeutendste Krankheitsursache. Trotz des persönlichen Krankheitsleids, sowie der hohen durch Depressionen verursachten volkswirtschaftlichen Kosten mangelt es nach wie vor an neuartigen Behandlungskonzepten, um die Therapiestandards kontinuierlich zu verbessern. Besonders gegenüber den etablierten Therapiekonzepten (pharmakologisch, psychotherapeutisch) resistente depressive Patienten leiden unter einem Mangel an wirksamen alternativen Therapien. Eine vielversprechende Therapieform stellt EEG- Neurofeedback dar. Unter EEG-Neurofeedback versteht man Übungen, bei denen den Probanden deren elektrophysiologische Hirnaktivität in Echtzeit durch Visualisierung auf einem Bildschirm oder auch in anderer Form rückgemeldet wird. Hierdurch kann man die Möglichkeit schaffen, dass Probanden ihre eigene Hirnaktivität gezielt modulieren können und diese Modulation auch langfristig besteht. Da man in Studien spezielle Veränderungsmuster der Hirnaktivität von depressiven Patienten zeigen konnte, versucht man durch NFB-Training solche möglicherweise pathologischen Gehirnaktivitäten positiv zu beeinflussen. In der vorliegenden klinischen Studie durchliefen 12 gesunde Probanden ein NFB-Training mit insgesamt 15 Sitzungen NFB (1/Woche). Während des etwa 45-minütigen Trainings durchliefen die Probanden vier NFB-Simulationen, von denen sich die vorliegende Arbeit mit zwei dieser Simulationen und deren Einfluss auf die Probanden beschäftigt. Es wurde untersucht, ob sich durch NFB die Gehirnaktivität willentlich beeinflussen lässt und ob es hinsichtlich eines möglichen Effekts auf die Gehirnaktivität einen Unterschied zwischen den beiden Simulationen gibt. Die beiden Simulationen unterschieden sich im Aufbau (zweidimensional vs. dreidimensional), sowie in der Konzeption (kognitive vs. affektive Komponenten im Feedback). Beim Paradigma „Angst“ handelte es sich um eine dreidimensionale Simulation eines Waldes und einer Wiese mit Bachlauf. Durch diese Landschaft bewegten sich die Probanden scheinbar in Ich-Perspektive auf einem Spaziergang. Das Paradigma „Angst“ zielte durch seine visuelle Beschaffenheit und dem Wechsel zwischen Dunkelheit/Regen (negatives Feedback) und Helligkeit/Sonne (positives Feedback) mehr auf eine affektive Reaktion der Probanden ab. Dagegen wurde während des Paradigmas „Grübeln“ durch die visuelle Darstellung von negativen „Grübelgedanken“ gezielt versucht bei negativem Feedback eine kognitive Reaktion der Probanden hervorzurufen. Diese „Grübelgedanken“ stiegen bei Nichterfüllen der Zielparameter über einem erloschenen zweidimensionalen Lagerfeuer auf. Bei positivem Feedback verschwanden diese „negativen Gedankenblasen“ und die Intensität des Lagerfeuers nahm zu. Ebenso wurde untersucht, ob 15 NFB-Sitzungen einen Effekt auf das Befinden der Patienten zeigen und ob es Korrelationen zwischen EEG-Parametern und Fragebogenwerten zur Befindlichkeit gibt. Bezüglich der gezielten und willentlichen Modulation von EEG-Parametern durch 15 NFB-Trainings zeigten sich für beide NFB-Simulationen keine signifikanten Veränderungen. Lediglich die Mittelwerte der High Beta Amplitude an Position FC3 veränderten sich entsprechend einem statistischen Trend durch das NFB-Training mit der Simulation „Grübeln“ in die angestrebte Richtung. Im Vergleich der beiden unterschiedlichen NFB-Paradigmen ließen sich für zwei EEG-Parameter (Zielvariable 2, Alpha parietal) signifikante Haupteffekte des Paradigmas auf die Mittelwerte der EEG-Amplituden feststellen. Das Paradigma „Grübeln“ führte zu einer deutlich höheren Amplitude der Zielvariable 2, sowie der Amplitude von Alpha parietal (Pz) in allen drei untersuchten NFB-Sitzungen. Da eine Erhöhung der Zielvariable 2 angestrebt wurde, scheint das Paradigma „Grübeln“ besser für dieses NFB-Protokoll geeignet zu sein. Bezüglich des Befindens der Probanden zeigte sich sowohl für das Trier Inventar zum Chronischen Stress (Arbeitsüberlastung; Soziale Überlastung), als auch für den State-Trait-Ärgerausdrucksinventar (Trait Ärger) eine signifikante Abnahme der Werte zwischen T0 und T1 (nach 15 Sitzungen NFB-Training). Die Korrelationsanalyse wies signifikante inverse Korrelationen zwischen den Werten des TICS sowie BDI-2 und der elektrophysiologischen Aktivität im Frequenzbereich Alpha an Position Pz während des Paradigmas „Grübeln“ auf. Ebenso zeigte sich eine signifikant positive Korrelation zwischen der Amplitude der Zielvariable 1 und den Werten des STAXI – Trait Ärger während des Paradigmas „Angst“. In der vorliegenden Studie ließ sich feststellen, dass eine gezielte Modulation der Gehirnaktivität bei gesunden Probanden durch das verwendete NFB- Protokoll nur eingeschränkt möglich war. Es konnte jedoch gezeigt werden, dass unterschiedliche Formen des NFB-Feedbacks unterschiedliche Effekte auf die elektrophysiologische Hirnaktivität haben. Ebenso ergaben sich Veränderungen im Befinden der Probanden nach 15 Sitzungen NFB. Zwar zeigten sich signifikante Korrelationen zwischen EEG-Parametern und Fragebögen zur Befindlichkeit, allerdings sind diese Ergebnisse kritisch zu betrachten, da dies nicht die primäre Fragestellung dieser Studie war und unspezifische Effekte nicht auszuschließen sind. Weitere Studien sind nötig, um besonders den Einfluss unspezifischer Effekte beim NFB zu untersuchen. Ebenso wären größere Stichproben, sowie doppelt verblindete Studiendesigns mit erkrankten Patienten nötig, um die Anwendbarkeit und den Nutzen von NFB-Trainings als zusätzliche Therapieform bei Depressionen zu etablieren.
Neurofeedback, EEG, Neurophysiologie, Biofeedback, Depressionen
Schöpf, Felix Ferdinand
2023
Deutsch
Universitätsbibliothek der Ludwig-Maximilians-Universität München
Schöpf, Felix Ferdinand (2023): Vergleich des Erfolgs von unterschiedlichen Methoden des Feedbacks der elektrophysiologischen Aktivität bei gesunden Probanden. Dissertation, LMU München: Medizinische Fakultät
[thumbnail of Schoepf_Felix_Ferdinand.pdf]
Vorschau
PDF
Schoepf_Felix_Ferdinand.pdf

5MB

Abstract

Depressive Störungen sind die häufigste psychiatrische Erkrankung weltweit und gemessen an den „Years lived with disability“ (YLD) sind Depressionen die bedeutendste Krankheitsursache. Trotz des persönlichen Krankheitsleids, sowie der hohen durch Depressionen verursachten volkswirtschaftlichen Kosten mangelt es nach wie vor an neuartigen Behandlungskonzepten, um die Therapiestandards kontinuierlich zu verbessern. Besonders gegenüber den etablierten Therapiekonzepten (pharmakologisch, psychotherapeutisch) resistente depressive Patienten leiden unter einem Mangel an wirksamen alternativen Therapien. Eine vielversprechende Therapieform stellt EEG- Neurofeedback dar. Unter EEG-Neurofeedback versteht man Übungen, bei denen den Probanden deren elektrophysiologische Hirnaktivität in Echtzeit durch Visualisierung auf einem Bildschirm oder auch in anderer Form rückgemeldet wird. Hierdurch kann man die Möglichkeit schaffen, dass Probanden ihre eigene Hirnaktivität gezielt modulieren können und diese Modulation auch langfristig besteht. Da man in Studien spezielle Veränderungsmuster der Hirnaktivität von depressiven Patienten zeigen konnte, versucht man durch NFB-Training solche möglicherweise pathologischen Gehirnaktivitäten positiv zu beeinflussen. In der vorliegenden klinischen Studie durchliefen 12 gesunde Probanden ein NFB-Training mit insgesamt 15 Sitzungen NFB (1/Woche). Während des etwa 45-minütigen Trainings durchliefen die Probanden vier NFB-Simulationen, von denen sich die vorliegende Arbeit mit zwei dieser Simulationen und deren Einfluss auf die Probanden beschäftigt. Es wurde untersucht, ob sich durch NFB die Gehirnaktivität willentlich beeinflussen lässt und ob es hinsichtlich eines möglichen Effekts auf die Gehirnaktivität einen Unterschied zwischen den beiden Simulationen gibt. Die beiden Simulationen unterschieden sich im Aufbau (zweidimensional vs. dreidimensional), sowie in der Konzeption (kognitive vs. affektive Komponenten im Feedback). Beim Paradigma „Angst“ handelte es sich um eine dreidimensionale Simulation eines Waldes und einer Wiese mit Bachlauf. Durch diese Landschaft bewegten sich die Probanden scheinbar in Ich-Perspektive auf einem Spaziergang. Das Paradigma „Angst“ zielte durch seine visuelle Beschaffenheit und dem Wechsel zwischen Dunkelheit/Regen (negatives Feedback) und Helligkeit/Sonne (positives Feedback) mehr auf eine affektive Reaktion der Probanden ab. Dagegen wurde während des Paradigmas „Grübeln“ durch die visuelle Darstellung von negativen „Grübelgedanken“ gezielt versucht bei negativem Feedback eine kognitive Reaktion der Probanden hervorzurufen. Diese „Grübelgedanken“ stiegen bei Nichterfüllen der Zielparameter über einem erloschenen zweidimensionalen Lagerfeuer auf. Bei positivem Feedback verschwanden diese „negativen Gedankenblasen“ und die Intensität des Lagerfeuers nahm zu. Ebenso wurde untersucht, ob 15 NFB-Sitzungen einen Effekt auf das Befinden der Patienten zeigen und ob es Korrelationen zwischen EEG-Parametern und Fragebogenwerten zur Befindlichkeit gibt. Bezüglich der gezielten und willentlichen Modulation von EEG-Parametern durch 15 NFB-Trainings zeigten sich für beide NFB-Simulationen keine signifikanten Veränderungen. Lediglich die Mittelwerte der High Beta Amplitude an Position FC3 veränderten sich entsprechend einem statistischen Trend durch das NFB-Training mit der Simulation „Grübeln“ in die angestrebte Richtung. Im Vergleich der beiden unterschiedlichen NFB-Paradigmen ließen sich für zwei EEG-Parameter (Zielvariable 2, Alpha parietal) signifikante Haupteffekte des Paradigmas auf die Mittelwerte der EEG-Amplituden feststellen. Das Paradigma „Grübeln“ führte zu einer deutlich höheren Amplitude der Zielvariable 2, sowie der Amplitude von Alpha parietal (Pz) in allen drei untersuchten NFB-Sitzungen. Da eine Erhöhung der Zielvariable 2 angestrebt wurde, scheint das Paradigma „Grübeln“ besser für dieses NFB-Protokoll geeignet zu sein. Bezüglich des Befindens der Probanden zeigte sich sowohl für das Trier Inventar zum Chronischen Stress (Arbeitsüberlastung; Soziale Überlastung), als auch für den State-Trait-Ärgerausdrucksinventar (Trait Ärger) eine signifikante Abnahme der Werte zwischen T0 und T1 (nach 15 Sitzungen NFB-Training). Die Korrelationsanalyse wies signifikante inverse Korrelationen zwischen den Werten des TICS sowie BDI-2 und der elektrophysiologischen Aktivität im Frequenzbereich Alpha an Position Pz während des Paradigmas „Grübeln“ auf. Ebenso zeigte sich eine signifikant positive Korrelation zwischen der Amplitude der Zielvariable 1 und den Werten des STAXI – Trait Ärger während des Paradigmas „Angst“. In der vorliegenden Studie ließ sich feststellen, dass eine gezielte Modulation der Gehirnaktivität bei gesunden Probanden durch das verwendete NFB- Protokoll nur eingeschränkt möglich war. Es konnte jedoch gezeigt werden, dass unterschiedliche Formen des NFB-Feedbacks unterschiedliche Effekte auf die elektrophysiologische Hirnaktivität haben. Ebenso ergaben sich Veränderungen im Befinden der Probanden nach 15 Sitzungen NFB. Zwar zeigten sich signifikante Korrelationen zwischen EEG-Parametern und Fragebögen zur Befindlichkeit, allerdings sind diese Ergebnisse kritisch zu betrachten, da dies nicht die primäre Fragestellung dieser Studie war und unspezifische Effekte nicht auszuschließen sind. Weitere Studien sind nötig, um besonders den Einfluss unspezifischer Effekte beim NFB zu untersuchen. Ebenso wären größere Stichproben, sowie doppelt verblindete Studiendesigns mit erkrankten Patienten nötig, um die Anwendbarkeit und den Nutzen von NFB-Trainings als zusätzliche Therapieform bei Depressionen zu etablieren.