Zier, Oliver Benedikt (2023): Taming rotationally supported disks using state of the art numerical methods. Dissertation, LMU München: Fakultät für Physik |
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Abstract
Während des gravitativen Kollapses eines Objekts bleibt der Drehimpuls erhalten. Im Fall eines endlichen Drehimpulses im System kann sich eine rotierende Scheibe bilden, die durch die Rotation stabilisiert wird. Aufgrund der Einfachheit dieses Mechanismus sind Scheiben allgegenwärtig in der Astrophysik, beispielsweise als protoplanetare Scheiben, Akkretionsscheiben um Schwarze Löcher oder Spiralgalaxien. Insbesondere kalte Gasscheiben sind allerdings schwierig numerisch zu simulieren, da die Rotationsgeschwindigkeit deutlich über der Schallgeschwindigkeit liegt und bereits geringe Ungenauigkeiten in der verwendeten numerischen Methode zu einem unphysikalischem Wachstum von Fluidinstabilitäten führen können. Dies ist besonders dann problematisch, wenn man echte, physikalische Instabilitäten in diesen Systemen analysieren möchte. Eine Methode, die im Prinzip besonders geeignet für die Analyse von Scheibensystemen sein sollte, ist die Berechnung der magnetohydrodynamischen Gleichungen auf einem mitbewegten Gitter, wie sie in dem kosmologischen Code AREPO realisiert ist. Hierdurch kann die Überschallströmung des Gases aufgrund der Rotationsgeschwindigkeit in die Bewegung des Gitters aufgenommen und dadurch eliminiert werden. Die Bewegung und permanente Verzerrung der Gitterzellen aufgrund differentieller Rotation führt jedoch in der ursprünglichen Version von AREPO zu numerischem Rauschen, was die Nützlichkeit des Codes für kalte Scheiben deutlich reduziert hat. Das Ziel dieser Arbeit war es zunächst, die Ursache des Rauschens zu ermitteln und zu beheben. Anschließend sollte evaluiert werden, wie gut die verbesserte Methode kalte Scheiben beschreiben kann, insbesondere in Situationen, in denen Turbulenz durch Magnetfelder oder durch die Wechselwirkung von Strahlungskühlung und Gravitation erzeugt wird. Im Rahmen dieser Arbeit habe ich zuerst die sogenannte "Shearing-Box" Näherung in AREPO entwickelt, die es ermöglicht, einen kleinen Teil einer rotierenden Scheibe mit sehr hoher Auflösung zu simulieren. Im Gegensatz zu Implementierungen in anderen Codes bietet meine Lösung eine adaptive Gitterauflösung sowie vollständige Translationinvarianz. Daneben konnte ich durch eine präzisere numerische Integration der Flussfunktion über die Grenzflächen aneinanderstoßender Zellen das Rauschen auf Zellebene beheben und damit die Genauigkeit des Codes für Scherströmungen stark erhöhen. Auf Basis dieser Verbesserungen habe ich anschließend die magnetische Rotationsinstabilität (MRI) in der Shearing-Box und die dabei auftretenden magnetischen Dynamo-Effekte analysiert. Sowohl im linearen als auch im nichtlinearen Bereich habe ich gute Übereinstimmung mit früheren Ergebnissen in der Literatur gefunden, die mit statischen Gittercodes erzielt wurden. In einer weiteren Studie habe ich eine Codeerweiterung entwickelt, welche die Gravitationskräfte zwischen Massenelementen innerhalb der Simulationsregion unter Einbeziehung der speziellen Randbedingungen der Shearing-Box und ohne Auflösungsbeschränkungen berechnen kann. Mit Hilfe des sogenannten beta-Kühlens konnte ich zeigen, dass bei schwachem Strahlungskühlen unter Eigengravitation und Scherung ein gravitoturbulenter Zustand entsteht, während sich bei effizienterem Kühlen Fragmente aus kollabierenden Gaswolken herausbilden können. Schließlich habe ich die sogenannte Rossby-Wellen-Instabilität in globalen, zweidimensionalen Scheibensimulationen analysiert. Hierbei konnte ich sowohl im linearen als auch im nichtlinearen Bereich gute Übereinstimmung mit der Literatur erzielen. Die Entwicklung der Shearing-Box-Näherung und die Beseitigung des Rauschens auf Gitterebene in dem Verfahren mit einem bewegten Gitter ermöglicht vielfältige Forschungsanwendungen in der Zukunft. Einerseits kann die Wechselwirkung verschiedener Instabilitäten in Scheiben mit Hilfe der Shearing-Box präzise analysiert werden, andererseits sind nun auch globale Simulationen von ganzen Scheiben mit der Methode des bewegten Gitters möglich. Dieses Verfahren ermöglicht wesentlich größere Zeitschritte und geringere Advektionsfehler als herkömmliche Methoden mit stationären Gittern. Auch können Teile einer galaktischen Scheibe mit meiner Shearing-Box Methode in einem "Zoom" Modus simuliert werden, wobei insbesondere die geometrisch flexible, adaptive Auflösung der Methode von Vorteil ist.
Abstract
During the gravitational collapse of an object, the angular momentum is conserved. In the case of a finite angular momentum in the system, a rotating disk can form, stabilized by the rotation. Due to the simplicity of this mechanism, disks are ubiquitous in astrophysics, with prominent examples being protoplanetary disks, accretion disks around black holes, or spiral galaxies. However, cold gas disks in particular are difficult to be simulated numerically because the rotational velocity is much larger than the speed of sound and even small inaccuracies in the used numerical method can lead to the unphysical growth of fluid instabilities. This is particularly problematic when one tries to analyze real, physical instabilities in these systems. A method that in principle should be particularly suitable for the analysis of disk systems is the solution of the magnetohydrodynamic equations on a moving mesh, as realized in the cosmological code AREPO. This allows the supersonic flow of the gas due to the rotational velocity to be included in the mesh motion and thereby to be eliminated. However, the motion and constant distortion of the grid cells due to differential rotation introduce numerical noise in the original version of AREPO, which has significantly reduced the usefulness of the code for cold disks. The goal of this work was first to identify and remove the origin of this "grid noise'', and second to evaluate how well the improved method can describe cold disks, especially in situations where turbulence is generated by magnetic fields or by the interaction of radiative cooling and gravity. As part of this thesis, I first implemented the so-called "shearing-box'' approximation in AREPO, which allows a small portion of a rotating disk to be simulated at very high resolution. Unlike implementations in other codes, my solution provides an adaptive spatial resolution as well as full translation invariance. Additionally, by integrating the flux function more precisely over the interfaces of neighbouring cells, I was able to remove the grid noise, greatly increasing the accuracy of the code for shear flows. Based on these improvements, I analyzed the magnetorotational instability (MRI) in the shearing box and the magnetic dynamo effects that one can observe. In both the linear and nonlinear regimes, I found good agreement with previous results in the literature obtained with static grid codes. In a further line of work, I have developed a code extension that can compute gravitational forces between mass elements within the simulation box, including the special boundary conditions of the shearing box and without resolution constraints. Using the so-called beta-cooling, I was able to show that weak radiative cooling in combination with self-gravity and shear can produce a gravito-turbulent state, while more efficient cooling can produce fragments in the form of collapsing gas clouds. Finally, I analyzed the so-called Rossby wave instability in global, two-dimensional disk simulations. Here I was able to obtain good agreement with the literature in both the linear and nonlinear regimes. The development of the shearing-box approximation and the elimination of the grid noise in the moving mesh method allows a variety of research applications in the future. On the one hand, the interaction of different fluid instabilities in disks can be precisely analyzed using the shearing box, and on the other hand, global simulations of entire disks are now possible using the moving mesh method. This approach allows much larger time steps and smaller advection errors than conventional methods with stationary grids. Also, parts of a galactic disk can be simulated with my shearing box method in a ``zoom'' mode, where the geometrically flexible, adaptive resolution of the method is a particular advantage.
Dokumententyp: | Dissertationen (Dissertation, LMU München) |
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Themengebiete: | 500 Naturwissenschaften und Mathematik
500 Naturwissenschaften und Mathematik > 530 Physik |
Fakultäten: | Fakultät für Physik |
Sprache der Hochschulschrift: | Englisch |
Datum der mündlichen Prüfung: | 31. März 2023 |
1. Berichterstatter:in: | Springel, Volker |
MD5 Prüfsumme der PDF-Datei: | e21d1ab85a4ac40a84d63be1fc57bcd1 |
Signatur der gedruckten Ausgabe: | 0001/UMC 29536 |
ID Code: | 31632 |
Eingestellt am: | 06. Apr. 2023 13:33 |
Letzte Änderungen: | 06. Apr. 2023 13:33 |