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Lebertransplantation bei Patienten mit cholangiozellulärem Karzinom: eine retrospektive Studie an der Ludwig-Maximilians-Universität München
Lebertransplantation bei Patienten mit cholangiozellulärem Karzinom: eine retrospektive Studie an der Ludwig-Maximilians-Universität München
Die Motivation zur Durchführung dieser Arbeit entstand aus dem Befund der schlechten Überlebensprognosen für Patienten, die an der zweithäufigsten malignen Leberentität, dem cholangiozellulären Karzinom, erkranken. Diesen Patienten stehen bislang nur eingeschränkt kurative Therapiekonzepte wie die chirurgische Resektion des Tumors zur Verfügung, während andere Entitäten wie das hepatozelluläre Karzinom durch eine Lebertransplantation häufig geheilt werden können. Da die seit Jahren bestehende Organknappheit eine strenge Selektion der Transplantatempfänger im Eurotransplantgebiet erfordert, kann die LTX als potenzielles Therapiekonzept für CCC-Patienten nur schwer erforscht werden. Um mit den Daten von durchgeführten Lebertransplantationen bei CCC- und HCC-Patienten am Klinikum Großhadern als einem der größten Transplantationszentren Deutschlands einen Beitrag zur Untersuchung des Transplantationserfolgs bei CCC-Patienten zu leisten, wurde die vorliegende retrospektive Kohortenstudie mit Erfassung aller in den letzten Jahrzenten an diesem Zentrum transplantierten CCC-Patienten durchgeführt. Hierbei sollte der Fragestellung nachgegangen werden, ob die CCC-Patienten ein signifikant schlechteres Überleben nach LTX präsentieren als HCC-Patienten. So sollte versucht werden, den Transplantationserfolg bei cholangiozellulärem Karzinom mit einer für diese Therapie etablierten Patientengruppe zu vergleichen. Da der durchschnittliche Transplantationszeitpunkt der CCC-Patienten in den frühen 1990er Jahren lag, wurde eine Vergleichsgruppe an HCC-Patienten gebildet, deren Transplantationszeitpunkt ähnlich war. Hierdurch sollten äußere Umstände wie die Transplantationstechniken und Allokationsbedingungen vor Einführung der MILAN-Kriterien abgebildet werden. Ebenfalls erfolgte ein Vergleich mit einer Gruppe an HCC-Patienten, die unter aktuellen Bedingungen des letzten Jahrzehnts transplantiert wurden. Durch diese Gruppe sollte die aktuelle Überlebensprognose nach Lebertransplantation bei maligner Leberentität abgebildet werden. Um die LTX als kuratives Therapiekonzept für CCC-Patienten etablieren zu können, müssen Kriterien gefunden werden, unter denen CCC-Patienten vergleichbar stark von einer LTX profitieren wie HCC-Patienten. Hieraus entstand auch die Fragestellung, wie stark die HCC-Patienten von den in den letzten Jahren etablierten MILAN-Kriterien profitieren und welche Kriterien für CCC-Patienten zu einer Verbesserung der Langzeitergebnisse nach LTX führen könnten. Die Ergebnisse der Auswertungen zeigen, dass die CCC-Patienten eine leicht bessere Überlebensprognose aufweisen als die zu einem ähnlichen Zeitpunkt transplantierten HCC-Patienten, wenngleich nicht signifikant. Im Vergleich dazu konnte das 5-Jahres-Überleben von HCC-Patienten in den letzten Jahrzehnten stark verbessert werden, sodass diese 20 Jahre später eine signifikant bessere Prognose nach LTX haben. Dieses Ergebnis wirft die Frage auf, warum die LTX als kurative Therapie für HCC-Patienten stetig weiterentwickelt wurde, während CCC-Patienten nicht von einer solchen Weiterentwicklung profitieren konnten. Zum heutigen Zeitpunkt ist es angesichts der Organknappheit, die die Zuweisung der Organe zu den Empfängern mit bestmöglicher postoperativer Prognose erfordert, schwer, einer Patientengruppe mit schlechterer Überlebensprognose Organe zu transplantieren. So kann die LTX bei CCC-Patienten kaum mehr klinisch erprobt und die Zuweisung anhand von Allokationskriterien nicht optimiert werden. Die weiteren Untersuchungen dieser Arbeit galten daher zum einen der Ermittlung von Kriterien, die den Transplantationserfolg der HCC-Patienten heutzutage ausmachen. Zum anderen wurden Kriterien untersucht, die die Überlebensprognose der CCC-Patienten nach LTX verbessern könnten. Auf Seite der HCC-Patienten zeigte sich entgegen der Erwartung, dass diese signifikant von der Transplantation innerhalb der MILAN-Kriterien profitieren würden, hier nur ein leichter Vorteil. Weitaus stärker war der positive Effekt auf das Überleben bei HCC-Patienten, die zum Zeitpunkt der LTX durch neoadjuvante Therapie bereits eine T0-Situation aufwiesen. Einen solchen Ansatz verfolgen zum Beispiel Studien an den Mayo-Kliniken in den USA, welche durch neoadjuvante Therapie eine präoperative Minimierung des Tumorstadiums auch bei CCC-Patienten untersuchen und in den letzten Jahren vielversprechende Überlebensraten publizieren konnten [101-104]. Eine entsprechende Untersuchung war im Rahmen des in dieser Arbeit durchgeführten Studiendesigns nicht möglich, da sie ein prospektives Vorgehen erfordert. Um dem vielversprechenden Ansatz der Auswirkung vom Tumorstadium auf den Transplantationserfolg dennoch zu nachzugehen, wurde die Gruppe der CCC-Patienten stratifiziert auf einen Marker fortgeschrittenen Tumorstadiums hin untersucht: die Tumorinvasion. Im Einklang mit den oben genannten Ergebnissen zeigten die CCC-Patienten mit Tumorinvasion eine deutlich schlechtere Überlebensrate als die, bei denen noch keine Invasion des Tumors vorlag. Hier ergibt sich ein vielversprechender Ansatz, der es CCC-Patienten mit geringeren Tumorstadien in Zukunft ermöglichen könnte, bei der Zuweisung von Organen stärker priorisiert zu werden. Um dies zu erreichen müsste eine entsprechende klinische Studie erfolgen, bei der die signifikante Verbesserung der Überlebenschancen der CCC-Patienten durch eine Transplantation im Vergleich zu den nach wie vor eingeschränkten Erfolgen durch Tumorresektion nachgewiesen werden kann. Des Weiteren erfolgte in dieser Arbeit auch die stratifizierte Untersuchung des Transplantationserfolgs der CCC-Patienten in Abhängigkeit ihrer Tumorlokalisation. Hier deuteten in den vergangenen Jahren bereits Ergebnisse anderer retrospektiver Auswertungen darauf hin, dass insbesondere perihiläre Tumore bessere Überlebenschancen nach LTX haben könnten als bisher angenommen [105-108]. Mit einem 5-Jahres-Überleben von 33% blieb das Ergebnis dieser Gruppe in der vorliegenden Arbeit leicht hinter den Vergleichsstudien zurück, wenngleich die Gruppe der perihilären Tumore auch in dieser Arbeit eine verbesserte Überlebensprognose im Vergleich zur Gruppe aller CCC-Patienten zeigte. Ob keine signifikante Verbesserung wegen der kleinen Gruppengröße oder lückenhafter Datenlage erzielt werden konnte, bleibt hier offen. Die Zusammenschau der in dieser Arbeit erzielten Ergebnisse zeigt, das CCC-Patienten, die am Klinikum Großhadern eine Lebertransplantation erhielten, ein vergleichbares Langzeitüberleben aufweisen, wie zu einem ähnlichen Zeitpunkt transplantierte HCC-Patienten. Durch stratifizierende Faktoren wie ein nicht-invasives Tumorwachstum und eine perihiläre Tumorlokalisation könnte die Überlebensprognose der CCC-Patienten noch weiter verbessert werden. An dieser Stelle ist die durchgeführte kohortenbasierte Beobachtungsstudie durch ihre retrospektive Datenerhebung und resultierende Datenlücken limitiert und es können keine Allokationskriterien determiniert werden, die die Überlebensprognose der CCC-Patienten signifikant verbessern. Gleichzeitig wird gerade durch diesen Umstand aber auch die Bedeutung von prospektiven klinischen Studien für die Erforschung der LTX als kurative Therapieoption für CCC-Patienten deutlich. Wie die vorliegende Studie zeigt, konnten HCC-Patienten in den letzten Jahrzehnten in hohem Maße von der Weiterentwicklung der LTX und der Erforschung geeigneter Allokationskriterien profitieren. Vor dem Hintergrund der vielversprechenden Ergebnisse dieser und anderer Studien (aufgeführt in Kapitel 1.4), stellt die klinische Erforschung der Lebertransplantation als Therapieoption für CCC-Patienten den nächsten Schritt dar.
Cholangiozelluläres Karzinom, Lebertransplantation
Raddatz, Pia-Charlotte
2023
Deutsch
Universitätsbibliothek der Ludwig-Maximilians-Universität München
Raddatz, Pia-Charlotte (2023): Lebertransplantation bei Patienten mit cholangiozellulärem Karzinom: eine retrospektive Studie an der Ludwig-Maximilians-Universität München. Dissertation, LMU München: Medizinische Fakultät
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Abstract

Die Motivation zur Durchführung dieser Arbeit entstand aus dem Befund der schlechten Überlebensprognosen für Patienten, die an der zweithäufigsten malignen Leberentität, dem cholangiozellulären Karzinom, erkranken. Diesen Patienten stehen bislang nur eingeschränkt kurative Therapiekonzepte wie die chirurgische Resektion des Tumors zur Verfügung, während andere Entitäten wie das hepatozelluläre Karzinom durch eine Lebertransplantation häufig geheilt werden können. Da die seit Jahren bestehende Organknappheit eine strenge Selektion der Transplantatempfänger im Eurotransplantgebiet erfordert, kann die LTX als potenzielles Therapiekonzept für CCC-Patienten nur schwer erforscht werden. Um mit den Daten von durchgeführten Lebertransplantationen bei CCC- und HCC-Patienten am Klinikum Großhadern als einem der größten Transplantationszentren Deutschlands einen Beitrag zur Untersuchung des Transplantationserfolgs bei CCC-Patienten zu leisten, wurde die vorliegende retrospektive Kohortenstudie mit Erfassung aller in den letzten Jahrzenten an diesem Zentrum transplantierten CCC-Patienten durchgeführt. Hierbei sollte der Fragestellung nachgegangen werden, ob die CCC-Patienten ein signifikant schlechteres Überleben nach LTX präsentieren als HCC-Patienten. So sollte versucht werden, den Transplantationserfolg bei cholangiozellulärem Karzinom mit einer für diese Therapie etablierten Patientengruppe zu vergleichen. Da der durchschnittliche Transplantationszeitpunkt der CCC-Patienten in den frühen 1990er Jahren lag, wurde eine Vergleichsgruppe an HCC-Patienten gebildet, deren Transplantationszeitpunkt ähnlich war. Hierdurch sollten äußere Umstände wie die Transplantationstechniken und Allokationsbedingungen vor Einführung der MILAN-Kriterien abgebildet werden. Ebenfalls erfolgte ein Vergleich mit einer Gruppe an HCC-Patienten, die unter aktuellen Bedingungen des letzten Jahrzehnts transplantiert wurden. Durch diese Gruppe sollte die aktuelle Überlebensprognose nach Lebertransplantation bei maligner Leberentität abgebildet werden. Um die LTX als kuratives Therapiekonzept für CCC-Patienten etablieren zu können, müssen Kriterien gefunden werden, unter denen CCC-Patienten vergleichbar stark von einer LTX profitieren wie HCC-Patienten. Hieraus entstand auch die Fragestellung, wie stark die HCC-Patienten von den in den letzten Jahren etablierten MILAN-Kriterien profitieren und welche Kriterien für CCC-Patienten zu einer Verbesserung der Langzeitergebnisse nach LTX führen könnten. Die Ergebnisse der Auswertungen zeigen, dass die CCC-Patienten eine leicht bessere Überlebensprognose aufweisen als die zu einem ähnlichen Zeitpunkt transplantierten HCC-Patienten, wenngleich nicht signifikant. Im Vergleich dazu konnte das 5-Jahres-Überleben von HCC-Patienten in den letzten Jahrzehnten stark verbessert werden, sodass diese 20 Jahre später eine signifikant bessere Prognose nach LTX haben. Dieses Ergebnis wirft die Frage auf, warum die LTX als kurative Therapie für HCC-Patienten stetig weiterentwickelt wurde, während CCC-Patienten nicht von einer solchen Weiterentwicklung profitieren konnten. Zum heutigen Zeitpunkt ist es angesichts der Organknappheit, die die Zuweisung der Organe zu den Empfängern mit bestmöglicher postoperativer Prognose erfordert, schwer, einer Patientengruppe mit schlechterer Überlebensprognose Organe zu transplantieren. So kann die LTX bei CCC-Patienten kaum mehr klinisch erprobt und die Zuweisung anhand von Allokationskriterien nicht optimiert werden. Die weiteren Untersuchungen dieser Arbeit galten daher zum einen der Ermittlung von Kriterien, die den Transplantationserfolg der HCC-Patienten heutzutage ausmachen. Zum anderen wurden Kriterien untersucht, die die Überlebensprognose der CCC-Patienten nach LTX verbessern könnten. Auf Seite der HCC-Patienten zeigte sich entgegen der Erwartung, dass diese signifikant von der Transplantation innerhalb der MILAN-Kriterien profitieren würden, hier nur ein leichter Vorteil. Weitaus stärker war der positive Effekt auf das Überleben bei HCC-Patienten, die zum Zeitpunkt der LTX durch neoadjuvante Therapie bereits eine T0-Situation aufwiesen. Einen solchen Ansatz verfolgen zum Beispiel Studien an den Mayo-Kliniken in den USA, welche durch neoadjuvante Therapie eine präoperative Minimierung des Tumorstadiums auch bei CCC-Patienten untersuchen und in den letzten Jahren vielversprechende Überlebensraten publizieren konnten [101-104]. Eine entsprechende Untersuchung war im Rahmen des in dieser Arbeit durchgeführten Studiendesigns nicht möglich, da sie ein prospektives Vorgehen erfordert. Um dem vielversprechenden Ansatz der Auswirkung vom Tumorstadium auf den Transplantationserfolg dennoch zu nachzugehen, wurde die Gruppe der CCC-Patienten stratifiziert auf einen Marker fortgeschrittenen Tumorstadiums hin untersucht: die Tumorinvasion. Im Einklang mit den oben genannten Ergebnissen zeigten die CCC-Patienten mit Tumorinvasion eine deutlich schlechtere Überlebensrate als die, bei denen noch keine Invasion des Tumors vorlag. Hier ergibt sich ein vielversprechender Ansatz, der es CCC-Patienten mit geringeren Tumorstadien in Zukunft ermöglichen könnte, bei der Zuweisung von Organen stärker priorisiert zu werden. Um dies zu erreichen müsste eine entsprechende klinische Studie erfolgen, bei der die signifikante Verbesserung der Überlebenschancen der CCC-Patienten durch eine Transplantation im Vergleich zu den nach wie vor eingeschränkten Erfolgen durch Tumorresektion nachgewiesen werden kann. Des Weiteren erfolgte in dieser Arbeit auch die stratifizierte Untersuchung des Transplantationserfolgs der CCC-Patienten in Abhängigkeit ihrer Tumorlokalisation. Hier deuteten in den vergangenen Jahren bereits Ergebnisse anderer retrospektiver Auswertungen darauf hin, dass insbesondere perihiläre Tumore bessere Überlebenschancen nach LTX haben könnten als bisher angenommen [105-108]. Mit einem 5-Jahres-Überleben von 33% blieb das Ergebnis dieser Gruppe in der vorliegenden Arbeit leicht hinter den Vergleichsstudien zurück, wenngleich die Gruppe der perihilären Tumore auch in dieser Arbeit eine verbesserte Überlebensprognose im Vergleich zur Gruppe aller CCC-Patienten zeigte. Ob keine signifikante Verbesserung wegen der kleinen Gruppengröße oder lückenhafter Datenlage erzielt werden konnte, bleibt hier offen. Die Zusammenschau der in dieser Arbeit erzielten Ergebnisse zeigt, das CCC-Patienten, die am Klinikum Großhadern eine Lebertransplantation erhielten, ein vergleichbares Langzeitüberleben aufweisen, wie zu einem ähnlichen Zeitpunkt transplantierte HCC-Patienten. Durch stratifizierende Faktoren wie ein nicht-invasives Tumorwachstum und eine perihiläre Tumorlokalisation könnte die Überlebensprognose der CCC-Patienten noch weiter verbessert werden. An dieser Stelle ist die durchgeführte kohortenbasierte Beobachtungsstudie durch ihre retrospektive Datenerhebung und resultierende Datenlücken limitiert und es können keine Allokationskriterien determiniert werden, die die Überlebensprognose der CCC-Patienten signifikant verbessern. Gleichzeitig wird gerade durch diesen Umstand aber auch die Bedeutung von prospektiven klinischen Studien für die Erforschung der LTX als kurative Therapieoption für CCC-Patienten deutlich. Wie die vorliegende Studie zeigt, konnten HCC-Patienten in den letzten Jahrzehnten in hohem Maße von der Weiterentwicklung der LTX und der Erforschung geeigneter Allokationskriterien profitieren. Vor dem Hintergrund der vielversprechenden Ergebnisse dieser und anderer Studien (aufgeführt in Kapitel 1.4), stellt die klinische Erforschung der Lebertransplantation als Therapieoption für CCC-Patienten den nächsten Schritt dar.