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Intensive AML-Therapie am Klinikum der Universität München 1999 – 2014. retrospektive Analyse von Patienten-Outcome, Selektion in klinischen Studien, sowie Supportivtherapie hämatologischer Therapienebenwirkungen
Intensive AML-Therapie am Klinikum der Universität München 1999 – 2014. retrospektive Analyse von Patienten-Outcome, Selektion in klinischen Studien, sowie Supportivtherapie hämatologischer Therapienebenwirkungen
Das Klinikum der Ludwig-Maximilians-Universität München ist eines der größten Studien- und Therapiezentren für die akute myeloische Leukämie (AML) in Süddeutschland und als Teil der German AML Cooperative Group (AML-CG) auch an der stetigen Weiterentwicklung der Therapiemöglichkeiten beteiligt. Im Rahmen der vorliegenden Arbeit wurden retrospektiv die Daten von 518 AML-Patienten erfasst, die sich dort im Zeitraum zwischen 1999 und 2014 in stationärer Behandlung befunden haben. Von weiterem Interesse waren dabei die Patienten, die eine intensive Chemotherapie in kurativer Intention erhielten. Ihre Daten wurden auf verschiedene Gesichtspunkte hin untersucht. Die allgemeine Rate an Frühtodesfällen bei intensiver Induktionstherapie bewegte sich mit 13% innerhalb der ersten 65 Tage ab Therapiebeginn auf einem Niveau, das dem in aktuellen Publikationen entspricht. Speziell das s-HAM-Regime, welches derzeit in der AML-CG-Studiengruppe den Standard für Induktionstherapie darstellt, zeichnete sich durch eine niedrige Frühtodesrate von 9,6% aus. Wie erwartet waren in der Mehrzahl der Fälle Infektionen die Todesursache, so dass vor allem Strategien zur Verringerung des Infektionsrisikos, sowie die Weiterentwicklung antiinfektiöser Therapien und Prophylaxe als Aufgaben für die Zukunft gesehen werden müssen, um das Auftreten von Frühtodesfällen weiter zu reduzieren. Die Untersuchung des Langzeitüberlebens von Patienten, die keine allogene Stammzelltransplantation erhielten, bestätigt die Relevanz der Klassifikation des European LeukemiaNet bei der Planung der Postremissionstherapie: Für Patienten der Risikogruppe „Favorable“ war das geschätzte 5-Jahres-Überleben mit 53% bei rein chemotherapiebasierter Behandlung dem von Patienten mit allogener Stammzelltransplantation nicht signifikant unterlegen. Für die Risikogruppe „Adverse“ scheint eine konventionelle Postremissionstherapie jedoch keine effektive Alternative zur Stamm-zelltransplantation zu sein, da hier nur in seltenen Fällen ein langfristiges Überleben dokumentiert werden konnte. Für „Intermediate“ I und II zeichnete sich ein ähnlicher Trend ab, weitergehende Erkenntnisse sind diesbezüglich von aktuellen prospektiven randomisierten Studien zu erwarten. Nicht-leukämiebedingte Todesfälle traten bei Patienten ohne Stammzelltransplantation nur zu einem geringen Prozentsatz auf, folglich geht die größte Bedrohung bei einem Therapiekonzept ohne allogene Stammzelltransplantation erwartungsgemäß von einem Rezidiv der AML aus. Bezüglich der Induktionstherapie konnte kein eindeutiger Effekt der verschiedenen Protokolle auf das Langzeitüberleben dieser Patientengruppe ausgemacht werden. Bei der Gegenüberstellung von Patienten, die im Rahmen einer Studie behandelt wurden und analog behandelten Nicht-Studienpatienten konnten Unterschiede in der Zusammensetzung der beiden Kollektive in Bezug auf das Patientenalter und das tumorgenetische Risikoprofil festgestellt werden, die bereits in anderen Studien zu dieser Fragestellung aufgefallen waren. Doch obwohl die Nicht-Studienpatienten insgesamt älter waren und eine ungünstigere Molekular- bzw. Zytogenetik aufwiesen, war ihr Gesamtüberleben vergleichbar mit dem der Studienpatienten, was einerseits für die externe Validität der in Studien gewonnen Erkenntnisse spricht, sowie dafür, dass zumindest am LMU-Klinikum für AML-Patienten kein Nachteil zu erwarten ist, wenn die Behandlung nicht im Rahmen einer Studie erfolgt. Dies wird unterstrichen durch die Ergebnisse der Subgruppenanalyse der mit s-HAM behandelten Patienten, in der kein signifikanter Unterschied im Gesamtüberleben, jedoch in beiden Gruppen eine identische Gesamtremissionsrate von 82% beobachtet werden konnte. Im Vergleich der Induktionschemotherapieprotokolle s-HAM und TAD-HAM wurde die in den AML-CG Studien 2004 und 2008 bereits demonstrierte Verkürzung der Zytopeniedauer von Leuko- und Thrombozyten unter s-HAM um über zwei Wochen nochmals bestätigt. Weiterhin konnte gezeigt werden, dass daraus ein signifikant geringerer Bedarf sowohl an Erythrozyten- als auch an Thrombozytenkonzentraten, sowie eine deutliche Verkürzung der Hospitalisationsdauer (38d vs. 54d) im Rahmen der Induktionstherapie resultieren. Faktoren, die für Patienten und Kostenträger gleichermaßen einen Benefit versprechen.
AML, Leukämie, Nicht-Studienpatienten, Blutbild, Transfusion
Mentler, Tobias
2023
Deutsch
Universitätsbibliothek der Ludwig-Maximilians-Universität München
Mentler, Tobias (2023): Intensive AML-Therapie am Klinikum der Universität München 1999 – 2014: retrospektive Analyse von Patienten-Outcome, Selektion in klinischen Studien, sowie Supportivtherapie hämatologischer Therapienebenwirkungen. Dissertation, LMU München: Medizinische Fakultät
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Abstract

Das Klinikum der Ludwig-Maximilians-Universität München ist eines der größten Studien- und Therapiezentren für die akute myeloische Leukämie (AML) in Süddeutschland und als Teil der German AML Cooperative Group (AML-CG) auch an der stetigen Weiterentwicklung der Therapiemöglichkeiten beteiligt. Im Rahmen der vorliegenden Arbeit wurden retrospektiv die Daten von 518 AML-Patienten erfasst, die sich dort im Zeitraum zwischen 1999 und 2014 in stationärer Behandlung befunden haben. Von weiterem Interesse waren dabei die Patienten, die eine intensive Chemotherapie in kurativer Intention erhielten. Ihre Daten wurden auf verschiedene Gesichtspunkte hin untersucht. Die allgemeine Rate an Frühtodesfällen bei intensiver Induktionstherapie bewegte sich mit 13% innerhalb der ersten 65 Tage ab Therapiebeginn auf einem Niveau, das dem in aktuellen Publikationen entspricht. Speziell das s-HAM-Regime, welches derzeit in der AML-CG-Studiengruppe den Standard für Induktionstherapie darstellt, zeichnete sich durch eine niedrige Frühtodesrate von 9,6% aus. Wie erwartet waren in der Mehrzahl der Fälle Infektionen die Todesursache, so dass vor allem Strategien zur Verringerung des Infektionsrisikos, sowie die Weiterentwicklung antiinfektiöser Therapien und Prophylaxe als Aufgaben für die Zukunft gesehen werden müssen, um das Auftreten von Frühtodesfällen weiter zu reduzieren. Die Untersuchung des Langzeitüberlebens von Patienten, die keine allogene Stammzelltransplantation erhielten, bestätigt die Relevanz der Klassifikation des European LeukemiaNet bei der Planung der Postremissionstherapie: Für Patienten der Risikogruppe „Favorable“ war das geschätzte 5-Jahres-Überleben mit 53% bei rein chemotherapiebasierter Behandlung dem von Patienten mit allogener Stammzelltransplantation nicht signifikant unterlegen. Für die Risikogruppe „Adverse“ scheint eine konventionelle Postremissionstherapie jedoch keine effektive Alternative zur Stamm-zelltransplantation zu sein, da hier nur in seltenen Fällen ein langfristiges Überleben dokumentiert werden konnte. Für „Intermediate“ I und II zeichnete sich ein ähnlicher Trend ab, weitergehende Erkenntnisse sind diesbezüglich von aktuellen prospektiven randomisierten Studien zu erwarten. Nicht-leukämiebedingte Todesfälle traten bei Patienten ohne Stammzelltransplantation nur zu einem geringen Prozentsatz auf, folglich geht die größte Bedrohung bei einem Therapiekonzept ohne allogene Stammzelltransplantation erwartungsgemäß von einem Rezidiv der AML aus. Bezüglich der Induktionstherapie konnte kein eindeutiger Effekt der verschiedenen Protokolle auf das Langzeitüberleben dieser Patientengruppe ausgemacht werden. Bei der Gegenüberstellung von Patienten, die im Rahmen einer Studie behandelt wurden und analog behandelten Nicht-Studienpatienten konnten Unterschiede in der Zusammensetzung der beiden Kollektive in Bezug auf das Patientenalter und das tumorgenetische Risikoprofil festgestellt werden, die bereits in anderen Studien zu dieser Fragestellung aufgefallen waren. Doch obwohl die Nicht-Studienpatienten insgesamt älter waren und eine ungünstigere Molekular- bzw. Zytogenetik aufwiesen, war ihr Gesamtüberleben vergleichbar mit dem der Studienpatienten, was einerseits für die externe Validität der in Studien gewonnen Erkenntnisse spricht, sowie dafür, dass zumindest am LMU-Klinikum für AML-Patienten kein Nachteil zu erwarten ist, wenn die Behandlung nicht im Rahmen einer Studie erfolgt. Dies wird unterstrichen durch die Ergebnisse der Subgruppenanalyse der mit s-HAM behandelten Patienten, in der kein signifikanter Unterschied im Gesamtüberleben, jedoch in beiden Gruppen eine identische Gesamtremissionsrate von 82% beobachtet werden konnte. Im Vergleich der Induktionschemotherapieprotokolle s-HAM und TAD-HAM wurde die in den AML-CG Studien 2004 und 2008 bereits demonstrierte Verkürzung der Zytopeniedauer von Leuko- und Thrombozyten unter s-HAM um über zwei Wochen nochmals bestätigt. Weiterhin konnte gezeigt werden, dass daraus ein signifikant geringerer Bedarf sowohl an Erythrozyten- als auch an Thrombozytenkonzentraten, sowie eine deutliche Verkürzung der Hospitalisationsdauer (38d vs. 54d) im Rahmen der Induktionstherapie resultieren. Faktoren, die für Patienten und Kostenträger gleichermaßen einen Benefit versprechen.