Logo Logo
Help
Contact
Switch language to German
Klinische und radiologische Ergebnisse nach winkelstabiler Carbonfaser-verstärkten Polyetheretherketon (CF-PEEK)-Plattenosteosynthese am proximalen Humerus im Vergleich zur Versorgung mittels winkelstabiler Titanplatte
Klinische und radiologische Ergebnisse nach winkelstabiler Carbonfaser-verstärkten Polyetheretherketon (CF-PEEK)-Plattenosteosynthese am proximalen Humerus im Vergleich zur Versorgung mittels winkelstabiler Titanplatte
Die proximale Humerusfraktur ist eine der häufigsten Frakturen des Menschen und ist aufgrund des demografischen Wandels in ihrer Inzidenz weiter steigend, da oft Ältere betroffen sind. Ein Grund dafür ist die im höheren Alter verminderte Knochendichte. Osteoporose ist sowohl ein Risikofaktor für das Auftreten einer proximalen Humerusfraktur (PHF) als auch ein komplizierender Faktor, der die Wahrscheinlichkeit für Komplikationen bei der osteo- synthetischen Versorgung erhöht. Für die operative Versorgung von dislozierten oder instabilen Frakturen ist die Plattenosteosynthese das am häufigsten verwendete Verfahren. Dabei werden aktuell meist Platten aus Titanlegierungen verwendet, bei denen jedoch hohe Komplikationsraten berichtet werden. Studien haben herausgefunden, dass ein Grund für sekundäre Dislokationen und Schraubenperforationen in der hohen Rigidität der Titanplatten liegt, die zu hohen Spitzenbelastungen an der Knochen-Implantat-Schnittstelle führt, was vor allem in osteoporotischen Knochen mit Verankerungsproblemen verbunden ist. Neuere CF- PEEK-Platten sind in ihren elastischen Eigenschaften dem Knochen ähnlicher und könnten dadurch zu einer Reduktion dieser typischen Komplikationen führen. Ziel der Studie war es deswegen, die funktionellen und radiologischen Ergebnisse von Patienten mit PHF zu vergleichen, die entweder mit einer winkelstabilen Plattenosteosynthese aus CF-PEEK oder Titan versorgt wurden. Insgesamt sind 58 Patienten mit unilateral, dislozierter 2-, 3- und 4-Fragment-Fraktur des proximalen Humerus und anschließender winkelstabiler plattenosteosynthetischer Versorgung in die Studie eingeschlossen worden. Es wurden zwei zeitlich voneinander getrennte Kohorten gebildet, in denen die 29 Probanden der ersten Gruppe mit Titanplatten (PHILOS, DePuy Synthes®, Westchester, PA, USA; WINSTA-PH, Axomed®, Freiburg, DE) versorgt und die 29 Teilnehmer der zweiten Kohorte mit der PEEKPower Humeral Fracture Plate (Arthrex®, Naples, FL, USA) versorgt wurden. Die Zeitpunkte für die radiologische Bewertung in Form einer Röntgenuntersuchung in 2 Ebenen lagen 1 Tag, 6 Wochen, 3, 6, 12 und 24 Monate nach der OP. Dabei wurden die initialen Repositionsergebnisse evaluiert, Abweichungen des CCD- Winkels im Verlauf gemessen und das Auftreten von weiteren Komplikationen, wie Schraubenperforationen oder avaskulären Knochennekrosen, registriert. Die Erhebung der funktionellen Ergebnisse in Form des (alters- und geschlechtsnormiertem) Constant Scores (CS, nCS), dem prozentualen Anteil des CS der betroffenen Seite im Vergleich zur Gegenseite (%CS), Subjective Shoulder Value (SSV) und QuickDASH erfolgte mindestens 2 Jahre nach der OP. Daneben ist mithilfe von Korrelationsanalysen auf weitere klinische Einflussfaktoren getestet worden. Die CF-PEEK-Kohorte [A] und die Titan-Kohorte [B] (mittleres Alter: [A] 62,7 ± 13,2 vs. [B] 63,3 ± 12,3; p= 0,703) zeigten in Alter, Geschlecht, BMI, dem Vorliegen von Osteoporose und der Frakturtypverteilung keinen signifikanten Unterschied. Das mittlere Follow-up betrug [A] 2,7 ±0,4 und [B] 3,6 ± 0,8 Jahre (p < 0,001). In der CF-PEEK-Kohorte sind signifikant höhere Mittelwerte im CS (p= 0,009), nCS (p= 0,013), %CS (p= 0,014) und SSV (p= 0,020) als in der Titan-Kohorte erreicht worden (CS: [A] 77,1 ± 14,3 vs. [B] 62,7 ± 22,2 ; nCS: [A] 88,2 ± 13,9 vs. [B] 72,5 ± 23,2; %CS: [A] 95,9 ± 22,7 % vs. [B] 76,1 ± 22,9 %; SSV: [A] 90 % vs. [B] 77 %). Ungenügende Repositionsergebnisse traten in [A] fünf (17 %) bzw. [B] elf (40 %) der Fälle auf (p= 0,064). Die mediane Abweichung des Kopf-Schaft-Winkels (CCD-Winkel) betrug [A] 6,3° bzw. [B] 6,9° (p= 0,675). Eine sekundäre Dislokation trat in [A] fünf (33 %) bzw. [B] fünf (29 %) Fällen auf (p= 1,00). Insgesamt waren in [A] sieben (28%) bzw. [B] 13 (52 %) Fällen Komplikationen aufgetreten (p= 0,083) und in [A] zwei (8 %) bzw. [B] sieben (28 %) Fällen Revisionsoperationen nötig geworden (p= 0,138). Schwerwiegende Revisionen wie sekundäre Arthroplastiken oder erneute Osteosyntheseverfahren waren signifikant häufiger in der Titangruppe aufgetreten ([A] null (0%) bzw. [B] sechs (24%); p= 0,022). Die Qualität der initialen Reposition zeigte einen signifikanten Zusammenhang mit dem nCS nach 2 Jahren (r= -0,428, p= 0,002). Außerdem waren ungenügende Repositionen (RR 1,8, p= 0,003) sowie langjähriger Nikotinabusus (RR 1,8, p= 0,026) mit einem höheren Risiko für Revisionsoperationen assoziiert. Dazu korrelierte das initiale Frakturmuster signifikant mit dem späteren Ausmaß einer sekundären Dislokation ([Codman] r= 0,445, p= 0,011; [AO] r= 0,374, p= 0,035). Eine Zertrümmerung der medialen Säule war zudem mit einem signifikant schlechteren nCS assoziiert (Effektstärke: 0,43, p= 0,003). Die Ergebnisse der vorliegenden Arbeit zeigen, dass die osteosynthetische Versorgung von proximalen Humerusfrakturen mittels winkelstabiler CF-PEEK-Platte gute bis sehr gute Ergebnisse liefert. In Verwendung der CF-PEEK-Platte waren keine materialspezifischen Komplikationen aufgetreten. Somit stellen winkelstabile CF-PEEK-Platten eine sichere Alternative zu winkelstabilen Titanplatten dar. Die funktionellen Ergebnisse in Form von Constant Score und Subjective Shoulder Value waren nach 2 Jahren bei Patienten mit CF- PEEK-Implantat signifikant besser als bei Patienten, die mit einem Titanimplantat versorgt wurden. Ebenso waren bei Patienten mit Titan-Implantat signifikant häufiger schwerwiegendere Revisionsoperationen notwendig geworden. Eine signifikant höhere Erfolgsrate bei der initialen Frakturreposition oder ein vermindertes Auftreten von sekundären Dislokationen als mögliche Gründe für die besseren Ergebnisse in der CF-PEEK-Kohorte konnten nicht gezeigt werden. Studien, die gezielt die theoretisch vorteilhaften Einzelaspekte von CF-PEEK-Platten (höhere Elastizität, bessere Visualisierung, Möglichkeit zu unterschiedlichen Schraubenkonfigurationen) untersuchten, könnten hier weiteren Aufschluss darüber geben, welcher Faktor den Unterschied im funktionellen Outcome letztendlich ausmacht. Zusätzlich wäre es von Interesse, in großangelegten vergleichenden Forschungsarbeiten das Outcome verschiedener Patienten-Untergruppen zu untersuchen, die sich z.B. in ihrem Frakturmuster oder der Knochendichte unterscheiden. Dadurch könnte man gegebenenfalls identifizieren, ob bestimmte Patientengruppen von einer Verwendung von CF- PEEK-Platten mehr profitieren als andere. Aufgrund der theoretisch günstigen Verbindung von ausreichender Elastizität der CF-PEEK-Platten und zusätzlich erhaltener Stabilität bei Zementaugmentation der Schraubenspitzen wäre es interessant, die klinischen Ergebnisse bei Kombination dieser Techniken in zukünftigen Studien zu untersuchen.
Proximale Humerusfraktur, Plattenosteosynthese, CF-PEEK
Jahn, Julius
2023
German
Universitätsbibliothek der Ludwig-Maximilians-Universität München
Jahn, Julius (2023): Klinische und radiologische Ergebnisse nach winkelstabiler Carbonfaser-verstärkten Polyetheretherketon (CF-PEEK)-Plattenosteosynthese am proximalen Humerus im Vergleich zur Versorgung mittels winkelstabiler Titanplatte. Dissertation, LMU München: Faculty of Medicine
[thumbnail of Jahn_Julius_Frederic.pdf] PDF
Jahn_Julius_Frederic.pdf

4MB

Abstract

Die proximale Humerusfraktur ist eine der häufigsten Frakturen des Menschen und ist aufgrund des demografischen Wandels in ihrer Inzidenz weiter steigend, da oft Ältere betroffen sind. Ein Grund dafür ist die im höheren Alter verminderte Knochendichte. Osteoporose ist sowohl ein Risikofaktor für das Auftreten einer proximalen Humerusfraktur (PHF) als auch ein komplizierender Faktor, der die Wahrscheinlichkeit für Komplikationen bei der osteo- synthetischen Versorgung erhöht. Für die operative Versorgung von dislozierten oder instabilen Frakturen ist die Plattenosteosynthese das am häufigsten verwendete Verfahren. Dabei werden aktuell meist Platten aus Titanlegierungen verwendet, bei denen jedoch hohe Komplikationsraten berichtet werden. Studien haben herausgefunden, dass ein Grund für sekundäre Dislokationen und Schraubenperforationen in der hohen Rigidität der Titanplatten liegt, die zu hohen Spitzenbelastungen an der Knochen-Implantat-Schnittstelle führt, was vor allem in osteoporotischen Knochen mit Verankerungsproblemen verbunden ist. Neuere CF- PEEK-Platten sind in ihren elastischen Eigenschaften dem Knochen ähnlicher und könnten dadurch zu einer Reduktion dieser typischen Komplikationen führen. Ziel der Studie war es deswegen, die funktionellen und radiologischen Ergebnisse von Patienten mit PHF zu vergleichen, die entweder mit einer winkelstabilen Plattenosteosynthese aus CF-PEEK oder Titan versorgt wurden. Insgesamt sind 58 Patienten mit unilateral, dislozierter 2-, 3- und 4-Fragment-Fraktur des proximalen Humerus und anschließender winkelstabiler plattenosteosynthetischer Versorgung in die Studie eingeschlossen worden. Es wurden zwei zeitlich voneinander getrennte Kohorten gebildet, in denen die 29 Probanden der ersten Gruppe mit Titanplatten (PHILOS, DePuy Synthes®, Westchester, PA, USA; WINSTA-PH, Axomed®, Freiburg, DE) versorgt und die 29 Teilnehmer der zweiten Kohorte mit der PEEKPower Humeral Fracture Plate (Arthrex®, Naples, FL, USA) versorgt wurden. Die Zeitpunkte für die radiologische Bewertung in Form einer Röntgenuntersuchung in 2 Ebenen lagen 1 Tag, 6 Wochen, 3, 6, 12 und 24 Monate nach der OP. Dabei wurden die initialen Repositionsergebnisse evaluiert, Abweichungen des CCD- Winkels im Verlauf gemessen und das Auftreten von weiteren Komplikationen, wie Schraubenperforationen oder avaskulären Knochennekrosen, registriert. Die Erhebung der funktionellen Ergebnisse in Form des (alters- und geschlechtsnormiertem) Constant Scores (CS, nCS), dem prozentualen Anteil des CS der betroffenen Seite im Vergleich zur Gegenseite (%CS), Subjective Shoulder Value (SSV) und QuickDASH erfolgte mindestens 2 Jahre nach der OP. Daneben ist mithilfe von Korrelationsanalysen auf weitere klinische Einflussfaktoren getestet worden. Die CF-PEEK-Kohorte [A] und die Titan-Kohorte [B] (mittleres Alter: [A] 62,7 ± 13,2 vs. [B] 63,3 ± 12,3; p= 0,703) zeigten in Alter, Geschlecht, BMI, dem Vorliegen von Osteoporose und der Frakturtypverteilung keinen signifikanten Unterschied. Das mittlere Follow-up betrug [A] 2,7 ±0,4 und [B] 3,6 ± 0,8 Jahre (p < 0,001). In der CF-PEEK-Kohorte sind signifikant höhere Mittelwerte im CS (p= 0,009), nCS (p= 0,013), %CS (p= 0,014) und SSV (p= 0,020) als in der Titan-Kohorte erreicht worden (CS: [A] 77,1 ± 14,3 vs. [B] 62,7 ± 22,2 ; nCS: [A] 88,2 ± 13,9 vs. [B] 72,5 ± 23,2; %CS: [A] 95,9 ± 22,7 % vs. [B] 76,1 ± 22,9 %; SSV: [A] 90 % vs. [B] 77 %). Ungenügende Repositionsergebnisse traten in [A] fünf (17 %) bzw. [B] elf (40 %) der Fälle auf (p= 0,064). Die mediane Abweichung des Kopf-Schaft-Winkels (CCD-Winkel) betrug [A] 6,3° bzw. [B] 6,9° (p= 0,675). Eine sekundäre Dislokation trat in [A] fünf (33 %) bzw. [B] fünf (29 %) Fällen auf (p= 1,00). Insgesamt waren in [A] sieben (28%) bzw. [B] 13 (52 %) Fällen Komplikationen aufgetreten (p= 0,083) und in [A] zwei (8 %) bzw. [B] sieben (28 %) Fällen Revisionsoperationen nötig geworden (p= 0,138). Schwerwiegende Revisionen wie sekundäre Arthroplastiken oder erneute Osteosyntheseverfahren waren signifikant häufiger in der Titangruppe aufgetreten ([A] null (0%) bzw. [B] sechs (24%); p= 0,022). Die Qualität der initialen Reposition zeigte einen signifikanten Zusammenhang mit dem nCS nach 2 Jahren (r= -0,428, p= 0,002). Außerdem waren ungenügende Repositionen (RR 1,8, p= 0,003) sowie langjähriger Nikotinabusus (RR 1,8, p= 0,026) mit einem höheren Risiko für Revisionsoperationen assoziiert. Dazu korrelierte das initiale Frakturmuster signifikant mit dem späteren Ausmaß einer sekundären Dislokation ([Codman] r= 0,445, p= 0,011; [AO] r= 0,374, p= 0,035). Eine Zertrümmerung der medialen Säule war zudem mit einem signifikant schlechteren nCS assoziiert (Effektstärke: 0,43, p= 0,003). Die Ergebnisse der vorliegenden Arbeit zeigen, dass die osteosynthetische Versorgung von proximalen Humerusfrakturen mittels winkelstabiler CF-PEEK-Platte gute bis sehr gute Ergebnisse liefert. In Verwendung der CF-PEEK-Platte waren keine materialspezifischen Komplikationen aufgetreten. Somit stellen winkelstabile CF-PEEK-Platten eine sichere Alternative zu winkelstabilen Titanplatten dar. Die funktionellen Ergebnisse in Form von Constant Score und Subjective Shoulder Value waren nach 2 Jahren bei Patienten mit CF- PEEK-Implantat signifikant besser als bei Patienten, die mit einem Titanimplantat versorgt wurden. Ebenso waren bei Patienten mit Titan-Implantat signifikant häufiger schwerwiegendere Revisionsoperationen notwendig geworden. Eine signifikant höhere Erfolgsrate bei der initialen Frakturreposition oder ein vermindertes Auftreten von sekundären Dislokationen als mögliche Gründe für die besseren Ergebnisse in der CF-PEEK-Kohorte konnten nicht gezeigt werden. Studien, die gezielt die theoretisch vorteilhaften Einzelaspekte von CF-PEEK-Platten (höhere Elastizität, bessere Visualisierung, Möglichkeit zu unterschiedlichen Schraubenkonfigurationen) untersuchten, könnten hier weiteren Aufschluss darüber geben, welcher Faktor den Unterschied im funktionellen Outcome letztendlich ausmacht. Zusätzlich wäre es von Interesse, in großangelegten vergleichenden Forschungsarbeiten das Outcome verschiedener Patienten-Untergruppen zu untersuchen, die sich z.B. in ihrem Frakturmuster oder der Knochendichte unterscheiden. Dadurch könnte man gegebenenfalls identifizieren, ob bestimmte Patientengruppen von einer Verwendung von CF- PEEK-Platten mehr profitieren als andere. Aufgrund der theoretisch günstigen Verbindung von ausreichender Elastizität der CF-PEEK-Platten und zusätzlich erhaltener Stabilität bei Zementaugmentation der Schraubenspitzen wäre es interessant, die klinischen Ergebnisse bei Kombination dieser Techniken in zukünftigen Studien zu untersuchen.