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Kurze Instrumente zum Screenen von Suizidalität in der Hausarztpraxis. ein systematischer Review
Kurze Instrumente zum Screenen von Suizidalität in der Hausarztpraxis. ein systematischer Review
Hintergrund Im Jahr 2020 verstarben in der Bundesrepublik Deutschland 9 206 Menschen an Suizid. Fast die Hälfte der Suizidenten besuchte im Monat vor dem Suizid einen Hausarzt. Dieser erkannte die Suizidalität seines Patienten oft nicht. Daher stellt Screening einen ersten und wichtigen Schritt in der Diagnostik von Suizidalität dar. Ziel ist es, suizidale Patienten mit Hilfe kurzer sensitiver und spezifitiver Fragebögen zu identifizieren. Zielsetzung Vorliegende Übersichtsarbeit gibt einen Überblick über vorhandene kurze Screening Instrumente für Suizidalität in der Allgemeinmedizin und Allgemeinbevölkerung und vergleicht diese hinsichtlich ihrer diagnostischen Genauigkeit. Methode Es wurde eine Literaturrecherche in den folgenden Datenbanken durchgeführt: MEDLINE, EMBASE, PSYNDEX, PsychINFO und Cochrane Library. Das Verzerrungsrisiko wurde anhand des QUADAS-2 Tool bewertet. Die Gewissheit der Evidenz wurde mit GRADE eingeschätzt. Der Einsatz der PRISMA Diagnostic Test Accuracy Checkliste diente der Qualitätssicherung. Ein Studienprotokoll wurde prospektiv auf PROSPERO veröffentlicht. Ergebnisse Insgesamt identifizierte die Suchstrategie N = 12 460 Artikel, von denen sieben Studien in die Übersichtsarbeit eingeschlossen werden konnten. Aufgrund der Heterogenität der Studien wurden diese in einer qualitativen Synthese zusammengefasst. In der Population der Allgemeinmedizin wurden drei und in der Allgemeinbevölkerung vier Studien identifiziert, die kurze Screening Instrumente untersuchten. Unterschiedliche Ziel-Zustände wurden betrachtet (Suizidgedanken, Suizidplan, Suizidversuch, Suizidalität im Allgemeinen). Die Prävalenz der Suizidalität wies in den Studien eine große Bandbreite von 1% bis 75% auf. Die Werte für Sensitivität bewegten sich zwischen 26% und 100%. Für die Spezifität ergaben sich Werte zwischen 64% und 99%. Der positive prädiktive Vorhersagewert bewegte sich zwischen 6% und 91%. Der negative prädiktive Vorhersagewert wies durchgehend Werte über 80% auf. Aufgrund fehlender Untersuchung der diagnostischen Genauigkeit mussten acht kurze Screening Instrumente, die Suizidalität in der Allgemeinmedizin oder Allgemeinbevölkerung evaluierten, ausgeschlossen werden. Conclusio Obwohl ein Screening für Suizidalität in der Allgemeinmedizin bereits von unterschiedlichen Leitlinien empfohlen wird, konnten nur wenige Studien identifiziert werden, welche die diagnostische Genauigkeit eines Indextests untersuchten. Die identifizierten Indextests wurden in nur jeweils einer Studie untersucht und müssen ihre diagnostische Genauigkeit in weiteren Studien unter Beweis stellen. Eine Untersuchung der Screening Instrumente bei allgemeinmedizinischen Risikopatienten wäre sowohl aus statistischen Gründen als auch aufgrund der Empfehlung von Fachgesellschaften interessant. Das klinische Urteil des behandelnden Arztes stellt die endgültige Entscheidung dar.
Allgemeinmedizin, Suizidalität, Screener
Frank, Milena
2022
Deutsch
Universitätsbibliothek der Ludwig-Maximilians-Universität München
Frank, Milena (2022): Kurze Instrumente zum Screenen von Suizidalität in der Hausarztpraxis: ein systematischer Review. Dissertation, LMU München: Medizinische Fakultät
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Abstract

Hintergrund Im Jahr 2020 verstarben in der Bundesrepublik Deutschland 9 206 Menschen an Suizid. Fast die Hälfte der Suizidenten besuchte im Monat vor dem Suizid einen Hausarzt. Dieser erkannte die Suizidalität seines Patienten oft nicht. Daher stellt Screening einen ersten und wichtigen Schritt in der Diagnostik von Suizidalität dar. Ziel ist es, suizidale Patienten mit Hilfe kurzer sensitiver und spezifitiver Fragebögen zu identifizieren. Zielsetzung Vorliegende Übersichtsarbeit gibt einen Überblick über vorhandene kurze Screening Instrumente für Suizidalität in der Allgemeinmedizin und Allgemeinbevölkerung und vergleicht diese hinsichtlich ihrer diagnostischen Genauigkeit. Methode Es wurde eine Literaturrecherche in den folgenden Datenbanken durchgeführt: MEDLINE, EMBASE, PSYNDEX, PsychINFO und Cochrane Library. Das Verzerrungsrisiko wurde anhand des QUADAS-2 Tool bewertet. Die Gewissheit der Evidenz wurde mit GRADE eingeschätzt. Der Einsatz der PRISMA Diagnostic Test Accuracy Checkliste diente der Qualitätssicherung. Ein Studienprotokoll wurde prospektiv auf PROSPERO veröffentlicht. Ergebnisse Insgesamt identifizierte die Suchstrategie N = 12 460 Artikel, von denen sieben Studien in die Übersichtsarbeit eingeschlossen werden konnten. Aufgrund der Heterogenität der Studien wurden diese in einer qualitativen Synthese zusammengefasst. In der Population der Allgemeinmedizin wurden drei und in der Allgemeinbevölkerung vier Studien identifiziert, die kurze Screening Instrumente untersuchten. Unterschiedliche Ziel-Zustände wurden betrachtet (Suizidgedanken, Suizidplan, Suizidversuch, Suizidalität im Allgemeinen). Die Prävalenz der Suizidalität wies in den Studien eine große Bandbreite von 1% bis 75% auf. Die Werte für Sensitivität bewegten sich zwischen 26% und 100%. Für die Spezifität ergaben sich Werte zwischen 64% und 99%. Der positive prädiktive Vorhersagewert bewegte sich zwischen 6% und 91%. Der negative prädiktive Vorhersagewert wies durchgehend Werte über 80% auf. Aufgrund fehlender Untersuchung der diagnostischen Genauigkeit mussten acht kurze Screening Instrumente, die Suizidalität in der Allgemeinmedizin oder Allgemeinbevölkerung evaluierten, ausgeschlossen werden. Conclusio Obwohl ein Screening für Suizidalität in der Allgemeinmedizin bereits von unterschiedlichen Leitlinien empfohlen wird, konnten nur wenige Studien identifiziert werden, welche die diagnostische Genauigkeit eines Indextests untersuchten. Die identifizierten Indextests wurden in nur jeweils einer Studie untersucht und müssen ihre diagnostische Genauigkeit in weiteren Studien unter Beweis stellen. Eine Untersuchung der Screening Instrumente bei allgemeinmedizinischen Risikopatienten wäre sowohl aus statistischen Gründen als auch aufgrund der Empfehlung von Fachgesellschaften interessant. Das klinische Urteil des behandelnden Arztes stellt die endgültige Entscheidung dar.