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Arzneimittelsicherheit in der ambulanten Versorgung. Trends in der Prävalenz von Polymedikation und potentiell schwerwiegenden Arzneimittelinteraktionen in der Region Tayside und Fife, Schottland
Arzneimittelsicherheit in der ambulanten Versorgung. Trends in der Prävalenz von Polymedikation und potentiell schwerwiegenden Arzneimittelinteraktionen in der Region Tayside und Fife, Schottland
Hintergrund Polypharmazie ist risikobehaftet und stellt ein zunehmendes Problem für Gesundheitssysteme weltweit dar. Da sich die Prävalenz von Polypharmazie in Schottland zwischen 1995 und 2010 verdoppelt hat, veröffentlichte der NHS Scotland im Jahre 2012 die erste Auflage der „Polypharmazie-Leitlinie Realistisches Verschreiben“ (Polypharmacy Guidance Realistic prescribing), mit dem Ziel, die Arzneimitteltherapiescherheit zu verbessern. In dieser Studie wurde untersucht, wie sich die Prävalenz von Polypharmazie und potentiell schwerwiegenden Arzneimittelinteraktionen im Zeitraum von 2010 bis 2018 in Schottland entwickelte und ob die Einführung der nationalen Polypharmazie-Leitlinie eine Veränderung in der Arzneimittelverordnung bewirkt haben könnte. Methoden Über ein retrospektives, longitudinales Studiendesign wurden Routinedaten des NHS Scotland von allen ca. 600 000 Einwohnern ausgewertet, die zwischen 2010 und 2018 20 Jahre oder älter waren und in den schottischen Regionen Tayside und Fife bei einem Hausarzt registriert waren. Es wurde die Prävalenz von Polypharmazie (fünf oder mehr Wirkstoffgruppen pro Quartal) und potentiell schwerwiegenden Arzneimittelinteraktionen (Anzahl pAMI pro Quartal) für jedes Quartal berechnet, in ihrer Gesamtheit und stratifiziert nach Arzneimittelgruppen (BNF-Kapitel) und patientenindividuellen Faktoren (Alter, Geschlecht, Region). Die Auswertung der pAMI erfolgte auf Basis des pharmazeutischen Nachschlagewerks „Stockley`s Drug Interactions“, wobei Interaktionen mit dem „Stockley`s Schweregrad“ 1 (lebensbedrohlich) und/oder 2 (überwachungspflichtig) als potentiell schwerwiegend eingestuft wurden. Zur Ermittlung signifikanter Trendwenden innerhalb des Studienzeitraums wurden Joinpoint-Regressionsanalysen durchgeführt. Ergebnisse Zwischen 2010 und 2018 war die Prävalenz von Polypharmazie insgesamt leicht rückläufig (von 22,9 % in 2010 auf 22,1 % in 2018). Signifikante Trendwenden wurden in den Jahren 2013 und 2017 ermittelt. Trotz sinkender Arzneimittelverordnungen stieg die Prävalenz von Erwachsenen mit mindestens einer pAMI zwischen 2010 (14,0 %) und 2018 (17,5 %) signifikant an. Die Analyse einzelner patientenindividueller Faktoren ergab, dass der Prävalenzabfall von Polypharmazie bei älteren Personen (≥ 65 Jahren) und der Prävalenzanstieg von pAMI bei jüngeren Personen (< 65 Jahren) jeweils stärker ausgeprägt war. Die Auswertung einzelner Arzneimittelgruppen (BNF-Kapitel) zeigte, dass die am häufigsten verordneten Medikamente für das Herz-Kreislauf-System (25,5 % der Erwachsenen) und das Zentralnervensystem (27,3 %) waren, wobei diese Medikamentengruppen auch durchschnittlich an den meisten pAMI beteiligt waren (8,7 % bzw. 8,5 %). Schlussfolgerung Auch wenn ein zeitlicher Zusammenhang zwischen der Einführung der schottischen Polypharmazie-Leitlinie und einem Rückgang von Arzneimittelverordnungen beobachtet werden konnte, ließ sich im Studienzeitraum ein Anstieg von pAMI verzeichnen. Weitere Studien und Maßnahmen sind nötig, um Polypharmazie und insbesondere pAMI besser verstehen und reduzieren zu können.
Not available
Schneider, Tim
2022
Deutsch
Universitätsbibliothek der Ludwig-Maximilians-Universität München
Schneider, Tim (2022): Arzneimittelsicherheit in der ambulanten Versorgung: Trends in der Prävalenz von Polymedikation und potentiell schwerwiegenden Arzneimittelinteraktionen in der Region Tayside und Fife, Schottland. Dissertation, LMU München: Medizinische Fakultät
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Abstract

Hintergrund Polypharmazie ist risikobehaftet und stellt ein zunehmendes Problem für Gesundheitssysteme weltweit dar. Da sich die Prävalenz von Polypharmazie in Schottland zwischen 1995 und 2010 verdoppelt hat, veröffentlichte der NHS Scotland im Jahre 2012 die erste Auflage der „Polypharmazie-Leitlinie Realistisches Verschreiben“ (Polypharmacy Guidance Realistic prescribing), mit dem Ziel, die Arzneimitteltherapiescherheit zu verbessern. In dieser Studie wurde untersucht, wie sich die Prävalenz von Polypharmazie und potentiell schwerwiegenden Arzneimittelinteraktionen im Zeitraum von 2010 bis 2018 in Schottland entwickelte und ob die Einführung der nationalen Polypharmazie-Leitlinie eine Veränderung in der Arzneimittelverordnung bewirkt haben könnte. Methoden Über ein retrospektives, longitudinales Studiendesign wurden Routinedaten des NHS Scotland von allen ca. 600 000 Einwohnern ausgewertet, die zwischen 2010 und 2018 20 Jahre oder älter waren und in den schottischen Regionen Tayside und Fife bei einem Hausarzt registriert waren. Es wurde die Prävalenz von Polypharmazie (fünf oder mehr Wirkstoffgruppen pro Quartal) und potentiell schwerwiegenden Arzneimittelinteraktionen (Anzahl pAMI pro Quartal) für jedes Quartal berechnet, in ihrer Gesamtheit und stratifiziert nach Arzneimittelgruppen (BNF-Kapitel) und patientenindividuellen Faktoren (Alter, Geschlecht, Region). Die Auswertung der pAMI erfolgte auf Basis des pharmazeutischen Nachschlagewerks „Stockley`s Drug Interactions“, wobei Interaktionen mit dem „Stockley`s Schweregrad“ 1 (lebensbedrohlich) und/oder 2 (überwachungspflichtig) als potentiell schwerwiegend eingestuft wurden. Zur Ermittlung signifikanter Trendwenden innerhalb des Studienzeitraums wurden Joinpoint-Regressionsanalysen durchgeführt. Ergebnisse Zwischen 2010 und 2018 war die Prävalenz von Polypharmazie insgesamt leicht rückläufig (von 22,9 % in 2010 auf 22,1 % in 2018). Signifikante Trendwenden wurden in den Jahren 2013 und 2017 ermittelt. Trotz sinkender Arzneimittelverordnungen stieg die Prävalenz von Erwachsenen mit mindestens einer pAMI zwischen 2010 (14,0 %) und 2018 (17,5 %) signifikant an. Die Analyse einzelner patientenindividueller Faktoren ergab, dass der Prävalenzabfall von Polypharmazie bei älteren Personen (≥ 65 Jahren) und der Prävalenzanstieg von pAMI bei jüngeren Personen (< 65 Jahren) jeweils stärker ausgeprägt war. Die Auswertung einzelner Arzneimittelgruppen (BNF-Kapitel) zeigte, dass die am häufigsten verordneten Medikamente für das Herz-Kreislauf-System (25,5 % der Erwachsenen) und das Zentralnervensystem (27,3 %) waren, wobei diese Medikamentengruppen auch durchschnittlich an den meisten pAMI beteiligt waren (8,7 % bzw. 8,5 %). Schlussfolgerung Auch wenn ein zeitlicher Zusammenhang zwischen der Einführung der schottischen Polypharmazie-Leitlinie und einem Rückgang von Arzneimittelverordnungen beobachtet werden konnte, ließ sich im Studienzeitraum ein Anstieg von pAMI verzeichnen. Weitere Studien und Maßnahmen sind nötig, um Polypharmazie und insbesondere pAMI besser verstehen und reduzieren zu können.