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Quantum anomalous hall effect, domain walls, and disorder in bilayer graphene
Quantum anomalous hall effect, domain walls, and disorder in bilayer graphene
Seit seiner Entdeckung im Jahr 2004 ist das zweidimensionale Material Graphen Gegenstand vieler theoretischer sowie experimenteller Studien, wobei außergewöhnliche mechanische und elektrische Eigenschaften entdeckt wurden. Im Vergleich zur Monolage zeichnet sich Bilagen Graphen durch ähnlich herausragende Qualitäten aus, besitzt dabei aber noch größere Vielseitigkeit, beispielsweise durch eine variierbare Bandlücke. Zudem ist Bilagen Graphen, auf Grund seiner unter gewissen Umständen nicht verschwindenden Zustandsdichte bei Ladungsneutralität, besonders anfällig für korrelierte Zustände. Diese treten durch Elektron-Elektron Wechselwirkungen auf, wobei bestimmte Symmetrien des Systems gebrochen werden und sich das Energiespektrum verändert. Theoretische Studien nennen beispielsweise fünf verwandte Quanten-Hall-Zustände, die durch Brechung der chiralen Symmetrie entstehen können und bei Ladungsneutralität miteinander konkurrieren. Obwohl nach und nach einige dieser Zustände durch die immer besser werdende Qualität der Proben experimentell bestätigt werden konnten, gibt es diesbezüglich noch viele offene Fragestellungen. Insbesondere konnte einer dieser Quanten-Hall-Zustände, die exotische „ALL“-Phase, welche eine teilweise Polarisierung der zum Transport beitragenden Ladungsträger in eine der Graphenlagen und ein orbitales magnetischen Moment aufweist, bisher noch nicht eindeutig beobachtet werden. Des Weiteren ist bisher noch weitestgehend unklar, welche der fünf Quanten-Hall-Phasen der eigentliche Grundzustand von Bilagen Graphen ist, da die bis zum jetzigen Zeitpunkt veröffentlichten Studien keine eindeutigen experimentellen Beobachtungen liefern. Neben dem Auftreten von konkurrierenden Quanten-Hall-Zuständen könnte die Existenz von Fehlern in der Stapelfolge der zwei Graphenlagen eine mögliche Erklärung für die unterschiedlichen Signaturen in Quantentransportmessungen sein. Die Detektion dieser Kristallfehler wurde erst vor Kurzem durch präzise Techniken, wie beispielsweise optische Rasternahfeldmikroskopie, ermöglicht. Obwohl schon eindrucksvoll quantisierter Ladungstransport entlang solcher Kristallfehler im Experiment gezeigt wurde, bleibt ihr Einfluss auf die bei Ladungsneutralität auftretenden Quanten-Hall-Zustände weitestgehend unerforscht. Um die aufgeführten Fragestellungen genauer zu untersuchen, werden in dieser Arbeit Quantentransportmessungen in Bilagen Graphen bei niedrigen Temperaturen präsentiert. Diese wurden an Feldeffekttransistoren, bestehend aus ultrareinem, freischwebenden Bilagen Graphen, dessen elektrische Eigenschaften durch zwei Gate-Elektroden manipulierbar sind, durchgeführt. Besonderes Augenmerk wurde dabei auf die Existenz von Fehlern in der Stapelfolge innerhalb der untersuchten Graphen Flocken gelegt. Sind diese nicht vorhanden, konnte die exotische „ALL“-Phase bei niedrigen Magnetfeldern beobachtet werden, wobei der Zustand in achtfacher Ausführung in Form eines anomalen Quanten-Hall-Effekts mit einer Leitfähigkeit von ±2 e^2 h^(-1) (e ist dabei die Elementarladung und h das Plancksche Wirkungsquantum) auftritt. Die Entdeckung stellt einen überzeugenden Nachweis für orbitalen Magnetismus in Bilagen Graphen dar und verdeutlicht, dass das vermeintlich triviale System einen anomalen Quanten-Hall-Effekt aufweist, ohne dass die Realisierung eines fragilen Moiré-Gitters notwendig ist. Außerdem wurde der Quantentransport entlang Fehlern in der Stapelfolge von Bilagen Graphen untersucht. Dabei wurde ein komplexes Zusammenspiel zwischen topologisch geschütztem Quantentransport entlang eines Kristallfehlers und Quantentransport in Randkanälen, induziert durch den Quanten-Hall-Effekt, entdeckt. Die Messungen zeigen den maßgeblichen Einfluss der häufig vorkommenden Kristallfehler und verdeutlichen, wie wichtig es ist, diesen in zukünftigen Studien zu beachten. Zuletzt wurden die Auswirkungen von Unordnung sowie Fehlern in der Stapelfolge auf den Grundzustand und auf verschiedene Phasenübergänge zwischen Zuständen mit gebrochener Symmetrie in Bilagen Graphen untersucht. Die Ergebnisse helfen schwer erklärbare Signaturen in Quantentransportmessungen aus der Literatur zu verstehen und tragen somit zur eindeutigen Identifikation des Grundzustands von Bilagen Graphen bei. Durch die hier präsentierten Ergebnisse wurden bedeutende Fortschritte im Verständnis komplexer physikalischer Phänomene in Bilagen Graphen erzielt, was zudem die Wichtigkeit weiterer experimenteller Studien an dem Material verdeutlicht., Since the discovery of graphene in 2004, the two-dimensional material has been subject of extensive theoretical and experimental research revealing exceptional electronic and mechanical properties. Bilayer graphene, while inheriting most advantages of its monolayer counterpart, provides even more tunability, e.g. due to its tunable band gap. Moreover, as consequence of the non-vanishing density of states near charge neutrality under certain circumstances, bilayer graphene is susceptible to exotic interaction-driven broken-symmetry states that modify the energetic spectrum. For example, theoretical studies propose the emergence of a family of five competing quantum Hall states at charge neutrality owing to chiral symmetry breaking. Although some of the phases have already been observed experimentally with an increasing level of device quality, bilayer graphene retains many related unanswered questions. For instance, the exotic ALL phase, a quantum anomalous Hall phase with partial layer polarization and substantial orbital moment, has not been pinpointed clearly. Moreover, it is still under debate which of the five broken-symmetry phases is the true ground state, as ambiguous experimental results have been reported from literature. Besides the emergence of competing phases, a possible cause for distinct signatures in quantum transport measurements could be the influence of stacking domain walls in bilayer graphene. Their detection has only become possible recently using precise scanning techniques such as scattering-type scanning near-field optical microscopy. Although quantum transport along such dislocations has been shown, their impact on broken-symmetry states emerging within the zero energy Landau level remains unclear. To shed light on these unexplored aspects, low-temperature transport measurements on high-quality dually gated freestanding bilayer graphene are presented in this thesis, with special attention given to any stacking domain walls present within the bilayer graphene flakes. In their absence, the exotic ALL phase, appearing as an octet of quantum anomalous Hall phases with a conductance of ±2 e^2 h^(-1) (where e is the electronic charge and h is Planck’s constant), was tracked to low magnetic fields, providing compelling evidence for orbital magnetism in bilayer graphene. The findings demonstrate that the seemingly simple Bernal-stacked bilayer graphene exhibits the quantum anomalous Hall effect without the need of fabricating delicate moiré heterostructures. In addition, the quantum transport along stacking domain walls was investigated revealing an intriguing interplay between topological valley and quantum Hall edge transport. The measurements highlight the influence of the commonly occurring stacking domain walls and demonstrate that their impact inevitably needs to be regarded in future experiments. Lastly, the role of disorder and stacking domain walls on the emergence of the spontaneously gapped ground state and various phase transitions between broken-symmetry states was examined. The results contribute to solving the debate about the ground state of bilayer graphene and help to explain related ambiguous observations in literature. All in all, the presented measurements provide major advances in understanding the complex physical phenomena in the seemingly trivial Bernal-stacked bilayer graphene and highlight the importance of continuous experimental effort.
Bilayer graphene, quantum transport
Geisenhof, Fabian Rudolf
2022
Englisch
Universitätsbibliothek der Ludwig-Maximilians-Universität München
Geisenhof, Fabian Rudolf (2022): Quantum anomalous hall effect, domain walls, and disorder in bilayer graphene. Dissertation, LMU München: Fakultät für Physik
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Abstract

Seit seiner Entdeckung im Jahr 2004 ist das zweidimensionale Material Graphen Gegenstand vieler theoretischer sowie experimenteller Studien, wobei außergewöhnliche mechanische und elektrische Eigenschaften entdeckt wurden. Im Vergleich zur Monolage zeichnet sich Bilagen Graphen durch ähnlich herausragende Qualitäten aus, besitzt dabei aber noch größere Vielseitigkeit, beispielsweise durch eine variierbare Bandlücke. Zudem ist Bilagen Graphen, auf Grund seiner unter gewissen Umständen nicht verschwindenden Zustandsdichte bei Ladungsneutralität, besonders anfällig für korrelierte Zustände. Diese treten durch Elektron-Elektron Wechselwirkungen auf, wobei bestimmte Symmetrien des Systems gebrochen werden und sich das Energiespektrum verändert. Theoretische Studien nennen beispielsweise fünf verwandte Quanten-Hall-Zustände, die durch Brechung der chiralen Symmetrie entstehen können und bei Ladungsneutralität miteinander konkurrieren. Obwohl nach und nach einige dieser Zustände durch die immer besser werdende Qualität der Proben experimentell bestätigt werden konnten, gibt es diesbezüglich noch viele offene Fragestellungen. Insbesondere konnte einer dieser Quanten-Hall-Zustände, die exotische „ALL“-Phase, welche eine teilweise Polarisierung der zum Transport beitragenden Ladungsträger in eine der Graphenlagen und ein orbitales magnetischen Moment aufweist, bisher noch nicht eindeutig beobachtet werden. Des Weiteren ist bisher noch weitestgehend unklar, welche der fünf Quanten-Hall-Phasen der eigentliche Grundzustand von Bilagen Graphen ist, da die bis zum jetzigen Zeitpunkt veröffentlichten Studien keine eindeutigen experimentellen Beobachtungen liefern. Neben dem Auftreten von konkurrierenden Quanten-Hall-Zuständen könnte die Existenz von Fehlern in der Stapelfolge der zwei Graphenlagen eine mögliche Erklärung für die unterschiedlichen Signaturen in Quantentransportmessungen sein. Die Detektion dieser Kristallfehler wurde erst vor Kurzem durch präzise Techniken, wie beispielsweise optische Rasternahfeldmikroskopie, ermöglicht. Obwohl schon eindrucksvoll quantisierter Ladungstransport entlang solcher Kristallfehler im Experiment gezeigt wurde, bleibt ihr Einfluss auf die bei Ladungsneutralität auftretenden Quanten-Hall-Zustände weitestgehend unerforscht. Um die aufgeführten Fragestellungen genauer zu untersuchen, werden in dieser Arbeit Quantentransportmessungen in Bilagen Graphen bei niedrigen Temperaturen präsentiert. Diese wurden an Feldeffekttransistoren, bestehend aus ultrareinem, freischwebenden Bilagen Graphen, dessen elektrische Eigenschaften durch zwei Gate-Elektroden manipulierbar sind, durchgeführt. Besonderes Augenmerk wurde dabei auf die Existenz von Fehlern in der Stapelfolge innerhalb der untersuchten Graphen Flocken gelegt. Sind diese nicht vorhanden, konnte die exotische „ALL“-Phase bei niedrigen Magnetfeldern beobachtet werden, wobei der Zustand in achtfacher Ausführung in Form eines anomalen Quanten-Hall-Effekts mit einer Leitfähigkeit von ±2 e^2 h^(-1) (e ist dabei die Elementarladung und h das Plancksche Wirkungsquantum) auftritt. Die Entdeckung stellt einen überzeugenden Nachweis für orbitalen Magnetismus in Bilagen Graphen dar und verdeutlicht, dass das vermeintlich triviale System einen anomalen Quanten-Hall-Effekt aufweist, ohne dass die Realisierung eines fragilen Moiré-Gitters notwendig ist. Außerdem wurde der Quantentransport entlang Fehlern in der Stapelfolge von Bilagen Graphen untersucht. Dabei wurde ein komplexes Zusammenspiel zwischen topologisch geschütztem Quantentransport entlang eines Kristallfehlers und Quantentransport in Randkanälen, induziert durch den Quanten-Hall-Effekt, entdeckt. Die Messungen zeigen den maßgeblichen Einfluss der häufig vorkommenden Kristallfehler und verdeutlichen, wie wichtig es ist, diesen in zukünftigen Studien zu beachten. Zuletzt wurden die Auswirkungen von Unordnung sowie Fehlern in der Stapelfolge auf den Grundzustand und auf verschiedene Phasenübergänge zwischen Zuständen mit gebrochener Symmetrie in Bilagen Graphen untersucht. Die Ergebnisse helfen schwer erklärbare Signaturen in Quantentransportmessungen aus der Literatur zu verstehen und tragen somit zur eindeutigen Identifikation des Grundzustands von Bilagen Graphen bei. Durch die hier präsentierten Ergebnisse wurden bedeutende Fortschritte im Verständnis komplexer physikalischer Phänomene in Bilagen Graphen erzielt, was zudem die Wichtigkeit weiterer experimenteller Studien an dem Material verdeutlicht.

Abstract

Since the discovery of graphene in 2004, the two-dimensional material has been subject of extensive theoretical and experimental research revealing exceptional electronic and mechanical properties. Bilayer graphene, while inheriting most advantages of its monolayer counterpart, provides even more tunability, e.g. due to its tunable band gap. Moreover, as consequence of the non-vanishing density of states near charge neutrality under certain circumstances, bilayer graphene is susceptible to exotic interaction-driven broken-symmetry states that modify the energetic spectrum. For example, theoretical studies propose the emergence of a family of five competing quantum Hall states at charge neutrality owing to chiral symmetry breaking. Although some of the phases have already been observed experimentally with an increasing level of device quality, bilayer graphene retains many related unanswered questions. For instance, the exotic ALL phase, a quantum anomalous Hall phase with partial layer polarization and substantial orbital moment, has not been pinpointed clearly. Moreover, it is still under debate which of the five broken-symmetry phases is the true ground state, as ambiguous experimental results have been reported from literature. Besides the emergence of competing phases, a possible cause for distinct signatures in quantum transport measurements could be the influence of stacking domain walls in bilayer graphene. Their detection has only become possible recently using precise scanning techniques such as scattering-type scanning near-field optical microscopy. Although quantum transport along such dislocations has been shown, their impact on broken-symmetry states emerging within the zero energy Landau level remains unclear. To shed light on these unexplored aspects, low-temperature transport measurements on high-quality dually gated freestanding bilayer graphene are presented in this thesis, with special attention given to any stacking domain walls present within the bilayer graphene flakes. In their absence, the exotic ALL phase, appearing as an octet of quantum anomalous Hall phases with a conductance of ±2 e^2 h^(-1) (where e is the electronic charge and h is Planck’s constant), was tracked to low magnetic fields, providing compelling evidence for orbital magnetism in bilayer graphene. The findings demonstrate that the seemingly simple Bernal-stacked bilayer graphene exhibits the quantum anomalous Hall effect without the need of fabricating delicate moiré heterostructures. In addition, the quantum transport along stacking domain walls was investigated revealing an intriguing interplay between topological valley and quantum Hall edge transport. The measurements highlight the influence of the commonly occurring stacking domain walls and demonstrate that their impact inevitably needs to be regarded in future experiments. Lastly, the role of disorder and stacking domain walls on the emergence of the spontaneously gapped ground state and various phase transitions between broken-symmetry states was examined. The results contribute to solving the debate about the ground state of bilayer graphene and help to explain related ambiguous observations in literature. All in all, the presented measurements provide major advances in understanding the complex physical phenomena in the seemingly trivial Bernal-stacked bilayer graphene and highlight the importance of continuous experimental effort.