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Optimierung des Managements fortgeschrittener Lungenerkrankungen vor und nach Lungentransplantation
Optimierung des Managements fortgeschrittener Lungenerkrankungen vor und nach Lungentransplantation
Chronische Lungenerkrankungen im Endstadium, insbesondere die interstitiellen Lungenerkrankungen, stellen eine enorme individuelle und sozioökonomische Belastung dar und sind mit einem irreversiblen Verlust der Lungenfunktion, einer erheblichen Einschränkung der Lebensqualität sowie Reduktion des Überlebens verbunden. Wenige Prädiktoren für eine Progression der interstitiellen Lungenerkrankung sind bekannt. Die tägliche Heimspirometrie konnte bereits wichtige Informationen über den klinischen Verlauf der idiopathischen Lungenfibrose liefern. Die Erfahrungen sind jedoch begrenzt und die Heimspirometrie stellt bisher kein Routineverfahren in der Patientenversorgung im Bereich der ILD dar. Wir konnten zeigen, dass Patienten mit Progression ihrer Krankheit (definiert als Tod/Lungentransplantation, akute Exazerbationen oder FVC Rückgang >10% relativ) höhere Variabilitäten als Patienten mit stabilem Krankheitsverlauf aufwiesen. Darüber hinaus ist eine FVC-Variabilität ≥7,9% (optimaler Cut-off-Wert) mit einem deutlich kürzeren progressions- und transplantationsfreien Überleben verbunden. Die tägliche Heimspirometrie erleichtert somit die Identifizierung von Patienten, die ein erhöhtes Risiko für das Fortschreiten ihrer Erkrankung haben und daher engmaschigere Kontrollen sowie intensivierte medizinische Versorgung benötigen. Die Flächendeckung der pneumologischen ILD-Versorgung in Deutschland ist vielerorts unzureichend. Wie in anderen Bereichen hält die Digitalisierung auch in der Pneumologie Einzug. Mobile Health bietet enorme Chancen, Patienten mit chronischen Atemwegserkrankungen zu helfen, ihre Therapie korrekt und effektiv anzuwenden sowie frühzeitig Verschlechterungen zu identifizieren. Inwiefern sich also das Krankheitsgeschehen durch eine mittels Heimspirometrie optimierte Patientenüberwachung verbessern lässt, soll in zukünftigen Studien untersucht werden. In einer folgenden Studie untersucht der Habilitand Aktivitätsmessungen, Husten und Lebensqualitätsfragebögen bei Patienten mit progredienter interstitieller Lungenerkrankung, um zu einem besseren Verständnis von individuellen klinischen Verläufen im Bereich der ILD beizutragen. Bei Lungenerkrankungen im Endstadium ist in ausgewählten Fällen die Lungentransplantation die einzige Therapieoption. Jedoch sind die Langzeitergebnisse im Vergleich zu anderen soliden Organtransplantationen unbefriedigend. Neben einer sorgfältigen Patientenselektion stellen die Therapie der chronischen Transplantatabstoßung sowie die Prävention und Behandlung von Infektionskrankheiten nach Lungentransplantation weitere wichtige Säulen dar, um den größtmöglichen Transplantationserfolg zu erzielen. Der postoperative Verlauf stellt eine große Herausforderung dar und kann durch das Auftreten einer primären Transplantatdysfunktion durch Ischämie- und Reperfusionsschäden sowie systemischer Inflammationen erschwert werden. Experimentelle Untersuchungen weisen darauf hin, dass Pirfenidon durch zahlreiche antiinflammatorische Effekte Ischämie- und Reperfusionsschaden abschwächen und Abstoßungsreaktionen verhindern kann. So konnten wir zeigen, dass der Einsatz von Pirfenidon bei Patienten mit idiopathischer Lungenfibrose bis zum Zeitpunkt der Transplantation zu einer kürzeren Beatmungsdauer, geringen primären Transplantatdysfunktionen und weniger zellulären Abstoßungen führt. Dies hat dazu beigetragen, dass heute die antifibrotische Therapie bis zum Tag der Lungentransplantation zum Standard gehört. Inhalativer Nikotinkonsum ist ein Risikofaktor für viele chronische Lungenerkrankungen. Da der Nikotinkonsum nicht immer wahrheitsgemäß angegeben wird, konnten wir durch die Implementierung eines systematischen Cotintin-Screenings dabei helfen, Patienten mit fortbestehendem Suchtverhalten zu identifizieren und eine Hilfestellung zur Entwöhnung vor möglich Lungentransplantation gewährleisten. Die Implementierung hat die Auswahl der LTx-Kandidaten sowie die Vorbereitung zur Lungentransplantation optimiert und wird so langfristig das Transplantationsergebnis verbessern. Chronisches Nierenversagen ist eine häufige und relevante Komorbidität bei Lungentransplantationsempfängern. Bei Patienten mit Nierentransplantation ist die Polyomavirus-assoziierte Nephropathie ein bekanntes Problem, welche unbehandelt zu einem Verlust der Transplantatfunktion führen kann. So konnte gezeigt werden, dass JC- und BK-Virämien sowie -Virurien bei Patienten nach Lungentransplantation häufig vorzufinden und mit einer Verschlechterung der Nierenfunktion verbunden sind. Inwiefern die Anwesenheit des Polyomavirus nach Lungentransplantation ein Biomarker oder ein indirekter Hinweis auf eine mögliche Überimmunsuppression darstellt, muss in zukünftigen multizentrischen Studien überprüft werden. Resistente oder therapierefraktäre CMV-Infektionen stellen hierbei eine große medizinische Herausforderung im Bereich der Transplantationsmedizin dar und führen zu erheblichen Behandlungskosten. So konnten wir erstmalig den erfolgreichen Einsatz von Letermovir bei lungentransplantierten Patienten mit Ganciclovir-resistenter oder therapierefraktärer CMV-Infektion, welche mit früherem Transplantatversagen sowie erhöhter Morbidität und Mortalität verbunden ist, beschreiben. Neben der Verbesserung des Managements von schwer zu behandelbaren CMV-Infektionen konnten wir die CMV-Präventionsstrategie optimieren. So ist die Aufrechterhaltung eines CMV spezifischen T-Zellgedächtnisses essentiell für die Wirtsabwehr und Funktionsfähigkeit des Transplantats. Wir konnten in einer Untersuchung zeigen, dass die Messung der CMV-spezifischen T-Zell-Immunität kurz nach Lungentransplantation ein prädiktiver Marker für das Risiko einer CMV-Infektion darstellt. Da ein dringender Bedarf an individualisierten Prophylaxe-Konzepten mit verminderten toxischen Nebenwirkungen besteht, wird eine Forschungsgruppe um den Habilitanden in Zusammenarbeit mit der Immunologie in zukünftigen prospektiven Arbeiten weitere Konzepte zur Prävention und Integration von spezifischen T-Zellimmunitäten mittels prospektiver Studien erarbeiten.
chronische Lungenerkrankungen, interstitielle Lungenerkrankungen, Lungentransplantation, Zytomegalievirus, chronische Transplantatabstoßung
Veit, Tobias
2022
Deutsch
Universitätsbibliothek der Ludwig-Maximilians-Universität München
Veit, Tobias (2022): Optimierung des Managements fortgeschrittener Lungenerkrankungen vor und nach Lungentransplantation. Habilitationsschrift, LMU München: Medizinische Fakultät
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Abstract

Chronische Lungenerkrankungen im Endstadium, insbesondere die interstitiellen Lungenerkrankungen, stellen eine enorme individuelle und sozioökonomische Belastung dar und sind mit einem irreversiblen Verlust der Lungenfunktion, einer erheblichen Einschränkung der Lebensqualität sowie Reduktion des Überlebens verbunden. Wenige Prädiktoren für eine Progression der interstitiellen Lungenerkrankung sind bekannt. Die tägliche Heimspirometrie konnte bereits wichtige Informationen über den klinischen Verlauf der idiopathischen Lungenfibrose liefern. Die Erfahrungen sind jedoch begrenzt und die Heimspirometrie stellt bisher kein Routineverfahren in der Patientenversorgung im Bereich der ILD dar. Wir konnten zeigen, dass Patienten mit Progression ihrer Krankheit (definiert als Tod/Lungentransplantation, akute Exazerbationen oder FVC Rückgang >10% relativ) höhere Variabilitäten als Patienten mit stabilem Krankheitsverlauf aufwiesen. Darüber hinaus ist eine FVC-Variabilität ≥7,9% (optimaler Cut-off-Wert) mit einem deutlich kürzeren progressions- und transplantationsfreien Überleben verbunden. Die tägliche Heimspirometrie erleichtert somit die Identifizierung von Patienten, die ein erhöhtes Risiko für das Fortschreiten ihrer Erkrankung haben und daher engmaschigere Kontrollen sowie intensivierte medizinische Versorgung benötigen. Die Flächendeckung der pneumologischen ILD-Versorgung in Deutschland ist vielerorts unzureichend. Wie in anderen Bereichen hält die Digitalisierung auch in der Pneumologie Einzug. Mobile Health bietet enorme Chancen, Patienten mit chronischen Atemwegserkrankungen zu helfen, ihre Therapie korrekt und effektiv anzuwenden sowie frühzeitig Verschlechterungen zu identifizieren. Inwiefern sich also das Krankheitsgeschehen durch eine mittels Heimspirometrie optimierte Patientenüberwachung verbessern lässt, soll in zukünftigen Studien untersucht werden. In einer folgenden Studie untersucht der Habilitand Aktivitätsmessungen, Husten und Lebensqualitätsfragebögen bei Patienten mit progredienter interstitieller Lungenerkrankung, um zu einem besseren Verständnis von individuellen klinischen Verläufen im Bereich der ILD beizutragen. Bei Lungenerkrankungen im Endstadium ist in ausgewählten Fällen die Lungentransplantation die einzige Therapieoption. Jedoch sind die Langzeitergebnisse im Vergleich zu anderen soliden Organtransplantationen unbefriedigend. Neben einer sorgfältigen Patientenselektion stellen die Therapie der chronischen Transplantatabstoßung sowie die Prävention und Behandlung von Infektionskrankheiten nach Lungentransplantation weitere wichtige Säulen dar, um den größtmöglichen Transplantationserfolg zu erzielen. Der postoperative Verlauf stellt eine große Herausforderung dar und kann durch das Auftreten einer primären Transplantatdysfunktion durch Ischämie- und Reperfusionsschäden sowie systemischer Inflammationen erschwert werden. Experimentelle Untersuchungen weisen darauf hin, dass Pirfenidon durch zahlreiche antiinflammatorische Effekte Ischämie- und Reperfusionsschaden abschwächen und Abstoßungsreaktionen verhindern kann. So konnten wir zeigen, dass der Einsatz von Pirfenidon bei Patienten mit idiopathischer Lungenfibrose bis zum Zeitpunkt der Transplantation zu einer kürzeren Beatmungsdauer, geringen primären Transplantatdysfunktionen und weniger zellulären Abstoßungen führt. Dies hat dazu beigetragen, dass heute die antifibrotische Therapie bis zum Tag der Lungentransplantation zum Standard gehört. Inhalativer Nikotinkonsum ist ein Risikofaktor für viele chronische Lungenerkrankungen. Da der Nikotinkonsum nicht immer wahrheitsgemäß angegeben wird, konnten wir durch die Implementierung eines systematischen Cotintin-Screenings dabei helfen, Patienten mit fortbestehendem Suchtverhalten zu identifizieren und eine Hilfestellung zur Entwöhnung vor möglich Lungentransplantation gewährleisten. Die Implementierung hat die Auswahl der LTx-Kandidaten sowie die Vorbereitung zur Lungentransplantation optimiert und wird so langfristig das Transplantationsergebnis verbessern. Chronisches Nierenversagen ist eine häufige und relevante Komorbidität bei Lungentransplantationsempfängern. Bei Patienten mit Nierentransplantation ist die Polyomavirus-assoziierte Nephropathie ein bekanntes Problem, welche unbehandelt zu einem Verlust der Transplantatfunktion führen kann. So konnte gezeigt werden, dass JC- und BK-Virämien sowie -Virurien bei Patienten nach Lungentransplantation häufig vorzufinden und mit einer Verschlechterung der Nierenfunktion verbunden sind. Inwiefern die Anwesenheit des Polyomavirus nach Lungentransplantation ein Biomarker oder ein indirekter Hinweis auf eine mögliche Überimmunsuppression darstellt, muss in zukünftigen multizentrischen Studien überprüft werden. Resistente oder therapierefraktäre CMV-Infektionen stellen hierbei eine große medizinische Herausforderung im Bereich der Transplantationsmedizin dar und führen zu erheblichen Behandlungskosten. So konnten wir erstmalig den erfolgreichen Einsatz von Letermovir bei lungentransplantierten Patienten mit Ganciclovir-resistenter oder therapierefraktärer CMV-Infektion, welche mit früherem Transplantatversagen sowie erhöhter Morbidität und Mortalität verbunden ist, beschreiben. Neben der Verbesserung des Managements von schwer zu behandelbaren CMV-Infektionen konnten wir die CMV-Präventionsstrategie optimieren. So ist die Aufrechterhaltung eines CMV spezifischen T-Zellgedächtnisses essentiell für die Wirtsabwehr und Funktionsfähigkeit des Transplantats. Wir konnten in einer Untersuchung zeigen, dass die Messung der CMV-spezifischen T-Zell-Immunität kurz nach Lungentransplantation ein prädiktiver Marker für das Risiko einer CMV-Infektion darstellt. Da ein dringender Bedarf an individualisierten Prophylaxe-Konzepten mit verminderten toxischen Nebenwirkungen besteht, wird eine Forschungsgruppe um den Habilitanden in Zusammenarbeit mit der Immunologie in zukünftigen prospektiven Arbeiten weitere Konzepte zur Prävention und Integration von spezifischen T-Zellimmunitäten mittels prospektiver Studien erarbeiten.