Mafodda, Alessia (2022): Retrospective dosimetry with luminescence measurements on personal items for unplanned exposures. Dissertation, LMU München: Medizinische Fakultät |
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Abstract
Das Risiko einer unfallbedingten Strahlenexposition besteht sowohl bei kleinskaligen Unfällen, die zum Beispiel in Industrie, Technik und Medizin beim beruflichen Umgang mit Strahlenquellen passieren können, als auch bei großskaligen radiologischen Notfällen, wie sie bei schweren Unfällen in einer kerntechnischen Anlage oder gezielten terroristischen Anschlägen mit radioaktiven Materialien auftreten können. Besonders für die zuletzt genannte Art von Notfällen ist eine adäquate Maßnahmenstrategie notwendig, um Entscheidungsträger von der Frühphase eines derartigen Ereignisses bis zur Aufarbeitung der Langzeitfolgen zu unterstützen. Die vorliegende Doktorarbeit, die im Rahmen des Europäischen Forschungsprojektes CONFIDENCE („Coping with uNcertainties For Improved modelling and Decision making in Nuclear emergenCiEs“) durchgeführt wurde, zielt darauf ab, zu zwei Forschungsbereichen einen Beitrag zu leisten. Der erste dieser Bereiche umfasst wissenschaftliche Untersuchungen zur Evaluierung von sogenannten „citizen measurements“ (Bürgerbeteiligung bei Messungen). Daten zur Ortsdosisleistung im Umweltmonitoring könnten durch Laien aus der allgemeinen Bevölkerung erhoben werden, indem der Kamerasensor eines Smartphones mit dafür entwickelten Software Apps genutzt wird. In dieser Arbeit wurden zwei weit verbreitete derartige Apps, „Gammapix“ und „RadioactivityCounter“, im Hinblick auf den dynamischen Bereich einer Messung, die Messdauer, Übereinstimmung mit Referenz-Dosisleistungswerten sowie die Energie- und Richtungsabhängigkeit unter Verwendung von 13 verschiedenen modernen Geräten untersucht. Es zeigte sich, dass der Rauschpegel des verwendeten Kamerasensors den Nachweis bei niedrigeren Dosisleistungen (< 5 µGy h-1) beeinflusste, wodurch Messungen der natürlichen Umgebungsstrahlung sich als schwierig herausstellten, während die App „RadioactivityCounter“ beim Nachweis höherer Dosisleistungen (> 10 µGy h-1) vielversprechende Ergebnisse lieferte. Im zweiten Forschungsbereich wurden Mobiltelefone als passive Zufallsdosimeter untersucht. Die mit Surface Mount Technologie auf der Platine eines Mobiltelefons aufgebrachten Widerstände besitzen einen Keramikkern aus Aluminiumoxid (Al2O3), welches dosimetrische Eigenschaften aufweist und in der vorliegenden Arbeit zur Entwicklung einer neuen Methode der retrospektiven Dosimetrie genutzt wurde. Bei Messungen der Thermolumineszenz (TL) an derartigen Widerständen zeigte sich eine intensive Emission bei einer Wellenlänge von 695 nm, die auf Verunreinigungen mit Cr3+ zurückzuführen ist und Messungen im roten Spektralbereich ermöglichte (sogenannte rote TL oder RTL). Im Vergleich zu früheren Messungen, die im blauen Spektralbereich unter Verwendung von etwa 10 Widerständen durchgeführt worden waren, ergab sich eine signifikante Erhöhung der Messempfindlichkeit. Dies ermöglichte die Entwicklung eines neuen Messprotokolls, optimiert für den niedrigen Dosisbereich und basierend auf nur einem einzelnen Widerstand. Der Vorteil des neuen Messprotokolls liegt unter anderem darin, dass ein einzelner Widerstand potenziell ersetzt werden kann, womit eine Zerstörung des Mobiltelefons verhindert wird. Mögliche Parameter, die die Präzision der Messmethode beeinflussen, wurden untersucht. Die Untersuchungen zeigten, dass Messungen im niedrigen Dosisbereich (≤ 60 mGy) mit Widerständen aus Mobiltelefonen in einem potenziell zerstörungsfreien Ansatz wenige Stunden nach der Bestrahlung mit einer Unsicherheit von 10% möglich ist. Für Dosisbestimmungen nach einem Monat erhöht sich die Unsicherheit auf ca. 25%. Um die in einem Widerstand gemessenen Energiedosen in Organ-Energiedosen des Trägers des Mobiltelefons umrechnen zu können, wurden schließlich Strahlentransportrechnungen mit dem Monte Carlo Code MCNP6.2 durchgeführt. Für das beispielshafte Szenario eines Kernkraftwerksunfalls wurden für eine Bodenkontamination und drei ausgewählte Radionuklide (137Cs, 131I and 147Nd) entsprechende Dosiskonversionsfaktoren berechnet. Zusammenfassend wurde in dieser Arbeit gezeigt, dass a) Laien unter bestimmten Voraussetzungen bei einem radiologischen Notfall Dosisleistungsmessungen mit einem Smartphone durchführen können, falls die zu messenden Dosisleistungen höher als der Untergrund sind, und dass b) mit dem neu entwickelten Messprotokoll Mobiltelefone bei einer unfallbedingten Strahlenexposition als Zufallsdosimeter genutzt werden können, wobei deutlich geringere Strahlendosen als zuvor rekonstruierbar sind und die Funktionalität des Mobiltelefons grundsätzlich nicht gefährdet wird.
Abstract
There is a risk for people to be accidentally exposed to ionising radiation in both, small-scale radiation accidents, for example in working environments where radiological sources are used, and in large-scale nuclear emergency scenarios, such as nuclear power plant accidents or mass-casualty terrorist attacks. Especially for the latter type of emergencies, adequate management strategies are required, in order to guide decision-makers from the “early phase” to the long-term rehabilitation. The scientific work of the present dissertation has been carried out within the European project “Coping with uNcertainties For Improved modelling and Decision making in Nuclear emergenCiEs” (CONFIDENCE), and aimed to contribute to two research activities. The first one dealt with the scientific investigation on the reliability of so-called “citizen measurements” with smartphones. In fact, environmental monitoring dose-rate data might be acquired by laymen from the general population using the Complementary Metal Oxide Semiconductor (CMOS) camera sensor of a smartphone through dedicated applications. In particular, two widely spread applications, “GammaPix” and “RadioactivityCounter”, were characterized with respect to their dynamic range, response time, dose rate response, and energy and angular dependence, for a total of 13 different and up to date devices. It turned out that the noise level of the camera sensors affected the detection at lower dose rates (< 5 μGy h-1), thus natural environmental radioactivity level remained difficult to determine. Nevertheless, overall the “RadiaoctivityCounter” app resulted to be promising in detecting higher levels of contamination (>10 μGy h-1) in most of the smartphones tested. In the second research activity, use of mobile phones as fortuitous dosimeters was investigated. The alumina (Al2O3) substrates of surface-mount resistors placed on mobile phone circuit boards possess dosimetric properties, which was used here to develop a new retrospective dosimetry method. Resistors showed a strong emission due to the Cr3+ emission at a wavelength of 695 nm, thus enabling Thermoluminescence (TL) measurements in the red detection window (RTL). The resulting strong increase in sensitivity, as compared to the earlier protocol where blue light emission and a total of about 10 resistors were used, allowed to establish for the first time a new protocol which is optimized for the low-dose region (10-100 mGy) and is based only on a single resistor. The single resistor can be potentially replaced, leaving the phone intact. Possible parameters affecting the precision of the method were explored. In conclusion, individual dose assessments by sampling resistors from mobile phones, without irreversibly destroying the mobile phones themselves, could be possible within a 10% level of uncertainty for measurements of unknown low doses (≤ 60 mGy) after a few hours after irradiation, and up to 25% for doses in the same range recovered after one month. Finally, the measured doses in the material were translated into organ absorbed doses using the general-purpose Monte Carlo radiation transport code MCNP6.2. Appropriate conversion factors were calculated for a real case scenario of ground contaminated by 137Cs, 131I and 147Nd. In summary, the results of the present dissertation suggest that a) in a radiological emergency laymen may be able to perform useful dose rate measurements with their smartphone if the dose rates are well above background, and that b) the developed new measurement protocol allows mobile phones in general to be used as fortuitous dosimeters after a radiological emergency to reconstruct lower doses than before, potentially without destroying the mobile phones themselves.
Dokumententyp: | Dissertationen (Dissertation, LMU München) |
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Themengebiete: | 600 Technik, Medizin, angewandte Wissenschaften
600 Technik, Medizin, angewandte Wissenschaften > 610 Medizin und Gesundheit |
Fakultäten: | Medizinische Fakultät |
Sprache der Hochschulschrift: | Englisch |
Datum der mündlichen Prüfung: | 27. Juni 2022 |
1. Berichterstatter:in: | Rühm, Werner |
MD5 Prüfsumme der PDF-Datei: | a86084d4f14fe4c04a9d83edf84162c4 |
Signatur der gedruckten Ausgabe: | 0700/UMD 20560 |
ID Code: | 30229 |
Eingestellt am: | 08. Aug. 2022 09:46 |
Letzte Änderungen: | 08. Aug. 2022 09:46 |