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Wirksamkeit einer 3-wöchigen ambulanten Kneippkur auf Schlafparameter von Personen mit nicht-organischen Ein- und Durchschlafstörungen - Teilaspekte einer randomisierten kontrollierten Interventionsstudie
Wirksamkeit einer 3-wöchigen ambulanten Kneippkur auf Schlafparameter von Personen mit nicht-organischen Ein- und Durchschlafstörungen - Teilaspekte einer randomisierten kontrollierten Interventionsstudie
Einleitung: Die Prävalenz von Schlafstörungen nimmt in der Gesellschaft in den letzten Jahren deutlich zu. Schlafstörungen treten in unterschiedlichen Formen auf und sind oftmals mit anderen Erkrankungen vergesellschaftet. Für Erkrankte stellt eine Insomnie einen hohen Leidensdruck dar, da die chronische Schlafstörung zu massiven Einschränkung im kognitiven, psychischen und körperlichen Wohlbefinden, reduzierter Alltagsperformance, Tagesmüdigkeit und zunehmendem Besorgt-Sein um den eigenen guten Schlaf führt. Außerdem führt die Insomnie neben dem eingeschränkten allgemeinen Wohlbefinden zu Ko-Morbiditäten, weshalb Ein- und Durchschlafstörungen ein ernstzunehmendes gesellschaftliches Problem darstellen. Im Rahmen des bayerischen Förderprogramms für Kurorte und Heilbäder wurde innerhalb der Hauptstudie ein multimodales 19-tägiges Kneipp-Präventionsprogramm zur Sekundärprävention von Personen mit nicht-organischen Schlafstörungen im Kurort Füssen entwickelt, getestet und evaluiert. Die vorliegende Dissertation untersucht Teilaspekte der Hauptstudie, um die Effektivität des Kneipp-Präventionskonzeptes bei Personen mit Ein- und Durchschlafstörungen aus den Schlaftagebuchdaten abzuleiten. Die Wirksamkeit der komplexen Kneipp-Intervention wurde mittels 11 unterschiedlicher Variablen des Schlaftagebuchs der DGSM (5 qualitative + 6 quantitative Variablen) erhoben. Methodik: Es wurde eine prospektive, monozentrische, zweiarmige, randomisierte, kontrollierte Interventionsstudie im Wartegruppendesign mit fünf Erhebungszeitpunkten (vor und nach der Intervention sowie drei Follow-up nach 1, 3 und 6 Monaten nach der Intervention) durchgeführt (Hauptstudie). Als Intervention wurde eine ambulante Vorsorgemaßnahme in Form einer 19-tägigen modernen Kneipptherapie in Füssen durchgeführt, die Kontrollgruppe nahm zeitgleich zu Hause an den Befragungen teil. Alle Studieninteressierten wurden nach positiver Eignung (Prüfung der Ein- und Ausschlusskriterien) in eine Interventionsgruppe (IG) oder Kontrollgruppe (KG) randomisiert. Zusätzlich absolvierte die KG als 2. Interventionsgruppe nach Abschluss des 1. Studienzyklus (= 19 Tage Intervention + 3 Follow-up) zeitverzögert die identische Intervention in Füssen mit den gleichen drei Nacherhebungs-Zeitpunkten nach einem, drei und sechs Monaten. Mit Start des 2. Interventionszyklus wird aus der ehemaligen Kontrollgruppe zuhause (KG) die 2. Interventionsgrupp, d.h. die Wartegruppe WG. In der vorliegenden Teilstudie wurde als Befragungsinstrument die Kurzversion des Schlaftagebuchs der DGSM (2009) verwendet. Im Rahmen der Dissertation wurden die Daten des Morgen- und Abendprotokolls für die Kneippkurmaßnahme (19 Tage Intervention) sowie für die Vor- und Nacherhebungszeiträume im STB morgens und abends für jeweils sieben Tagen pro Messzeitpunkt gesammelt (Baseline, 1, 3 und 6 Monate nach Intervention). Die Daten werden deskriptiv und auf Gruppenunterschiede mittels t-Test für abhängige und unabhängige Stichproben analysiert. Das 19-tägige Präventionsprogramm besteht aus den zentralen Bausteinen der modernen Kneipptherapie: Ordnungstherapie in Form eines psychoedukativen Gesundheitscoaching für Schlafstörungen (CBT-ähnliche Trainingsinhalte), unterschiedliche Kneippanwendungen (Hydro- und Thermotherapie), Body-Mind-Verfahren (Yoga, Meditation, Achtsamkeitspraxis), Bewegungseinheiten (Wanderungen und Nordic-Walking-Einheiten), schlafbezogene Ernährungs- und Phytotherapie-Inhalte, ergänzt durch Physiotherapieeinheiten (Massagen). Ergebnisse: Von 100 rekrutierten Teilnehmenden konnten 89 Teilnehmende ausgewertet werden. Die Interventionsgruppe IG (n = 44) zeigt ein durchschnittliches Alter von 55,5 Jahre (SD = 8,4 Jahre) und ist zu 86 % weiblich. Die Kontrollgruppe KG (n = 45) ist im Mittel 55,8 Jahre (SD = 9,1 Jahre) alt, 82 % der Teilnehmenden sind weiblich. In beiden Gruppen ist vor Studienbeginn ein hoher Anteil (98 %) an Personen mit chronischen Schlafstörungen bzw. Schlechtschläfern zu finden. Trotz Zufallsverteilung der Probanden für die Hauptstudie, treten im vorliegenden Teildatensatz des STB signifikante Gruppenunterschiede zur Baseline zwischen IG und KG auf (p < .001): Die IG startet mit einer Schlafeffizienz von 68 % in die Studie, die KG / WG mit 77 %. Die IG verbessert sich signifikant zwischen Baseline und nach sechs Monaten am Studienende in 10 von 11 STB-Variablen: Die wichtigsten schlafverbessernden Ergebnisse sind der Anstieg der Schlafeffizienz um 12 % (p < .001) auf 80 %, Zunahme der Gesamtschlafdauer von 342,1 Minuten um 37,0 Minuten (p < .001) auf 382 Minuten, Verkürzung der Schlaflatenz von 41 Minuten um 13 Minuten auf 28 Minuten (p < .001), Rückgang der nächtlichen Wachzeiten von anfangs 55,3 Minuten auf 32,4 Minuten (Δ = 22,9 Minuten, p < .001), eine verringerte Aufwachhäufigkeit (p < .001) und ein stärker erholsamer Schlaf (p < .001). Ebenso verbessern sich signifikant die qualitativen STB-Variablen morgendliches Befinden (p < .001), Tagesleistungsfähigkeit (p < .004), Rückgang des täglichen Erschöpfungsgefühls (p < .005). Keine signifikanten Veränderungen können im abendlichen Befinden (p < .511) und in der Dauer des Tagschlafs (p < .074) bestätigt werden. Die KG verbessert sich nur in 4 von 11 Variablen im häuslichen Umfeld signifikant zwischen Baseline und letztem Follow-up-Zeitpunkt nach sechs Monaten: Zunahme der Schlafeffizienz um 2 % auf 79 % (p < .012), Verkürzung der nächtlichen Wachzeit um 7,5 Minuten auf 33,3 Minuten (p < 0.12), verringertes Erschöpfungsgefühl (p < .040) und ein besseres abendliches Befinden (p < .012). Die WG erzielt im 2. Studienzyklus nach Durchlaufen des Kneipp-Präventionsprogrammes inkl. Follow-up im Vergleich zum letzten Messwert der KG signifikante Verbesserungen in den Primärzielgrößen: Zunahme der Schlafeffizienz von 77 % um 6 % auf 83 % (p < .001), Verlängerung des Nachschlafes um 23 Minuten auf 405,3 Minuten (p < .001), Verringerung der Schlaflatenz auf 25,9 Minuten (Δ = 5,6 Minuten, p < 0.002) und nächtliche Wachzeit um 19,8 Minuten (p < .001) und längerer Tagschlaf (p < 0.047) sowie signifikante Verbesserung in allen qualitativen STB-Variablen (morgendliches und abendliches Befinden, Erschöpfungsgefühl, Tagesleistungsfähigkeit, Schlafgüte). Die therapeutische Effektstärke der 19-tägigen Kneipp-Präventionsmaßnahme kann für die IG bei der Variable „Schlafeffizienz“ als moderat beschrieben werden (d = 0.585), für neun weitere STB-Variablen sind geringe Effektstärken (d = 0.205 - 0.486) nachweisbar. (Ausnahme: Variable „tägliches Erschöpfungsgefühl“). Das Kneipp-Präventionsprogramm erzielt in beiden Interventionsgruppen IG und WG einen signifikanten Rückgang der Schlaflatenz in den Normbereich (< 30 Minuten). Ebenfalls reduziert das Kneipp-Präventionsprogramm in beiden Gruppen das Ko-Morbiditäts-Risikoprofil für Kurzschlaf (< 6 Stunden) bzw. Langschlaf (> 9 Stunden) zwischen Baseline und letztem Erhebungszeitpunkt: Bei IG um 15 %, WG um 9 %. Die KG verzeichnet eine deutlich geringere Risikominimierung um 3 % zum Ende des 1. Studienzyklus. Diskussion: Die signifikanten und nachhaltigen Verbesserungen des Schlafes in beiden Interventionsgruppen (IG und WG) sind vollumfänglich dem multimodalen nicht-pharmakologischen Kneipp-Präventionsprogramm zuzuschreiben. Die Soforteffekte der 19 Tage Kneipp-Präventionsmaßnahme sind vergleichbar mit den Ergebnissen einer 10-wöchigen ambulanten kognitiven Verhaltenstherapie auf die Schlafvariablen (Verbesserungen Schlafeffizienz Kneipp-Präventionsprogramm: IG 12 % bzw. WG 6 % vs. CBT 9 % und verkürzte Schlaflatenz in Normbereich). Aktuell wird die ambulante CBT als Standardtherapie der Insomnie in verschiedenen Leitlinien definiert. Jedoch kommt es mit Ende der ambulanten CBT-Maßnahme in der Nachbeobachtung zu keiner weiteren Verbesserung im Follow-up, wohingegen die Kneipptherapie kontinuierliche Verbesserungen in den unterschiedlichen Schlafvariablen bis zum letzten Erhebungszeitpunkt nach sechs Monaten initiiert und somit eine deutlich nachhaltigere schlafevozierende Wirkung erzielt. Weder für die CBT-Intervention noch für die Kontrollgruppe innerhalb dieser Dissertation konnte eine stetige Verbesserung bis zum Studienende nach sechs Monaten bestätigt werden. Somit bewirkt die Kneipptherapie nicht nur eine signifikante Verbesserung des Schlafverhaltens, sondern erzielt ergänzend nachhaltige Adaptations- und Trainingseffekte auf das Herz-Kreislauf- und Thermoregulationssystem, Stoffwechsel- und Immunsystem und den zirkadianen Rhythmus. Ebenso wirkt die Kneipptherapie harmonisierend auf die Psyche und das allgemeine Wohlbefinden. Die Kneipptherapie kann aufgrund ihrer Regulationskapazität über die Schlafstörung hinaus auch komorbide Störungen positiv beeinflussen. Dabei beruht die Wirksamkeit der Kneipptherapie auf unterschiedlichen spezifischen wie auch unspezifischen Wirkfaktoren. Die beobachteten Nachwirkungen der Kneipptherapie im Follow-up werden durch komplexe, physiologische Adaptationsprozesse bewirkt, die durch die Kneipptherapie zu Hause weiter unterhalten werden. Die Teilnehmenden beider Interventionsgruppen erfahren eine Neustrukturierung des Lebens angelehnt an die natürlichen Rhythmen des Lebens, erwerben schlafförderndes Wissen, um die Selbstwirksamkeit und schlafevozierende Handlungskompetenzen zu stärken, um somit wieder eigenaktiv das Schlafverhalten kontrollieren zu können. Schließlich wird empfohlen, in Folgestudien den Erfolg des Kneipp-Präventionsprogrammes mittels objektiver Verfahren wie Aktigraphie zu untermauern. Zur Stärke der vorliegenden Dissertation gehört das kontrollierte randomisierte Studiendesign mit Wartegruppe, eine hohe Stichprobengröße an Schlaftagbüchern und die Anwendung eines traditionellen, europäischen Naturheilverfahren. Limitierend für die Verallgemeinerbarkeit der Ergebnisse ist neben den unterschiedlichen Ausgangswerten beider Gruppen auch der hohe Frauenanteil (84 %) sowie der Altersdurchschnitt von 55 Jahren. Fazit: Die Studienergebnisse belegen deutlich, dass das naturheilkundliche Therapiekonzept in Form eines 19-tägigen Kneippkur-Präventionsprogrammes eine nachhaltige und therapeutisch wirkungsvolle Behandlungsoption für die Sekundärprävention von nicht-organischen, lebensstilbedingten Schlafstörungen im Vergleich zur kognitiven Verhaltenstherapie bietet. Somit werden die formulierten Nullhypothesen 1 - 3 verworfen. Zudem kommt es durch die nachhaltige Verbesserung des Schlafes zur deutlichen Minimierung des Risikoprofils für komorbide Erkrankungen aufgrund eines verkürzten Schlafes, wodurch die Nullhypothese falsifiziert wurde. Die moderne Kneipptherapie qualifiziert sich als ein vielversprechendes, neuartiges nicht-pharmakologisches, nebenwirkungsfreies und nachhaltiges Behandlungsregime bei Ein- und Durchschlafstörungen. Das evaluierte Programm „Gesunder Schlaf durch Innere Ordnung“ liefert einen evidenten Wirksamkeitsnachweis der modernen Kneipptherapie. Schließlich sollte die nicht-organische Insomnie als neue Indikation der kurortörtlichen Kneipptherapie zugeführt werden.
Not available
Immich, Gisela
2022
German
Universitätsbibliothek der Ludwig-Maximilians-Universität München
Immich, Gisela (2022): Wirksamkeit einer 3-wöchigen ambulanten Kneippkur auf Schlafparameter von Personen mit nicht-organischen Ein- und Durchschlafstörungen - Teilaspekte einer randomisierten kontrollierten Interventionsstudie. Dissertation, LMU München: Faculty of Medicine
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Abstract

Einleitung: Die Prävalenz von Schlafstörungen nimmt in der Gesellschaft in den letzten Jahren deutlich zu. Schlafstörungen treten in unterschiedlichen Formen auf und sind oftmals mit anderen Erkrankungen vergesellschaftet. Für Erkrankte stellt eine Insomnie einen hohen Leidensdruck dar, da die chronische Schlafstörung zu massiven Einschränkung im kognitiven, psychischen und körperlichen Wohlbefinden, reduzierter Alltagsperformance, Tagesmüdigkeit und zunehmendem Besorgt-Sein um den eigenen guten Schlaf führt. Außerdem führt die Insomnie neben dem eingeschränkten allgemeinen Wohlbefinden zu Ko-Morbiditäten, weshalb Ein- und Durchschlafstörungen ein ernstzunehmendes gesellschaftliches Problem darstellen. Im Rahmen des bayerischen Förderprogramms für Kurorte und Heilbäder wurde innerhalb der Hauptstudie ein multimodales 19-tägiges Kneipp-Präventionsprogramm zur Sekundärprävention von Personen mit nicht-organischen Schlafstörungen im Kurort Füssen entwickelt, getestet und evaluiert. Die vorliegende Dissertation untersucht Teilaspekte der Hauptstudie, um die Effektivität des Kneipp-Präventionskonzeptes bei Personen mit Ein- und Durchschlafstörungen aus den Schlaftagebuchdaten abzuleiten. Die Wirksamkeit der komplexen Kneipp-Intervention wurde mittels 11 unterschiedlicher Variablen des Schlaftagebuchs der DGSM (5 qualitative + 6 quantitative Variablen) erhoben. Methodik: Es wurde eine prospektive, monozentrische, zweiarmige, randomisierte, kontrollierte Interventionsstudie im Wartegruppendesign mit fünf Erhebungszeitpunkten (vor und nach der Intervention sowie drei Follow-up nach 1, 3 und 6 Monaten nach der Intervention) durchgeführt (Hauptstudie). Als Intervention wurde eine ambulante Vorsorgemaßnahme in Form einer 19-tägigen modernen Kneipptherapie in Füssen durchgeführt, die Kontrollgruppe nahm zeitgleich zu Hause an den Befragungen teil. Alle Studieninteressierten wurden nach positiver Eignung (Prüfung der Ein- und Ausschlusskriterien) in eine Interventionsgruppe (IG) oder Kontrollgruppe (KG) randomisiert. Zusätzlich absolvierte die KG als 2. Interventionsgruppe nach Abschluss des 1. Studienzyklus (= 19 Tage Intervention + 3 Follow-up) zeitverzögert die identische Intervention in Füssen mit den gleichen drei Nacherhebungs-Zeitpunkten nach einem, drei und sechs Monaten. Mit Start des 2. Interventionszyklus wird aus der ehemaligen Kontrollgruppe zuhause (KG) die 2. Interventionsgrupp, d.h. die Wartegruppe WG. In der vorliegenden Teilstudie wurde als Befragungsinstrument die Kurzversion des Schlaftagebuchs der DGSM (2009) verwendet. Im Rahmen der Dissertation wurden die Daten des Morgen- und Abendprotokolls für die Kneippkurmaßnahme (19 Tage Intervention) sowie für die Vor- und Nacherhebungszeiträume im STB morgens und abends für jeweils sieben Tagen pro Messzeitpunkt gesammelt (Baseline, 1, 3 und 6 Monate nach Intervention). Die Daten werden deskriptiv und auf Gruppenunterschiede mittels t-Test für abhängige und unabhängige Stichproben analysiert. Das 19-tägige Präventionsprogramm besteht aus den zentralen Bausteinen der modernen Kneipptherapie: Ordnungstherapie in Form eines psychoedukativen Gesundheitscoaching für Schlafstörungen (CBT-ähnliche Trainingsinhalte), unterschiedliche Kneippanwendungen (Hydro- und Thermotherapie), Body-Mind-Verfahren (Yoga, Meditation, Achtsamkeitspraxis), Bewegungseinheiten (Wanderungen und Nordic-Walking-Einheiten), schlafbezogene Ernährungs- und Phytotherapie-Inhalte, ergänzt durch Physiotherapieeinheiten (Massagen). Ergebnisse: Von 100 rekrutierten Teilnehmenden konnten 89 Teilnehmende ausgewertet werden. Die Interventionsgruppe IG (n = 44) zeigt ein durchschnittliches Alter von 55,5 Jahre (SD = 8,4 Jahre) und ist zu 86 % weiblich. Die Kontrollgruppe KG (n = 45) ist im Mittel 55,8 Jahre (SD = 9,1 Jahre) alt, 82 % der Teilnehmenden sind weiblich. In beiden Gruppen ist vor Studienbeginn ein hoher Anteil (98 %) an Personen mit chronischen Schlafstörungen bzw. Schlechtschläfern zu finden. Trotz Zufallsverteilung der Probanden für die Hauptstudie, treten im vorliegenden Teildatensatz des STB signifikante Gruppenunterschiede zur Baseline zwischen IG und KG auf (p < .001): Die IG startet mit einer Schlafeffizienz von 68 % in die Studie, die KG / WG mit 77 %. Die IG verbessert sich signifikant zwischen Baseline und nach sechs Monaten am Studienende in 10 von 11 STB-Variablen: Die wichtigsten schlafverbessernden Ergebnisse sind der Anstieg der Schlafeffizienz um 12 % (p < .001) auf 80 %, Zunahme der Gesamtschlafdauer von 342,1 Minuten um 37,0 Minuten (p < .001) auf 382 Minuten, Verkürzung der Schlaflatenz von 41 Minuten um 13 Minuten auf 28 Minuten (p < .001), Rückgang der nächtlichen Wachzeiten von anfangs 55,3 Minuten auf 32,4 Minuten (Δ = 22,9 Minuten, p < .001), eine verringerte Aufwachhäufigkeit (p < .001) und ein stärker erholsamer Schlaf (p < .001). Ebenso verbessern sich signifikant die qualitativen STB-Variablen morgendliches Befinden (p < .001), Tagesleistungsfähigkeit (p < .004), Rückgang des täglichen Erschöpfungsgefühls (p < .005). Keine signifikanten Veränderungen können im abendlichen Befinden (p < .511) und in der Dauer des Tagschlafs (p < .074) bestätigt werden. Die KG verbessert sich nur in 4 von 11 Variablen im häuslichen Umfeld signifikant zwischen Baseline und letztem Follow-up-Zeitpunkt nach sechs Monaten: Zunahme der Schlafeffizienz um 2 % auf 79 % (p < .012), Verkürzung der nächtlichen Wachzeit um 7,5 Minuten auf 33,3 Minuten (p < 0.12), verringertes Erschöpfungsgefühl (p < .040) und ein besseres abendliches Befinden (p < .012). Die WG erzielt im 2. Studienzyklus nach Durchlaufen des Kneipp-Präventionsprogrammes inkl. Follow-up im Vergleich zum letzten Messwert der KG signifikante Verbesserungen in den Primärzielgrößen: Zunahme der Schlafeffizienz von 77 % um 6 % auf 83 % (p < .001), Verlängerung des Nachschlafes um 23 Minuten auf 405,3 Minuten (p < .001), Verringerung der Schlaflatenz auf 25,9 Minuten (Δ = 5,6 Minuten, p < 0.002) und nächtliche Wachzeit um 19,8 Minuten (p < .001) und längerer Tagschlaf (p < 0.047) sowie signifikante Verbesserung in allen qualitativen STB-Variablen (morgendliches und abendliches Befinden, Erschöpfungsgefühl, Tagesleistungsfähigkeit, Schlafgüte). Die therapeutische Effektstärke der 19-tägigen Kneipp-Präventionsmaßnahme kann für die IG bei der Variable „Schlafeffizienz“ als moderat beschrieben werden (d = 0.585), für neun weitere STB-Variablen sind geringe Effektstärken (d = 0.205 - 0.486) nachweisbar. (Ausnahme: Variable „tägliches Erschöpfungsgefühl“). Das Kneipp-Präventionsprogramm erzielt in beiden Interventionsgruppen IG und WG einen signifikanten Rückgang der Schlaflatenz in den Normbereich (< 30 Minuten). Ebenfalls reduziert das Kneipp-Präventionsprogramm in beiden Gruppen das Ko-Morbiditäts-Risikoprofil für Kurzschlaf (< 6 Stunden) bzw. Langschlaf (> 9 Stunden) zwischen Baseline und letztem Erhebungszeitpunkt: Bei IG um 15 %, WG um 9 %. Die KG verzeichnet eine deutlich geringere Risikominimierung um 3 % zum Ende des 1. Studienzyklus. Diskussion: Die signifikanten und nachhaltigen Verbesserungen des Schlafes in beiden Interventionsgruppen (IG und WG) sind vollumfänglich dem multimodalen nicht-pharmakologischen Kneipp-Präventionsprogramm zuzuschreiben. Die Soforteffekte der 19 Tage Kneipp-Präventionsmaßnahme sind vergleichbar mit den Ergebnissen einer 10-wöchigen ambulanten kognitiven Verhaltenstherapie auf die Schlafvariablen (Verbesserungen Schlafeffizienz Kneipp-Präventionsprogramm: IG 12 % bzw. WG 6 % vs. CBT 9 % und verkürzte Schlaflatenz in Normbereich). Aktuell wird die ambulante CBT als Standardtherapie der Insomnie in verschiedenen Leitlinien definiert. Jedoch kommt es mit Ende der ambulanten CBT-Maßnahme in der Nachbeobachtung zu keiner weiteren Verbesserung im Follow-up, wohingegen die Kneipptherapie kontinuierliche Verbesserungen in den unterschiedlichen Schlafvariablen bis zum letzten Erhebungszeitpunkt nach sechs Monaten initiiert und somit eine deutlich nachhaltigere schlafevozierende Wirkung erzielt. Weder für die CBT-Intervention noch für die Kontrollgruppe innerhalb dieser Dissertation konnte eine stetige Verbesserung bis zum Studienende nach sechs Monaten bestätigt werden. Somit bewirkt die Kneipptherapie nicht nur eine signifikante Verbesserung des Schlafverhaltens, sondern erzielt ergänzend nachhaltige Adaptations- und Trainingseffekte auf das Herz-Kreislauf- und Thermoregulationssystem, Stoffwechsel- und Immunsystem und den zirkadianen Rhythmus. Ebenso wirkt die Kneipptherapie harmonisierend auf die Psyche und das allgemeine Wohlbefinden. Die Kneipptherapie kann aufgrund ihrer Regulationskapazität über die Schlafstörung hinaus auch komorbide Störungen positiv beeinflussen. Dabei beruht die Wirksamkeit der Kneipptherapie auf unterschiedlichen spezifischen wie auch unspezifischen Wirkfaktoren. Die beobachteten Nachwirkungen der Kneipptherapie im Follow-up werden durch komplexe, physiologische Adaptationsprozesse bewirkt, die durch die Kneipptherapie zu Hause weiter unterhalten werden. Die Teilnehmenden beider Interventionsgruppen erfahren eine Neustrukturierung des Lebens angelehnt an die natürlichen Rhythmen des Lebens, erwerben schlafförderndes Wissen, um die Selbstwirksamkeit und schlafevozierende Handlungskompetenzen zu stärken, um somit wieder eigenaktiv das Schlafverhalten kontrollieren zu können. Schließlich wird empfohlen, in Folgestudien den Erfolg des Kneipp-Präventionsprogrammes mittels objektiver Verfahren wie Aktigraphie zu untermauern. Zur Stärke der vorliegenden Dissertation gehört das kontrollierte randomisierte Studiendesign mit Wartegruppe, eine hohe Stichprobengröße an Schlaftagbüchern und die Anwendung eines traditionellen, europäischen Naturheilverfahren. Limitierend für die Verallgemeinerbarkeit der Ergebnisse ist neben den unterschiedlichen Ausgangswerten beider Gruppen auch der hohe Frauenanteil (84 %) sowie der Altersdurchschnitt von 55 Jahren. Fazit: Die Studienergebnisse belegen deutlich, dass das naturheilkundliche Therapiekonzept in Form eines 19-tägigen Kneippkur-Präventionsprogrammes eine nachhaltige und therapeutisch wirkungsvolle Behandlungsoption für die Sekundärprävention von nicht-organischen, lebensstilbedingten Schlafstörungen im Vergleich zur kognitiven Verhaltenstherapie bietet. Somit werden die formulierten Nullhypothesen 1 - 3 verworfen. Zudem kommt es durch die nachhaltige Verbesserung des Schlafes zur deutlichen Minimierung des Risikoprofils für komorbide Erkrankungen aufgrund eines verkürzten Schlafes, wodurch die Nullhypothese falsifiziert wurde. Die moderne Kneipptherapie qualifiziert sich als ein vielversprechendes, neuartiges nicht-pharmakologisches, nebenwirkungsfreies und nachhaltiges Behandlungsregime bei Ein- und Durchschlafstörungen. Das evaluierte Programm „Gesunder Schlaf durch Innere Ordnung“ liefert einen evidenten Wirksamkeitsnachweis der modernen Kneipptherapie. Schließlich sollte die nicht-organische Insomnie als neue Indikation der kurortörtlichen Kneipptherapie zugeführt werden.