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Stoffwechseleffekte und Interaktionen der Hypothalamus-Hypophysen-Nebennieren und -Gonadenachse am Beispiel endokrinologischer Patientenkohorten
Stoffwechseleffekte und Interaktionen der Hypothalamus-Hypophysen-Nebennieren und -Gonadenachse am Beispiel endokrinologischer Patientenkohorten
Hormone sind als wesentliche Botenstoffe des Körpers an einer Vielzahl von Stoffwechselprozessen beteiligt. Insbesondere der Hypothalamus-Hypophysen-Nebennieren (HHN)- sowie der Hypothalamus-Hypophysen-Gonaden (HHG)-Achse kommen hierbei eine wesentliche Bedeutung zu. Patientenpopulationen mit angeborenen oder erworbenen Störungen dieser Hormonsysteme eignen sich als Modell, um detailliertere Rückschlüsse auf deren allgemeine Funktion und Wirkung zu ziehen. Während z.B. allgemein bekannt ist, dass eine langanhaltende, hochdosierte Glukokortikoidtherapie, wie sie bei entzündlichen und insbesondere autoimmunen Krankheitsbildern häufig Verwendung findet, schwere nachteilige Effekte im Hinblick auf die metabolische Gesundheit haben kann, sind die Prozesse, die durch einen endogenen, z.B. stressadaptierten Cortisolüberschuss ausgelöst werden, noch unzureichend verstanden (1). Es ist zwar bekannt, dass z.B. depressive Patienten, bei denen sich meist eine chronische Überaktivität der HHN-Achse nachweisen lässt, ein erhöhtes Risiko für die Entwicklung eines metabolischen Syndroms aufweisen. Ob dieser Zusammenhang jedoch kausal ist, oder vielmehr durch weitere Kofaktoren, wie z.B. einen entsprechenden ungünstigen Lebenswandel erklärt werden kann, ist aktuell noch Gegenstand kontroverser Diskussionen (2). Es besteht darüber hinaus eine enge Interaktion der HHN- mit der HHG-Achse (3). Während allgemein akzeptiert ist, dass eine über einen längeren Zeitraum hinaus anhaltende Stressexposition, im Sinne einer energiekonservierenden Adaptation, zu einer Suppression der Reproduktionsfunktion führt, ist der umgekehrte Zusammenhang, nämlich welchen Einfluss das Sexualhormonmilieu auf die HHN-Aktivität hat, deutlich weniger gut erforscht. Einem weiteren wichtigen Aspekt wurde erst in den letzten Jahren besondere Bedeutung beigemessen, nämlich welche geschlechtsspezifischen Stoffwechseleffekte Testosteron bei Frauen (4) und Estradiol bei Männern besitzt (5). Das am besten untersuchte, weil sehr prävalente Krankheitsbild in diesem Zusammenhang, stellt bei Frauen das sogenannte polyzystische Ovarialsyndrom (PCOS)-Syndrom dar (6). Dieses ist eng mit dem metabolischen Syndrom assoziiert; es existiert aber weiterhin kein komplett überzeugendes pathophysiologisches Erklärungsmodell. Bei Männern wiederum konnte sowohl anhand von angeborenen Defekten im Östrogenrezeptor bzw. im Aromatasegen, als auch im Rahmen von „block and replace“-Studien bei gesunden Probanden gezeigt werden, dass für viele Stoffwechseleffekte, die früher eigentlich direkt dem Testosteron zugeschrieben wurden, in Wirklichkeit die Aromatisierung zu Estradiol entscheidend ist (5). Hormonelle Erkrankungen, die mit einer Über- oder Unterfunktion entsprechender Hormonachsen einhergehen, können hier dazu dienen, sowohl einen genaueren Einblick in die individuellen, geschlechtsspezifischen Stoffwechsel-Effekte der Sexualhormone und Glukokortikoide, als auch in deren Interaktion zu gewinnen, und hieraus mögliche Rückschlüsse auf die Allgemeinbevölkerung zu ziehen. In der vorliegenden Arbeit soll daher anhand von drei besonderen endokrinologischen Patientenpopulationen sowohl exploriert werden, welche spezifischen Stoffwechsel-Effekte durch eine Androgen-Exposition bei Frauen (am Beispiel des adrenogenitalen Syndroms (AGS) und bei männlichen Transgender-Patienten), durch eine Estradiol-Exposition bei Männern (am Beispiel von weiblichen Transgender-Patienten), durch eine Cortisol-Exposition bei beiden Geschlechtern (am Beispiel von Patienten mit sekundärer Nebennierenrindeninsuffizienz bei nichtfunktionellen Hypophysentumoren und Patienten mit primärer Nebennierenrindeninsuffizienz beim AGS) vermittelt werden, als auch aufgezeigt werden, welcher bidirektionale Zusammenhang zwischen der HHN- und der HHG-Achse besteht (am Beispiel des AGS und bei Transgender-Patienten).
AGS, Metabolismus, Stress, Transgender, Cortisol
Auer, Matthias
2022
Deutsch
Universitätsbibliothek der Ludwig-Maximilians-Universität München
Auer, Matthias (2022): Stoffwechseleffekte und Interaktionen der Hypothalamus-Hypophysen-Nebennieren und -Gonadenachse am Beispiel endokrinologischer Patientenkohorten. Habilitationsschrift, LMU München: Medizinische Fakultät
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Abstract

Hormone sind als wesentliche Botenstoffe des Körpers an einer Vielzahl von Stoffwechselprozessen beteiligt. Insbesondere der Hypothalamus-Hypophysen-Nebennieren (HHN)- sowie der Hypothalamus-Hypophysen-Gonaden (HHG)-Achse kommen hierbei eine wesentliche Bedeutung zu. Patientenpopulationen mit angeborenen oder erworbenen Störungen dieser Hormonsysteme eignen sich als Modell, um detailliertere Rückschlüsse auf deren allgemeine Funktion und Wirkung zu ziehen. Während z.B. allgemein bekannt ist, dass eine langanhaltende, hochdosierte Glukokortikoidtherapie, wie sie bei entzündlichen und insbesondere autoimmunen Krankheitsbildern häufig Verwendung findet, schwere nachteilige Effekte im Hinblick auf die metabolische Gesundheit haben kann, sind die Prozesse, die durch einen endogenen, z.B. stressadaptierten Cortisolüberschuss ausgelöst werden, noch unzureichend verstanden (1). Es ist zwar bekannt, dass z.B. depressive Patienten, bei denen sich meist eine chronische Überaktivität der HHN-Achse nachweisen lässt, ein erhöhtes Risiko für die Entwicklung eines metabolischen Syndroms aufweisen. Ob dieser Zusammenhang jedoch kausal ist, oder vielmehr durch weitere Kofaktoren, wie z.B. einen entsprechenden ungünstigen Lebenswandel erklärt werden kann, ist aktuell noch Gegenstand kontroverser Diskussionen (2). Es besteht darüber hinaus eine enge Interaktion der HHN- mit der HHG-Achse (3). Während allgemein akzeptiert ist, dass eine über einen längeren Zeitraum hinaus anhaltende Stressexposition, im Sinne einer energiekonservierenden Adaptation, zu einer Suppression der Reproduktionsfunktion führt, ist der umgekehrte Zusammenhang, nämlich welchen Einfluss das Sexualhormonmilieu auf die HHN-Aktivität hat, deutlich weniger gut erforscht. Einem weiteren wichtigen Aspekt wurde erst in den letzten Jahren besondere Bedeutung beigemessen, nämlich welche geschlechtsspezifischen Stoffwechseleffekte Testosteron bei Frauen (4) und Estradiol bei Männern besitzt (5). Das am besten untersuchte, weil sehr prävalente Krankheitsbild in diesem Zusammenhang, stellt bei Frauen das sogenannte polyzystische Ovarialsyndrom (PCOS)-Syndrom dar (6). Dieses ist eng mit dem metabolischen Syndrom assoziiert; es existiert aber weiterhin kein komplett überzeugendes pathophysiologisches Erklärungsmodell. Bei Männern wiederum konnte sowohl anhand von angeborenen Defekten im Östrogenrezeptor bzw. im Aromatasegen, als auch im Rahmen von „block and replace“-Studien bei gesunden Probanden gezeigt werden, dass für viele Stoffwechseleffekte, die früher eigentlich direkt dem Testosteron zugeschrieben wurden, in Wirklichkeit die Aromatisierung zu Estradiol entscheidend ist (5). Hormonelle Erkrankungen, die mit einer Über- oder Unterfunktion entsprechender Hormonachsen einhergehen, können hier dazu dienen, sowohl einen genaueren Einblick in die individuellen, geschlechtsspezifischen Stoffwechsel-Effekte der Sexualhormone und Glukokortikoide, als auch in deren Interaktion zu gewinnen, und hieraus mögliche Rückschlüsse auf die Allgemeinbevölkerung zu ziehen. In der vorliegenden Arbeit soll daher anhand von drei besonderen endokrinologischen Patientenpopulationen sowohl exploriert werden, welche spezifischen Stoffwechsel-Effekte durch eine Androgen-Exposition bei Frauen (am Beispiel des adrenogenitalen Syndroms (AGS) und bei männlichen Transgender-Patienten), durch eine Estradiol-Exposition bei Männern (am Beispiel von weiblichen Transgender-Patienten), durch eine Cortisol-Exposition bei beiden Geschlechtern (am Beispiel von Patienten mit sekundärer Nebennierenrindeninsuffizienz bei nichtfunktionellen Hypophysentumoren und Patienten mit primärer Nebennierenrindeninsuffizienz beim AGS) vermittelt werden, als auch aufgezeigt werden, welcher bidirektionale Zusammenhang zwischen der HHN- und der HHG-Achse besteht (am Beispiel des AGS und bei Transgender-Patienten).