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Translationale histopathologische Charakterisierung von Aquaporin 4 im Kontext neuroinflammatorischer Erkrankungen mittels digitaler Bildanalyse
Translationale histopathologische Charakterisierung von Aquaporin 4 im Kontext neuroinflammatorischer Erkrankungen mittels digitaler Bildanalyse
Gehirnintrinsische Zytodegeneration triggert eine Umverteilung von Aquaporin 4 mit sekundärer Immunzellinvasion Als einer der Hauptregulatoren der Wasserhomöostase im zentralen Nervensystem wird vermutet, dass Aquaporin 4 (AQP4) eine maßgebliche Rolle an der Ausbildung neuroinflammatorischer Läsionen hat. Nach der Entdeckung von AQP4 als Autoantigen der Neuromyelitis optica (NMO) ist dessen Rolle am Krankheitsgeschehen in den Fokus der Forschung gelangt. Die vorliegende Arbeit hat das Ziel, Veränderungen in der Expression und Verteilung von AQP4 im Kontext von neuroinflammatorischen Tiermodellen, Patienten mit Multipler Sklerose (MS) und pathologischen Prozessen der NMO zu untersuchen. Weibliche C57/BL6 Mäuse wurden in 4 Gruppen unterteilt. Die Kontrollgruppe wurde mit normalem Nagetierfutter gefüttert. In der zweiten Gruppe wurde 5 Wochen lang mit 0,25% Cuprizone (Cup) gefüttert, um einen neurodegenerativen, metabolischen Schaden zu erzeugen. In der dritten Gruppe wurde über eine Injektion von MOG33-55 Experimentelle Autoimmune Encephalomyelitis (EAE) induziert, um eine Autoimmunreaktion zu erzeugen. Die vierte Gruppe erhielt beide Behandlungen (Cup-EAE) und wurde somit 3 Wochen mit Cup und 2 Wochen mit Standardfutter gefüttert, bevor EAE induziert wurde. Immunhistochemische und Immunfluoreszenz-Färbungen von Gehirngewebe wurden konventionell und mit neuartigen digitalen histologischen Methoden untersucht. Blutserum aus allen Versuchsgruppen wurde mittels ELISA auf AQP4-Autoantikörper untersucht. Zusätzlich wurden post mortem Gehirnschnitte verstorbener Patienten mit progessiver MS analysiert. An Vorderhirnläsionen der Versuchstiere im Cuprizone-Modell fand sich eine generalisierte Expressionssteigerung von AQP4 in der grauen und vor allem weißen Substanz. Dieser Effekt konnte auch in Läsionen von PP/SP-MS Patienten nachgewiesen werden. In der grauen Substanz zeigte sich zudem eine generalisierte Umverteilung von AQP4. In der unmittelbaren Umgebung inflammatorischer Gefäße im Cup-EAE Modell fand sich ein fokaler Verlust von AQP4. Diese Läsionen zeigten eine ausgeprägte Zellinfiltration, unter anderem mit neutrophilen Granulozyten. Die Immunzellinfiltration wurde nach längerer vorangehender Cuprizone-Behandlung größer. In den Blutsera der Versuchstiere konnte keine humorale Immunantwort in Form von AQP4-IgG nachgewiesen werden. Die vorliegende Arbeit legt nahe, dass eine primär metabolische Schädigung des Vorderhirns zu einer generalisierten Expressionssteigerung von AQP4 und einem Verlust der AQP4-Polarisation führt. Es fanden sich Hinweise, dass die Invasion peripherer Immunzellen ins Vorderhirn unabhängig vom Auftreten von Autoantikörpern zu einem fokalen Verlust von AQP4 an postkapillären Venolen führt. Zusammengefasst unterstützen die Ergebnisse dieser Arbeit die sog. „inside-out“ Hypothese einer primär neurodegenerativen Pathogenese der MS. Es konnte gezeigt werden, dass sich das Cup-EAE Modell neben der Untersuchung pathologischer Aspekte der MS auch zur Untersuchung der seronegativen NMO-spectrum-disorders eignet. Zukünftige Studien sollten das Cup-EAE Tiermodell noch tiefergehender charakterisieren und primär neurodegenerative Prozesse als vielversprechenden Angriffspunkt neuer MS- und NMO-Therapeutika in den Fokus setzen.
Multiple Sklerose, Neuromyelitis optica, Aquaporin 4, Histologie, Digitale Bildanalyse
Rohr, Sven Olaf
2022
Deutsch
Universitätsbibliothek der Ludwig-Maximilians-Universität München
Rohr, Sven Olaf (2022): Translationale histopathologische Charakterisierung von Aquaporin 4 im Kontext neuroinflammatorischer Erkrankungen mittels digitaler Bildanalyse. Dissertation, LMU München: Medizinische Fakultät
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Abstract

Gehirnintrinsische Zytodegeneration triggert eine Umverteilung von Aquaporin 4 mit sekundärer Immunzellinvasion Als einer der Hauptregulatoren der Wasserhomöostase im zentralen Nervensystem wird vermutet, dass Aquaporin 4 (AQP4) eine maßgebliche Rolle an der Ausbildung neuroinflammatorischer Läsionen hat. Nach der Entdeckung von AQP4 als Autoantigen der Neuromyelitis optica (NMO) ist dessen Rolle am Krankheitsgeschehen in den Fokus der Forschung gelangt. Die vorliegende Arbeit hat das Ziel, Veränderungen in der Expression und Verteilung von AQP4 im Kontext von neuroinflammatorischen Tiermodellen, Patienten mit Multipler Sklerose (MS) und pathologischen Prozessen der NMO zu untersuchen. Weibliche C57/BL6 Mäuse wurden in 4 Gruppen unterteilt. Die Kontrollgruppe wurde mit normalem Nagetierfutter gefüttert. In der zweiten Gruppe wurde 5 Wochen lang mit 0,25% Cuprizone (Cup) gefüttert, um einen neurodegenerativen, metabolischen Schaden zu erzeugen. In der dritten Gruppe wurde über eine Injektion von MOG33-55 Experimentelle Autoimmune Encephalomyelitis (EAE) induziert, um eine Autoimmunreaktion zu erzeugen. Die vierte Gruppe erhielt beide Behandlungen (Cup-EAE) und wurde somit 3 Wochen mit Cup und 2 Wochen mit Standardfutter gefüttert, bevor EAE induziert wurde. Immunhistochemische und Immunfluoreszenz-Färbungen von Gehirngewebe wurden konventionell und mit neuartigen digitalen histologischen Methoden untersucht. Blutserum aus allen Versuchsgruppen wurde mittels ELISA auf AQP4-Autoantikörper untersucht. Zusätzlich wurden post mortem Gehirnschnitte verstorbener Patienten mit progessiver MS analysiert. An Vorderhirnläsionen der Versuchstiere im Cuprizone-Modell fand sich eine generalisierte Expressionssteigerung von AQP4 in der grauen und vor allem weißen Substanz. Dieser Effekt konnte auch in Läsionen von PP/SP-MS Patienten nachgewiesen werden. In der grauen Substanz zeigte sich zudem eine generalisierte Umverteilung von AQP4. In der unmittelbaren Umgebung inflammatorischer Gefäße im Cup-EAE Modell fand sich ein fokaler Verlust von AQP4. Diese Läsionen zeigten eine ausgeprägte Zellinfiltration, unter anderem mit neutrophilen Granulozyten. Die Immunzellinfiltration wurde nach längerer vorangehender Cuprizone-Behandlung größer. In den Blutsera der Versuchstiere konnte keine humorale Immunantwort in Form von AQP4-IgG nachgewiesen werden. Die vorliegende Arbeit legt nahe, dass eine primär metabolische Schädigung des Vorderhirns zu einer generalisierten Expressionssteigerung von AQP4 und einem Verlust der AQP4-Polarisation führt. Es fanden sich Hinweise, dass die Invasion peripherer Immunzellen ins Vorderhirn unabhängig vom Auftreten von Autoantikörpern zu einem fokalen Verlust von AQP4 an postkapillären Venolen führt. Zusammengefasst unterstützen die Ergebnisse dieser Arbeit die sog. „inside-out“ Hypothese einer primär neurodegenerativen Pathogenese der MS. Es konnte gezeigt werden, dass sich das Cup-EAE Modell neben der Untersuchung pathologischer Aspekte der MS auch zur Untersuchung der seronegativen NMO-spectrum-disorders eignet. Zukünftige Studien sollten das Cup-EAE Tiermodell noch tiefergehender charakterisieren und primär neurodegenerative Prozesse als vielversprechenden Angriffspunkt neuer MS- und NMO-Therapeutika in den Fokus setzen.