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NAIL-MS Untersuchungen von RNA-Modifikationen in eukaryotischen Modellorganismen
NAIL-MS Untersuchungen von RNA-Modifikationen in eukaryotischen Modellorganismen
In vielen Bereichen der Wissenschaft gewinnt die Dynamik der RNA-Modifikationen zu-nehmend an Bedeutung. So häufen sich die Nachweise von Korrelationen zwischen be-stimmten RNA-Modifikationen und Krankheitsbildern wie Krebs oder neurologischen Stö-rungen. Mutationen im Enzym TRMT1 und eine damit einhergehende Änderung der m22G-Abundanz wurde beispielsweise mit der neurologischen Erkrankung amyotrophe Late-ralsklerose (ALS) in Verbindung gebracht. Ein besseres allgemeines Verständnis der RNA-Modifikationsdynamik ist daher essenziell. Gerade die molekularen Ursachen und Funktio-nen der Biosynthese sowie der Reifung und des Abbaus von RNA-Molekülen erfordern ein-gehendere Untersuchungen. Massenspektrometrische Analysen tragen dabei maßgeblich zur Untersuchung der molekula-ren Ursachen und Auswirkungen von RNA-Modifikationen bei. Eine Einschränkung dabei ist allerdings, dass größtenteils statische Level analysiert werden und der Aspekt der Modi-fikationsdynamik somit meist vernachlässigt wird. Eine Technik, welche imstande ist, eini-ge der Schwächen von Massenspektrometrie zu kompensieren, ist NAIL-MS (Nucleic Acid Isotope Labeling coupled Mass Spectrometry). Am erfolgversprechendsten ist die mögliche Durchführung von „Pulse-Chase“-Experimenten zur simultanen Analyse bereits existieren-der und neu transkribierter RNA-Moleküle. Das primäre Ziel im Zuge meiner Arbeit bestand daher in der Etablierung und Anwendung von NAIL-MS in Zellkulturen. Die gewünschte Isotopenmarkierung wurde über die Supplementierung von isotopenmarkierten Varianten der Nukleobase Adenin und des Nukleosids Uridin erreicht. Zudem wurde zur Verfolgung von Modifizierungsprozessen dem Zellkulturmedium D3 Methionin zugegeben, welches als Methylgruppen-Donor dient. Durch die anschließende Anwendung von NAIL-MS war es mir beispielsweise möglich auf-zuzeigen, dass das Molekül Rhein vermutlich nicht – wie kürzlich in der Literatur beschrie-ben – eine spezifische Inhibition des Enzyms ALKBH3 hervorruft. ALKBH3 soll für die Demethylierung von m1A und m3C in tRNA-Molekülen verantwortlich sein. Weder über unmarkierte LC-MS/MS-Analytik noch über NAIL-MS-Untersuchungen konnte ich diese Behauptung jedoch bestätigen. Stattdessen konnte über NAIL-MS ein Effekt von Rhein auf die Transkriptionsrate von tRNA-Molekülen festgestellt werden, wodurch die beobachtete Änderung des Modifikationsprofils hervorgerufen werden. Aufgrund dieser Anpassung ent-stand vermutlich die Fehlinterpretation, Rhein sei für die spezifische Inhibition von ALKBH3 geeignet. Die in der Literatur beobachteten Effekte können aufgrund der über NAIL-MS erhobenen Daten demnach aber vielmehr auf allgemeine Adaptionsmechanismen der Zellen zurückgeführt werden. Ebenso gelang es mir, den Effekt des methylierenden Agens Methylmethansulfonat (MMS) auf DNA und RNA näher zu beleuchten. Während MMS in der Wissenschaft oft als Methyl-ierungsagens von DNA-Molekülen verwendet wird, ist eine Methylierung von RNA kaum beschrieben. Über unmarkierte LC-MS/MS-Analytik konnte auch ich ausschließlich Schä-den in DNA, aber nicht in RNA detektieren. Durch die Anwendung von NAIL-MS konnte ich jedoch zeigen, dass in RNA MMS-induzierte Methylierungen vergleichbaren Ausmaßes stattfinden. Besonders ausgeprägt ist dies für m7G in rRNA; entsprechende Schäden in tRNA werden von der Zelle nahezu vollständig ignoriert. Eine Detektion dieser gelang durch un-markierte LC-MS/MS-Analytik nicht, da die Menge an Modifikationen in RNA allgemein sehr hoch ist, und somit die vergleichsweise geringen Signale der induzierten Schäden über-lagert wurden. Die mitunter wohl größte Stärke von NAIL-MS ist die Möglichkeit „Pulse-Chase“-Experimente durchzuführen, um einen genaueren Einblick in die RNA-Modifikationsdynamiken zu gewinnen. NAIL-MS ermöglichte mir somit eine genauere Un-tersuchung des Reifungsprozesses verschiedener RNA-Moleküle. Gängige LC-MS/MS-Analytik kann dadurch um eine Dimension, nämlich Zeit, erweitert werden. So konnte ich zeigen, dass beim Einbau von Modifikationen in tRNAPhe eine sequenzielle Ordnung zu be-stehen scheint. Während bestimmte Modifikationen in der D-Schleife und der TΨC-Schleife vergleichsweise schnell inkorporiert werden, können hohe Mengen der in der Anticodon-Schleife lokalisierten Modifikationen erst später nachgewiesen werden. Eine Hierarchie im Einbau von Modifikationen wurde ebenso über zeitaufgelöste NMR-Experimente nachge-wiesen. Besonders interessant erscheint außerdem die Dynamik von m5U in den meisten tRNA-Isoakzeptoren, speziell aber in tRNAAsn. Die Menge an m5U ist zu Beginn des Lebens-zyklus von tRNA-Molekülen stets höher als erwartet und nimmt erst im Laufe der Reifung ab. Dies deutet auf eine bisher nicht beschriebene aktive Demodifizierung einer m5U-Position hin und könnte als Teil der Reifung von tRNA-Molekülen essenziell sein. Einen besonderen Fokus legte ich auf den molekularen Einfluss der Modifikation Queuosin (Q) und dessen Zucker-Derivate. Der Einbau dieser Modifikationen ist von der, in den zuge-gebenen Nährstoffen enthaltenen Nukleobase Queuin abhängig. Für eine volle Modifizie-rung der Q-Modifikationen in den entsprechenden tRNA-Isoakzeptoren ist eine zusätzliche Supplementierung von Queuin nötig. Über NAIL-MS wurden zahlreiche Effekte dieser Supplementierung auf andere Modifikationen erfasst. Wie bereits zuvor berichtet, wurde eine Abhängigkeit zwischen m5C38 und ManQ34 in tRNAAsp beobachtet. In der hier vorge-legten Arbeit konnte ich näher auf die zugrundeliegenden molekularen Mechanismen einge-hen. Aufgrund der erhobenen Daten wird ein vergleichbarer Effekt für m1Ψ39 in tRNATyr postuliert. Im selben tRNA-Isoakzeptor wurde bei Fehlen von Queuin für die Modifikation m22G eine erhöhte Einbaueffizienz festgestellt. Besonders stark ausgeprägt ist zudem der 20-fache Anstieg von Gm im Vergleich zur ursprünglichen Menge. In An- bzw. Abwesenheit von Queuin scheint die Reifung von tRNA-Molekülen somit stark verändert zu sein. Alle beobachteten Effekte deuten auf eine Abhängigkeit zwischen den einzelnen Modifikationen hin. RNA-Modifikationen, insbesondere in tRNA-Molekülen, sollten daher nicht isoliert, sondern immer in ihrem Netzwerk betrachtet werden. Besonders bei der Untersuchung der Effekte von RNA-Modifikationen und deren Dynamik hinsichtlich der berichteten Krank-heitsmodelle sollte dies beachtet werden. Zusammenfassend konnte ich durch die Anwendung von NAIL-MS zahlreiche bemerkens-werte Mechanismen der Modifikationsdynamik und Unterschiede im Modifikationsprofil beobachten, welche ohne die Anwendung von NAIL-MS größtenteils nicht analysierbar ge-wesen wären. Der Erkenntnisgewinn bezüglich der untersuchten Mechanismen könnte hin-sichtlich des steigenden Interesses an RNA-Modifikationen und deren weitreichenden Ein-flüsse in der Zelle für klinische Zwecke von hoher Relevanz sein., In many areas of science, the dynamics of RNA modifications are becoming increasingly important. There is more and more evidence of correlations between certain RNA modifica-tions and diseases such as cancer or neurological disorders. For example, mutations in the TRMT1 enzyme and an associated change in the amount of m22G modification have been linked to the neurological disease amyotrophic lateral sclerosis (ALS). Therefore, a better general understanding of RNA modification dynamics is essential. Especially the molecular causes and functions of biosynthesis, as well as maturation of RNA molecules, but also of their degradation, require more detailed investigations. Mass spectrometric analyses contribute significantly to the investigation of the molecular causes and effects of RNA modifications. A limitation is, however, that mostly static levels are analyzed, and the aspect of modification dynamics is thus mostly neglected. One tech-nique that is able to compensate for some of the weaknesses of mass spectrometry is NAIL-MS (Nucleic Acid Isotope Labeling coupled Mass Spectrometry). Most promising is the possible performance of Pulse-Chase experiments for simultaneous analysis of pre-existing and newly transcribed RNA molecules. The primary goal of my work was therefore to estab-lish and apply NAIL-MS in cell cultures. The desired isotopic labeling was achieved by sup-plementing isotopically labeled variants of adenine (nucleobase) and uridine (nucleoside). To follow modification processes, D3-methionine was added to the cell culture medium, which serves as a methyl group donor of the methylated modifications. Subsequent application of NAIL-MS allowed me to demonstrate that the small molecule Rhein probably does not cause specific inhibition of the enzyme ALKBH3, as recently de-scribed in literature. ALKBH3 is thought to be responsible for the demethylation of m1A and m3C in tRNA molecules. However, neither via unlabeled LC-MS/MS analysis nor via NAIL-MS studies could I confirm this hypothesis. Instead, NAIL-MS revealed an effect of Rhein on the transcription rate of tRNA molecules, causing the observed change in the modifica-tion profile. This adaptation probably led to the misinterpretation of Rhein being suitable for the specific inhibition of ALKBH3. However, based on the NAIL-MS data, effects observed in literature can rather be attributed to general adaptation mechanisms of the cells. I also succeeded in shedding more light on the effect of the methylating agent methyl me-thanesulfonate (MMS) on DNA and RNA. While MMS is often used in science as a methyl-ating agent of DNA molecules, methylation of RNA has hardly been described. Using unla-beled LC MS/MS analysis, I also could only detect damage in DNA but not in RNA. By us-ing NAIL-MS, however, I was able to show that damage of comparable dimension occurs in RNA molecules. These could not be detected by unlabeled LC-MS/MS analysis, due to the generally very high levels of modifications in RNA molecules. Especially rRNA seems to be affected, whereas damage in tRNA is almost completely ignored by the cell. Probably one of the greatest strengths of NAIL-MS is the ability to perform Pulse-Chase experiments to gain a more detailed insight into RNA modification dynamics. NAIL-MS thus allowed me to examine the maturation process of various RNA molecules in more de-tail. Common LC-MS/MS techniques can thus be extended by the dimension "time". Thus, I could show that there seems to be a sequential order in the incorporation of modifications into tRNAPhe. While certain modifications in the D-loop and the TΨC-loop are incorporated comparatively quickly, high amounts of modifications localized in the anticodon loop can only be detected later. A hierarchy in the incorporation of modifications was also demon-strated by time-resolved NMR experiments. Furthermore, the dynamics of m5U in most tRNA isoacceptors, but especially in tRNAAsn, appears to be particularly interesting. The amount of m5U is always higher than expected at the beginning of the life cycle of tRNA molecules and only decreases during maturation. This suggests a previously undescribed active demodification of an m5U position and could be essential as part of the maturation of tRNA molecules. I placed a particular focus on the molecular impact of the queuosine modifications. The in-corporation of this modification is dependent on the nutrient queuine. For a full modifica-tion of the Q-modifications in the corresponding tRNA isoacceptors, an additional supple-mentation of queuine is necessary. Numerous effects of this supplementation on other modi-fications were detected via NAIL-MS. As previously reported, a dependency between m5C38 and ManQ34 in tRNAAsp was observed. In the work presented here, I was able to elaborate on the underlying molecular mechanisms. Based on the data collected, a comparable effect is postulated for m1Ψ39 in tRNATyr. In the same tRNA isoacceptor, increased incorporation efficiency was observed in the absence of queuine for the m22G modification. Moreover, the 20-fold increase in Gm compared with the original amount is particularly striking. In the presence or absence of queuine, the maturation of tRNA molecules thus appears to be strongly altered. All observed effects indicate a dependence between the individual modifi-cations. RNA modifications, especially in tRNA molecules, should therefore not be consid-ered in isolation but always in their corresponding network. Especially when studying the effects of RNA modifications and their dynamics with respect to reported disease models, this should be kept in mind. In summary, through the application of NAIL-MS, I was able to observe numerous remarka-ble mechanisms of modification dynamics and differences in modification profiles, most of which would not have been analyzable without the application of NAIL-MS. The knowledge of the investigated mechanisms could potentially be of high relevance for clinical purposes due to the increasing interest in RNA modifications and their far-reaching influences in the cell.
RNA-Modifikationen, Epitranskriptomik, LC-MS, Massenspektrometrie, Isotopenmarkierung
Heiß, Matthias
2021
Deutsch
Universitätsbibliothek der Ludwig-Maximilians-Universität München
Heiß, Matthias (2021): NAIL-MS Untersuchungen von RNA-Modifikationen in eukaryotischen Modellorganismen. Dissertation, LMU München: Fakultät für Chemie und Pharmazie
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Abstract

In vielen Bereichen der Wissenschaft gewinnt die Dynamik der RNA-Modifikationen zu-nehmend an Bedeutung. So häufen sich die Nachweise von Korrelationen zwischen be-stimmten RNA-Modifikationen und Krankheitsbildern wie Krebs oder neurologischen Stö-rungen. Mutationen im Enzym TRMT1 und eine damit einhergehende Änderung der m22G-Abundanz wurde beispielsweise mit der neurologischen Erkrankung amyotrophe Late-ralsklerose (ALS) in Verbindung gebracht. Ein besseres allgemeines Verständnis der RNA-Modifikationsdynamik ist daher essenziell. Gerade die molekularen Ursachen und Funktio-nen der Biosynthese sowie der Reifung und des Abbaus von RNA-Molekülen erfordern ein-gehendere Untersuchungen. Massenspektrometrische Analysen tragen dabei maßgeblich zur Untersuchung der molekula-ren Ursachen und Auswirkungen von RNA-Modifikationen bei. Eine Einschränkung dabei ist allerdings, dass größtenteils statische Level analysiert werden und der Aspekt der Modi-fikationsdynamik somit meist vernachlässigt wird. Eine Technik, welche imstande ist, eini-ge der Schwächen von Massenspektrometrie zu kompensieren, ist NAIL-MS (Nucleic Acid Isotope Labeling coupled Mass Spectrometry). Am erfolgversprechendsten ist die mögliche Durchführung von „Pulse-Chase“-Experimenten zur simultanen Analyse bereits existieren-der und neu transkribierter RNA-Moleküle. Das primäre Ziel im Zuge meiner Arbeit bestand daher in der Etablierung und Anwendung von NAIL-MS in Zellkulturen. Die gewünschte Isotopenmarkierung wurde über die Supplementierung von isotopenmarkierten Varianten der Nukleobase Adenin und des Nukleosids Uridin erreicht. Zudem wurde zur Verfolgung von Modifizierungsprozessen dem Zellkulturmedium D3 Methionin zugegeben, welches als Methylgruppen-Donor dient. Durch die anschließende Anwendung von NAIL-MS war es mir beispielsweise möglich auf-zuzeigen, dass das Molekül Rhein vermutlich nicht – wie kürzlich in der Literatur beschrie-ben – eine spezifische Inhibition des Enzyms ALKBH3 hervorruft. ALKBH3 soll für die Demethylierung von m1A und m3C in tRNA-Molekülen verantwortlich sein. Weder über unmarkierte LC-MS/MS-Analytik noch über NAIL-MS-Untersuchungen konnte ich diese Behauptung jedoch bestätigen. Stattdessen konnte über NAIL-MS ein Effekt von Rhein auf die Transkriptionsrate von tRNA-Molekülen festgestellt werden, wodurch die beobachtete Änderung des Modifikationsprofils hervorgerufen werden. Aufgrund dieser Anpassung ent-stand vermutlich die Fehlinterpretation, Rhein sei für die spezifische Inhibition von ALKBH3 geeignet. Die in der Literatur beobachteten Effekte können aufgrund der über NAIL-MS erhobenen Daten demnach aber vielmehr auf allgemeine Adaptionsmechanismen der Zellen zurückgeführt werden. Ebenso gelang es mir, den Effekt des methylierenden Agens Methylmethansulfonat (MMS) auf DNA und RNA näher zu beleuchten. Während MMS in der Wissenschaft oft als Methyl-ierungsagens von DNA-Molekülen verwendet wird, ist eine Methylierung von RNA kaum beschrieben. Über unmarkierte LC-MS/MS-Analytik konnte auch ich ausschließlich Schä-den in DNA, aber nicht in RNA detektieren. Durch die Anwendung von NAIL-MS konnte ich jedoch zeigen, dass in RNA MMS-induzierte Methylierungen vergleichbaren Ausmaßes stattfinden. Besonders ausgeprägt ist dies für m7G in rRNA; entsprechende Schäden in tRNA werden von der Zelle nahezu vollständig ignoriert. Eine Detektion dieser gelang durch un-markierte LC-MS/MS-Analytik nicht, da die Menge an Modifikationen in RNA allgemein sehr hoch ist, und somit die vergleichsweise geringen Signale der induzierten Schäden über-lagert wurden. Die mitunter wohl größte Stärke von NAIL-MS ist die Möglichkeit „Pulse-Chase“-Experimente durchzuführen, um einen genaueren Einblick in die RNA-Modifikationsdynamiken zu gewinnen. NAIL-MS ermöglichte mir somit eine genauere Un-tersuchung des Reifungsprozesses verschiedener RNA-Moleküle. Gängige LC-MS/MS-Analytik kann dadurch um eine Dimension, nämlich Zeit, erweitert werden. So konnte ich zeigen, dass beim Einbau von Modifikationen in tRNAPhe eine sequenzielle Ordnung zu be-stehen scheint. Während bestimmte Modifikationen in der D-Schleife und der TΨC-Schleife vergleichsweise schnell inkorporiert werden, können hohe Mengen der in der Anticodon-Schleife lokalisierten Modifikationen erst später nachgewiesen werden. Eine Hierarchie im Einbau von Modifikationen wurde ebenso über zeitaufgelöste NMR-Experimente nachge-wiesen. Besonders interessant erscheint außerdem die Dynamik von m5U in den meisten tRNA-Isoakzeptoren, speziell aber in tRNAAsn. Die Menge an m5U ist zu Beginn des Lebens-zyklus von tRNA-Molekülen stets höher als erwartet und nimmt erst im Laufe der Reifung ab. Dies deutet auf eine bisher nicht beschriebene aktive Demodifizierung einer m5U-Position hin und könnte als Teil der Reifung von tRNA-Molekülen essenziell sein. Einen besonderen Fokus legte ich auf den molekularen Einfluss der Modifikation Queuosin (Q) und dessen Zucker-Derivate. Der Einbau dieser Modifikationen ist von der, in den zuge-gebenen Nährstoffen enthaltenen Nukleobase Queuin abhängig. Für eine volle Modifizie-rung der Q-Modifikationen in den entsprechenden tRNA-Isoakzeptoren ist eine zusätzliche Supplementierung von Queuin nötig. Über NAIL-MS wurden zahlreiche Effekte dieser Supplementierung auf andere Modifikationen erfasst. Wie bereits zuvor berichtet, wurde eine Abhängigkeit zwischen m5C38 und ManQ34 in tRNAAsp beobachtet. In der hier vorge-legten Arbeit konnte ich näher auf die zugrundeliegenden molekularen Mechanismen einge-hen. Aufgrund der erhobenen Daten wird ein vergleichbarer Effekt für m1Ψ39 in tRNATyr postuliert. Im selben tRNA-Isoakzeptor wurde bei Fehlen von Queuin für die Modifikation m22G eine erhöhte Einbaueffizienz festgestellt. Besonders stark ausgeprägt ist zudem der 20-fache Anstieg von Gm im Vergleich zur ursprünglichen Menge. In An- bzw. Abwesenheit von Queuin scheint die Reifung von tRNA-Molekülen somit stark verändert zu sein. Alle beobachteten Effekte deuten auf eine Abhängigkeit zwischen den einzelnen Modifikationen hin. RNA-Modifikationen, insbesondere in tRNA-Molekülen, sollten daher nicht isoliert, sondern immer in ihrem Netzwerk betrachtet werden. Besonders bei der Untersuchung der Effekte von RNA-Modifikationen und deren Dynamik hinsichtlich der berichteten Krank-heitsmodelle sollte dies beachtet werden. Zusammenfassend konnte ich durch die Anwendung von NAIL-MS zahlreiche bemerkens-werte Mechanismen der Modifikationsdynamik und Unterschiede im Modifikationsprofil beobachten, welche ohne die Anwendung von NAIL-MS größtenteils nicht analysierbar ge-wesen wären. Der Erkenntnisgewinn bezüglich der untersuchten Mechanismen könnte hin-sichtlich des steigenden Interesses an RNA-Modifikationen und deren weitreichenden Ein-flüsse in der Zelle für klinische Zwecke von hoher Relevanz sein.

Abstract

In many areas of science, the dynamics of RNA modifications are becoming increasingly important. There is more and more evidence of correlations between certain RNA modifica-tions and diseases such as cancer or neurological disorders. For example, mutations in the TRMT1 enzyme and an associated change in the amount of m22G modification have been linked to the neurological disease amyotrophic lateral sclerosis (ALS). Therefore, a better general understanding of RNA modification dynamics is essential. Especially the molecular causes and functions of biosynthesis, as well as maturation of RNA molecules, but also of their degradation, require more detailed investigations. Mass spectrometric analyses contribute significantly to the investigation of the molecular causes and effects of RNA modifications. A limitation is, however, that mostly static levels are analyzed, and the aspect of modification dynamics is thus mostly neglected. One tech-nique that is able to compensate for some of the weaknesses of mass spectrometry is NAIL-MS (Nucleic Acid Isotope Labeling coupled Mass Spectrometry). Most promising is the possible performance of Pulse-Chase experiments for simultaneous analysis of pre-existing and newly transcribed RNA molecules. The primary goal of my work was therefore to estab-lish and apply NAIL-MS in cell cultures. The desired isotopic labeling was achieved by sup-plementing isotopically labeled variants of adenine (nucleobase) and uridine (nucleoside). To follow modification processes, D3-methionine was added to the cell culture medium, which serves as a methyl group donor of the methylated modifications. Subsequent application of NAIL-MS allowed me to demonstrate that the small molecule Rhein probably does not cause specific inhibition of the enzyme ALKBH3, as recently de-scribed in literature. ALKBH3 is thought to be responsible for the demethylation of m1A and m3C in tRNA molecules. However, neither via unlabeled LC-MS/MS analysis nor via NAIL-MS studies could I confirm this hypothesis. Instead, NAIL-MS revealed an effect of Rhein on the transcription rate of tRNA molecules, causing the observed change in the modifica-tion profile. This adaptation probably led to the misinterpretation of Rhein being suitable for the specific inhibition of ALKBH3. However, based on the NAIL-MS data, effects observed in literature can rather be attributed to general adaptation mechanisms of the cells. I also succeeded in shedding more light on the effect of the methylating agent methyl me-thanesulfonate (MMS) on DNA and RNA. While MMS is often used in science as a methyl-ating agent of DNA molecules, methylation of RNA has hardly been described. Using unla-beled LC MS/MS analysis, I also could only detect damage in DNA but not in RNA. By us-ing NAIL-MS, however, I was able to show that damage of comparable dimension occurs in RNA molecules. These could not be detected by unlabeled LC-MS/MS analysis, due to the generally very high levels of modifications in RNA molecules. Especially rRNA seems to be affected, whereas damage in tRNA is almost completely ignored by the cell. Probably one of the greatest strengths of NAIL-MS is the ability to perform Pulse-Chase experiments to gain a more detailed insight into RNA modification dynamics. NAIL-MS thus allowed me to examine the maturation process of various RNA molecules in more de-tail. Common LC-MS/MS techniques can thus be extended by the dimension "time". Thus, I could show that there seems to be a sequential order in the incorporation of modifications into tRNAPhe. While certain modifications in the D-loop and the TΨC-loop are incorporated comparatively quickly, high amounts of modifications localized in the anticodon loop can only be detected later. A hierarchy in the incorporation of modifications was also demon-strated by time-resolved NMR experiments. Furthermore, the dynamics of m5U in most tRNA isoacceptors, but especially in tRNAAsn, appears to be particularly interesting. The amount of m5U is always higher than expected at the beginning of the life cycle of tRNA molecules and only decreases during maturation. This suggests a previously undescribed active demodification of an m5U position and could be essential as part of the maturation of tRNA molecules. I placed a particular focus on the molecular impact of the queuosine modifications. The in-corporation of this modification is dependent on the nutrient queuine. For a full modifica-tion of the Q-modifications in the corresponding tRNA isoacceptors, an additional supple-mentation of queuine is necessary. Numerous effects of this supplementation on other modi-fications were detected via NAIL-MS. As previously reported, a dependency between m5C38 and ManQ34 in tRNAAsp was observed. In the work presented here, I was able to elaborate on the underlying molecular mechanisms. Based on the data collected, a comparable effect is postulated for m1Ψ39 in tRNATyr. In the same tRNA isoacceptor, increased incorporation efficiency was observed in the absence of queuine for the m22G modification. Moreover, the 20-fold increase in Gm compared with the original amount is particularly striking. In the presence or absence of queuine, the maturation of tRNA molecules thus appears to be strongly altered. All observed effects indicate a dependence between the individual modifi-cations. RNA modifications, especially in tRNA molecules, should therefore not be consid-ered in isolation but always in their corresponding network. Especially when studying the effects of RNA modifications and their dynamics with respect to reported disease models, this should be kept in mind. In summary, through the application of NAIL-MS, I was able to observe numerous remarka-ble mechanisms of modification dynamics and differences in modification profiles, most of which would not have been analyzable without the application of NAIL-MS. The knowledge of the investigated mechanisms could potentially be of high relevance for clinical purposes due to the increasing interest in RNA modifications and their far-reaching influences in the cell.