Kirstein, Jessica (2021): Die ADHS Prävalenz und Persistenz sowie der Einfluss von Kindheitserfahrungen auf ADHS bei Eltern und ihren Kindern. Dissertation, LMU München: Medizinische Fakultät |
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Abstract
Das Ziel der vorliegenden Arbeit ist die Untersuchung der Prävalenz und Persistenz von ADHS sowie des Zusammenhangs zwischen ADHS und negativen und positiven Kindheitserlebnissen. Dafür wurden 197 Eltern untersucht. Von diesen Eltern hatten 89 ein Kind mit ADHS Diagnose (Experimentalgruppe), 108 hatten ein Kind ohne psychiatrische Vorerkrankung (Vergleichsgruppe). Sozioökonomische Umstände, ADHS Symptomatik in Kindheit und im Erwachsenenalter sowie Kindheitserfahrungen der Eltern wurden per Fragebogen von den Eltern angegeben. Sozioökonomische Daten wurden mittels des Lebensumstände-Fragebogens (Brisch, 2000) untersucht. Die ADHS Prävalenz der Eltern wurde mit dem WURS-K Fragebogen (Retz-Junginger et al., 2002) für die Symptomatik in der Kindheit und dem ADSA Fragebogen (Triolo & Murphy, 1996) für die aktuelle Symptomatik gemessen. Die Art und Anzahl negativer Kindheitserlebnisse wurden mittels des TAQ Fragebogens (Van der Kolk, 1997) abgefragt, welcher neun potentiell traumatische Kindheitserlebnisse beinhaltet, sowie zwei positive Skalen, welche als Resilienzfaktoren Sicherheit und Kompetenz in der Kindheit gewertet wurden. Die Ergebnisse zeigten eine ADHS Prävalenz der gesamten Stichprobe von 7% im Kindesalter und 6% im Erwachsenenalter. Die Experimentalgruppe zeigte eine signifikant höhere ADHS Prävalenz in der Kindheit, im Erwachsenenalter unterschieden sich die Gruppen nicht signifikant. Die ADHS-Persistenz der gesamten Stichprobe war mit 3% niedriger als in vergangenen Studien, ohne signifikanten Unterschied zwischen den Gruppen. Negative Kindheitserfahrungen waren für die vorliegende Stichprobe hoch: 78% gaben an, mindestens eine negative Erfahrung gemacht zu haben, 60% hatten mehr als eine negative Erfahrung gemacht. Sowohl die aktuelle ADHS Symptomatik der Eltern als auch die retrospektive Symptomatik im Kindesalter zeigten ähnlich signifikante Zusammenhänge mit negativen Kindheitserlebnissen. Vernachlässigung, emotionale Misshandlung, körperliche Misshandlung und häusliche Gewalt waren für das Kindesalter sowie für ADHS im Erwachsenenalter signifikant. Für ADHS im Kindesalter war die Kindheitserfahrung Geheimnisse innerhalb der Familie zusätzlich signifikant. Es wurde eine high-risk Gruppe gebildet, welche vier oder mehr negative Kindheitserfahrungen zwischen 0 und 18 Jahren gemacht hatte. Diese Gruppe hatte signifikant höhere ADHS Prävalenzen als die low-risk Gruppe (bis zu drei negative Kindheitserfahrungen), sowohl im Kindesalter als auch im Erwachsenenalter. Die high-risk Gruppe zeigte auch eine höhere ADHS Persistenz und hatte ein erhöhtes Risiko im Erwachsenenalter geschieden oder getrennt vom anderen Elternteil ihres Kindes zu leben. Nachdem für sozioökonomische Faktoren, Kindheitserfahrungen und Gruppenzugehörigkeit kontrolliert wurde, korrelierte ADHS in der Kindheit weiterhin signifikant mit ADHS im Erwachsenenalter. ADHS in der Kindheit war außerdem partieller Mediator zwischen negativen Kindheitserlebnissen und ADHS des Erwachsenenalters. Im Gruppenvergleich zeigte die Experimentalgruppe eine signifikant höhere Anzahl an negativen Kindheitserlebnissen und hatte signifikant häufiger Trennungserfahrungen in der Kindheit gemacht als die Vergleichsgruppe. Hinsichtlich des Zusammenhangs zwischen ADHS und negativen Kindheitserfahrungen unterschieden sich die Gruppen nicht signifikant. Gefühle von Sicherheit und Kompetenz in der Kindheit gingen mit einer niedrigeren ADHS Prävalenz und Persistenz einher, dieser Zusammenhang zeigte sich nur für Experimentalgruppe. Zusammenfassend zeigt diese Arbeit, dass ADHS des Kindesalters ein Risikofaktor zu sein scheint, sowohl für ADHS des Erwachsenenalters als auch für ADHS der nächsten Generation. Negative Kindheitserlebnisse erhöhen das Risiko für ADHS, vor allem multiple Kindheitstraumata scheinen einen ungünstigen Effekt auf die ADHS Prävalenz von Kindern sowie auf ADHS der nächsten Generation zu haben. Limitationen der Studie sind die Methodik der Befragung sowie die Größe der Stichprobe. Ausblickend ist eine Betrachtung der gesamten Familiensituation essentiell, um mögliche Ursachen von ADHS zu ergründen und Risikofaktoren zu mildern.
Dokumententyp: | Dissertationen (Dissertation, LMU München) |
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Themengebiete: | 600 Technik, Medizin, angewandte Wissenschaften
600 Technik, Medizin, angewandte Wissenschaften > 610 Medizin und Gesundheit |
Fakultäten: | Medizinische Fakultät |
Sprache der Hochschulschrift: | Deutsch |
Datum der mündlichen Prüfung: | 1. Juli 2021 |
1. Berichterstatter:in: | Brisch, Karl Heinz |
MD5 Prüfsumme der PDF-Datei: | f34a7c1fd4723f8eca0ffe31b00c46d7 |
Signatur der gedruckten Ausgabe: | 0700/UMD 19830 |
ID Code: | 28228 |
Eingestellt am: | 13. Aug. 2021 09:26 |
Letzte Änderungen: | 04. Dec. 2024 15:02 |