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Untersuchungen der Blicksteuerung bei Patienten mit peripheren und zentralen okulomotorischen und vestibulären Störungen
Untersuchungen der Blicksteuerung bei Patienten mit peripheren und zentralen okulomotorischen und vestibulären Störungen
Ein Ziel der dieser Habilitationsschrift zugrunde liegenden Versuche war es, durch ein tieferes Verständnis der Mechanismen, die der Blicksteuerung zugrunde liegen, die klinische Diagnostik peripherer und zentraler okulomotorischer und vestibulärer Störungen zu verbessern. Der Fokus lag auf den folgenden fünf unterschiedlichen Projekten mit verschiede-nen methodischen Zugängen, die von Untersuchungen bei Patienten mit strukturellen Läsionen im Mittelhirn bis hin zu methodischen Analysen zur Messung der Funk-tion des VOR reichten und damit ein weites Spektrum erfassten: 1) Systematische Untersuchung dreidimensionaler, kombinierter Augen- und Kopf-bewegungen (Blickbewegungen) bei Normalpersonen und bei Patienten mit Mittel-hirnläsionen 2) Analyse des VOR und Korrelation mit bildmorphologischen Veränderungen bei Patienten mit bilateralen vestibulären Defiziten und zusätzlichen zerebellären Störungen 3) Untersuchung der räumlichen Orientierung in Korrelation mit Veränderungen der Anatomie des limbischen Systems und der weißen Substanz bei Patienten mit bilateraler Vestibulopathie 4) Visuelle Fixation bei Patienten mit zerebellären Störungen, insbesondere mit Downbeat-Nystagmus 5) Ein direkter methodischer Vergleich von zwei Video-Kopfimpuls- (vHIT) Syste-men zur Quantifizierung des angulären VOR Dazu wurde ein breites Spektrum an Messmethoden eingesetzt: Zum Beispiel wur-den Kopf- und Augenbewegungen von Probanden und Patienten mittels der Search Coil-Methode (Robinson 1963) und der Videookulografie analysiert (Übersicht in (Bedell und Stevenson 2013; Eggert 2007)). Zusätzlich wurde sehr eng mit Ingeni-euren, Physikern und Mathematikern zusammengearbeitet, um Methodik und Ana-lyse der experimentellen Ergebnisse zu optimieren. Veränderungen in der kraniellen Bildgebung wurden mittels Verfahren wie der voxelbasierten Morphometrie in der Magnetresonanztomographie erfasst. Verhaltensaufgabenbezogene Veränderungen wurden unter anderem mit dem virtuellen Morris-Wasserlabyrinth analysiert. So konnten anatomische und verhaltensbezogene Veränderungen mit der Blicksteue-rung korreliert werden. Die in dieser Habilitationsschrift zusammengefassten Arbeiten befassen sich mit verschiedenen Aspekten der Blicksteuerung bei Gesunden und Patienten mit unter-schiedlichen peripheren vestibulären und zentralen Erkrankungen; dabei wurde ein breites Spektrum unterschiedlicher Messmethoden eingesetzt – von der Search-Coil Methode über die voxelbasierte Morphometrie im MRT bis hin zum virtuellen Morris-Wasserlabyrinth -, um projektbezogen die einzelnen Fragestellungen spezifisch zu untersuchen. Die wesentlichen Ergebnisse lassen sich wie folgt zusammenfassen: 1) A. Bei freien Blickbewegungen setzt der Kopf eine sog. Torque-basierte Strate-gie (optimale Kontrolle) ein, wogegen das Auge einen Mittelweg zwischen opti-maler und potenzieller Strategie zur Minimierung der angewendeten Kraft ver-wendet. B. Mittelhirnläsionen führen zur kontralateralen Verkippung des Kopfs bei und nach einer Blickbewegung. C. Isolierte, einseitige riMLF-Läsionen bei Menschen führen bei vertikalen Sak-kaden zu einer kontralateralen torsionellen Abweichung des Auges. 2) Zerebelläre Ataxien können auch ohne peripheres vestibuläres Funktionsdefizit klinisch mit einem (falsch-)pathologischen Kopfimpulstest einhergehen. Dies ist am ehesten auf eine Flokkulusdysfunktion zurückzuführen. In diesem Fall ist die niedrigfrequente VOR-Testung mittels kalorischer Testung zuverlässiger zur Detektion einer konkomitanten peripheren vestibulären Störung als die hochfrequente VOR-Testung mittels des Kopfimpulstests. 3) Die bilaterale Vestibulopathie verursacht Defizite in der räumlichen Orientierung und strukturelle Veränderungen im limbischen System und in der weißen Substanz. 4) Die schnellen Phasen des Downbeat-Nystagmus sind nicht immer rein kompensatorisch und verändern sich unter visueller Fixation, unabhängig von der lang-samen Phase. 5) A. Die beiden am häufigsten eingesetzten kommerziellen Video-HIT-Systeme liefern identische Ergebnisse. B. Bei der Auswertung und Beurteilung des Video-HIT muss beachtet werden, dass der VOR-Gain in die Richtung des registrierten Auges um 5 % höher ist als in die entgegengesetzte Richtung. Diese Arbeiten tragen zum besseren Verständnis der Physiologie und Pathophysio-logie sowie zur korrekten topografisch-anatomischen Diagnose innerhalb der komplexen peripheren und zentralen okulomotorischen Systeme bei.
Okulomotorik, RIMLF, vestibulookulärer Relfex, nystagmus, Mittelhirn, räumliche Orientierung
Kremmyda, Olympia
2021
Deutsch
Universitätsbibliothek der Ludwig-Maximilians-Universität München
Kremmyda, Olympia (2021): Untersuchungen der Blicksteuerung bei Patienten mit peripheren und zentralen okulomotorischen und vestibulären Störungen. Habilitationsschrift, LMU München: Medizinische Fakultät
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Abstract

Ein Ziel der dieser Habilitationsschrift zugrunde liegenden Versuche war es, durch ein tieferes Verständnis der Mechanismen, die der Blicksteuerung zugrunde liegen, die klinische Diagnostik peripherer und zentraler okulomotorischer und vestibulärer Störungen zu verbessern. Der Fokus lag auf den folgenden fünf unterschiedlichen Projekten mit verschiede-nen methodischen Zugängen, die von Untersuchungen bei Patienten mit strukturellen Läsionen im Mittelhirn bis hin zu methodischen Analysen zur Messung der Funk-tion des VOR reichten und damit ein weites Spektrum erfassten: 1) Systematische Untersuchung dreidimensionaler, kombinierter Augen- und Kopf-bewegungen (Blickbewegungen) bei Normalpersonen und bei Patienten mit Mittel-hirnläsionen 2) Analyse des VOR und Korrelation mit bildmorphologischen Veränderungen bei Patienten mit bilateralen vestibulären Defiziten und zusätzlichen zerebellären Störungen 3) Untersuchung der räumlichen Orientierung in Korrelation mit Veränderungen der Anatomie des limbischen Systems und der weißen Substanz bei Patienten mit bilateraler Vestibulopathie 4) Visuelle Fixation bei Patienten mit zerebellären Störungen, insbesondere mit Downbeat-Nystagmus 5) Ein direkter methodischer Vergleich von zwei Video-Kopfimpuls- (vHIT) Syste-men zur Quantifizierung des angulären VOR Dazu wurde ein breites Spektrum an Messmethoden eingesetzt: Zum Beispiel wur-den Kopf- und Augenbewegungen von Probanden und Patienten mittels der Search Coil-Methode (Robinson 1963) und der Videookulografie analysiert (Übersicht in (Bedell und Stevenson 2013; Eggert 2007)). Zusätzlich wurde sehr eng mit Ingeni-euren, Physikern und Mathematikern zusammengearbeitet, um Methodik und Ana-lyse der experimentellen Ergebnisse zu optimieren. Veränderungen in der kraniellen Bildgebung wurden mittels Verfahren wie der voxelbasierten Morphometrie in der Magnetresonanztomographie erfasst. Verhaltensaufgabenbezogene Veränderungen wurden unter anderem mit dem virtuellen Morris-Wasserlabyrinth analysiert. So konnten anatomische und verhaltensbezogene Veränderungen mit der Blicksteue-rung korreliert werden. Die in dieser Habilitationsschrift zusammengefassten Arbeiten befassen sich mit verschiedenen Aspekten der Blicksteuerung bei Gesunden und Patienten mit unter-schiedlichen peripheren vestibulären und zentralen Erkrankungen; dabei wurde ein breites Spektrum unterschiedlicher Messmethoden eingesetzt – von der Search-Coil Methode über die voxelbasierte Morphometrie im MRT bis hin zum virtuellen Morris-Wasserlabyrinth -, um projektbezogen die einzelnen Fragestellungen spezifisch zu untersuchen. Die wesentlichen Ergebnisse lassen sich wie folgt zusammenfassen: 1) A. Bei freien Blickbewegungen setzt der Kopf eine sog. Torque-basierte Strate-gie (optimale Kontrolle) ein, wogegen das Auge einen Mittelweg zwischen opti-maler und potenzieller Strategie zur Minimierung der angewendeten Kraft ver-wendet. B. Mittelhirnläsionen führen zur kontralateralen Verkippung des Kopfs bei und nach einer Blickbewegung. C. Isolierte, einseitige riMLF-Läsionen bei Menschen führen bei vertikalen Sak-kaden zu einer kontralateralen torsionellen Abweichung des Auges. 2) Zerebelläre Ataxien können auch ohne peripheres vestibuläres Funktionsdefizit klinisch mit einem (falsch-)pathologischen Kopfimpulstest einhergehen. Dies ist am ehesten auf eine Flokkulusdysfunktion zurückzuführen. In diesem Fall ist die niedrigfrequente VOR-Testung mittels kalorischer Testung zuverlässiger zur Detektion einer konkomitanten peripheren vestibulären Störung als die hochfrequente VOR-Testung mittels des Kopfimpulstests. 3) Die bilaterale Vestibulopathie verursacht Defizite in der räumlichen Orientierung und strukturelle Veränderungen im limbischen System und in der weißen Substanz. 4) Die schnellen Phasen des Downbeat-Nystagmus sind nicht immer rein kompensatorisch und verändern sich unter visueller Fixation, unabhängig von der lang-samen Phase. 5) A. Die beiden am häufigsten eingesetzten kommerziellen Video-HIT-Systeme liefern identische Ergebnisse. B. Bei der Auswertung und Beurteilung des Video-HIT muss beachtet werden, dass der VOR-Gain in die Richtung des registrierten Auges um 5 % höher ist als in die entgegengesetzte Richtung. Diese Arbeiten tragen zum besseren Verständnis der Physiologie und Pathophysio-logie sowie zur korrekten topografisch-anatomischen Diagnose innerhalb der komplexen peripheren und zentralen okulomotorischen Systeme bei.