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Antibiotische Dauerprophylaxe und Durchbruchsinfektionen bei Kindern mit Harntransportstörung
Antibiotische Dauerprophylaxe und Durchbruchsinfektionen bei Kindern mit Harntransportstörung
Harnwegsinfektionen stellen eine der häufigsten bakteriellen Infektionen im Kindesalter dar. Besonders gefährdet sind Kinder mit Fehlbildungen der Nieren und des Harntraktes wie einem VUR oder einer obstruktiven Uropathie, Kinder mit rezidivierenden HWIs oder neurogener Blasenfunktionsstörung. In diesen Fällen ist es wichtig, weitere Pyelonephritiden zu vermeiden, um das Risiko für pyelonephritische Narben und eine chronische Nierenfunktionseinschränkung zu reduzieren. Deshalb erhalten nicht nur Kinder mit Harntransportstörungen, sondern auch Säuglinge nach der ersten Pyelonephritis bis zum Ausschluss eines VUR, bzw. einer Obstruktion eine antibiotische Dauerprophylaxe. Doch in Zeiten zunehmender Resistenzentwicklung vieler uropathogener Keime wird die Wirksamkeit und der Nutzen einer antibiotischen Prophylaxe im Vergleich zu anderen Behandlungsmöglichkeiten wieder in Frage gestellt. Ziel der vorliegenden Dissertation war es zu untersuchen, ob eine antibakterielle Dauerprophylaxe bei Kindern mit Harntransportstörung einen ausreichenden Schutz vor HWIs darstellt und wie die Häufigkeiten multiresistenter Erreger unter den verschieden antibiotischen Prophylaxen sind. Dazu wurden retrospektiv die Daten von 393 Patienten mit antibiotischer Dauerprophylaxe im Alter von 0-18 Jahren über einen Zeitraum von fünf Jahren in der Abteilung für Pädiatrische Nephrologie im Dr. von Haunerschen Kinderspital in München erfasst. Einbezogen in die Analyse wurden Patienten mit antibiotischer Dauerprophylaxe vor geplanter Diagnostik (Röntgen-MCU, MAG3-Szintigraphie), Patienten mit VUR, obstruktiven Uropathien, rezidivierenden HWIs oder neurogener Blasenentleerungsstörung. Die Mehrheit der Patienten mit antibiotischer Dauerprophylaxe war ≤ 1 Jahr alt (n= 231). In dieser Altersgruppe wurde die Prophylaxe vorwiegend aus diagnostischen Gründen eingenommen und war in keinem Fall mit einer Durchbruchsinfektion assoziiert. Im Gegensatz dazu erlitten 31% der Patienten mit Dauerprophylaxe bei bekannter Harntransportstörung eine Durchbruchsinfektion. Patienten mit VUR erlitten unabhängig von Alter (Patienten ≤ 1Jahr 30%; Patienten > 1 Jahr 30%) und Geschlecht (Mädchen 31%; Jungen 28%) in 30% eine Durchbruchsinfektion. Dabei nahm die Rate an Durchbruchsinfektionen mit steigendem Refluxgrad zu (Grad I 0%; Grad II 16%; Grad III 23%; Grade IV 45%; Grad V 55%). In Bezug auf die prophylaktische Wirksamkeit der einzelnen Antibiotika traten die meisten Durchbruchsinfektionen unter Nitrofurantoin auf (40%). Allerdings war die Multiresistenzrate der Durchbruchserreger mit 2% unter Nitrofurantoin im Vergleich zu den anderen Antibiotika am geringsten. Bei den Patienten mit VUR traten Durchbruchsinfektionen etwa gleich häufig unter Nitrofurantoin (33%) und Cephalosporinen (32%) auf. Allerdings war auch hier die Multiresistenzrate unter Nitrofurantoin mit 6% am geringsten. Zusammenfassend stellt eine antibiotische Dauerprophylaxe aus diagnostischen Gründen einen guten Schutz vor HWIs dar. VUR-Patienten sind hingegen nur partiell vor HWIs geschützt. Dies gilt vor allem für den höhergradigen Reflux. Nitrofurantoin ist als antibiotische Dauerprophylaxe wegen der geringen Multiresistenzrate von Vorteil., Urinary tract infections represent one of the most common bacterial infections in childhood. Children with malformations of the kidneys and urinary tract such as a VUR or obstructive uropathy, children with recurrent UTIs or neurogenic bladder dysfunction are particularly at risk. In these cases, it is important to avoid further pyelonephritis to reduce the risk of pyelonephritic scarring and chronic renal function impairment. Therefore, not only children with urinary transport disorders but also infants receive continuous antibiotic prophylaxis after the first pyelonephritis until VUR, or obstruction, is ruled out. However, in times of increasing development of resistance of many uropathogenic germs, the efficacy and benefit of antibiotic prophylaxis compared to other treatment options is again questioned. The aim of the present dissertation was to investigate whether continuous antibacterial prophylaxis in children with urinary tract obstruction provides adequate protection against UTIs and what the frequencies of multidrug-resistant pathogens are under different antibiotic prophylaxis regimens. For this purpose, data of 393 patients with continuous antibiotic prophylaxis aged 0-18 years were retrospectively collected over a period of five years in the Department of Pediatric Nephrology at the Dr. von Haunerschen Kinderspital in Munich. Included in the analysis were patients with continuous antibiotic prophylaxis prior to planned diagnostics (MCU, MAG3 scintigraphy), patients with VUR, obstructive uropathies, recurrent HWIs or neurogenic bladder emptying disorder. The majority of patients on continuous antibiotic prophylaxis were ≤ 1 year of age (n= 231). In this age group, prophylaxis was taken primarily for diagnostic reasons and was not associated with breakthrough infection in any case. In contrast, 31% of patients on continuous prophylaxis experienced breakthrough infection with known urinary dysfunction. Patients with VUR suffered breakthrough infection in 30% regardless of age (patients ≤ 1year 30%; patients > 1year 30%) and sex (girls 31%; boys 28%). Thereby, the rate of breakthrough infections increased with increasing reflux grade (grade I 0%; grade II 16%; grade III 23%; grade IV 45%; grade V 55%). In terms of prophylactic efficacy of each antibiotic, most breakthrough infections occurred with nitrofurantoin (40%). However, the multidrug resistance rate of breakthrough pathogens was lowest (2%) under nitrofurantoin compared with the other antibiotics. Among patients with VUR, breakthrough infections occurred with approximately equal frequency under nitrofurantoin (33%) and cephalosporins (32%). However, again, the multidrug resistance rate was lowest under nitrofurantoin at 6%. In conclusion, continuous antibiotic prophylaxis is a good protection against HWIs for diagnostic reasons. VUR patients, on the other hand, are only partially protected from HWIs. This is especially true for higher-grade reflux. Nitrofurantoin is advantageous as permanent antibiotic prophylaxis because of its low multidrug resistance rate.
Antibiotische Dauerprophylaxe, Durchbruchsinfektion, Harnwegsinfektion, Vesikoureteraler Reflux, Harntransportstörung
Renninger, Katrin
2020
Deutsch
Universitätsbibliothek der Ludwig-Maximilians-Universität München
Renninger, Katrin (2020): Antibiotische Dauerprophylaxe und Durchbruchsinfektionen bei Kindern mit Harntransportstörung. Dissertation, LMU München: Medizinische Fakultät
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Abstract

Harnwegsinfektionen stellen eine der häufigsten bakteriellen Infektionen im Kindesalter dar. Besonders gefährdet sind Kinder mit Fehlbildungen der Nieren und des Harntraktes wie einem VUR oder einer obstruktiven Uropathie, Kinder mit rezidivierenden HWIs oder neurogener Blasenfunktionsstörung. In diesen Fällen ist es wichtig, weitere Pyelonephritiden zu vermeiden, um das Risiko für pyelonephritische Narben und eine chronische Nierenfunktionseinschränkung zu reduzieren. Deshalb erhalten nicht nur Kinder mit Harntransportstörungen, sondern auch Säuglinge nach der ersten Pyelonephritis bis zum Ausschluss eines VUR, bzw. einer Obstruktion eine antibiotische Dauerprophylaxe. Doch in Zeiten zunehmender Resistenzentwicklung vieler uropathogener Keime wird die Wirksamkeit und der Nutzen einer antibiotischen Prophylaxe im Vergleich zu anderen Behandlungsmöglichkeiten wieder in Frage gestellt. Ziel der vorliegenden Dissertation war es zu untersuchen, ob eine antibakterielle Dauerprophylaxe bei Kindern mit Harntransportstörung einen ausreichenden Schutz vor HWIs darstellt und wie die Häufigkeiten multiresistenter Erreger unter den verschieden antibiotischen Prophylaxen sind. Dazu wurden retrospektiv die Daten von 393 Patienten mit antibiotischer Dauerprophylaxe im Alter von 0-18 Jahren über einen Zeitraum von fünf Jahren in der Abteilung für Pädiatrische Nephrologie im Dr. von Haunerschen Kinderspital in München erfasst. Einbezogen in die Analyse wurden Patienten mit antibiotischer Dauerprophylaxe vor geplanter Diagnostik (Röntgen-MCU, MAG3-Szintigraphie), Patienten mit VUR, obstruktiven Uropathien, rezidivierenden HWIs oder neurogener Blasenentleerungsstörung. Die Mehrheit der Patienten mit antibiotischer Dauerprophylaxe war ≤ 1 Jahr alt (n= 231). In dieser Altersgruppe wurde die Prophylaxe vorwiegend aus diagnostischen Gründen eingenommen und war in keinem Fall mit einer Durchbruchsinfektion assoziiert. Im Gegensatz dazu erlitten 31% der Patienten mit Dauerprophylaxe bei bekannter Harntransportstörung eine Durchbruchsinfektion. Patienten mit VUR erlitten unabhängig von Alter (Patienten ≤ 1Jahr 30%; Patienten > 1 Jahr 30%) und Geschlecht (Mädchen 31%; Jungen 28%) in 30% eine Durchbruchsinfektion. Dabei nahm die Rate an Durchbruchsinfektionen mit steigendem Refluxgrad zu (Grad I 0%; Grad II 16%; Grad III 23%; Grade IV 45%; Grad V 55%). In Bezug auf die prophylaktische Wirksamkeit der einzelnen Antibiotika traten die meisten Durchbruchsinfektionen unter Nitrofurantoin auf (40%). Allerdings war die Multiresistenzrate der Durchbruchserreger mit 2% unter Nitrofurantoin im Vergleich zu den anderen Antibiotika am geringsten. Bei den Patienten mit VUR traten Durchbruchsinfektionen etwa gleich häufig unter Nitrofurantoin (33%) und Cephalosporinen (32%) auf. Allerdings war auch hier die Multiresistenzrate unter Nitrofurantoin mit 6% am geringsten. Zusammenfassend stellt eine antibiotische Dauerprophylaxe aus diagnostischen Gründen einen guten Schutz vor HWIs dar. VUR-Patienten sind hingegen nur partiell vor HWIs geschützt. Dies gilt vor allem für den höhergradigen Reflux. Nitrofurantoin ist als antibiotische Dauerprophylaxe wegen der geringen Multiresistenzrate von Vorteil.

Abstract

Urinary tract infections represent one of the most common bacterial infections in childhood. Children with malformations of the kidneys and urinary tract such as a VUR or obstructive uropathy, children with recurrent UTIs or neurogenic bladder dysfunction are particularly at risk. In these cases, it is important to avoid further pyelonephritis to reduce the risk of pyelonephritic scarring and chronic renal function impairment. Therefore, not only children with urinary transport disorders but also infants receive continuous antibiotic prophylaxis after the first pyelonephritis until VUR, or obstruction, is ruled out. However, in times of increasing development of resistance of many uropathogenic germs, the efficacy and benefit of antibiotic prophylaxis compared to other treatment options is again questioned. The aim of the present dissertation was to investigate whether continuous antibacterial prophylaxis in children with urinary tract obstruction provides adequate protection against UTIs and what the frequencies of multidrug-resistant pathogens are under different antibiotic prophylaxis regimens. For this purpose, data of 393 patients with continuous antibiotic prophylaxis aged 0-18 years were retrospectively collected over a period of five years in the Department of Pediatric Nephrology at the Dr. von Haunerschen Kinderspital in Munich. Included in the analysis were patients with continuous antibiotic prophylaxis prior to planned diagnostics (MCU, MAG3 scintigraphy), patients with VUR, obstructive uropathies, recurrent HWIs or neurogenic bladder emptying disorder. The majority of patients on continuous antibiotic prophylaxis were ≤ 1 year of age (n= 231). In this age group, prophylaxis was taken primarily for diagnostic reasons and was not associated with breakthrough infection in any case. In contrast, 31% of patients on continuous prophylaxis experienced breakthrough infection with known urinary dysfunction. Patients with VUR suffered breakthrough infection in 30% regardless of age (patients ≤ 1year 30%; patients > 1year 30%) and sex (girls 31%; boys 28%). Thereby, the rate of breakthrough infections increased with increasing reflux grade (grade I 0%; grade II 16%; grade III 23%; grade IV 45%; grade V 55%). In terms of prophylactic efficacy of each antibiotic, most breakthrough infections occurred with nitrofurantoin (40%). However, the multidrug resistance rate of breakthrough pathogens was lowest (2%) under nitrofurantoin compared with the other antibiotics. Among patients with VUR, breakthrough infections occurred with approximately equal frequency under nitrofurantoin (33%) and cephalosporins (32%). However, again, the multidrug resistance rate was lowest under nitrofurantoin at 6%. In conclusion, continuous antibiotic prophylaxis is a good protection against HWIs for diagnostic reasons. VUR patients, on the other hand, are only partially protected from HWIs. This is especially true for higher-grade reflux. Nitrofurantoin is advantageous as permanent antibiotic prophylaxis because of its low multidrug resistance rate.