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Modulation der Viruserkennung durch die RNA-Helikase LGP2
Modulation der Viruserkennung durch die RNA-Helikase LGP2
Das angeborene Immunsystem ist ein höchst effektives und komplexes Netzwerk verschiedener Faktoren und ist zur Initiierung einer effektiven Immunantwort und Rekrutierung des adaptiven Immunsystems essenziell. Die Erkennung von pathogenen Strukturen in der angeborenen Immunität erfolgt dabei nach dem Prinzip der Mustererkennung, das wirtsfremde, konservierte Strukturen, sogenannte Pathogen-associated molecular patterns (PAMPs) als Erkennungsmerkmal von pathogenen Mikroorganismen verwendet. Bei viralen Infektionen werden zur Abwehr das Typ-I-Interferon-System sowie pro-inflammatorische Zytokine aktiviert. Die Familie der RIG-I-like-Helikasen (RLHs) spielt bei der Erkennung viraler RNA im Zytoplasma eine entscheidende Rolle und ist essenziell zur Abwehr von Viren wie Hepatitis-C-Virus, Influenza-A-Virus und Tollwut Virus. Die beiden RLHs RIG-I und MDA5 sind in den letzten Jahren strukturell sowie funktionell eingehend charakterisiert worden. LGP2, das dritte Mitglied der RLH-Familie, weist große Homologie zu MDA5 und RIG-I auf. Im Gegensatz zu RIG-I und MDA5 verfügt LGP2 jedoch nicht über sogenannte CARD-Domänen, die unabdingbar zur Signaltransduktion sind. Auch ist LGP2 bis dato nur wenig charakterisiert worden und die bisherige Literatur zur Funktion von LGP2 weist widersprüchliche Ergebnisse auf. Studien mit knockout Mäusen haben gezeigt, dass LGP2 ein wichtiger Kofaktor bei der Erkennung von MDA5- und RIG-I-abhängigen Viren wie Vesikuläres Stomatitis Virus (VSV) ist, und in der Signalkaskade upstream von RIG-I und MDA5 wirkt. Für Ribonukleoprotein Komplexe (RNPs) von VSV wurde wiederum gezeigt, dass diese nach Transfektion die RLH-abhängige Signalkaskade aktivieren können. Im VSV RNP sind die viralen Erkennungsmuster für RIG-I, insbesondere die 5‘-Triphosphatmodifikation, jedoch durch virale N-Proteine verdeckt. LGP2 könnte die an die virale RNA gebundenen viralen Proteine verschieben oder anderweitig modifizieren und so die Mustererkennung durch RIG-I und MDA5 ermöglichen. Die vorliegende Arbeit untersuchte nun, welche Funktionen die Helikase LGP2 hat und welche Strukturen von ihr erkannt werden. Nach Depletierung von LGP2 mittels siRNA konnte im humanen Zellsystem gezeigt werden, dass LGP2 die Erkennung von RIG-I- und MDA5-abhängigen Liganden positiv modifiziert, jedoch zur Erkennung nicht unabdingbar ist. Dabei zeigt sich in Abwesenheit von LGP2 nach Stimulation eine stark verminderte Produktion pro-inflammatorischer Zytokine. Im gleichen Zellsystem wurde ein stimulationsabhängiger Komplex beobachtet, in welchem sich LGP2 und RIG-I nachweisen lassen. LGP2 durchläuft außerdem Stimulus-abhängig eine Konformationsänderung und bildet hochmolekulare Homo-Oligomere. Dies lässt vermuten, dass sich die modifizierende Funktion von LGP2 in Form eines Multiproteinkomplexes manifestiert. Die weitere Charakterisierung des Liganden von LGP2 erfolgte in vitro. Ein 10 Basenpaare umfassendes, doppelsträngiges Oligonukleotid ist zur Aktivierung der ATPase Domäne von rekombinantem LGP2 ausreichend. Dabei spielt eine 5‘-Triphosphat-Modifikation keine Rolle. Für MDA5 ist zur Aktivierung der ATPase Domäne wiederum eine mindestens 100 bis 150 Basenpaarungen enthaltende RNA notwendig. Analog zu RIG-I bestätigt sich damit, dass die ATPase Domäne von MDA5 zur Aktivierung in vitro geringere Anforderungen an den RNA Liganden stellt, konkret ein kürzerer Ligand ausreicht, als zur Aktivierung der MDA5-abhängigen Signalkaskade in vivo notwendig ist. Die funktionellen Unterschiede zwischen LGP2, RIG-I und MDA5 verdeutlichen sich beim Blick auf die enzymkinetischen Eigenschaften der einzelnen Helikasen. So lässt sich die ATP Hydrolyse Aktivität von LGP2 durch einen Liganden nur mäßig steigern, ist jedoch basal konstitutiv aktiv. Im Gegensatz dazu zeigen MDA5 und RIG-I kaum basale ATPase Aktivität, ligandenabhängig lässt sich diese jedoch stark induzieren. Um zu untersuchen, ob virale Ribonukleoprotein Komplexe einen möglichen Liganden für LGP2 darstellen, wurde ein Protokoll zur Aufreinigung von VSV RNPs etabliert. Dabei wird gezeigt, dass RNPs mit großer Reinheit und strukturell intakt aufgereinigt werden können. Diese RNPs können in vitro die ATPase Domäne von LGP2 aktivieren. Damit wird ein erster Anhaltspunkt geschaffen, dass RNPs der LGP2-abhängigen Erkennung unterliegen könnten und die Grundlage zur weiteren Charakterisierung der Interaktion viraler RNPs mit LGP2 gelegt. In Summe deuten die Ergebnisse der vorliegenden Arbeit somit darauf hin, dass LGP2 im Sinne einer positiven Regulation die Erkennung viraler RNPs durch RIG-I und MDA5 ermöglicht. Die gewonnenen Erkenntnisse zur Funktion und dem Zusammenspiel der RLHs könnten bei der Behandlung von Autoimmunerkrankungen oder der Entwicklung immuntherapeutischer und antiinfektiöser Therapieansätze genutzt werden.
LGP2, RIG-I, MDA5, innate immunity, RIG-I like Helikasen
Raps, Johannes
2020
German
Universitätsbibliothek der Ludwig-Maximilians-Universität München
Raps, Johannes (2020): Modulation der Viruserkennung durch die RNA-Helikase LGP2. Dissertation, LMU München: Faculty of Medicine
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Abstract

Das angeborene Immunsystem ist ein höchst effektives und komplexes Netzwerk verschiedener Faktoren und ist zur Initiierung einer effektiven Immunantwort und Rekrutierung des adaptiven Immunsystems essenziell. Die Erkennung von pathogenen Strukturen in der angeborenen Immunität erfolgt dabei nach dem Prinzip der Mustererkennung, das wirtsfremde, konservierte Strukturen, sogenannte Pathogen-associated molecular patterns (PAMPs) als Erkennungsmerkmal von pathogenen Mikroorganismen verwendet. Bei viralen Infektionen werden zur Abwehr das Typ-I-Interferon-System sowie pro-inflammatorische Zytokine aktiviert. Die Familie der RIG-I-like-Helikasen (RLHs) spielt bei der Erkennung viraler RNA im Zytoplasma eine entscheidende Rolle und ist essenziell zur Abwehr von Viren wie Hepatitis-C-Virus, Influenza-A-Virus und Tollwut Virus. Die beiden RLHs RIG-I und MDA5 sind in den letzten Jahren strukturell sowie funktionell eingehend charakterisiert worden. LGP2, das dritte Mitglied der RLH-Familie, weist große Homologie zu MDA5 und RIG-I auf. Im Gegensatz zu RIG-I und MDA5 verfügt LGP2 jedoch nicht über sogenannte CARD-Domänen, die unabdingbar zur Signaltransduktion sind. Auch ist LGP2 bis dato nur wenig charakterisiert worden und die bisherige Literatur zur Funktion von LGP2 weist widersprüchliche Ergebnisse auf. Studien mit knockout Mäusen haben gezeigt, dass LGP2 ein wichtiger Kofaktor bei der Erkennung von MDA5- und RIG-I-abhängigen Viren wie Vesikuläres Stomatitis Virus (VSV) ist, und in der Signalkaskade upstream von RIG-I und MDA5 wirkt. Für Ribonukleoprotein Komplexe (RNPs) von VSV wurde wiederum gezeigt, dass diese nach Transfektion die RLH-abhängige Signalkaskade aktivieren können. Im VSV RNP sind die viralen Erkennungsmuster für RIG-I, insbesondere die 5‘-Triphosphatmodifikation, jedoch durch virale N-Proteine verdeckt. LGP2 könnte die an die virale RNA gebundenen viralen Proteine verschieben oder anderweitig modifizieren und so die Mustererkennung durch RIG-I und MDA5 ermöglichen. Die vorliegende Arbeit untersuchte nun, welche Funktionen die Helikase LGP2 hat und welche Strukturen von ihr erkannt werden. Nach Depletierung von LGP2 mittels siRNA konnte im humanen Zellsystem gezeigt werden, dass LGP2 die Erkennung von RIG-I- und MDA5-abhängigen Liganden positiv modifiziert, jedoch zur Erkennung nicht unabdingbar ist. Dabei zeigt sich in Abwesenheit von LGP2 nach Stimulation eine stark verminderte Produktion pro-inflammatorischer Zytokine. Im gleichen Zellsystem wurde ein stimulationsabhängiger Komplex beobachtet, in welchem sich LGP2 und RIG-I nachweisen lassen. LGP2 durchläuft außerdem Stimulus-abhängig eine Konformationsänderung und bildet hochmolekulare Homo-Oligomere. Dies lässt vermuten, dass sich die modifizierende Funktion von LGP2 in Form eines Multiproteinkomplexes manifestiert. Die weitere Charakterisierung des Liganden von LGP2 erfolgte in vitro. Ein 10 Basenpaare umfassendes, doppelsträngiges Oligonukleotid ist zur Aktivierung der ATPase Domäne von rekombinantem LGP2 ausreichend. Dabei spielt eine 5‘-Triphosphat-Modifikation keine Rolle. Für MDA5 ist zur Aktivierung der ATPase Domäne wiederum eine mindestens 100 bis 150 Basenpaarungen enthaltende RNA notwendig. Analog zu RIG-I bestätigt sich damit, dass die ATPase Domäne von MDA5 zur Aktivierung in vitro geringere Anforderungen an den RNA Liganden stellt, konkret ein kürzerer Ligand ausreicht, als zur Aktivierung der MDA5-abhängigen Signalkaskade in vivo notwendig ist. Die funktionellen Unterschiede zwischen LGP2, RIG-I und MDA5 verdeutlichen sich beim Blick auf die enzymkinetischen Eigenschaften der einzelnen Helikasen. So lässt sich die ATP Hydrolyse Aktivität von LGP2 durch einen Liganden nur mäßig steigern, ist jedoch basal konstitutiv aktiv. Im Gegensatz dazu zeigen MDA5 und RIG-I kaum basale ATPase Aktivität, ligandenabhängig lässt sich diese jedoch stark induzieren. Um zu untersuchen, ob virale Ribonukleoprotein Komplexe einen möglichen Liganden für LGP2 darstellen, wurde ein Protokoll zur Aufreinigung von VSV RNPs etabliert. Dabei wird gezeigt, dass RNPs mit großer Reinheit und strukturell intakt aufgereinigt werden können. Diese RNPs können in vitro die ATPase Domäne von LGP2 aktivieren. Damit wird ein erster Anhaltspunkt geschaffen, dass RNPs der LGP2-abhängigen Erkennung unterliegen könnten und die Grundlage zur weiteren Charakterisierung der Interaktion viraler RNPs mit LGP2 gelegt. In Summe deuten die Ergebnisse der vorliegenden Arbeit somit darauf hin, dass LGP2 im Sinne einer positiven Regulation die Erkennung viraler RNPs durch RIG-I und MDA5 ermöglicht. Die gewonnenen Erkenntnisse zur Funktion und dem Zusammenspiel der RLHs könnten bei der Behandlung von Autoimmunerkrankungen oder der Entwicklung immuntherapeutischer und antiinfektiöser Therapieansätze genutzt werden.