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Psychische Komorbidität und höheres Alter. Versorgung spezifischer Zielgruppen in der Suchthilfe
Psychische Komorbidität und höheres Alter. Versorgung spezifischer Zielgruppen in der Suchthilfe
Die Versorgung von Personen mit Substanzabhängigkeit ist in Deutschland in einem umfangreichen, differenzierten Suchthilfesystem organisiert. Derzeit werden in Einrichtungen der Suchthilfe etwa 550.000 Personen betreut und behandelt. Neben der reinen Behandlung und Beratung sieht sich die Versorgung von Personen mit substanzbezogenen Störungen einer Reihe zusätzlicher Herausforderungen gegenübergestellt. Als eine hiervon sind komorbide Störungen zu nennen, welche in diesem Kontext von großer Bedeutung sind und bei der Behandlung zusätzlich berücksichtigt werden müssen. Aber auch andere Faktoren wie etwa ein höheres Alter gehen mit spezifischen Bedarfen einher, welche spezielle Anforderungen an die Behandlung stellen. Neben einem Überblick über das Versorgungssystem und einer Einschätzung der Inanspruchnahme suchtbezogener Hilfe sollen im Rahmen der vorliegenden Dissertation spezifische Zielgruppen in der Suchthilfe dargestellt und damit verbundene Besonderheiten und Anforderungen an die Versorgung analysiert werden. Im Speziellen wurden dabei folgende Ziele verfolgt: 1) die Untersuchung der aktuellen Versorgungssituation substanzabhängiger Personen mit komorbiden psychischen Störungen und 2) eine Bedarfsanalyse der Versorgung älterer Personen mit Substanzabhängigkeit. Zur Klärung dieser Forschungsfragen wurden zwei empirische Untersuchungen durchgeführt. Beide Untersuchungen basieren auf den Daten der Deutschen Suchthilfestatistik (DSHS), einem umfassenden Monitoring System der Suchthilfe in Deutschland, welches durch die große Flächendeckung der teilnehmenden Suchthilfeeinrichtungen und die Größe der Stichprobe eine hohe Validität aufweist und dadurch Rückschlüsse auf die Gesamtheit von Personen mit substanzbezogenen Störungen in Behandlung erlaubt. In der ersten Studie wurden diese Daten im Hinblick auf die Prävalenz komorbider psychischer Störungen bei (n=194.406) Personen in Einrichtungen der Suchthilfe untersucht und Besonderheiten in der Versorgung von Personen mit komorbiden psychischen Störungen dargestellt. Die zweite Untersuchung widmete sich der Analyse von Daten (n=10.860) älterer Personen (60+) die sich aufgrund einer alkoholbezogenen Störung in Behandlung befanden. Diese wurden hinsichtlich der Inanspruchnahme von Suchthilfe und Merkmalen der Behandlung analysiert. In beiden Untersuchungen wurden zudem soziodemographische und klinische Merkmale der jeweils untersuchten Population dargestellt. Die Ergebnisse der ersten Studie konnten zeigen, dass bei Vorliegen einer komorbiden psychiatrischen (ICD 10) Diagnose die notwendigen Strukturen zur Verfügung stehen, um diese entweder intern oder in Kooperation mit externen (psychiatrischen) Einrichtungen zu behandeln. Als Schwierigkeit stellte sich jedoch, insbesondere in ambulanten Einrichtungen, das Gewährleisten einer entsprechenden Diagnostik zusätzlicher Störungen heraus. Als Fazit dieser Untersuchung ist zu nennen, dass eine adäquate Diagnostik und das Erkennen komorbider Störungen in Suchthilfeeinrichtungen die wesentliche Voraussetzung für das Bereitstellen einer komplementären und effektiven Behandlung darstellen und hier noch deutlicher Handlungs- und Optimierungsbedarf besteht. Die zweite Untersuchung konnte zeigen, dass nur ein sehr geringer Prozentsatz älterer Personen mit alkoholbezogenen Störungen Angebote der Suchthilfe in Anspruch nimmt. Zudem wurde deutlich, dass bei älteren Personen der Zeitpunkt des Störungsbeginns (early-/late-onset) eine Reihe an Unterschieden mit sich bringt, die in der Behandlung zu berücksichtigen sind. Die Studie verdeutlicht die Notwendigkeit, Behandlungsangebote an die spezifischen Bedarfe älterer Personen anzupassen, um deren Hilfesuchverhalten zu erhöhen. Die Ergebnisse beider Untersuchungen können Implikationen für die Versorgungsplanung haben, indem einerseits die Bedeutung der frühzeitigen Erkennung substanzbezogener Störungen bei älteren Personen und der diagnostischen Abklärung komorbider Störungen in der Suchthilfe, sowie die Notwendigkeit des Ausbaus zielgruppenspezifischer Hilfeangebote, verdeutlicht wird. Weiterhin unterstreichen die Ergebnisse die Notwendigkeit, Kooperationen mit der psychiatrischen Versorgung und der Altenhilfe weiter auszubauen. Übergeordnetes Ziel sollte es sein, die Inanspruchnahme suchtbezogener Hilfe zu erhöhen und den Zugang zu einer adäquaten Behandlung zu erleichtern.
Suchthilfe, Psychische Komorbidität, Substanzbezogene Störung, Versorgung, Alter
Dauber, Hanna
2020
Deutsch
Universitätsbibliothek der Ludwig-Maximilians-Universität München
Dauber, Hanna (2020): Psychische Komorbidität und höheres Alter: Versorgung spezifischer Zielgruppen in der Suchthilfe. Dissertation, LMU München: Medizinische Fakultät
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Abstract

Die Versorgung von Personen mit Substanzabhängigkeit ist in Deutschland in einem umfangreichen, differenzierten Suchthilfesystem organisiert. Derzeit werden in Einrichtungen der Suchthilfe etwa 550.000 Personen betreut und behandelt. Neben der reinen Behandlung und Beratung sieht sich die Versorgung von Personen mit substanzbezogenen Störungen einer Reihe zusätzlicher Herausforderungen gegenübergestellt. Als eine hiervon sind komorbide Störungen zu nennen, welche in diesem Kontext von großer Bedeutung sind und bei der Behandlung zusätzlich berücksichtigt werden müssen. Aber auch andere Faktoren wie etwa ein höheres Alter gehen mit spezifischen Bedarfen einher, welche spezielle Anforderungen an die Behandlung stellen. Neben einem Überblick über das Versorgungssystem und einer Einschätzung der Inanspruchnahme suchtbezogener Hilfe sollen im Rahmen der vorliegenden Dissertation spezifische Zielgruppen in der Suchthilfe dargestellt und damit verbundene Besonderheiten und Anforderungen an die Versorgung analysiert werden. Im Speziellen wurden dabei folgende Ziele verfolgt: 1) die Untersuchung der aktuellen Versorgungssituation substanzabhängiger Personen mit komorbiden psychischen Störungen und 2) eine Bedarfsanalyse der Versorgung älterer Personen mit Substanzabhängigkeit. Zur Klärung dieser Forschungsfragen wurden zwei empirische Untersuchungen durchgeführt. Beide Untersuchungen basieren auf den Daten der Deutschen Suchthilfestatistik (DSHS), einem umfassenden Monitoring System der Suchthilfe in Deutschland, welches durch die große Flächendeckung der teilnehmenden Suchthilfeeinrichtungen und die Größe der Stichprobe eine hohe Validität aufweist und dadurch Rückschlüsse auf die Gesamtheit von Personen mit substanzbezogenen Störungen in Behandlung erlaubt. In der ersten Studie wurden diese Daten im Hinblick auf die Prävalenz komorbider psychischer Störungen bei (n=194.406) Personen in Einrichtungen der Suchthilfe untersucht und Besonderheiten in der Versorgung von Personen mit komorbiden psychischen Störungen dargestellt. Die zweite Untersuchung widmete sich der Analyse von Daten (n=10.860) älterer Personen (60+) die sich aufgrund einer alkoholbezogenen Störung in Behandlung befanden. Diese wurden hinsichtlich der Inanspruchnahme von Suchthilfe und Merkmalen der Behandlung analysiert. In beiden Untersuchungen wurden zudem soziodemographische und klinische Merkmale der jeweils untersuchten Population dargestellt. Die Ergebnisse der ersten Studie konnten zeigen, dass bei Vorliegen einer komorbiden psychiatrischen (ICD 10) Diagnose die notwendigen Strukturen zur Verfügung stehen, um diese entweder intern oder in Kooperation mit externen (psychiatrischen) Einrichtungen zu behandeln. Als Schwierigkeit stellte sich jedoch, insbesondere in ambulanten Einrichtungen, das Gewährleisten einer entsprechenden Diagnostik zusätzlicher Störungen heraus. Als Fazit dieser Untersuchung ist zu nennen, dass eine adäquate Diagnostik und das Erkennen komorbider Störungen in Suchthilfeeinrichtungen die wesentliche Voraussetzung für das Bereitstellen einer komplementären und effektiven Behandlung darstellen und hier noch deutlicher Handlungs- und Optimierungsbedarf besteht. Die zweite Untersuchung konnte zeigen, dass nur ein sehr geringer Prozentsatz älterer Personen mit alkoholbezogenen Störungen Angebote der Suchthilfe in Anspruch nimmt. Zudem wurde deutlich, dass bei älteren Personen der Zeitpunkt des Störungsbeginns (early-/late-onset) eine Reihe an Unterschieden mit sich bringt, die in der Behandlung zu berücksichtigen sind. Die Studie verdeutlicht die Notwendigkeit, Behandlungsangebote an die spezifischen Bedarfe älterer Personen anzupassen, um deren Hilfesuchverhalten zu erhöhen. Die Ergebnisse beider Untersuchungen können Implikationen für die Versorgungsplanung haben, indem einerseits die Bedeutung der frühzeitigen Erkennung substanzbezogener Störungen bei älteren Personen und der diagnostischen Abklärung komorbider Störungen in der Suchthilfe, sowie die Notwendigkeit des Ausbaus zielgruppenspezifischer Hilfeangebote, verdeutlicht wird. Weiterhin unterstreichen die Ergebnisse die Notwendigkeit, Kooperationen mit der psychiatrischen Versorgung und der Altenhilfe weiter auszubauen. Übergeordnetes Ziel sollte es sein, die Inanspruchnahme suchtbezogener Hilfe zu erhöhen und den Zugang zu einer adäquaten Behandlung zu erleichtern.