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Epidemiologie, Diagnostik und Prävention in der Reise- und Migrationsmedizin
Epidemiologie, Diagnostik und Prävention in der Reise- und Migrationsmedizin
Im Rahmen der hier vorgelegten kumulativen Habilitationsschrift wurde das breit gefächerte Thema der Reise- und Migrationsmedizin in unterschiedlichen Aspekten behandelt und das vorhandene Wissen erweitert. Bezüglich des Erkrankungsspektrums bei Kindern und Jugendlichen nach Reiserückkehr konnte gezeigt werden, dass auch in unserem Kollektiv die Erkrankungsgruppen Durchfallerkrankungen, Hauterkrankungen, fieberhafte Systemerkrankungen und Erkrankungen der Atemwege einen wesentlichen Anteil der Fälle ausmachten. Dabei ist immer zu bedenken, dass es sich insbesondere bei den fieberhaften Systemerkrankungen - neben z.B. zumeist harmlosen Virusinfektionen - immer auch um lebensbedrohliche Infektionserkrankungen wie eine Malaria tropica oder eine Typhuserkrankung handeln kann. Diese Erkrankungen können vor allem im Kindesalter häufiger schwerwiegend verlaufen und bedürfen einer raschen Diagnosestellung. Im Vergleich des Erkrankungsspektrums aus Deutschland stammender Reisenden mit dem von Migranten zeigte sich ein unterschiedliches Spektrum insbesondere bezogen auf parasitäre Infektionen, aber auch auf weitere relevante Infektionserkrankungen wie Tuberkulose, HIV oder Hepatitis-Infektionen. Die Kenntnis dieser Unterschiede ist wichtig, um eine gezielte Diagnostik zu ermöglichen, die sich sowohl am Reise- bzw. Herkunftsland, aber auch an der Reiseart orientiert. Zudem sind Informationen über das unterschiedliche Erkrankungsspektrum nötig, um in der Reiseberatung individuelle Risiken besser abschätzen und beraten zu können. Aufgrund des vermehrten Zustroms von Flüchtlingen und Asylbewerbern wurde in den letzten Jahren die medizinische Versorgung dieser Patientengruppe ein wichtiges Thema. Im Rahmen der in dieser Habilitation vorgestellten Arbeiten zum Spektrum der Erkrankungen bei FAs konnte gezeigt werden, dass auch in dieser Patientengruppe vor allem allgemeinmedizinisch oder pädiatrisch relevante Erkrankungen auftreten. Zudem sind tropentypische und tropenspezifische Erkrankungen von Bedeutung. Daher ist das Wissen bezüglich der Diagnostik und Therapie z.B. der Malaria relevant, um einen rasch lebensbedrohlichen Erkrankungsverlauf verhindern zu können. Die Möglichkeit der Reaktivierung einer latenten Tuberkulose bei FAs ist ebenso ein wichtiges Thema für die behandelnden Allgemeinmediziner oder Pädiater. Auch in den kommenden Jahren ist in diesem Patientenkollektiv aufgrund der epidemiologischen Situation in den Herkunftsländern und den Belastungen durch die Flucht damit zu rechnen. Eine rasche Diagnosestellung und Therapie sind wichtig, um eine weitere Ausbreitung auch in der Bevölkerung des aufnehmenden Landes verhindern zu können. Eine frühzeitige und umfassende Untersuchung der FAs ist sinnvoll, um Infektionserkrankungen, die im Rahmen der Unterbringung in einer Gemeinschaftseinrichtung relevant sind, erkennen zu können. Bei der Auswahl der Diagnostik bezüglich solcher Erkrankungen ist eine Stratifizierung nach Herkunftsland und Risikoregion sinnvoll. Impfungen, als wichtiges Mittel der Infektionsprävention, sollten den FAs rasch und umfassend angeboten werden, um Ausbrüche in den Gemeinschaftseinrichtungen z.B. durch Masern- oder Windpockenerkrankungen verhindern zu können. Oft besteht aufgrund einer unzureichenden oder durch Krisensituationen oder Kriege zusammengebrochenen Medizinstruktur in den Herkunftsländern kein ausreichender Impfschutz, insbesondere bei minderjährigen FAs. Da sich Pathogene in der heutigen, globalisierten Welt schnell ausbreiten können, ist in der Reise- und Migrationsmedizin die rasche und umfassende Diagnostik bei importierten Erkrankungen sinnvoll und wichtig. Auch vermeintlich harmlose Erkrankungen wie der Reisedurchfall können bei Einschleppung von hochinfektiösen Erregern wie z.B. Noroviren auch zu Ausbrüchen in den Heimatländern führen. Da der Reisedurchfall oft nach kurzer Zeit von selbst sistiert, werden Daten zu den relevanten Infektionserregern zumeist nur bei bereits zurückgekehrten und noch weiter erkrankten Reisenden erhoben. Viele Episoden von TD während der Reise können somit in die Auswertung nicht einbezogen werden, und das Bild der Ätiologie ist somit zwangsweise verzerrt. Die Gewinnung und Lagerung von Stuhlproben auf Haemoccult-Karten ermöglicht es, Proben in der akuten Phase von TD während der Reise zu gewinnen. Eine umfassende Diagnostik mittels Multiplex-PCR kann dann im Heimatland erfolgen. Die hier vorgestellte Arbeit konnte zeigen, dass eine solche Art der Probengewinnung auch noch nach längerer Zeit der Lagerung zuverlässig eine Detektion der Pathogene erlaubt. Weiter Studien müssen nun zeigen, dass die Gewinnung von Stuhlproben mittels Haemoccult-Karten auch in der Reisesituation möglich und gut machbar ist. Dies könnte zu einem wesentlichen Informationsgewinn bezüglich der Ätiologie von TD führen. Bei der Prävention reisemedizinisch relevanter Infektionserkrankung spielen Reiseimpfungen eine wichtige Rolle. Dabei werden nicht nur epidemiologisch weit verbreitete Infektionserkrankungen mit hoher Relevanz in der Reisemedizin wie z.B. die Hepatitis A berücksichtigt, sondern auch seltenere Erkrankungen wie invasive Meningokokken-Erkrankungen oder Erkrankungen an Japanischer Enzephalitis, die rasch einen sehr schweren Verlauf mit Todesfällen oder Folgeschäden nehmen können oder nicht kausal behandelt werden können. Um einen umfassenden Schutz auch bei kurzem Abstand zur geplanten Reise zu ermöglichen, müssen Impfstoffe oft am selben Tag gemeinsam gegeben werden. Die hier vorgestellten Arbeiten konnten zeigen, dass auch bei einem modernen Meningokokken-Konjugatimpfstoff die gemeinsame Applikation mit anderen reisemedizinisch relevanten Impfungen effektiv und sicher ist. Weitere solcher Studien sind notwendig, um für den behandelnden Arzt aber auch für den Reisenden eine möglichst sichere Datenbasis bezüglich solcher Koadministrationen von Impfungen zu schaffen. Ein wichtiger Bereich in der Reise- und Migrationsmedizin ist die Erforschung neuer Impfstoffe und Impfkonzepte, um rasch auf neu auftretende oder erneut vermehrt auftretende Infektionserkrankungen reagieren zu können, ohne dass es dabei zu weltweiten Ausbrüchen wie z.B. beim Zika-Virus mit schwerwiegenden Folgen für die betroffenen Länder kommt. Die Impfung mittels mRNA ist hierbei eine neue und zukunftsweisende Möglichkeit, rasch auf das Auftreten solcher Erkrankungen reagieren zu können. Im Rahmen dieser Arbeit konnte gezeigt werden, dass eine solche mRNA-Impfung das Potential hat, einen neuen Weg bezüglich der Prävention von Infektionserkrankungen durch Impfungen aufzuzeigen. Weitere Studien sind allerdings nötig, um die Serienreife eines solchen Impfstoffes möglich zu machen.
Reisemedizin, Impfungen, importierte Erkrankungen, Diagnostik, Migrationsmedizin
Alberer, Martin
2019
Deutsch
Universitätsbibliothek der Ludwig-Maximilians-Universität München
Alberer, Martin (2019): Epidemiologie, Diagnostik und Prävention in der Reise- und Migrationsmedizin. Habilitationsschrift, LMU München: Medizinische Fakultät
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Abstract

Im Rahmen der hier vorgelegten kumulativen Habilitationsschrift wurde das breit gefächerte Thema der Reise- und Migrationsmedizin in unterschiedlichen Aspekten behandelt und das vorhandene Wissen erweitert. Bezüglich des Erkrankungsspektrums bei Kindern und Jugendlichen nach Reiserückkehr konnte gezeigt werden, dass auch in unserem Kollektiv die Erkrankungsgruppen Durchfallerkrankungen, Hauterkrankungen, fieberhafte Systemerkrankungen und Erkrankungen der Atemwege einen wesentlichen Anteil der Fälle ausmachten. Dabei ist immer zu bedenken, dass es sich insbesondere bei den fieberhaften Systemerkrankungen - neben z.B. zumeist harmlosen Virusinfektionen - immer auch um lebensbedrohliche Infektionserkrankungen wie eine Malaria tropica oder eine Typhuserkrankung handeln kann. Diese Erkrankungen können vor allem im Kindesalter häufiger schwerwiegend verlaufen und bedürfen einer raschen Diagnosestellung. Im Vergleich des Erkrankungsspektrums aus Deutschland stammender Reisenden mit dem von Migranten zeigte sich ein unterschiedliches Spektrum insbesondere bezogen auf parasitäre Infektionen, aber auch auf weitere relevante Infektionserkrankungen wie Tuberkulose, HIV oder Hepatitis-Infektionen. Die Kenntnis dieser Unterschiede ist wichtig, um eine gezielte Diagnostik zu ermöglichen, die sich sowohl am Reise- bzw. Herkunftsland, aber auch an der Reiseart orientiert. Zudem sind Informationen über das unterschiedliche Erkrankungsspektrum nötig, um in der Reiseberatung individuelle Risiken besser abschätzen und beraten zu können. Aufgrund des vermehrten Zustroms von Flüchtlingen und Asylbewerbern wurde in den letzten Jahren die medizinische Versorgung dieser Patientengruppe ein wichtiges Thema. Im Rahmen der in dieser Habilitation vorgestellten Arbeiten zum Spektrum der Erkrankungen bei FAs konnte gezeigt werden, dass auch in dieser Patientengruppe vor allem allgemeinmedizinisch oder pädiatrisch relevante Erkrankungen auftreten. Zudem sind tropentypische und tropenspezifische Erkrankungen von Bedeutung. Daher ist das Wissen bezüglich der Diagnostik und Therapie z.B. der Malaria relevant, um einen rasch lebensbedrohlichen Erkrankungsverlauf verhindern zu können. Die Möglichkeit der Reaktivierung einer latenten Tuberkulose bei FAs ist ebenso ein wichtiges Thema für die behandelnden Allgemeinmediziner oder Pädiater. Auch in den kommenden Jahren ist in diesem Patientenkollektiv aufgrund der epidemiologischen Situation in den Herkunftsländern und den Belastungen durch die Flucht damit zu rechnen. Eine rasche Diagnosestellung und Therapie sind wichtig, um eine weitere Ausbreitung auch in der Bevölkerung des aufnehmenden Landes verhindern zu können. Eine frühzeitige und umfassende Untersuchung der FAs ist sinnvoll, um Infektionserkrankungen, die im Rahmen der Unterbringung in einer Gemeinschaftseinrichtung relevant sind, erkennen zu können. Bei der Auswahl der Diagnostik bezüglich solcher Erkrankungen ist eine Stratifizierung nach Herkunftsland und Risikoregion sinnvoll. Impfungen, als wichtiges Mittel der Infektionsprävention, sollten den FAs rasch und umfassend angeboten werden, um Ausbrüche in den Gemeinschaftseinrichtungen z.B. durch Masern- oder Windpockenerkrankungen verhindern zu können. Oft besteht aufgrund einer unzureichenden oder durch Krisensituationen oder Kriege zusammengebrochenen Medizinstruktur in den Herkunftsländern kein ausreichender Impfschutz, insbesondere bei minderjährigen FAs. Da sich Pathogene in der heutigen, globalisierten Welt schnell ausbreiten können, ist in der Reise- und Migrationsmedizin die rasche und umfassende Diagnostik bei importierten Erkrankungen sinnvoll und wichtig. Auch vermeintlich harmlose Erkrankungen wie der Reisedurchfall können bei Einschleppung von hochinfektiösen Erregern wie z.B. Noroviren auch zu Ausbrüchen in den Heimatländern führen. Da der Reisedurchfall oft nach kurzer Zeit von selbst sistiert, werden Daten zu den relevanten Infektionserregern zumeist nur bei bereits zurückgekehrten und noch weiter erkrankten Reisenden erhoben. Viele Episoden von TD während der Reise können somit in die Auswertung nicht einbezogen werden, und das Bild der Ätiologie ist somit zwangsweise verzerrt. Die Gewinnung und Lagerung von Stuhlproben auf Haemoccult-Karten ermöglicht es, Proben in der akuten Phase von TD während der Reise zu gewinnen. Eine umfassende Diagnostik mittels Multiplex-PCR kann dann im Heimatland erfolgen. Die hier vorgestellte Arbeit konnte zeigen, dass eine solche Art der Probengewinnung auch noch nach längerer Zeit der Lagerung zuverlässig eine Detektion der Pathogene erlaubt. Weiter Studien müssen nun zeigen, dass die Gewinnung von Stuhlproben mittels Haemoccult-Karten auch in der Reisesituation möglich und gut machbar ist. Dies könnte zu einem wesentlichen Informationsgewinn bezüglich der Ätiologie von TD führen. Bei der Prävention reisemedizinisch relevanter Infektionserkrankung spielen Reiseimpfungen eine wichtige Rolle. Dabei werden nicht nur epidemiologisch weit verbreitete Infektionserkrankungen mit hoher Relevanz in der Reisemedizin wie z.B. die Hepatitis A berücksichtigt, sondern auch seltenere Erkrankungen wie invasive Meningokokken-Erkrankungen oder Erkrankungen an Japanischer Enzephalitis, die rasch einen sehr schweren Verlauf mit Todesfällen oder Folgeschäden nehmen können oder nicht kausal behandelt werden können. Um einen umfassenden Schutz auch bei kurzem Abstand zur geplanten Reise zu ermöglichen, müssen Impfstoffe oft am selben Tag gemeinsam gegeben werden. Die hier vorgestellten Arbeiten konnten zeigen, dass auch bei einem modernen Meningokokken-Konjugatimpfstoff die gemeinsame Applikation mit anderen reisemedizinisch relevanten Impfungen effektiv und sicher ist. Weitere solcher Studien sind notwendig, um für den behandelnden Arzt aber auch für den Reisenden eine möglichst sichere Datenbasis bezüglich solcher Koadministrationen von Impfungen zu schaffen. Ein wichtiger Bereich in der Reise- und Migrationsmedizin ist die Erforschung neuer Impfstoffe und Impfkonzepte, um rasch auf neu auftretende oder erneut vermehrt auftretende Infektionserkrankungen reagieren zu können, ohne dass es dabei zu weltweiten Ausbrüchen wie z.B. beim Zika-Virus mit schwerwiegenden Folgen für die betroffenen Länder kommt. Die Impfung mittels mRNA ist hierbei eine neue und zukunftsweisende Möglichkeit, rasch auf das Auftreten solcher Erkrankungen reagieren zu können. Im Rahmen dieser Arbeit konnte gezeigt werden, dass eine solche mRNA-Impfung das Potential hat, einen neuen Weg bezüglich der Prävention von Infektionserkrankungen durch Impfungen aufzuzeigen. Weitere Studien sind allerdings nötig, um die Serienreife eines solchen Impfstoffes möglich zu machen.