Logo Logo
Hilfe
Kontakt
Switch language to English
Die klinischen und diagnostischen Merkmale der Myotonen Dystrophie Typ 2. retrospektive Studie eines großen Patientenkollektivs
Die klinischen und diagnostischen Merkmale der Myotonen Dystrophie Typ 2. retrospektive Studie eines großen Patientenkollektivs
Die Myotone Dystrophie Typ 2 (DM2) ist eine viel jüngere und weniger bekannte Erkrankung im Vergleich zur Myotone Dystrophie Typ 1 (DM1). Aufgrund ihrer niedrigen Prävalenz weltweit resultiert die Beschreibung des DM2 klinischen Bildes seit 1994 hauptsächlich aus klinischen Studien, die mit kleinen Patientenkollektiven (i.d.R. < 50 Patienten) durchgeführt wurden. Ziel dieser Promotionsarbeit ist die Phänotypdarstellung der klinischen Zeichen und Symptome in einer großen Kohorte von DM2 Patienten deutscher Herkunft. Insbesondere sollte der Einfluss von Alter und Geschlecht auf den DM2 Phänotyp erforscht werden. 307 Patienten aus 249 Familien mit einer genetisch gesicherten DM2 wurden in die Studie eingeschlossen. Folgende Daten wurden erhoben: (1) Demographie (Alter, Geschlecht, regionale Herkunft); (2) klinische Zeichen (Symptombeginn, erste Symptome, muskuläre Beschwerden im Verlauf, multisystemische Beteiligung); (3) Diagnostik (serologische Tests, Elektromyographie, Muskelbiopsie). Soweit anwendbar wurden die folgenden statistischen Tests verwendet: Mann–Whitney U-test, Kruskal–Wallis Test, Chi-square oder Fisher’s exact Tests. Spezifische Regressionsanalyseverfahren wurden zur Evaluation des Zusammenhangs zwischen unabhängige Variablen (z.B. Alter und Geschlecht) und spezifischen Symptomen durchgeführt. Die untersuchte Kohorte besteht aus 186 Frauen (61%) und 121 Männer. Bei Erkrankungsbeginn war das führende klinische Leitsymptom eine proximale muskuläre Schwäche (55,4%), gefolgt von Myalgien (35,5%) und der Myotonie (25,4%). Die proximale Muskelschwäche trat häufiger bei Frauen als bei Männern auf (p=0.0006). Hingegen trat bei Männer öfters Myalgien auf (OR=2.94 [95%CI 1.53-5.67]; P = 0.0012). Die Patienten mit Muskelschwäche als Erstsymptom waren älter als solche mit Myalgie und/oder Myotonie (Median 49, vs. 39 und 30 Jahren, p<0.0001). Mit zunehmender Erkrankungsdauer sankt pro Jahr die Wahrscheinlichkeit eine Myotonie zu entwickeln um 10% [OR 0.9 (95% CI 0.87–0.93) p<0.0001] und Myalgien um 6% [OR 0.94 (95% CI 0.91–0.97), p<0.0001]. Die häufigsten multisystemischen Komorbiditäten waren: Katarakt (49%), Dyslipidämie (41%), Schilddrüsenerkrankungen (32%) und ein Diabetes Mellitus (30%). Katarakt und Schilddrüsenerkrankung traten häufiger bei Frauen (jeweils p = 0,002) als bei Männern auf. Der frühe Erkrankungsbeginn ist ein unabhängiger Risikofaktor für das Auftreten von multisystematischer Organbeteiligung [OR 0.94 (95% CI 0.90–0.98)]. Zusammenfassend konnte in dieser aktualisierten klinischen Phänotyp-Beschreibung der DM2 ein deutlicher Einfluss von Alter und Geschlecht auf den Phänotyp gezeigt werden. Bei Frauen und mit steigendem Lebensalter wird die Krankheitslast progredient größer. Diese alters- und geschlechtsspezifischen Unterschiede müssen bei der Diagnosestellung, beim Management und in zukünftigen klinischen Studien der DM2 berücksichtigt werden.
Myotone Dystrophie Typ 2, DM2, dystrophische Myotonie
Montagnese, Federica
2018
Englisch
Universitätsbibliothek der Ludwig-Maximilians-Universität München
Montagnese, Federica (2018): Die klinischen und diagnostischen Merkmale der Myotonen Dystrophie Typ 2: retrospektive Studie eines großen Patientenkollektivs. Dissertation, LMU München: Medizinische Fakultät
[thumbnail of Montagnese_Federica.pdf]
Vorschau
PDF
Montagnese_Federica.pdf

1MB

Abstract

Die Myotone Dystrophie Typ 2 (DM2) ist eine viel jüngere und weniger bekannte Erkrankung im Vergleich zur Myotone Dystrophie Typ 1 (DM1). Aufgrund ihrer niedrigen Prävalenz weltweit resultiert die Beschreibung des DM2 klinischen Bildes seit 1994 hauptsächlich aus klinischen Studien, die mit kleinen Patientenkollektiven (i.d.R. < 50 Patienten) durchgeführt wurden. Ziel dieser Promotionsarbeit ist die Phänotypdarstellung der klinischen Zeichen und Symptome in einer großen Kohorte von DM2 Patienten deutscher Herkunft. Insbesondere sollte der Einfluss von Alter und Geschlecht auf den DM2 Phänotyp erforscht werden. 307 Patienten aus 249 Familien mit einer genetisch gesicherten DM2 wurden in die Studie eingeschlossen. Folgende Daten wurden erhoben: (1) Demographie (Alter, Geschlecht, regionale Herkunft); (2) klinische Zeichen (Symptombeginn, erste Symptome, muskuläre Beschwerden im Verlauf, multisystemische Beteiligung); (3) Diagnostik (serologische Tests, Elektromyographie, Muskelbiopsie). Soweit anwendbar wurden die folgenden statistischen Tests verwendet: Mann–Whitney U-test, Kruskal–Wallis Test, Chi-square oder Fisher’s exact Tests. Spezifische Regressionsanalyseverfahren wurden zur Evaluation des Zusammenhangs zwischen unabhängige Variablen (z.B. Alter und Geschlecht) und spezifischen Symptomen durchgeführt. Die untersuchte Kohorte besteht aus 186 Frauen (61%) und 121 Männer. Bei Erkrankungsbeginn war das führende klinische Leitsymptom eine proximale muskuläre Schwäche (55,4%), gefolgt von Myalgien (35,5%) und der Myotonie (25,4%). Die proximale Muskelschwäche trat häufiger bei Frauen als bei Männern auf (p=0.0006). Hingegen trat bei Männer öfters Myalgien auf (OR=2.94 [95%CI 1.53-5.67]; P = 0.0012). Die Patienten mit Muskelschwäche als Erstsymptom waren älter als solche mit Myalgie und/oder Myotonie (Median 49, vs. 39 und 30 Jahren, p<0.0001). Mit zunehmender Erkrankungsdauer sankt pro Jahr die Wahrscheinlichkeit eine Myotonie zu entwickeln um 10% [OR 0.9 (95% CI 0.87–0.93) p<0.0001] und Myalgien um 6% [OR 0.94 (95% CI 0.91–0.97), p<0.0001]. Die häufigsten multisystemischen Komorbiditäten waren: Katarakt (49%), Dyslipidämie (41%), Schilddrüsenerkrankungen (32%) und ein Diabetes Mellitus (30%). Katarakt und Schilddrüsenerkrankung traten häufiger bei Frauen (jeweils p = 0,002) als bei Männern auf. Der frühe Erkrankungsbeginn ist ein unabhängiger Risikofaktor für das Auftreten von multisystematischer Organbeteiligung [OR 0.94 (95% CI 0.90–0.98)]. Zusammenfassend konnte in dieser aktualisierten klinischen Phänotyp-Beschreibung der DM2 ein deutlicher Einfluss von Alter und Geschlecht auf den Phänotyp gezeigt werden. Bei Frauen und mit steigendem Lebensalter wird die Krankheitslast progredient größer. Diese alters- und geschlechtsspezifischen Unterschiede müssen bei der Diagnosestellung, beim Management und in zukünftigen klinischen Studien der DM2 berücksichtigt werden.