Logo Logo
Hilfe
Kontakt
Switch language to English
Der Einfluss der neutrophilen Granulozyten und des zirkadianen Rhythmus auf die Wundheilung nach einem Myokardinfarkt
Der Einfluss der neutrophilen Granulozyten und des zirkadianen Rhythmus auf die Wundheilung nach einem Myokardinfarkt
Kardiovaskuläre Erkrankungen und insbesondere der akute Myokardinfarkt sind die häufigste Todesursache in der entwickelten Welt. Das Überleben von Patienten mit einem akuten Myokardinfarkt wird wesentlich durch eine adäquat balancierte Inflammationsreaktion auf den Infarkt beeinflusst (Swirski et al, 2013). So führte eine exzessive Neutrophilenzahl im Blut von Myokardinfarktpatienten zu einer mangelhaften kardialen Wundheilung und folglich zu einer eingeschränkten Herzfunktion (Kyne et al, 2000). Lange bestand die Vorstellung, dass neutrophile Granulozyten im ischämischen Myokard zwar für eine frühe Phagozytose von absterbenden Kardiomyozyten notwendig sind, darüber hinaus aber wesentlich zur einer destruktiven Inflammationsamplifizierung beitragen. Ziel der ersten Veröffentlichung war es zu klären, ob sich neutrophile Granulozyten nicht auch fördernd auf die kardiale Wundheilung nach Myokardinfarkt auswirken. In der ersten Studie konnten wir zeigen, dass neutrophile Granulozyten neben den bereits bekannten Aufgaben auch eine entscheidende Rolle bei der Eindämmung der Inflammationsreaktion nach Myokardinfarkt spielen und damit eine protektive Wirkung auf das Myokard haben. Neutrophil-depletierte Mäuse hatten im Vergleich zu ihren Isotyp-Kontrollen signifikant höhere inflammatorische Makrophagenzahlen jedoch eine geringere Zahl von reparativen Makrophagen sowie mehr apoptotische Zellen im ischämischen Myokard. Dies konnten wir damit erklären, dass neutrophile Granulozyten NGAL (neutrophil gelatinase-associated lipocalin) sezernierten, welches im Herzen nach Myokardinfarkt die Umwandlung von inflammatorischen zu reparativen Makrophagen bewirkte. In Neutrophil-depletierten Mäusen kam es verglichen mit Isotyp-Kontrollen nach Myokardinfarkt zu einer amplifizierten Entzündung und folglich zu einer größeren fibrotischen Infarktnarbe und einer eingeschränkten Herzfunktion. Interessanterweise deuten klinische Studien darauf hin, dass das Überleben von Patienten mit akutem Myokardinfarkt von der Tageszeit ihres Symptombeginns abhängt (Suarez-Barrientos et al, 2011; Fournier et al, 2012; Reiter et al, 2012). Ziel der zweiten Veröffentlichung war es, die dahinterstehenden Mechanismen zu klären. In der zweiten Studie konnten wir zeigen, dass das Herz ein immunologisch dynamisches Organ ist, in dem Adhäsionsmoleküle, Chemokin- und Zytokinexpressionen sowie Neutrophilen-Zahlen zirkadian oszillieren. Dies gilt auch für das Knochenmark, in dem die Neutrophilen-Produktion und -Mobilisierung ebenfalls von der Tageszeit abhängt. Unter nichtischämischen Bedingungen zeigten neutrophile Granulozyten zu Beginn der Aktivphase (ZT13) eine höhere Neigung zur Myokardinfiltration als ZT5 operierte Mäuse, welche wir auf eine Hochregulierung ihres CXCR2 zurückführten. Bei einem Myokardinfarkt zum ZT13 Zeitpunkt konnten folglich mehr CXCR2high Neutrophile vom Blut ins Herz migrieren als zum ZT5 Zeitpunkt, was zu einer extremen Akkumulation von Neutrophilen im Herzen führte. Gleichzeitig konnte ein pharmakologischer CXCR2 Inhibitor nur zum ZT13 Zeitpunkt die kardiale Neutrophilen-Migration verhindern. Ein Myokardinfarkt zu Beginn der Aktivphase resultierte in einer übertriebenen Entzündungsreaktion mit größeren Infarkten und beeinträchtigter Wundheilung; letztere führte zu einer größeren fibrotischen Narbe mit schlechterer Herzfunktion. Eine Reduzierung der Neutrophilenzahl durch einen pharmakologischen CXCR2-Inhibitor oder einen Ly6G-Antikörper bei Myokardinfarkten am Beginn der Aktivphase hatte einen schützenden Effekt und führte folglich zu kleineren Infarkten und einer besseren Herzfunktion. Unsere Daten bieten einen Erklärungsansatz für die schlechtere Überlebensrate von Patienten, die einen Herzinfarkt in den frühen Morgenstunden erleiden. Eine Reduktion der von Neutrophilen verursachten Inflammation nach Myokardinfarkt könnte das Überleben dieser Patienten verbessern. Dabei ist die richtige Dosierung der antiinflammatorischen Therapie entscheidend, da neutrophile Granulozyten zwar einen potentiellen Schaden verursachen, aber auch eine essenzielle reparative Funktion in der kardialen Wundheilung wahrnehmen können.
Myokardinfarkt, Zirkadianer Rhythmus, Neutrophile Granulozyten, Wundheilung, Entzündung
Schloss, Maximilian J.
2018
Deutsch
Universitätsbibliothek der Ludwig-Maximilians-Universität München
Schloss, Maximilian J. (2018): Der Einfluss der neutrophilen Granulozyten und des zirkadianen Rhythmus auf die Wundheilung nach einem Myokardinfarkt. Dissertation, LMU München: Medizinische Fakultät
[thumbnail of Schloss_Maximilian_J.pdf]
Vorschau
PDF
Schloss_Maximilian_J.pdf

6MB

Abstract

Kardiovaskuläre Erkrankungen und insbesondere der akute Myokardinfarkt sind die häufigste Todesursache in der entwickelten Welt. Das Überleben von Patienten mit einem akuten Myokardinfarkt wird wesentlich durch eine adäquat balancierte Inflammationsreaktion auf den Infarkt beeinflusst (Swirski et al, 2013). So führte eine exzessive Neutrophilenzahl im Blut von Myokardinfarktpatienten zu einer mangelhaften kardialen Wundheilung und folglich zu einer eingeschränkten Herzfunktion (Kyne et al, 2000). Lange bestand die Vorstellung, dass neutrophile Granulozyten im ischämischen Myokard zwar für eine frühe Phagozytose von absterbenden Kardiomyozyten notwendig sind, darüber hinaus aber wesentlich zur einer destruktiven Inflammationsamplifizierung beitragen. Ziel der ersten Veröffentlichung war es zu klären, ob sich neutrophile Granulozyten nicht auch fördernd auf die kardiale Wundheilung nach Myokardinfarkt auswirken. In der ersten Studie konnten wir zeigen, dass neutrophile Granulozyten neben den bereits bekannten Aufgaben auch eine entscheidende Rolle bei der Eindämmung der Inflammationsreaktion nach Myokardinfarkt spielen und damit eine protektive Wirkung auf das Myokard haben. Neutrophil-depletierte Mäuse hatten im Vergleich zu ihren Isotyp-Kontrollen signifikant höhere inflammatorische Makrophagenzahlen jedoch eine geringere Zahl von reparativen Makrophagen sowie mehr apoptotische Zellen im ischämischen Myokard. Dies konnten wir damit erklären, dass neutrophile Granulozyten NGAL (neutrophil gelatinase-associated lipocalin) sezernierten, welches im Herzen nach Myokardinfarkt die Umwandlung von inflammatorischen zu reparativen Makrophagen bewirkte. In Neutrophil-depletierten Mäusen kam es verglichen mit Isotyp-Kontrollen nach Myokardinfarkt zu einer amplifizierten Entzündung und folglich zu einer größeren fibrotischen Infarktnarbe und einer eingeschränkten Herzfunktion. Interessanterweise deuten klinische Studien darauf hin, dass das Überleben von Patienten mit akutem Myokardinfarkt von der Tageszeit ihres Symptombeginns abhängt (Suarez-Barrientos et al, 2011; Fournier et al, 2012; Reiter et al, 2012). Ziel der zweiten Veröffentlichung war es, die dahinterstehenden Mechanismen zu klären. In der zweiten Studie konnten wir zeigen, dass das Herz ein immunologisch dynamisches Organ ist, in dem Adhäsionsmoleküle, Chemokin- und Zytokinexpressionen sowie Neutrophilen-Zahlen zirkadian oszillieren. Dies gilt auch für das Knochenmark, in dem die Neutrophilen-Produktion und -Mobilisierung ebenfalls von der Tageszeit abhängt. Unter nichtischämischen Bedingungen zeigten neutrophile Granulozyten zu Beginn der Aktivphase (ZT13) eine höhere Neigung zur Myokardinfiltration als ZT5 operierte Mäuse, welche wir auf eine Hochregulierung ihres CXCR2 zurückführten. Bei einem Myokardinfarkt zum ZT13 Zeitpunkt konnten folglich mehr CXCR2high Neutrophile vom Blut ins Herz migrieren als zum ZT5 Zeitpunkt, was zu einer extremen Akkumulation von Neutrophilen im Herzen führte. Gleichzeitig konnte ein pharmakologischer CXCR2 Inhibitor nur zum ZT13 Zeitpunkt die kardiale Neutrophilen-Migration verhindern. Ein Myokardinfarkt zu Beginn der Aktivphase resultierte in einer übertriebenen Entzündungsreaktion mit größeren Infarkten und beeinträchtigter Wundheilung; letztere führte zu einer größeren fibrotischen Narbe mit schlechterer Herzfunktion. Eine Reduzierung der Neutrophilenzahl durch einen pharmakologischen CXCR2-Inhibitor oder einen Ly6G-Antikörper bei Myokardinfarkten am Beginn der Aktivphase hatte einen schützenden Effekt und führte folglich zu kleineren Infarkten und einer besseren Herzfunktion. Unsere Daten bieten einen Erklärungsansatz für die schlechtere Überlebensrate von Patienten, die einen Herzinfarkt in den frühen Morgenstunden erleiden. Eine Reduktion der von Neutrophilen verursachten Inflammation nach Myokardinfarkt könnte das Überleben dieser Patienten verbessern. Dabei ist die richtige Dosierung der antiinflammatorischen Therapie entscheidend, da neutrophile Granulozyten zwar einen potentiellen Schaden verursachen, aber auch eine essenzielle reparative Funktion in der kardialen Wundheilung wahrnehmen können.