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Pathogenese und Therapie der pulmonalen Inflammationsreaktion bei experimentellem ARDS
Pathogenese und Therapie der pulmonalen Inflammationsreaktion bei experimentellem ARDS
In den vorgestellten experimentellen Studien wurde ein experimentelles ARDS in unterschiedlichen Kleintiermodellen in der Ratte und der Maus induziert. Zum einen durch Beatmung mit hohen Beatmungsdrücken (Barotrauma), zum anderen durch die intratracheale Applikation von LPS (Biotrauma). Auch eine Kombination aus beidem, im Sinne eines „Two-Hit Modells“ führte zu einem mit dem humanen klinischen Bild eines ARDS vergleichbaren Schädigungsmuster. Alle vorgestellten Tiermodelle zeigten pathologische pulmonale bzw. systemische Veränderungen wie Hypoxämie, Lungenödem, Gewebeschädigung, Einstrom von Entzündungszellen und einen Anstieg proinflammatorischer Zytokine. Bei der Planung einer tierexperimentellen Studie sollte das für die jeweilige Fragestellung bzw. den jeweiligen therapeutischen Ansatz am besten geeignete Tiermodell gewählt werden. Durch die Applikation antiinflammatorisch wirksamer Substanzen per inhalationem kann die lokale und systemische Entzündungsreaktion beim experimentellen ARDS signifikant verringert werden. Dabei können endogene, protektiv wirksame Signalwege als Teil der unspezifischen Immunantwort lokal aktiviert werden. Ein wichtiger und gut charakterisierter immunmodulierender Signalweg ist der JAK/STAT3/SOCS3-Signalweg. SOCS3 wirkt als antiinflammatorischer Modulator, der z.B. über seine antiapoptotischen Eigenschaften und Hemmung der Zytokinexpression die Lunge vor Schädigung schützen kann. Sowohl IL-10 als auch IL-22 können den JAK/STAT3/SOCS3-Signalweg aktivieren, während IL-10 dabei primär auf leukozytäre Zellen (z.B. Alveolarmakrophagen, NK Zellen) antiinflammatorisch wirkt, sind IL-22 Rezeptoren primär auf ortsständigen, nichtleukozytäre Zellen (z.B. Alveolarepithelzellen) exprimiert. Die inhalative Therapie mit pulmonalen Vasodilatatoren (z.B. Prostaglandine) wird bereits erfolgreich zur Therapie des ARDS eingesetzt. Eine Inhalationstherapie mit antiinflammatorischen Substanzen könnte durch Modulation pulmonaler Signaltransduktionswege die Lunge vor Schäden schützen und möglicherweise die Entwicklung eines ARDS verhindern. Ein weiterer wichtiger endogener Schutzmechanismus ist die Freisetzung von extrazellulärem Adenosin und die Aktivierung von A2B Rezeptoren. Hierbei scheint vor allem der alveolar-epitheliale A2B Rezeptor die pulmonale Inflammationsreaktion beim experimentellen ARDS zu triggern. Der epitheliale Knockout des A2B Rezeptors führt zu einem Anstieg der pulmonalen proinflammatorischen Zytokinkonzentrationen und zur vermehrten Ödembildung. Die Inhalation eines spezifischen A2B Agonisten schützt die Lunge vor Inflammation und Schädigung, und führt zur erhöhten Lungenödem-Clearance. Da die extrazelluläre Adenosinfreisetzung über den HIF-Signalweg reguliert wird, wäre ein weiterer therapeutischer Ansatzpunkt, über eine HIF-Stabilisierung die lungenprotektive Wirkung des Adenosinsignalwegs zu aktivieren. Der Abbau der HIF-1α Untereinheit wird durch verschiedene Isoformen von Prolyl-4-Hydroxylasen katalysiert (PHD1-3), die Inhibition dieser PHDs führt somit zur HIF Stabilisierung. Zur Therapie der renalen Anämie wurden bereits im Rahmen klinischer Studien erfolgreich oral verfügbare PHD Inhibitoren eingesetzt, um die Erythropoetin Produktion zu steigern. Die Inhalation eines PHD Inhibitors wäre demnach geeignet HIF-1 im Lungenepithel zu stabilisieren und könnte folglich lungenprotektiv wirken. Neben der Aktivierung von Alveolarepithelzellen spielt auch die Rekrutierung von neutrophilen Granulozyten eine entscheidende Rolle bei der Pathogenese des ARDS. Für die Chemotaxis von neutrophilen Granulozyten sind die ortsständigen Zellen der unspezifischen, pulmonalen Immunabwehr entscheidend; dies sind vorrangig Alveolarmakrophagen, aber auch NK Zellen. Der Transkriptionsfaktor T-bet moduliert die Aktivität und Ausreifung von NK Zellen, und wir konnten zeigen, dass der Knockout von T-bet Mäuse vor experimentellem ARDS schützt. Diese protektive Wirkung scheint über eine verminderte Rekrutierung von neutrophilen Granulozyten in die Lunge vermittelt zu sein. Eine Depletion von NK Zellen schützt ebenso vor akuter Lungenschädigung im Modell des LPS-induzierten ARDS. Ein besseres Verständnis der zellulären, chemotaktischen Regulationsmechanismen könnte neue Therapieansätze bei ARDS hervorbringen.
ARDS, Inflammation, Anästhesie, Lunge, Akutes Lungenversagen
Högl, Sandra
2017
Deutsch
Universitätsbibliothek der Ludwig-Maximilians-Universität München
Högl, Sandra (2017): Pathogenese und Therapie der pulmonalen Inflammationsreaktion bei experimentellem ARDS. Habilitationsschrift, LMU München: Medizinische Fakultät
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Abstract

In den vorgestellten experimentellen Studien wurde ein experimentelles ARDS in unterschiedlichen Kleintiermodellen in der Ratte und der Maus induziert. Zum einen durch Beatmung mit hohen Beatmungsdrücken (Barotrauma), zum anderen durch die intratracheale Applikation von LPS (Biotrauma). Auch eine Kombination aus beidem, im Sinne eines „Two-Hit Modells“ führte zu einem mit dem humanen klinischen Bild eines ARDS vergleichbaren Schädigungsmuster. Alle vorgestellten Tiermodelle zeigten pathologische pulmonale bzw. systemische Veränderungen wie Hypoxämie, Lungenödem, Gewebeschädigung, Einstrom von Entzündungszellen und einen Anstieg proinflammatorischer Zytokine. Bei der Planung einer tierexperimentellen Studie sollte das für die jeweilige Fragestellung bzw. den jeweiligen therapeutischen Ansatz am besten geeignete Tiermodell gewählt werden. Durch die Applikation antiinflammatorisch wirksamer Substanzen per inhalationem kann die lokale und systemische Entzündungsreaktion beim experimentellen ARDS signifikant verringert werden. Dabei können endogene, protektiv wirksame Signalwege als Teil der unspezifischen Immunantwort lokal aktiviert werden. Ein wichtiger und gut charakterisierter immunmodulierender Signalweg ist der JAK/STAT3/SOCS3-Signalweg. SOCS3 wirkt als antiinflammatorischer Modulator, der z.B. über seine antiapoptotischen Eigenschaften und Hemmung der Zytokinexpression die Lunge vor Schädigung schützen kann. Sowohl IL-10 als auch IL-22 können den JAK/STAT3/SOCS3-Signalweg aktivieren, während IL-10 dabei primär auf leukozytäre Zellen (z.B. Alveolarmakrophagen, NK Zellen) antiinflammatorisch wirkt, sind IL-22 Rezeptoren primär auf ortsständigen, nichtleukozytäre Zellen (z.B. Alveolarepithelzellen) exprimiert. Die inhalative Therapie mit pulmonalen Vasodilatatoren (z.B. Prostaglandine) wird bereits erfolgreich zur Therapie des ARDS eingesetzt. Eine Inhalationstherapie mit antiinflammatorischen Substanzen könnte durch Modulation pulmonaler Signaltransduktionswege die Lunge vor Schäden schützen und möglicherweise die Entwicklung eines ARDS verhindern. Ein weiterer wichtiger endogener Schutzmechanismus ist die Freisetzung von extrazellulärem Adenosin und die Aktivierung von A2B Rezeptoren. Hierbei scheint vor allem der alveolar-epitheliale A2B Rezeptor die pulmonale Inflammationsreaktion beim experimentellen ARDS zu triggern. Der epitheliale Knockout des A2B Rezeptors führt zu einem Anstieg der pulmonalen proinflammatorischen Zytokinkonzentrationen und zur vermehrten Ödembildung. Die Inhalation eines spezifischen A2B Agonisten schützt die Lunge vor Inflammation und Schädigung, und führt zur erhöhten Lungenödem-Clearance. Da die extrazelluläre Adenosinfreisetzung über den HIF-Signalweg reguliert wird, wäre ein weiterer therapeutischer Ansatzpunkt, über eine HIF-Stabilisierung die lungenprotektive Wirkung des Adenosinsignalwegs zu aktivieren. Der Abbau der HIF-1α Untereinheit wird durch verschiedene Isoformen von Prolyl-4-Hydroxylasen katalysiert (PHD1-3), die Inhibition dieser PHDs führt somit zur HIF Stabilisierung. Zur Therapie der renalen Anämie wurden bereits im Rahmen klinischer Studien erfolgreich oral verfügbare PHD Inhibitoren eingesetzt, um die Erythropoetin Produktion zu steigern. Die Inhalation eines PHD Inhibitors wäre demnach geeignet HIF-1 im Lungenepithel zu stabilisieren und könnte folglich lungenprotektiv wirken. Neben der Aktivierung von Alveolarepithelzellen spielt auch die Rekrutierung von neutrophilen Granulozyten eine entscheidende Rolle bei der Pathogenese des ARDS. Für die Chemotaxis von neutrophilen Granulozyten sind die ortsständigen Zellen der unspezifischen, pulmonalen Immunabwehr entscheidend; dies sind vorrangig Alveolarmakrophagen, aber auch NK Zellen. Der Transkriptionsfaktor T-bet moduliert die Aktivität und Ausreifung von NK Zellen, und wir konnten zeigen, dass der Knockout von T-bet Mäuse vor experimentellem ARDS schützt. Diese protektive Wirkung scheint über eine verminderte Rekrutierung von neutrophilen Granulozyten in die Lunge vermittelt zu sein. Eine Depletion von NK Zellen schützt ebenso vor akuter Lungenschädigung im Modell des LPS-induzierten ARDS. Ein besseres Verständnis der zellulären, chemotaktischen Regulationsmechanismen könnte neue Therapieansätze bei ARDS hervorbringen.