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Erregerspezifische Diagnostik tropentypischer Erkrankungen unter dem Einfluss von HIV
Erregerspezifische Diagnostik tropentypischer Erkrankungen unter dem Einfluss von HIV
Zusätzlich zu den tropentypischen Erkrankungen werden die afrikanischen Länder südlich der Sahara von einer disproportionalen Ausbreitung des Human Immunodeficiency Virus (HIV) geplagt. In einer Region, die ohnehin mehr als andere unter Infektionserkrankungen leidet, wurde schon lange diskutiert, ob chronische Wurmerkrankungen zu einer erhöhten Suszeptibilität für HIV führen könnten. Helmintheninfektionen werden häufig bereits in der Kindheit erworben und können unbehandelt über Jahre im menschlichen Körper verbleiben. Da Helmintheninfektionen somit zeitlich der Lebensphase mit erhöhtem Risiko für den Erwerb einer HIV-Infektion vorausgehen, könnten sie für die HIV Epidemiologie eine Rolle spielen. Trotz vieler Hinweise, die diese Hypothese unterstützen, blieb der Beweis über lange Jahre aus. In der vorliegenden Habilitationsarbeit werden Daten einer großen prospektiven Studie in der Normalbevölkerung Süd-West-Tansanias ausgewertet und der Einfluss verschiedener Helminthen auf die Empfänglichkeit für eine HIV-Infektion untersucht. Die Infektion mit W. bancrofti, dem Erreger der lymphatischen Filariose (LF), die trotz adäquater Behandlung lange im menschlichen Körper bleibt, zeigte einen signifikanten Einfluss auf die HIV Inzidenz. Der Vergleich von Filarien-Infizierten mit nicht-Infizierten zeigt ein 3,2-fach erhöhtes Risiko für die HIV-Ansteckung bei den 14 bis 25-Jährigen, ein 2,4-fach erhöhtes Risiko für die 25 bis 45-Jährigen, und ein 1,2-fach erhöhtes Risiko für die über 45-Jährigen. Mehrere Konsequenzen können aus den Ergebnissen gezogen werden: Das erhöhte Risiko für den Erwerb einer HIV-Infektion kann sehr wahrscheinlich reduziert werden durch schnellere Elimination des Wurmes aus dem befallenen menschlichen Körper mit bereits verfügbaren moderneren Therapieschemata. Damit könnte ein erheblicher Beitrag zur HIV Prävention geleistet werden, der bislang nicht propagiert wurde. Die weiteren Untersuchungen zu HIV-Risikofaktoren in der Studienpopulation deckten auf, dass die verschiedenen Altersgruppen unterschiedlich empfänglich für diese Faktoren sind. Dies sollte bei Präventionsmaßnahmen berücksichtigt werden, die auf Zielgruppen zurechtgeschnitten werden. Es wurden innerhalb der großen prospektiven Studie auch intestinale Nematoden untersucht, die keinen signifikanten Einfluss auf die HIV Inzidenz zeigten. Interessant sind auch weitere Analysen, die versuchen die Hintergründe für die gesteigerte HIV Inzidenz zu beleuchten. Es wurden Veränderungen der Immunaktivierung und der Rezeptorbeladung der T-Helferzellen gefunden, die insbesondere bei Patienten infiziert mit W. bancrofti, aber nicht bei den mit intestinalen Helminthen Infizierten auftraten. Die extreme Verbreitung des HI-Virus in den Ländern im südlichen Afrika hat zur Folge, dass andere Infektionen aber auch bösartige Erkrankungen in diesen Regionen an Häufigkeit zunehmen. Eine der häufigsten Ko-Infektionen in diesen Ländern ist die Tuberkulose (TB). Eine zügige und korrekte Diagnose und Therapie ist erschwert durch die paucibazilläre Natur, in der TB bei den HIV-Ko-infizierten vorliegt. Mit zwei neueren diagnostischen Methoden, den Interferon-gamma-Release Assays (IGRA) sowie wie der Untersuchung des Lipoarabinomannan (LAM) habe ich mich näher befasst. LAM ist ein Teil der Zellwand von Mykobakterien und im Urin von Tuberkulosepatienten nachweisbar Die Verfügbarkeit von Urin und der unkomplizierte Testablauf machen diesen Test attraktiv. Die Studien der letzten Jahre hatten aber sehr schwankende Spezifitäten und recht niedrige Sensitivitäten gezeigt, was die Begeisterung über diese neue Testmethode dann doch begrenzt hat. Wir konnten in den hier beigelegten Studien in Tansania einiges zur Klärung der wechselhaften Spezifität beitragen. Die Sensitivität dieses Tests ist sehr unterschiedlich bei Personen mit bzw. ohne HIV-Infektion. Bei stark immunkompromittierten HIV-Infizierten werden tolerable Sensitivitäten erreicht, die diesen Test sinnvoll erscheinen lassen. Ebenfalls interessant als alternative diagnostische Möglichkeit für Tuberkulose sind die sogenannten Interferon-gamma Release Assays (IGRA). Wie der Tuberkulin-Haut-Test (TST) messen die IGRAs die spezifische Immunantwort gegen M. tuberculosis und zeigen eine aktive oder latente Tuberkulose an. Im Gegensatz zum Tuberkulin-Haut-Test reagieren die IGRAs nicht falsch positiv, bei Personen die mit dem BCG- Impfstoff geimpft wurden, oder die mit anderen (nicht-tuberkulösen) Mykobakterien (NTM) Kontakt hatten und sind somit erheblich spezifischer. Sie haben im Vergleich mit dem TST ebenfalls den großen Vorteil, dass sie korrekt negative Befunde unterscheiden können von einer immunkompromittierten Situation in denen die Tests nicht aussagefähig sind. Die HIV-Infektion führt sehr früh bereits zu einem Verlust der TB-spezifischen Gedächtniszellen. Dies beeinflusst die Interpretation eines positiven IGRAs bei den HIV/TB-Ko-infizierten und kann diagnostisch benutzt werden.
HIV, Helminthen, Tuberkulose Inzidenz, Diagnostik, IGRA
Kroidl, Inge
2017
Deutsch
Universitätsbibliothek der Ludwig-Maximilians-Universität München
Kroidl, Inge (2017): Erregerspezifische Diagnostik tropentypischer Erkrankungen unter dem Einfluss von HIV. Habilitationsschrift, LMU München: Medizinische Fakultät
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Abstract

Zusätzlich zu den tropentypischen Erkrankungen werden die afrikanischen Länder südlich der Sahara von einer disproportionalen Ausbreitung des Human Immunodeficiency Virus (HIV) geplagt. In einer Region, die ohnehin mehr als andere unter Infektionserkrankungen leidet, wurde schon lange diskutiert, ob chronische Wurmerkrankungen zu einer erhöhten Suszeptibilität für HIV führen könnten. Helmintheninfektionen werden häufig bereits in der Kindheit erworben und können unbehandelt über Jahre im menschlichen Körper verbleiben. Da Helmintheninfektionen somit zeitlich der Lebensphase mit erhöhtem Risiko für den Erwerb einer HIV-Infektion vorausgehen, könnten sie für die HIV Epidemiologie eine Rolle spielen. Trotz vieler Hinweise, die diese Hypothese unterstützen, blieb der Beweis über lange Jahre aus. In der vorliegenden Habilitationsarbeit werden Daten einer großen prospektiven Studie in der Normalbevölkerung Süd-West-Tansanias ausgewertet und der Einfluss verschiedener Helminthen auf die Empfänglichkeit für eine HIV-Infektion untersucht. Die Infektion mit W. bancrofti, dem Erreger der lymphatischen Filariose (LF), die trotz adäquater Behandlung lange im menschlichen Körper bleibt, zeigte einen signifikanten Einfluss auf die HIV Inzidenz. Der Vergleich von Filarien-Infizierten mit nicht-Infizierten zeigt ein 3,2-fach erhöhtes Risiko für die HIV-Ansteckung bei den 14 bis 25-Jährigen, ein 2,4-fach erhöhtes Risiko für die 25 bis 45-Jährigen, und ein 1,2-fach erhöhtes Risiko für die über 45-Jährigen. Mehrere Konsequenzen können aus den Ergebnissen gezogen werden: Das erhöhte Risiko für den Erwerb einer HIV-Infektion kann sehr wahrscheinlich reduziert werden durch schnellere Elimination des Wurmes aus dem befallenen menschlichen Körper mit bereits verfügbaren moderneren Therapieschemata. Damit könnte ein erheblicher Beitrag zur HIV Prävention geleistet werden, der bislang nicht propagiert wurde. Die weiteren Untersuchungen zu HIV-Risikofaktoren in der Studienpopulation deckten auf, dass die verschiedenen Altersgruppen unterschiedlich empfänglich für diese Faktoren sind. Dies sollte bei Präventionsmaßnahmen berücksichtigt werden, die auf Zielgruppen zurechtgeschnitten werden. Es wurden innerhalb der großen prospektiven Studie auch intestinale Nematoden untersucht, die keinen signifikanten Einfluss auf die HIV Inzidenz zeigten. Interessant sind auch weitere Analysen, die versuchen die Hintergründe für die gesteigerte HIV Inzidenz zu beleuchten. Es wurden Veränderungen der Immunaktivierung und der Rezeptorbeladung der T-Helferzellen gefunden, die insbesondere bei Patienten infiziert mit W. bancrofti, aber nicht bei den mit intestinalen Helminthen Infizierten auftraten. Die extreme Verbreitung des HI-Virus in den Ländern im südlichen Afrika hat zur Folge, dass andere Infektionen aber auch bösartige Erkrankungen in diesen Regionen an Häufigkeit zunehmen. Eine der häufigsten Ko-Infektionen in diesen Ländern ist die Tuberkulose (TB). Eine zügige und korrekte Diagnose und Therapie ist erschwert durch die paucibazilläre Natur, in der TB bei den HIV-Ko-infizierten vorliegt. Mit zwei neueren diagnostischen Methoden, den Interferon-gamma-Release Assays (IGRA) sowie wie der Untersuchung des Lipoarabinomannan (LAM) habe ich mich näher befasst. LAM ist ein Teil der Zellwand von Mykobakterien und im Urin von Tuberkulosepatienten nachweisbar Die Verfügbarkeit von Urin und der unkomplizierte Testablauf machen diesen Test attraktiv. Die Studien der letzten Jahre hatten aber sehr schwankende Spezifitäten und recht niedrige Sensitivitäten gezeigt, was die Begeisterung über diese neue Testmethode dann doch begrenzt hat. Wir konnten in den hier beigelegten Studien in Tansania einiges zur Klärung der wechselhaften Spezifität beitragen. Die Sensitivität dieses Tests ist sehr unterschiedlich bei Personen mit bzw. ohne HIV-Infektion. Bei stark immunkompromittierten HIV-Infizierten werden tolerable Sensitivitäten erreicht, die diesen Test sinnvoll erscheinen lassen. Ebenfalls interessant als alternative diagnostische Möglichkeit für Tuberkulose sind die sogenannten Interferon-gamma Release Assays (IGRA). Wie der Tuberkulin-Haut-Test (TST) messen die IGRAs die spezifische Immunantwort gegen M. tuberculosis und zeigen eine aktive oder latente Tuberkulose an. Im Gegensatz zum Tuberkulin-Haut-Test reagieren die IGRAs nicht falsch positiv, bei Personen die mit dem BCG- Impfstoff geimpft wurden, oder die mit anderen (nicht-tuberkulösen) Mykobakterien (NTM) Kontakt hatten und sind somit erheblich spezifischer. Sie haben im Vergleich mit dem TST ebenfalls den großen Vorteil, dass sie korrekt negative Befunde unterscheiden können von einer immunkompromittierten Situation in denen die Tests nicht aussagefähig sind. Die HIV-Infektion führt sehr früh bereits zu einem Verlust der TB-spezifischen Gedächtniszellen. Dies beeinflusst die Interpretation eines positiven IGRAs bei den HIV/TB-Ko-infizierten und kann diagnostisch benutzt werden.