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Diagnostischer und prognostischer Wert von CRP, Procalcitonin, Interleukin 6 und Cholesterin im Blut von kritisch kranken Patienten auf Intensivstationen
Diagnostischer und prognostischer Wert von CRP, Procalcitonin, Interleukin 6 und Cholesterin im Blut von kritisch kranken Patienten auf Intensivstationen
Die Sepsis ist die dritthäufigste Todesursache in Deutschland. Ihre Letalitätsrate von bis zu 70% hat sich trotz modernster Intensivmedizin bisher kaum verringern lassen und ihre Prävalenz und Inzidenz steigt. Durch hochkomplexe Prozesse und verschiedenste Auslöser gerät bei dieser Erkrankung die Immunabwehr außer Kontrolle und es kommt zu einer überschießenden, generalisierten Entzündungs-reaktion, die sich letztlich gegen den Organismus selbst richtet und unbehandelt zum Tod führt. Eine generalisierte Entzündungsreaktion durch eine Infektion bezeichnet man, je nach Ausprägung, als Sepsis, schwere Sepsis oder septischen Schock. Die gleiche Reaktion kann auch durch eine nicht infektiöse Ursache ausgelöst werden und wird als Systemic Inflammatory Response Syndrom (SIRS) bezeichnet. Mit zunehmender Dauer bis zur Diagnose und damit bis zur Therapie steigt die Morbidität und Letalität. Ziel dieser Arbeit war den prognostischen und diagnostischen Wert von CRP-, Procalcitonin-, Interleukin-6 und Cholesterin-blutspiegeln im Hinblick auf diese Erkrankungsbilder bei kritisch kranken Patienten zu evaluieren und damit die Diagnostik und Therapie zu verbessern. Die genannten Marker wurden im Blut von 122 konsekutiv in die Arbeit eingeschlossenen Patienten bestimmt. Eingeschlossen wurden die Patienten sobald sie eine Intensivtherapie erhielten und die Kriterien der ACCP/SCCM-Konsensus-konferenz erfüllten. Die Höhe der Marker wurde mit Grunderkrankung, Sepsis-ursache, Mortalität, Infektionsstatus, Schweregrad der Erkrankung, Liegedauer, mikrobiologischen Befunden und weiteren klinischen Parametern korreliert. Als guter und einziger Marker bezüglich der Mortalität zeigte sich Cholesterin, v.a. bei Patienten mit Infektionen. Patienten, die den Aufenthalt auf der Intensivstation überlebten, hatten hoch signifikant höhere Cholesterinwerte (105,6 mg/dl vs. 74,0 mg/dl, p=0,006). Als Infektparameter eignen sich alle vier untersuchten Marker. PCT besaß hier den höchsten diagnostischen Wert (PPV 92%) und IL-6 erwies sich als geeignet zum Ausschluss einer Infektion (NPV 63%). Auch die Erkrankungs-schwere korrelierte vorwiegend mit den PCT-Werten. Bei Patienten mit einem septischen Schock zeigten aber auch die IL-6- und Cholesterinwerte signifikante Abweichungen. Bezüglich der Liegedauer ergab sich lediglich eine schwache Korrelation mit der Höhe der CRP-Werte. Keiner der Werte ließ Rückschlüsse auf mikrobiologische Befunde zu. Auch die einzelnen SIRS-Kriterien zeigten keine diagnostische Relevanz. Die Analyse von Grunderkrankungen, Sepsisursachen und der Höhe der Marker untermauerte die bereits genannten Ergebnisse. Patienten mit einer nicht-infektiösen Grunderkrankung oder SIRS-Ursache (z.B. Schädel-Hirn-Trauma, Myokardinfakt, operativer Eingriff) waren in der Regel weniger schwer krank und zeigten weniger stark abweichende Parameter als Patienten mit einer infektiösen Grunderkrankung oder Sepsisursache. Patienten mit einem infektiösen Geschehen der Bauchhöle (z.B. nach GI-Perforation) hatten zumeist einen septischen Schock, massiv erhöhte IL-6-Werte und deutlich verminderte Cholesterinwerte. Pneumonien waren mit weitem Abstand (42/122) der häufigste Grund für ein septisches Erkrankungsbild, die Krankheitsschwere variierte hier aber deutlich. Patienten mit Pneumonien und abdominelle Infektionen sind somit als Hochrisikopatienten für schwerwiegende septische Komplikationen zu sehen. Auch im weiteren Verlauf einer Intensivtherapie konnte ein Nutzen der untersuchten Marker zur Diagnostik und dem Monitoring von Komplikationen und Therapien gezeigt werden. So steigen CRP- und IL-6-Spiegel bereits vor der klinischen Manifestation einer Infektion an und können daher als Frühmarker genutzt werden. Der Cholesterinspiegel besitzt auch im weiteren Verlauf eine hohe prognostische Aussage, da er bei Komplikationen signifikant abfällt. Ebenfalls ist ein Therapie-monitoring anhand der vier Marker möglich, da sich nach einer erfolgreichen therapeutischen Maßnahme die Plasmaspiegel in der Regel normalisieren. Lediglich die CRP-Werte können nach einer Intervention „falsch hoch“ sein. Eine Beeinflussung der Plasmaspiegel durch Steroidtherapie oder Nierenersatz-verfahren zeigte sich nicht. Allerdings wiesen Patienten mit einem SIRS, die Blutprodukte erhalten hatten, signifikant höhere IL-6-Spiegel bzw. signifikant niedrigere CRP- und Cholesterinspiegel auf, als solche, die keine Transfusionen erhalten hatten. Eine mögliche Erklärung ist, dass diese Patienten eine schwerere Grunderkrankung hatten und somit höhere IL-6- und niedrigere Cholesterinspiegel aufwiesen, die CRP-Spiegel aufgrund einer trägeren Kinetik aber noch niedrig waren. Die Ergebnisse der Arbeit decken sich gut mit der Mehrheit der Literatur zu diesem Thema. Sowohl CRP- als auch PCT-, IL-6- und Cholesterinspiegel können einen sehr guten Beitrag zur Diagnostik und dem Therapiemonitoring von Patienten mit septischen Krankheitsbildern leisten. Es zeigt sich jedoch, dass sich ein derart komplexes Krankheitsbild nicht anhand einer einzigen Messung einzelner Marker charakterisieren lässt. Weitere Untersuchungen sowohl zur genauen Patho-physiologie der Krankheitsbilder sowie zu einer möglichen Kombination der Marker sind dringend notwendig. Auch müssen sämtliche Befunde immer im Kontext mit dem klinischen Erscheinungsbild der Patienten und dem zeitlichen Zusammenhang gesehen werden. Nur so lässt sich eine für den individuellen Patienten optimale Diagnostik und Therapie gestalten. In einer weiteren Untersuchung wurde der diagnostische Wert von Interleukin 6 bei Infektionen von Neugeborenen untersucht, da Infektionen auch in der Neonatal-periode zu den drei häufigsten Gründen für Morbidität und Mortalität zählen. Interleukin 6 gilt in der Pädiatrie als vielversprechender Infektionsmarker und hat bereits Eingang in die offizielle Leitlinie der Fachgesellschaften gefunden. Allerdings gibt es bisher keine einheitlichen Grenzwerte. Interleukin 6 Spiegel wurden bestimmt, sobald sich der klinische Verdacht einer Infektion oder Sepsis des Neugeborenen bot. Insgesamt wurden Daten von 89 Patienten erhoben, 50 davon waren Frühgeborene. Die Ergebnisse dieser Arbeit bestätigen den hohen diagnostischen Wert von IL-6-Serumpiegeln. Der mathe-matisch optimale Schwellenwert für eine neonatale Infektion liegt bei 101 pg/ml (PPV 74%, NPV 88%). Der Schwellenwert für eine neonatale Sepsis liegt ebenfalls bei 101 pg/ml (PPV 64%, NPV 95%). Wenn aufgrund der hohen Morbidität und Mortalität kein Neugeborenes mit einer Infektion bzw. Sepsis übersehen werden darf, sollte der NPV bei 100% liegen, der kritische IL-6-Wert liegt dann bei 19 pg/ml. Der Schwellen-wert für eine Infektion des Kollektivs Frühgeborener liegt ebenfalls bei einem IL6-Wert von 101 pg/ml (PPV 91%, NPV 95%). Auch bei der Sepsis von Frühgeborenen liegt der Schwellenwert bei 101 pg/ml (PPV 84%, NPV 97%). Setzt man den Schwellenwert bei 19 pg/ml liegt der NPV bei 100% (PPV 42%). Dies zeigt einen noch höheren diagnostischen Wert bei dieser, aufgrund der Unreife noch gefährdeteren, Patientengruppe. Im Kontext mit der aktuellen Literatur kann als Orientierung davon ausgegangen werden, dass Neugeborene mit einem Interleukin-6-Wert < 20 pg/ml wahrscheinlich infektfrei sind und Neugeborene mit einem IL-6-Wert > 200 pg/ml sehr wahrscheinlich an einem septischen Geschehen leiden. Bei den Patienten, die Werte in dem Bereich dazwischen aufweisen, müssen diese, wie auch bei den Erwachsenen, im Kontext mit der Klinik, weiteren Befunden und dem zeitlichen Verlauf gesehen werden.
CRP, Interleukin 6, IL-6, Procalcitonin, PCT, Cholesterin, SIRS, Sepsis, kritisch krank, critical ill, Intensivstation, Intensiv Care Unit, ICU
Biller, Katharina
2017
Deutsch
Universitätsbibliothek der Ludwig-Maximilians-Universität München
Biller, Katharina (2017): Diagnostischer und prognostischer Wert von CRP, Procalcitonin, Interleukin 6 und Cholesterin im Blut von kritisch kranken Patienten auf Intensivstationen. Dissertation, LMU München: Medizinische Fakultät
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Abstract

Die Sepsis ist die dritthäufigste Todesursache in Deutschland. Ihre Letalitätsrate von bis zu 70% hat sich trotz modernster Intensivmedizin bisher kaum verringern lassen und ihre Prävalenz und Inzidenz steigt. Durch hochkomplexe Prozesse und verschiedenste Auslöser gerät bei dieser Erkrankung die Immunabwehr außer Kontrolle und es kommt zu einer überschießenden, generalisierten Entzündungs-reaktion, die sich letztlich gegen den Organismus selbst richtet und unbehandelt zum Tod führt. Eine generalisierte Entzündungsreaktion durch eine Infektion bezeichnet man, je nach Ausprägung, als Sepsis, schwere Sepsis oder septischen Schock. Die gleiche Reaktion kann auch durch eine nicht infektiöse Ursache ausgelöst werden und wird als Systemic Inflammatory Response Syndrom (SIRS) bezeichnet. Mit zunehmender Dauer bis zur Diagnose und damit bis zur Therapie steigt die Morbidität und Letalität. Ziel dieser Arbeit war den prognostischen und diagnostischen Wert von CRP-, Procalcitonin-, Interleukin-6 und Cholesterin-blutspiegeln im Hinblick auf diese Erkrankungsbilder bei kritisch kranken Patienten zu evaluieren und damit die Diagnostik und Therapie zu verbessern. Die genannten Marker wurden im Blut von 122 konsekutiv in die Arbeit eingeschlossenen Patienten bestimmt. Eingeschlossen wurden die Patienten sobald sie eine Intensivtherapie erhielten und die Kriterien der ACCP/SCCM-Konsensus-konferenz erfüllten. Die Höhe der Marker wurde mit Grunderkrankung, Sepsis-ursache, Mortalität, Infektionsstatus, Schweregrad der Erkrankung, Liegedauer, mikrobiologischen Befunden und weiteren klinischen Parametern korreliert. Als guter und einziger Marker bezüglich der Mortalität zeigte sich Cholesterin, v.a. bei Patienten mit Infektionen. Patienten, die den Aufenthalt auf der Intensivstation überlebten, hatten hoch signifikant höhere Cholesterinwerte (105,6 mg/dl vs. 74,0 mg/dl, p=0,006). Als Infektparameter eignen sich alle vier untersuchten Marker. PCT besaß hier den höchsten diagnostischen Wert (PPV 92%) und IL-6 erwies sich als geeignet zum Ausschluss einer Infektion (NPV 63%). Auch die Erkrankungs-schwere korrelierte vorwiegend mit den PCT-Werten. Bei Patienten mit einem septischen Schock zeigten aber auch die IL-6- und Cholesterinwerte signifikante Abweichungen. Bezüglich der Liegedauer ergab sich lediglich eine schwache Korrelation mit der Höhe der CRP-Werte. Keiner der Werte ließ Rückschlüsse auf mikrobiologische Befunde zu. Auch die einzelnen SIRS-Kriterien zeigten keine diagnostische Relevanz. Die Analyse von Grunderkrankungen, Sepsisursachen und der Höhe der Marker untermauerte die bereits genannten Ergebnisse. Patienten mit einer nicht-infektiösen Grunderkrankung oder SIRS-Ursache (z.B. Schädel-Hirn-Trauma, Myokardinfakt, operativer Eingriff) waren in der Regel weniger schwer krank und zeigten weniger stark abweichende Parameter als Patienten mit einer infektiösen Grunderkrankung oder Sepsisursache. Patienten mit einem infektiösen Geschehen der Bauchhöle (z.B. nach GI-Perforation) hatten zumeist einen septischen Schock, massiv erhöhte IL-6-Werte und deutlich verminderte Cholesterinwerte. Pneumonien waren mit weitem Abstand (42/122) der häufigste Grund für ein septisches Erkrankungsbild, die Krankheitsschwere variierte hier aber deutlich. Patienten mit Pneumonien und abdominelle Infektionen sind somit als Hochrisikopatienten für schwerwiegende septische Komplikationen zu sehen. Auch im weiteren Verlauf einer Intensivtherapie konnte ein Nutzen der untersuchten Marker zur Diagnostik und dem Monitoring von Komplikationen und Therapien gezeigt werden. So steigen CRP- und IL-6-Spiegel bereits vor der klinischen Manifestation einer Infektion an und können daher als Frühmarker genutzt werden. Der Cholesterinspiegel besitzt auch im weiteren Verlauf eine hohe prognostische Aussage, da er bei Komplikationen signifikant abfällt. Ebenfalls ist ein Therapie-monitoring anhand der vier Marker möglich, da sich nach einer erfolgreichen therapeutischen Maßnahme die Plasmaspiegel in der Regel normalisieren. Lediglich die CRP-Werte können nach einer Intervention „falsch hoch“ sein. Eine Beeinflussung der Plasmaspiegel durch Steroidtherapie oder Nierenersatz-verfahren zeigte sich nicht. Allerdings wiesen Patienten mit einem SIRS, die Blutprodukte erhalten hatten, signifikant höhere IL-6-Spiegel bzw. signifikant niedrigere CRP- und Cholesterinspiegel auf, als solche, die keine Transfusionen erhalten hatten. Eine mögliche Erklärung ist, dass diese Patienten eine schwerere Grunderkrankung hatten und somit höhere IL-6- und niedrigere Cholesterinspiegel aufwiesen, die CRP-Spiegel aufgrund einer trägeren Kinetik aber noch niedrig waren. Die Ergebnisse der Arbeit decken sich gut mit der Mehrheit der Literatur zu diesem Thema. Sowohl CRP- als auch PCT-, IL-6- und Cholesterinspiegel können einen sehr guten Beitrag zur Diagnostik und dem Therapiemonitoring von Patienten mit septischen Krankheitsbildern leisten. Es zeigt sich jedoch, dass sich ein derart komplexes Krankheitsbild nicht anhand einer einzigen Messung einzelner Marker charakterisieren lässt. Weitere Untersuchungen sowohl zur genauen Patho-physiologie der Krankheitsbilder sowie zu einer möglichen Kombination der Marker sind dringend notwendig. Auch müssen sämtliche Befunde immer im Kontext mit dem klinischen Erscheinungsbild der Patienten und dem zeitlichen Zusammenhang gesehen werden. Nur so lässt sich eine für den individuellen Patienten optimale Diagnostik und Therapie gestalten. In einer weiteren Untersuchung wurde der diagnostische Wert von Interleukin 6 bei Infektionen von Neugeborenen untersucht, da Infektionen auch in der Neonatal-periode zu den drei häufigsten Gründen für Morbidität und Mortalität zählen. Interleukin 6 gilt in der Pädiatrie als vielversprechender Infektionsmarker und hat bereits Eingang in die offizielle Leitlinie der Fachgesellschaften gefunden. Allerdings gibt es bisher keine einheitlichen Grenzwerte. Interleukin 6 Spiegel wurden bestimmt, sobald sich der klinische Verdacht einer Infektion oder Sepsis des Neugeborenen bot. Insgesamt wurden Daten von 89 Patienten erhoben, 50 davon waren Frühgeborene. Die Ergebnisse dieser Arbeit bestätigen den hohen diagnostischen Wert von IL-6-Serumpiegeln. Der mathe-matisch optimale Schwellenwert für eine neonatale Infektion liegt bei 101 pg/ml (PPV 74%, NPV 88%). Der Schwellenwert für eine neonatale Sepsis liegt ebenfalls bei 101 pg/ml (PPV 64%, NPV 95%). Wenn aufgrund der hohen Morbidität und Mortalität kein Neugeborenes mit einer Infektion bzw. Sepsis übersehen werden darf, sollte der NPV bei 100% liegen, der kritische IL-6-Wert liegt dann bei 19 pg/ml. Der Schwellen-wert für eine Infektion des Kollektivs Frühgeborener liegt ebenfalls bei einem IL6-Wert von 101 pg/ml (PPV 91%, NPV 95%). Auch bei der Sepsis von Frühgeborenen liegt der Schwellenwert bei 101 pg/ml (PPV 84%, NPV 97%). Setzt man den Schwellenwert bei 19 pg/ml liegt der NPV bei 100% (PPV 42%). Dies zeigt einen noch höheren diagnostischen Wert bei dieser, aufgrund der Unreife noch gefährdeteren, Patientengruppe. Im Kontext mit der aktuellen Literatur kann als Orientierung davon ausgegangen werden, dass Neugeborene mit einem Interleukin-6-Wert < 20 pg/ml wahrscheinlich infektfrei sind und Neugeborene mit einem IL-6-Wert > 200 pg/ml sehr wahrscheinlich an einem septischen Geschehen leiden. Bei den Patienten, die Werte in dem Bereich dazwischen aufweisen, müssen diese, wie auch bei den Erwachsenen, im Kontext mit der Klinik, weiteren Befunden und dem zeitlichen Verlauf gesehen werden.