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Untersuchung der zeitlichen Abfolge hirnelektrischer Aktivität vom reizabhängigen Deliberationsprozess bis zur motorischen Handlung
Untersuchung der zeitlichen Abfolge hirnelektrischer Aktivität vom reizabhängigen Deliberationsprozess bis zur motorischen Handlung
In der vorliegenden Studie wurde der, einer motorischen Handlung vorausgehende, Deliberationsprozess mit elektrophysiologischen Mitteln analysiert. Hierfür wurde die in parietalen und motorischen Kortexarealen ermittelte EEG-Aktivität während einer rein motorischen Aufgabe mit der einer Deliberationsaufgabe verglichen. In den Versuchen wurden insgesamt 25 rechtshändige Probanden gemessen. Während der rein motorischen Aufgabe waren die Probanden darüber instruiert mit welchem Finger sie einen visuellen Reiz beantworten sollten. Bei der Deliberationsaufgabe hingegen wurden ihnen weder zeitlich noch inhaltlich antizipierbare visuelle Stimuli präsentiert, auf die sie entweder mit einem Tastendruck der rechten oder der linken Hand reagieren sollten. Obwohl sich die beiden Aufgabentypen bezüglich der motorischen Reaktion nicht voneinander unterschieden zeigten sich bei der Deliberationsaufgabe im Vergleich zur rein motorischen Aufgabe signifikant längere Reaktionszeiten. Daher ist davon auszugehen, dass die Differenz der Reaktionszeiten die für den Deliberationsprozess benötigte Zeit wiederspiegelt. Eine im Motorkortex beobachtete Sequenz der Komponenten P1M/D-N1M/D-P2M/D zeigte sich sowohl bei der rein motorischen Aufgabe als auch bei der Deliberationsaufgabe und wird daher mit der Verarbeitung der motorischen Reaktion in Verbindung gebracht. Während der Deliberationsaufgabe zeigte sich in motorischen Kortexarealen zusätzlich die Komponente N0 als Ende einer lang anhaltenden Negativierung. Da sie sich deutlich vor der P1M/D-N1M/D-P2M/D Sequenz befand, darf davon ausgegangen werden, dass es sich hierbei um das Ende des Deliberationsprozesses handelt. Die N0 erfolgte in der ipsilateralen Hemisphäre früher als in der kontralateralen Hemisphäre. Dies lässt sich durch eine initial bilaterale Aktivierung beider Motorkortices und einer anschließenden aktiven Inhibition des ipsilateralen Motorkortex erklären. In parietalen Kortexarealen fiel eine Positivität PPar, die der N0 um weitere 200 ms vorausging auf. Die Ergebnisse des Kepner-Randals-Test belegen eine positive Korrelation der PPar mit dem Tastendruck. Somit stellt die PPar das früheste entscheidungsrelevante neurophysiologische Zeichen dar und wird daher als Korrelat der Bewegungsintention interpretiert. Der Beginn der in der PPar terminierenden und im weiteren Verlauf zur N0 führenden Positivität kann als Beginn der Deliberation interpretiert werden. Somit stellt die Dauer zwischen dem Beginn der Positivität sowie der in der kontralateral zur Bewegung gelegenen Hemisphäre detektierten N0 die Dauer des Deliberationsprozesses dar. Diese berechnete Deliberationsdauer beträgt in etwa 410 ms und stimmt gut mit der zeitlichen Differenz zwischen rein motorischer Aufgabe und Deliberationsaufgabe überein. Somit konnten die elektrophysiologischen Korrelate des vermuteten Deliberationsprozess zeitlich und räumlich charakterisiert werden., The aim of the present study was to analyze the deliberation process preceding a motor act by electrophysiological means. For this purpose, the EEG activity obtained during a simple motor task was compared to the EEG activity of a deliberation task. The present study focuses on EEG activities above the primary and pre-motor as well as the parietal cortex. 28 right-handed subjects took part in the study. Due to technical problems the data of three subjects had to be excluded from the analysis of the EEG activity. During a simple motor task subjects were told with which finger to respond to the visual stimulus. During a deliberation task based on a color-word Stroop task they had to deliberate over which button to press. Although the tasks didn’t differ with respect to the motor response significantly longer reaction times were observed during the deliberation task. Therefore, it can be assumed that the difference in response times reflects the time required for the deliberation process. The sequence of P1M/D-N1M/D-P2M/D potentials was found during both tasks, implying that this sequence is related to the execution of the final motor program. During deliberation task this sequence was preceded by a slowly increasing negativity terminating in a peak named N0. Since the N0 was observed clearly prior to the P1M/D-N1M/D-P2M/D component we assume that the N0 represents the end of the deliberation process. The N0 was observed earlier in the ipsilateral hemisphere than in the contralateral hemisphere. This can be explained by an initial bilateral activitation of both hemispheres and a subsequent inhibition of the ipsilateral hemisphere. In parietal cortical areas a positivity, termed PPar, preceding the N0 component by 200 ms was observed. The results of the Kepner-Randals test provide evidence for a positive correlation of the PPar with time of key press. Thus, the PPar seems to be the earliest decision-relevant electrophysiological sign and is therefore interpreted as a correlate of movement intention. The beginning of the positive slope terminating in PPar and in the course leading to the N0 can be interpreted as the start of the deliberation process. Thus the time period between the start of the positivity and the N0 localized in the hemisphere contralateral to the performed movement may reflect the duration of the deliberation process. The duration of the thus calculated deliberation process is about 410ms and thus corresponds well with the difference in reaction times between the simple motor task and the deliberation task.
Not available
Schönecker, Sonja
2016
Deutsch
Universitätsbibliothek der Ludwig-Maximilians-Universität München
Schönecker, Sonja (2016): Untersuchung der zeitlichen Abfolge hirnelektrischer Aktivität vom reizabhängigen Deliberationsprozess bis zur motorischen Handlung. Dissertation, LMU München: Medizinische Fakultät
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Abstract

In der vorliegenden Studie wurde der, einer motorischen Handlung vorausgehende, Deliberationsprozess mit elektrophysiologischen Mitteln analysiert. Hierfür wurde die in parietalen und motorischen Kortexarealen ermittelte EEG-Aktivität während einer rein motorischen Aufgabe mit der einer Deliberationsaufgabe verglichen. In den Versuchen wurden insgesamt 25 rechtshändige Probanden gemessen. Während der rein motorischen Aufgabe waren die Probanden darüber instruiert mit welchem Finger sie einen visuellen Reiz beantworten sollten. Bei der Deliberationsaufgabe hingegen wurden ihnen weder zeitlich noch inhaltlich antizipierbare visuelle Stimuli präsentiert, auf die sie entweder mit einem Tastendruck der rechten oder der linken Hand reagieren sollten. Obwohl sich die beiden Aufgabentypen bezüglich der motorischen Reaktion nicht voneinander unterschieden zeigten sich bei der Deliberationsaufgabe im Vergleich zur rein motorischen Aufgabe signifikant längere Reaktionszeiten. Daher ist davon auszugehen, dass die Differenz der Reaktionszeiten die für den Deliberationsprozess benötigte Zeit wiederspiegelt. Eine im Motorkortex beobachtete Sequenz der Komponenten P1M/D-N1M/D-P2M/D zeigte sich sowohl bei der rein motorischen Aufgabe als auch bei der Deliberationsaufgabe und wird daher mit der Verarbeitung der motorischen Reaktion in Verbindung gebracht. Während der Deliberationsaufgabe zeigte sich in motorischen Kortexarealen zusätzlich die Komponente N0 als Ende einer lang anhaltenden Negativierung. Da sie sich deutlich vor der P1M/D-N1M/D-P2M/D Sequenz befand, darf davon ausgegangen werden, dass es sich hierbei um das Ende des Deliberationsprozesses handelt. Die N0 erfolgte in der ipsilateralen Hemisphäre früher als in der kontralateralen Hemisphäre. Dies lässt sich durch eine initial bilaterale Aktivierung beider Motorkortices und einer anschließenden aktiven Inhibition des ipsilateralen Motorkortex erklären. In parietalen Kortexarealen fiel eine Positivität PPar, die der N0 um weitere 200 ms vorausging auf. Die Ergebnisse des Kepner-Randals-Test belegen eine positive Korrelation der PPar mit dem Tastendruck. Somit stellt die PPar das früheste entscheidungsrelevante neurophysiologische Zeichen dar und wird daher als Korrelat der Bewegungsintention interpretiert. Der Beginn der in der PPar terminierenden und im weiteren Verlauf zur N0 führenden Positivität kann als Beginn der Deliberation interpretiert werden. Somit stellt die Dauer zwischen dem Beginn der Positivität sowie der in der kontralateral zur Bewegung gelegenen Hemisphäre detektierten N0 die Dauer des Deliberationsprozesses dar. Diese berechnete Deliberationsdauer beträgt in etwa 410 ms und stimmt gut mit der zeitlichen Differenz zwischen rein motorischer Aufgabe und Deliberationsaufgabe überein. Somit konnten die elektrophysiologischen Korrelate des vermuteten Deliberationsprozess zeitlich und räumlich charakterisiert werden.

Abstract

The aim of the present study was to analyze the deliberation process preceding a motor act by electrophysiological means. For this purpose, the EEG activity obtained during a simple motor task was compared to the EEG activity of a deliberation task. The present study focuses on EEG activities above the primary and pre-motor as well as the parietal cortex. 28 right-handed subjects took part in the study. Due to technical problems the data of three subjects had to be excluded from the analysis of the EEG activity. During a simple motor task subjects were told with which finger to respond to the visual stimulus. During a deliberation task based on a color-word Stroop task they had to deliberate over which button to press. Although the tasks didn’t differ with respect to the motor response significantly longer reaction times were observed during the deliberation task. Therefore, it can be assumed that the difference in response times reflects the time required for the deliberation process. The sequence of P1M/D-N1M/D-P2M/D potentials was found during both tasks, implying that this sequence is related to the execution of the final motor program. During deliberation task this sequence was preceded by a slowly increasing negativity terminating in a peak named N0. Since the N0 was observed clearly prior to the P1M/D-N1M/D-P2M/D component we assume that the N0 represents the end of the deliberation process. The N0 was observed earlier in the ipsilateral hemisphere than in the contralateral hemisphere. This can be explained by an initial bilateral activitation of both hemispheres and a subsequent inhibition of the ipsilateral hemisphere. In parietal cortical areas a positivity, termed PPar, preceding the N0 component by 200 ms was observed. The results of the Kepner-Randals test provide evidence for a positive correlation of the PPar with time of key press. Thus, the PPar seems to be the earliest decision-relevant electrophysiological sign and is therefore interpreted as a correlate of movement intention. The beginning of the positive slope terminating in PPar and in the course leading to the N0 can be interpreted as the start of the deliberation process. Thus the time period between the start of the positivity and the N0 localized in the hemisphere contralateral to the performed movement may reflect the duration of the deliberation process. The duration of the thus calculated deliberation process is about 410ms and thus corresponds well with the difference in reaction times between the simple motor task and the deliberation task.