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Mobbing - eine Frage der Moral?. der Einfluss moralischer Fähigkeiten auf Verhalten in Mobbing-Situationen
Mobbing - eine Frage der Moral?. der Einfluss moralischer Fähigkeiten auf Verhalten in Mobbing-Situationen
HINTERGRUND UND FORSCHUNGSVORHABEN. Mobbing in Schulklassen stellt nicht nur ein pädagogisches Problem dar, sondern ist zugleich eine moralische Herausforderung für alle Schüler in der Klasse. In dieser Arbeit wurde daher untersucht, inwiefern moralische Kompetenzen (sozio-moralische Sensitivität und moralische Urteilskompetenz) und moralische Selbstkontrolle (niedriges Moral Disengagement) Schüler davor schützen, sich an Mobbing-Handlungen zu beteiligen. Umgekehrt wurde erstmals analysiert, inwiefern diese moralischen Fähigkeiten Jugendliche darin unterstützen, sich als Verteidiger gegen die Mobbing-Aggressoren zur Wehr zu setzen. METHODE. Hierzu wurden im Rahmen von fünf Einzelstudien insgesamt 1331 Schüler dreier deutscher Gymnasien (7. bis 11. Klasse, 59% männlich) befragt, 384 von ihnen im Abstand von einem Jahr zweimal. Mobbingverhalten wurde mit einem Fremdnominierungsfragebogen erhoben; soziale Wahrnehmung wurde als Indikator für sozio-moralische Sensitivität mit dem Reading the Mind in the Eyes Test (RME) erfasst, moralische Urteilskompetenz mit dem Moralisches Urteil Test (MUT), Moral Disengagement mit der Moral Disengagement Scale (MD). ERGEBNISSE. Die Validität und eine angemessene Retest-Reliabilität der verwendeten Moral-Instrumente wurden empirisch belegt. Varianzanalysen und multinomiale logistische Regressionsmodelle machten deutlich, dass Defizite in allen moralischen Fähigkeiten Probully-Schüler charakterisierten, während Verteidiger sich – bei mindestens durchschnittlichen moralischen Kompetenzen – durch besonders niedriges Moral Disengagement auszeichneten. Ein Schulvergleich zeigte, dass Verteidiger an einer Schule mit besonders guten Rahmenbedingungen besonders viele zusätzliche moralische Begabungen aufwiesen, während die moralischen Defizite der Probully-Gruppe von der besuchten Schule unabhängig auftraten. Explorative längsschnittliche Cross-lagged-Panel-Modelle veranschaulichten schließlich, dass keine der moralischen Fähigkeiten Einfluss auf Probully-Verhalten im Folgejahr nahm, während bessere moralische Urteilskompetenz im Vorjahr Verteidigerverhalten verstärkte. SCHLUSSFOLGERUNGEN. Die Ergebnisse zeigen erstmals in diesem Ausmaß, dass Probully-Schüler und Verteidiger distinkte moralische Fähigkeitsprofile aufweisen. Sie lassen außerdem darauf schließen, dass Verteidigerverhalten langfristig durch moralische Urteilskompetenz motiviert wird, während moralische Defizite kein „böses Omen“ für Mobbing-Verhalten im Folgejahr darstellen. Implikationen für Prävention und Intervention von Mobbing werden diskutiert.
Mobbing; moralische Fähigkeiten; Jugendalter; Aggression; Verteidiger
Geisler, Anja
2016
German
Universitätsbibliothek der Ludwig-Maximilians-Universität München
Geisler, Anja (2016): Mobbing - eine Frage der Moral?: der Einfluss moralischer Fähigkeiten auf Verhalten in Mobbing-Situationen. Dissertation, LMU München: Faculty of Psychology and Educational Sciences
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Abstract

HINTERGRUND UND FORSCHUNGSVORHABEN. Mobbing in Schulklassen stellt nicht nur ein pädagogisches Problem dar, sondern ist zugleich eine moralische Herausforderung für alle Schüler in der Klasse. In dieser Arbeit wurde daher untersucht, inwiefern moralische Kompetenzen (sozio-moralische Sensitivität und moralische Urteilskompetenz) und moralische Selbstkontrolle (niedriges Moral Disengagement) Schüler davor schützen, sich an Mobbing-Handlungen zu beteiligen. Umgekehrt wurde erstmals analysiert, inwiefern diese moralischen Fähigkeiten Jugendliche darin unterstützen, sich als Verteidiger gegen die Mobbing-Aggressoren zur Wehr zu setzen. METHODE. Hierzu wurden im Rahmen von fünf Einzelstudien insgesamt 1331 Schüler dreier deutscher Gymnasien (7. bis 11. Klasse, 59% männlich) befragt, 384 von ihnen im Abstand von einem Jahr zweimal. Mobbingverhalten wurde mit einem Fremdnominierungsfragebogen erhoben; soziale Wahrnehmung wurde als Indikator für sozio-moralische Sensitivität mit dem Reading the Mind in the Eyes Test (RME) erfasst, moralische Urteilskompetenz mit dem Moralisches Urteil Test (MUT), Moral Disengagement mit der Moral Disengagement Scale (MD). ERGEBNISSE. Die Validität und eine angemessene Retest-Reliabilität der verwendeten Moral-Instrumente wurden empirisch belegt. Varianzanalysen und multinomiale logistische Regressionsmodelle machten deutlich, dass Defizite in allen moralischen Fähigkeiten Probully-Schüler charakterisierten, während Verteidiger sich – bei mindestens durchschnittlichen moralischen Kompetenzen – durch besonders niedriges Moral Disengagement auszeichneten. Ein Schulvergleich zeigte, dass Verteidiger an einer Schule mit besonders guten Rahmenbedingungen besonders viele zusätzliche moralische Begabungen aufwiesen, während die moralischen Defizite der Probully-Gruppe von der besuchten Schule unabhängig auftraten. Explorative längsschnittliche Cross-lagged-Panel-Modelle veranschaulichten schließlich, dass keine der moralischen Fähigkeiten Einfluss auf Probully-Verhalten im Folgejahr nahm, während bessere moralische Urteilskompetenz im Vorjahr Verteidigerverhalten verstärkte. SCHLUSSFOLGERUNGEN. Die Ergebnisse zeigen erstmals in diesem Ausmaß, dass Probully-Schüler und Verteidiger distinkte moralische Fähigkeitsprofile aufweisen. Sie lassen außerdem darauf schließen, dass Verteidigerverhalten langfristig durch moralische Urteilskompetenz motiviert wird, während moralische Defizite kein „böses Omen“ für Mobbing-Verhalten im Folgejahr darstellen. Implikationen für Prävention und Intervention von Mobbing werden diskutiert.