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Ein neuer Mechanismus der Cholesterolsenkung durch Phytosterole
Ein neuer Mechanismus der Cholesterolsenkung durch Phytosterole
Phytosterole, die Sterole von Pflanzen, unterscheiden sich von Cholesterol nur durch eine Alkylsubstitution an C24 und eventuell eine Doppelbindung in der Sterol-seitenkette. Trotz vergleichbarer Zufuhr von 200 - 600 mg/d und der großen strukturellen Ähnlichkeit werden von Phytosterolen nur 0,6 - 7%, von Cholesterol jedoch etwa 60% systemisch absorbiert. Phytosterole senken in hohen Dosen (> 2g/d) die Cholesterolabsorption um etwa 30% und die LDL-Cholesterol-Spiegel um bis zu 15% und werden deshalb zunehmend in „funktionellen Lebensmitteln“ vermarktet. Als Mechanismus wurde lange eine rein luminale, physico-chemische Interferenz mit der mizellären Emulgierung von Cholesterol postuliert. Spätestens seit der molekularen Aufklärung der Phytosterolspeicherkrankheit Sitosterolämie als dysfunktionelle Mutationen der apikalen Steroltansportproteine ABCG5/G8 stand fest, dass Phytosterole sehr wohl in Enterozyten aufgenommen, aber durch ABCG5/G8 effektiv ins Darmlumen resezerniert werden. Da ABCG5/8 auch Cholesterol transportieren kann, blieb die intestinale Sterol-Selektivität und -Interaktion weiterhin unklar. In allen Zellen wird ein Cholesterolüberschuss über bestimmte Oxycholesterole signalisiert, die den nukleären Transkriptionsfaktor LXRα aktivieren und so u.a. die Expression des zellulären Cholesterolexporters ABCA1 stimulieren. Dies ließ eine Rolle von Oxycholesterolen oder analogen regulatorischen Oxyphytosterolen bei der enterozytären Sterol-Interaktion und -Selektivität vermuten. Deshalb wurde am humanen Enterozytenmodell Caco-2 das Handling und die Metabolisierung von Phytosterolen und Cholesterol allein und in Kombination verglichen. Sitosterol wurde eindeutig, wenn auch langsamer als Cholesterol, von Enteroyzten akkumuliert, reduzierte aber bei Kombination die Cholesterolabsorption. Dies war teilweise durch Hemmung der apikalen Aufnahme, aber überwiegend der basolateralen Cholesterolsekretion bedingt, unabhängig von der Mizellenbildung, und nicht durch Sättigung einer limitierten Transportkapazität erklärbar. Im humanen Enterozyten und vergleichend in Hepatozyten und Makrophagen wurde deshalb nach potentiell regulatorischen Oxysterolen gesucht. Aus allen Sterolen wurden in diesen Zellen nur die 27-Hydroxy- und 27-Carboxy-Metaboliten gebildet, andere LXR-agonistische Oxysterole waren nicht nachweisbar. Der Umsatz war für Sitosterol und Campesterol abhängig von der Länge der C24-Alkylsubstitution deutlich geringer als für Cholesterol. In Ko-Inkubationen hemmten Phytosterole konzentrations- und C24-alkyl-abhängig die Bildung von 27-OH-Cholesterol. Diese kompetitive Hemmung und die geringe 27-Hydroxylierung von Phytosterolen selbst wurde auch in Präparationen des katalysierenden Enzyms, der an der inneren Mitochondrienwand lokalisierten Cytochrom P450 Oxidase CYP27, direkt gezeigt. Die Bioaktivität der 27-OH-Sterole als LXRα-Agonisten wurde direkt im LXRE-Transaktivierungs-Assay nachgewiesen und die stimulierte Expression von CYP27 und des in Enterozyten nur basolateral lokalisierten Cholesteroltransporters ABCA1 gezeigt. Dementsprechend steigerte 27-OH-Cholesterol auch selektiv die basolaterale, systemische Cholesterolsekretion, während der apikal exprimierte Sterolexporter ABCG8 und die apikale Sterolresekretion unverändert blieben. Umgekehrt hob in Ko- Inkubationen mit Phytosterolen die exogene Substitution eines synthetischen LXRα- Agonisten als Ersatz für das reduzierte endogene 27-OH-Cholesterol die Hemmung der Cholesterolabsorption durch Phytosterole komplett auf und überfuhr die Sterolselektivität. Auch in Tracer-Experimenten mit nanomolaren Phytosterol- und Cholesterolkonzentrationen, die die Aktivierung von LXRα nicht beeinflussen können, konnte keine direkte Sterolselektivität der ABCG5/8 und ABCA1-Transporter nachgewiesen werden. Neben physico-chemischen mizellären Effekten und der allenfalls limitierten direkten Cholesterolpräferenz der Steroltransporter NPC1L1, ABCG5/G8 und ABCA1 wurde für ACAT2, die apikal einströmendes Cholesterol zu >35% verestert und in die ApoBabhängige basolaterale Chylomikronensekretion einschleust, bereits eine relative Sterolselektivität beschrieben. Bei den eigenen Untersuchungen wurde ein neuer Mechanismus auf der regulatorischen Ebene der LXRα-Aktivierung im Enterozyten gefunden: Im Zentrum steht die kompetitive Hemmung des „Cholesterol-Sensors“ CYP27 durch Phytosterole und die nur geringe 27-Hydroxylierung der Phytosterole selbst. Dadurch wird bei gleichzeitigem Einstrom von Phytosterolen und Cholesterol in Enterozyten die Bildung des dominierenden LXRα-Agonisten 27-OH-Cholesterol verhindert. Normaler-weise vermittelt dies über LXR-Aktivierung und Induktion von CYP27, LXRα und ABCA1 eine selbstinduzierbare Komponente der Cholesterolabsorption auf dem ApoA-abhängigen Weg. Der lokale LXRα-Antagonismus von Phytosterolen blockt diese Selbstbahnung, lenkt Cholesterol vermehrt um zur luminalen Resekretion durch die konstitutiv apikal exprimierten ABCG5/8 und trägt auch zur Sterolselektivität bei. In peripheren Makrophagen könnten Phytosterole über Hemmung von CYP27, LXRα und ABCA1 durch Sterol-„Trapping“ die frühe Atherosklerose trotz eher niedriger Cholesterolspiegel bei Sitosterolämie erklären. Ob auch bei ABCG5/G8-Gesunden die unter pharmakologischen Phytosteroldosen erhöhten Plasmaspiegel langfristig zur Phytosterol- und paradoxen Cholesterol-Akkumulation in peripheren Zellen führen können, ist gegenwärtig unklar.
Cholesterol, Sitosterol, Phytosterole, CYP27, ABCA1
Brauner, Reinhard
2013
Deutsch
Universitätsbibliothek der Ludwig-Maximilians-Universität München
Brauner, Reinhard (2013): Ein neuer Mechanismus der Cholesterolsenkung durch Phytosterole. Dissertation, LMU München: Medizinische Fakultät
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Abstract

Phytosterole, die Sterole von Pflanzen, unterscheiden sich von Cholesterol nur durch eine Alkylsubstitution an C24 und eventuell eine Doppelbindung in der Sterol-seitenkette. Trotz vergleichbarer Zufuhr von 200 - 600 mg/d und der großen strukturellen Ähnlichkeit werden von Phytosterolen nur 0,6 - 7%, von Cholesterol jedoch etwa 60% systemisch absorbiert. Phytosterole senken in hohen Dosen (> 2g/d) die Cholesterolabsorption um etwa 30% und die LDL-Cholesterol-Spiegel um bis zu 15% und werden deshalb zunehmend in „funktionellen Lebensmitteln“ vermarktet. Als Mechanismus wurde lange eine rein luminale, physico-chemische Interferenz mit der mizellären Emulgierung von Cholesterol postuliert. Spätestens seit der molekularen Aufklärung der Phytosterolspeicherkrankheit Sitosterolämie als dysfunktionelle Mutationen der apikalen Steroltansportproteine ABCG5/G8 stand fest, dass Phytosterole sehr wohl in Enterozyten aufgenommen, aber durch ABCG5/G8 effektiv ins Darmlumen resezerniert werden. Da ABCG5/8 auch Cholesterol transportieren kann, blieb die intestinale Sterol-Selektivität und -Interaktion weiterhin unklar. In allen Zellen wird ein Cholesterolüberschuss über bestimmte Oxycholesterole signalisiert, die den nukleären Transkriptionsfaktor LXRα aktivieren und so u.a. die Expression des zellulären Cholesterolexporters ABCA1 stimulieren. Dies ließ eine Rolle von Oxycholesterolen oder analogen regulatorischen Oxyphytosterolen bei der enterozytären Sterol-Interaktion und -Selektivität vermuten. Deshalb wurde am humanen Enterozytenmodell Caco-2 das Handling und die Metabolisierung von Phytosterolen und Cholesterol allein und in Kombination verglichen. Sitosterol wurde eindeutig, wenn auch langsamer als Cholesterol, von Enteroyzten akkumuliert, reduzierte aber bei Kombination die Cholesterolabsorption. Dies war teilweise durch Hemmung der apikalen Aufnahme, aber überwiegend der basolateralen Cholesterolsekretion bedingt, unabhängig von der Mizellenbildung, und nicht durch Sättigung einer limitierten Transportkapazität erklärbar. Im humanen Enterozyten und vergleichend in Hepatozyten und Makrophagen wurde deshalb nach potentiell regulatorischen Oxysterolen gesucht. Aus allen Sterolen wurden in diesen Zellen nur die 27-Hydroxy- und 27-Carboxy-Metaboliten gebildet, andere LXR-agonistische Oxysterole waren nicht nachweisbar. Der Umsatz war für Sitosterol und Campesterol abhängig von der Länge der C24-Alkylsubstitution deutlich geringer als für Cholesterol. In Ko-Inkubationen hemmten Phytosterole konzentrations- und C24-alkyl-abhängig die Bildung von 27-OH-Cholesterol. Diese kompetitive Hemmung und die geringe 27-Hydroxylierung von Phytosterolen selbst wurde auch in Präparationen des katalysierenden Enzyms, der an der inneren Mitochondrienwand lokalisierten Cytochrom P450 Oxidase CYP27, direkt gezeigt. Die Bioaktivität der 27-OH-Sterole als LXRα-Agonisten wurde direkt im LXRE-Transaktivierungs-Assay nachgewiesen und die stimulierte Expression von CYP27 und des in Enterozyten nur basolateral lokalisierten Cholesteroltransporters ABCA1 gezeigt. Dementsprechend steigerte 27-OH-Cholesterol auch selektiv die basolaterale, systemische Cholesterolsekretion, während der apikal exprimierte Sterolexporter ABCG8 und die apikale Sterolresekretion unverändert blieben. Umgekehrt hob in Ko- Inkubationen mit Phytosterolen die exogene Substitution eines synthetischen LXRα- Agonisten als Ersatz für das reduzierte endogene 27-OH-Cholesterol die Hemmung der Cholesterolabsorption durch Phytosterole komplett auf und überfuhr die Sterolselektivität. Auch in Tracer-Experimenten mit nanomolaren Phytosterol- und Cholesterolkonzentrationen, die die Aktivierung von LXRα nicht beeinflussen können, konnte keine direkte Sterolselektivität der ABCG5/8 und ABCA1-Transporter nachgewiesen werden. Neben physico-chemischen mizellären Effekten und der allenfalls limitierten direkten Cholesterolpräferenz der Steroltransporter NPC1L1, ABCG5/G8 und ABCA1 wurde für ACAT2, die apikal einströmendes Cholesterol zu >35% verestert und in die ApoBabhängige basolaterale Chylomikronensekretion einschleust, bereits eine relative Sterolselektivität beschrieben. Bei den eigenen Untersuchungen wurde ein neuer Mechanismus auf der regulatorischen Ebene der LXRα-Aktivierung im Enterozyten gefunden: Im Zentrum steht die kompetitive Hemmung des „Cholesterol-Sensors“ CYP27 durch Phytosterole und die nur geringe 27-Hydroxylierung der Phytosterole selbst. Dadurch wird bei gleichzeitigem Einstrom von Phytosterolen und Cholesterol in Enterozyten die Bildung des dominierenden LXRα-Agonisten 27-OH-Cholesterol verhindert. Normaler-weise vermittelt dies über LXR-Aktivierung und Induktion von CYP27, LXRα und ABCA1 eine selbstinduzierbare Komponente der Cholesterolabsorption auf dem ApoA-abhängigen Weg. Der lokale LXRα-Antagonismus von Phytosterolen blockt diese Selbstbahnung, lenkt Cholesterol vermehrt um zur luminalen Resekretion durch die konstitutiv apikal exprimierten ABCG5/8 und trägt auch zur Sterolselektivität bei. In peripheren Makrophagen könnten Phytosterole über Hemmung von CYP27, LXRα und ABCA1 durch Sterol-„Trapping“ die frühe Atherosklerose trotz eher niedriger Cholesterolspiegel bei Sitosterolämie erklären. Ob auch bei ABCG5/G8-Gesunden die unter pharmakologischen Phytosteroldosen erhöhten Plasmaspiegel langfristig zur Phytosterol- und paradoxen Cholesterol-Akkumulation in peripheren Zellen führen können, ist gegenwärtig unklar.