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Entwicklungsspezifische Wirkmechanismen der Neurotransmitter GABA und Glyzin
Entwicklungsspezifische Wirkmechanismen der Neurotransmitter GABA und Glyzin
Im Verlaufe der zellulären Reifung wandern (migrieren) unreife Nervenzellen von der Germinalschicht in ihre Zielschicht, in der sie nach dem Auswachsen von Dendriten synaptische Verbindungen bilden. Diese Reifungsprozesse gehen mit Anstiegen der intrazellulären Kalziumkonzentration, sogenannten Kalziumsignalen, einher. Während die Neurotransmitter GABA und Glyzin Nervenzellen des adulten Gehirns hyperpolarisieren und dadurch Aktivität hemmen, depolarisieren sie paradoxerweise unreife Nervenzellen und rufen dadurch Kalziumsignale hervor. In der vorliegenden Arbeit wurden die Rolle und der Mechanismus dieser Signale während der Nervenzellreifung mit Hilfe hochauflösender Kalzium- und Chloridfluoreszenzmessungen in Gehirnschnitten und in Zebrafischlarven untersucht. Es zeigte sich, dass GABA im Kleinhirn robuste Kalziumsignale sowohl in Körnerzellen während und nach Vollendung der Migration als auch in Purkinjezellen in einer Phase starken dendritischen Wachstums und ausgeprägter Synapsenbildung hervorruft. Als Mechanismus konnte in unreifen Nervenzellen ein Chloridausstrom identifiziert werden, der zu einer Depolarisation mit nachfolgender Aktivierung spannungsabhängiger Kalziumkanäle führt. Im Gegensatz dazu ruft GABA in reifen Nervenzellen einen Chlorideinstrom und dadurch eine Hemmung von Aktivität durch eine Hyperpolarisation der Zellmembran hervor. Neben der Untersuchung in Gehirnschnitten gelang in der vorliegenden Arbeit erstmals der Nachweis GABA-vermittelter Kalziumsignale in intakten Lebewesen. Dabei evozierten GABA und Glyzin Kalziumsignale in Rückenmarksneuronen von Zebrafischlarven zu einem Zeitpunkt, zu dem sie die ersten koordinierten Schwimmbewegungen vollzogen. Insgesamt zeigte sich, dass GABA, im Gegensatz zu seiner hemmenden Wirkung im adulten Gehirn, in unreifen Nervenzellen, die sich in einer Phase dramatischer morphologischer und funktioneller Veränderungen befinden, Kalziumsignale hervorruft. In Anbetracht der Bedeutung von Kalziumsignalen für die Reifung des Gehirns sprechen diese Ergebnisse für eine Rolle von GABA als trophischer Faktor.
Nervenzellentwicklung, Kalziumsignalgebung, GABA, Glyzin, Kleinhirn
Marandi, Nima
2003
German
Universitätsbibliothek der Ludwig-Maximilians-Universität München
Marandi, Nima (2003): Entwicklungsspezifische Wirkmechanismen der Neurotransmitter GABA und Glyzin. Dissertation, LMU München: Faculty of Medicine
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Abstract

Im Verlaufe der zellulären Reifung wandern (migrieren) unreife Nervenzellen von der Germinalschicht in ihre Zielschicht, in der sie nach dem Auswachsen von Dendriten synaptische Verbindungen bilden. Diese Reifungsprozesse gehen mit Anstiegen der intrazellulären Kalziumkonzentration, sogenannten Kalziumsignalen, einher. Während die Neurotransmitter GABA und Glyzin Nervenzellen des adulten Gehirns hyperpolarisieren und dadurch Aktivität hemmen, depolarisieren sie paradoxerweise unreife Nervenzellen und rufen dadurch Kalziumsignale hervor. In der vorliegenden Arbeit wurden die Rolle und der Mechanismus dieser Signale während der Nervenzellreifung mit Hilfe hochauflösender Kalzium- und Chloridfluoreszenzmessungen in Gehirnschnitten und in Zebrafischlarven untersucht. Es zeigte sich, dass GABA im Kleinhirn robuste Kalziumsignale sowohl in Körnerzellen während und nach Vollendung der Migration als auch in Purkinjezellen in einer Phase starken dendritischen Wachstums und ausgeprägter Synapsenbildung hervorruft. Als Mechanismus konnte in unreifen Nervenzellen ein Chloridausstrom identifiziert werden, der zu einer Depolarisation mit nachfolgender Aktivierung spannungsabhängiger Kalziumkanäle führt. Im Gegensatz dazu ruft GABA in reifen Nervenzellen einen Chlorideinstrom und dadurch eine Hemmung von Aktivität durch eine Hyperpolarisation der Zellmembran hervor. Neben der Untersuchung in Gehirnschnitten gelang in der vorliegenden Arbeit erstmals der Nachweis GABA-vermittelter Kalziumsignale in intakten Lebewesen. Dabei evozierten GABA und Glyzin Kalziumsignale in Rückenmarksneuronen von Zebrafischlarven zu einem Zeitpunkt, zu dem sie die ersten koordinierten Schwimmbewegungen vollzogen. Insgesamt zeigte sich, dass GABA, im Gegensatz zu seiner hemmenden Wirkung im adulten Gehirn, in unreifen Nervenzellen, die sich in einer Phase dramatischer morphologischer und funktioneller Veränderungen befinden, Kalziumsignale hervorruft. In Anbetracht der Bedeutung von Kalziumsignalen für die Reifung des Gehirns sprechen diese Ergebnisse für eine Rolle von GABA als trophischer Faktor.