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Der Einfluss genetischer Variationen im GAD2-Gen auf kognitive Phänotypen
Der Einfluss genetischer Variationen im GAD2-Gen auf kognitive Phänotypen
Es ist anzunehmen, dass genetische Faktoren einen Großteil der kognitiven Fähigkeiten eines Menschen beeinflussen. Hereditätsschätzungen gehen von etwa 50% aus. Einzelne Polymorphismen innerhalb verschiedener Gene können dabei Auswirkungen auf die kognitive Leistungsfähigkeit haben. In dieser Arbeit wurden die Polymorphismen rs913964 und rs1330581 innerhalb des GAD2-Gens auf eine Assoziation mit Intelligenz untersucht. Das GAD2-Gen, welches für das Enzym Glutamatdecarboxylase 65 codiert, wird insbesondere in Nervenzellen des Gehirns exprimiert. Die von der Glutamatdecarboxylase 65 synthetisierte gamma-Aminobuttersäure, GABA, stellt den wichtigsten inhibitorischen Neurotransmitter im Zentralnervensystem dar und übernimmt bedeutende Aufgaben bei der Entwicklung des Nervensystems sowie bei der Weiterleitung und Regulierung von sensorischen und motorischen Signalen. Verschiedene Ergebnisse aus Tierversuchen sowie neurologische und psychiatrische Erkenntnisse lassen auf eine bedeutende Rolle der Glutamatdecarboxylase 65 im Hinblick auf GABAerge, synaptische Vorgänge im menschlichen Gehirn schließen. Eine Beteiligung des Enzyms an der Entwicklung kognitiver Fähigkeiten beim Menschen kann somit in Erwägung gezogen werden. Für Polymorphismen im GAD1-Gen, das für eine andere Isoform der Glutamatdecarboxylase codiert, wurden bereits Assoziationen zu unterschiedlichen kognitiven Phänotypen erstellt. Mit 286 neuropsychiatrisch gesunden, deutschstämmigen Probanden aus München wurde der Hamburg-Wechsler-Intelligenztest für Erwachsene – Revision 1991 durchgeführt. Die Genotypisierung der Polymorphismen erfolgte mit Hilfe eines SNP-Microarrays. Für den Polymorphismus rs913964 wurde bei den Untertests Rechnerisches Denken und Figurenlegen ein Zusammenhang mit der Allelverteilung nachgewiesen. Dem G-Allel konnten dabei jeweils bessere Ergebnisse zugeschrieben werden als dem A-Allel. Für den Untertest Rechnerisches Denken zeigte die Assoziation einen signifikanten Unterschied und für den Untertest Figurenlegen einen Trend. Die Analyse des Polymorphismus rs1330581 erbrachte einen Trend für die Assoziation der Genotypverteilung mit Werten des Handlungs-IQs und einen signifikanten Unterschied für die Rohwerte aus dem Untertest Bilderordnen. Dabei schnitten Personen mit dem heterozygoten Genotyp A/G besser ab als solche mit den homozygoten Genotypen A/A und G/G. Personen mit dem Genotyp G/G erzielten die schlechtesten Leistungen. Zudem konnte, ähnlich wie für den Polymorphismus rs913964, ein deutlicher Trend für die Assoziation der Allelverteilung mit den Ergebnissen aus dem Untertest Rechnerisches Denken ermittelt werden. G-Allelträger erzielten hierbei bessere Ergebnisse als A-Allelträger. Die Assoziation zweier Polymorphismen im GAD2-Gen mit kognitiven Leistungen in einer deutschen Stichprobe weist somit auf eine Mitbeteiligung dieses Gens an der Ausbildung von Intelligenz hin. Beide analysierten Polymorphismen liegen auf Introns innerhalb des GAD2-Gens. Folglich handelt es sich hierbei um keine funktionellen Polymorphismen. Als denkbare Ursachen für eine quantitative oder funktionelle Veränderung der Glutamatdecarboxylase 65 kommen verändertes Spleißen, die mögliche Lage in Linkage Disequilibrium zu einem bisher nicht untersuchten, funktionellen Polymorphismus oder ein unterschiedlicher Expressionsgrad durch Beeinflussung der DNA-Bindungsaffinität zu regulatorischen Proteinen in Frage. Ein Mangel oder eine Fehlfunktion von GAD65 würde in Folge einer reduzierten GABA-Synthese bzw. -Freisetzung zu einer gestörten Feinregulation der inhibitorischen Signalübertragung an sensorischen und motorischen Schaltstellen führen. Die postnatale Reifung der Gehirnwindungen, die neuronale Migration, die Zelldifferenzierung und die Synaptogenese sind ebenfalls abhängig von GAD65 bzw. GABA. Veränderungen der Expression oder der Funktion des Enzyms könnten somit Auswirkungen auf die kognitiven Fähigkeiten haben.
Not available
Schön, Tobias
2009
Deutsch
Universitätsbibliothek der Ludwig-Maximilians-Universität München
Schön, Tobias (2009): Der Einfluss genetischer Variationen im GAD2-Gen auf kognitive Phänotypen. Dissertation, LMU München: Medizinische Fakultät
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Abstract

Es ist anzunehmen, dass genetische Faktoren einen Großteil der kognitiven Fähigkeiten eines Menschen beeinflussen. Hereditätsschätzungen gehen von etwa 50% aus. Einzelne Polymorphismen innerhalb verschiedener Gene können dabei Auswirkungen auf die kognitive Leistungsfähigkeit haben. In dieser Arbeit wurden die Polymorphismen rs913964 und rs1330581 innerhalb des GAD2-Gens auf eine Assoziation mit Intelligenz untersucht. Das GAD2-Gen, welches für das Enzym Glutamatdecarboxylase 65 codiert, wird insbesondere in Nervenzellen des Gehirns exprimiert. Die von der Glutamatdecarboxylase 65 synthetisierte gamma-Aminobuttersäure, GABA, stellt den wichtigsten inhibitorischen Neurotransmitter im Zentralnervensystem dar und übernimmt bedeutende Aufgaben bei der Entwicklung des Nervensystems sowie bei der Weiterleitung und Regulierung von sensorischen und motorischen Signalen. Verschiedene Ergebnisse aus Tierversuchen sowie neurologische und psychiatrische Erkenntnisse lassen auf eine bedeutende Rolle der Glutamatdecarboxylase 65 im Hinblick auf GABAerge, synaptische Vorgänge im menschlichen Gehirn schließen. Eine Beteiligung des Enzyms an der Entwicklung kognitiver Fähigkeiten beim Menschen kann somit in Erwägung gezogen werden. Für Polymorphismen im GAD1-Gen, das für eine andere Isoform der Glutamatdecarboxylase codiert, wurden bereits Assoziationen zu unterschiedlichen kognitiven Phänotypen erstellt. Mit 286 neuropsychiatrisch gesunden, deutschstämmigen Probanden aus München wurde der Hamburg-Wechsler-Intelligenztest für Erwachsene – Revision 1991 durchgeführt. Die Genotypisierung der Polymorphismen erfolgte mit Hilfe eines SNP-Microarrays. Für den Polymorphismus rs913964 wurde bei den Untertests Rechnerisches Denken und Figurenlegen ein Zusammenhang mit der Allelverteilung nachgewiesen. Dem G-Allel konnten dabei jeweils bessere Ergebnisse zugeschrieben werden als dem A-Allel. Für den Untertest Rechnerisches Denken zeigte die Assoziation einen signifikanten Unterschied und für den Untertest Figurenlegen einen Trend. Die Analyse des Polymorphismus rs1330581 erbrachte einen Trend für die Assoziation der Genotypverteilung mit Werten des Handlungs-IQs und einen signifikanten Unterschied für die Rohwerte aus dem Untertest Bilderordnen. Dabei schnitten Personen mit dem heterozygoten Genotyp A/G besser ab als solche mit den homozygoten Genotypen A/A und G/G. Personen mit dem Genotyp G/G erzielten die schlechtesten Leistungen. Zudem konnte, ähnlich wie für den Polymorphismus rs913964, ein deutlicher Trend für die Assoziation der Allelverteilung mit den Ergebnissen aus dem Untertest Rechnerisches Denken ermittelt werden. G-Allelträger erzielten hierbei bessere Ergebnisse als A-Allelträger. Die Assoziation zweier Polymorphismen im GAD2-Gen mit kognitiven Leistungen in einer deutschen Stichprobe weist somit auf eine Mitbeteiligung dieses Gens an der Ausbildung von Intelligenz hin. Beide analysierten Polymorphismen liegen auf Introns innerhalb des GAD2-Gens. Folglich handelt es sich hierbei um keine funktionellen Polymorphismen. Als denkbare Ursachen für eine quantitative oder funktionelle Veränderung der Glutamatdecarboxylase 65 kommen verändertes Spleißen, die mögliche Lage in Linkage Disequilibrium zu einem bisher nicht untersuchten, funktionellen Polymorphismus oder ein unterschiedlicher Expressionsgrad durch Beeinflussung der DNA-Bindungsaffinität zu regulatorischen Proteinen in Frage. Ein Mangel oder eine Fehlfunktion von GAD65 würde in Folge einer reduzierten GABA-Synthese bzw. -Freisetzung zu einer gestörten Feinregulation der inhibitorischen Signalübertragung an sensorischen und motorischen Schaltstellen führen. Die postnatale Reifung der Gehirnwindungen, die neuronale Migration, die Zelldifferenzierung und die Synaptogenese sind ebenfalls abhängig von GAD65 bzw. GABA. Veränderungen der Expression oder der Funktion des Enzyms könnten somit Auswirkungen auf die kognitiven Fähigkeiten haben.