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Die Entstehung von Werturteilen. Individualperspektivische Theorie & praktische Analyse von Martin Gusindes "Die Feuerland-Indianer I"
Die Entstehung von Werturteilen. Individualperspektivische Theorie & praktische Analyse von Martin Gusindes "Die Feuerland-Indianer I"
Die Ausgangsfrage der Arbeit lautet: Wie konstruiert ein Individuum Werturteile über Fremde? Damit schließt die Arbeit an die ethnologische Selbstbild/Fremdbild-Forschung an, erweitert diese aber um die individuelle Perspektive. Mit Bezug auf den Kognitionspsychologen Lawrence Barsalou wird ein Modell der Entstehung von Werturteilen entwickelt. Im Wesentlichen trennt es die assoziative Entstehung eines Werturteils von der syntaktischen. Der Nutzen des Modells für die Textanalyse liegt darin, dass ein Werturteil mit dieser Trennung auf unterschiedliche gesellschaftliche und biographische Hintergründe zurückgeführt werden kann. Damit kann die Dynamik besser verstanden werden, mit der ein Individuum auf verschiedene Inhalte seiner Gesellschaft zurückgreift, um seine Beobachtungen zu bewerten. In dieser Dynamik spielt auch der Diskursbegriff von Michel Foucault eine wichtige Rolle. Im Anschluss wird dieses Modell der Entstehung von Werturteilen in eine Methode der Textanalyse eingebettet. Die Methode stützt sich auf die literaturwissenschaftliche Intertextualitätstheorie. Ziel der Analyse ist es nicht, die Verbindungen im Gehirn des Autors zu rekonstruieren, wie es die neurokognitive Grundlage des Modells nahelegen könnte. Sondern es geht darum, die Bezüge und Verbindungen im intertextuellen Bedeutungsgewebe zu suchen, die bei der Entstehung von Urteilen beteiligt waren. Auf knapp 120 Seiten wird ein Großteil der Werturteile analysiert, die Martin Gusinde in seiner Ethnographie über die Selk'nam geäußert hat. Mehrere Urteile werden jeweils thematisch sinnvoll zu Kapiteln zusammengefasst: Emotionale Prädisposition, Barbar und Edler Wilder, Wissenschaft und Religion, Literatur, Humanismus, Politik, Liebe, Psychologie, Hygiene, Erziehung. Die assoziativen und syntaktischen Bezüge der Werturteile zu gesellschaftlichen Diskursen der Zeit, aber auch zu biographischen Hintergründen werden im Detail untersucht.
werturteil, gusinde, barsalou, feuerlandindianer, edler wilder
Eberl, Matthias
2007
Deutsch
Universitätsbibliothek der Ludwig-Maximilians-Universität München
Eberl, Matthias (2007): Die Entstehung von Werturteilen: Individualperspektivische Theorie & praktische Analyse von Martin Gusindes "Die Feuerland-Indianer I". Dissertation, LMU München: Fakultät für Kulturwissenschaften
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Abstract

Die Ausgangsfrage der Arbeit lautet: Wie konstruiert ein Individuum Werturteile über Fremde? Damit schließt die Arbeit an die ethnologische Selbstbild/Fremdbild-Forschung an, erweitert diese aber um die individuelle Perspektive. Mit Bezug auf den Kognitionspsychologen Lawrence Barsalou wird ein Modell der Entstehung von Werturteilen entwickelt. Im Wesentlichen trennt es die assoziative Entstehung eines Werturteils von der syntaktischen. Der Nutzen des Modells für die Textanalyse liegt darin, dass ein Werturteil mit dieser Trennung auf unterschiedliche gesellschaftliche und biographische Hintergründe zurückgeführt werden kann. Damit kann die Dynamik besser verstanden werden, mit der ein Individuum auf verschiedene Inhalte seiner Gesellschaft zurückgreift, um seine Beobachtungen zu bewerten. In dieser Dynamik spielt auch der Diskursbegriff von Michel Foucault eine wichtige Rolle. Im Anschluss wird dieses Modell der Entstehung von Werturteilen in eine Methode der Textanalyse eingebettet. Die Methode stützt sich auf die literaturwissenschaftliche Intertextualitätstheorie. Ziel der Analyse ist es nicht, die Verbindungen im Gehirn des Autors zu rekonstruieren, wie es die neurokognitive Grundlage des Modells nahelegen könnte. Sondern es geht darum, die Bezüge und Verbindungen im intertextuellen Bedeutungsgewebe zu suchen, die bei der Entstehung von Urteilen beteiligt waren. Auf knapp 120 Seiten wird ein Großteil der Werturteile analysiert, die Martin Gusinde in seiner Ethnographie über die Selk'nam geäußert hat. Mehrere Urteile werden jeweils thematisch sinnvoll zu Kapiteln zusammengefasst: Emotionale Prädisposition, Barbar und Edler Wilder, Wissenschaft und Religion, Literatur, Humanismus, Politik, Liebe, Psychologie, Hygiene, Erziehung. Die assoziativen und syntaktischen Bezüge der Werturteile zu gesellschaftlichen Diskursen der Zeit, aber auch zu biographischen Hintergründen werden im Detail untersucht.